Silke Schütze - Wir nannten es Freiheit

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    In der heutigen Zeit vergisst man oft, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass die Rechte von Frauen sehr beschnitten waren. In diesem Buch geht es um das sogenannte Lehrerinnenzölibat, eine rechtliche Regelung, die besagte, dass Ehe und Beruf für Lehrerinnen unvereinbar sind.

    Davon ist 1916 auch Lene Lehmann betroffen. Sie hat als Lehrerin einen guten Beruf, regelmäßige Einkünfte und es würde für sie und ihren Paul reichen. Doch dann kommt Paul versehrt aus dem Krieg zurück und kann daher nicht arbeiten. Aber Gesetze und Regelungen machen es Lene schwer. Wegen Unzucht konnte das Zusammenleben von Nichtverheirateten zwar nicht bestraft werden, aber es verstieß in jener Zeit gegen die Rechtsordnung, welche die „wilde Ehe“ wegen des damit verbundenen öffentlichen Ärgernisses nicht dulden wollte. Das ging also schon mal nicht. Aber wenn sie heiratete, verlor sie den Beruf. Sie steckte also ziemlich in der Zwickmühle und muss wählen: Heirat oder der geliebte Beruf. Doch das will Lene nicht so hinnehmen. Mit anderen Frauen kämpft sie für das Recht, auch als verheiratete Frau unterrichten zu können.

    Mir hat das Buch sehr gefallen und der Schreibstil von Silke Schütze ist wirklich angenehm zu lesen. Sehr authentisch ist auch das Leben während des Krieges beschrieben, so bekommt man einen guten Eindruck, wie schwierig es war, sich durchzuschlagen.

    Das Thema Lehrerinnenzölibat war mir bekannt, aber in diesem Buch wurde es an einer Person festgemacht, mit der ich wirklich mitfühlen konnte. Lene ist eine forsche Person, die weiß, was sie will. Sie und ihre Mutter hatten es nicht leicht, denn einen Vater gab es für Lene nicht. Zum Glück aber hatte die Mutter auch eine Putzstelle bei der adligen Familie von dem Hofe. Als sie Lene einmal mitgenommen hatte, konnte Lene dem Sohn des Hauses bei den Rechenaufgaben helfen. Die Mutter des Jungen erkannte das Potenzial in Lene und ermöglichte ihre den Besuch des Lyzeums und des Lehrerinnen-Seminars. Dadurch dass die Männer im krieg waren, wurde es Lene möglich als Vertretungslehrerin zu arbeiten. Die Versorgungslage ist schlecht und Lene hat Verbindungen, die sie nutzt, um ein wenig Schwarzhandel zu treiben, was nicht ungefährlich ist. Genauso couragiert kämpft sie für ihre Rechte.

    Interessant ist es, dass Frauen immer dann eine Chance bekommen, wenn die Männer nicht da sind oder wenn es zu wenige gibt. Ob Lene und die anderen Frauen ihr Recht bekommen hätten, wenn es den Krieg nicht gegeben hätte? Männer halten sich oft für den Nabel der Welt und machen es den Frauen schwer und der Direktorder Schule, Dr. Julius Frambosius, ist so ein selbstgefälliges Exemplar.

    Ein sehr packender und interessanter historischer Roman, den ich nur empfehlen kann.

    5ratten

  • Der erste Weltkrieg ist bereits im zweiten Jahr. Immer mehr Männer werden eingezogen und hinterlassen große Lücken in ihren Familien aber auch in der Arbeitswelt. In der Mädchenschule sind bis auf den wehruntauglichen Rektor die Lehrer alle an der Front und dadurch werden junge Lehrerinnen wie Lene dringend gebraucht. Umso widersinniger erscheint das Zölibatsgesetz, welches verheirateten Frauen den Lehrberuf verwehrt.


    Lene liebt ihren Beruf. Sie möchte den Mädchen das bestmögliche Rüstzeug auf dem Lebensweg mitgeben und ihr Gehalt ist auch dringend nötig, da die Mutter mit ihrem Verdienst als Wäscherin die Mietwohnung und den Unterhalt alleine gar nicht würde bezahlen können. Die junge Frau verliebt sich in Paul, der überraschend als Soldat ins französische Verdun geschickt wird und ihr noch schnell einen Heiratsantrag macht, den sie überglücklich annimmt. Während der Verlobte irgendwo in den Schützengräben liegt, überlegt Lene, was werden soll, wenn Paul zurückkehrt und sie wirklich heiratet. Die Vorstellung, dann nicht mehr Lehrerin sein zu dürfen, behagt ihr ganz und gar nicht und mit ihren Kolleginnen beschließt sie schließlich, dem Oberbürgermeister der Stadt Schwerin einen Brief zu schreiben und diese gesetzliche Regelung neu zu überdenken.


    Es war mein erstes Buch von Silke Schütze. Und ich war von der ersten Seite an begeistert. Lene ist eine liebenswerte, kluge und aufmerksame junge Frau und ihr Engagement als Lehrerin aber auch ihr Mut als Mensch nehmen schnell für sie ein. Glaubhaft und facettenreich wird die damalige Zeit geschildert und das Ensemble rund um die Hauptdarstellerin ist interessant und gibt einen hervorragenden Einblick in die Gesellschaft und die Stimmung damals. Neben dem hervorgehobenen Thema von Gleichberechtigung und beginnender Emanzipation bekommt auch der Krieg und vor allem die Kriegstraumata der heimkehrenden Soldaten Raum und Aufmerksamkeit.


    Silke Schütze erzählt auf eine sehr warme und einfühlsame Art ohne je ins Seichte oder Kitschige abzurutschen. Gerade die Liebesszenen sind trotz aller Gefühle sehr wahrhaftig und wunderschön. Trotz der Kriegszeiten und der damit verbundenen schweren Töne kommen aber auch der Humor und die Lebensfreude nicht zu kurz. Gibt es nicht den Spruch: Ein Buch wie eine warme Decke? Genauso ist diese Geschichte und ich bin damit zum absoluten Fan dieser Autorin geworden und werde mir jetzt nach und nach alle anderen Bücher von ihr zulegen. Ich fände es außerdem toll, wenn im Lene-Universum vielleicht noch weitere Bücher folgen würden.


    5ratten:tipp:

    :lesen:





  • Der erste Weltkrieg erschüttert die Welt. Nahrungsmittel, Kleidung, Kohle - von allem herrscht Knappheit in Berlin. Doch auch die Lehrer sind an der Front und kommen schwer verwundet oder auch gar nicht mehr zurück. Lene vertritt einer dieser Lehrer - mit weniger Gehalt und nur solange sie nicht verheiratet ist. Gegen diese Ungerechtigkeit möchte sie angehen, wo sie sich doch gerade frisch verlobt hat...


    Der Roman spielt in einer spannenden, bewegenden Zeit in einer der Städte, in der das Leben in jeglicher Hinsicht pulsierte. Die Beschreibungen von Berlin-Schöneberg und das dortige Leben haben mir gut gefallen. Allgemein fand ich es angenehm, dass das Buch durch die Thematik zwar spannend war, aber dabei nicht auf klischeehafte Dramen zurückgreifen musste, wie plötzliche Schwangerschaften oder ähnliches. Das ist gerade in diesem Genre nicht unüblich. Immer wieder folgten zudem auf traurige und deprimierte Szenen auch lustige und heitere, so dass eine schöne Abwechslung entstand.


    Lene ist dabei auch eine so sympathische Person, dass man sie einfach nur in sein Herz schließen kann. Sie sieht der Welt trotz allem positiv entgegen und will dabei für sich das Beste herausholen, doch hat sie dabei nie nur sich selbst im Blick. Sie schaut auch auf ihre Mitmenschen und unterstützt und hilft, wo sie nur kann. Auch wenn sie natürlich einige Probleme hat, mit denen sie zurecht kommen muss und die nicht immer einfach zu lösen sind.


    Insgesamt ein wirklich schöner Roman mit einem interessanten Thema, der sich leicht und durch den überschaubaren Umfang schnell lesen lässt. Gerne hätte er aber auch an der ein oder anderen Stelle noch etwas ausführlicher sein können.

    Einmal editiert, zuletzt von Avila ()

  • Starke Frauen die kämpfen


    Was ist Freiheit, was nennen wir heute Freiheit? Die Dinge, die für uns heute als Frauen selbstverständlich erscheinen, dafür mussten Frauen vor 100 Jahren hart kämpfen.

    Darum kann der Titel " Wir nannten es Freiheit" nicht passender sein. Denn Frauen wollten zur damaligen Zeit nicht nur als Hausfrau und Mutter gesehen werden, sie wollten arbeiten und gleichberechtigt sein. So auch bei Lene.

    Lene lebt mit ihrer Mutter im Jahr 1916 in Berlin. Dank ihrer Mutter Hanna, die Lene als Witwe, zu einer liebevollen und selbstbewussten Frau erzogen hat, steht nun an einer Kehrtwende in ihrem Leben. Der Krieg hat schon viele Opfer gefordert und nur so ist es Lene möglich geworden als Vertretungslehrerin in einer Schule zu arbeiten. Denn die männlichen Lehrer kämpfen im Krieg oder sind in diesem gefallen. Der Lehrermangel wird immer größer, warum also nicht den Frauen erlauben als volle Lehrkraft, ohne Einschränkungen, eingestellt zu werden.

    Lene ist mit Paul, der in Verdun an der Front kämpft, verlobt. Wenn sie ihren geliebten Paul heiratet, verbietet ihr das Lehrerinnen-Zölibat weiter als Lehrerin zu arbeiten.

    Aber wie soll man für den nötigen Lebensunterhalt sorgen, wenn der Geliebte, so wie Paul, verletzt aus dem Krieg zurückkehrt und nicht arbeiten kann.

    Lene steht mit dieser Frage nicht alleine, auch im Kollegium gibt es viele Frauen, die mit dieser Ungerechtigkeit nicht einverstanden sind. Da kommt ihnen die Idee für ihre Rechte zu kämpfen. Der erste Schritt, sie wollen einen Verein gründen, der sich für die Interessen der Frauen einsetzt. Voller Motivation gehen sie sogar noch weiter, sie schreiben eine Petition an den Magistrat.

    Sie möchte unbedingt als Lehrerin arbeiten, egal ob ledig oder verheiratet. Wird es ihr gelingen, oder muss sie sich zwischen Paul und ihrem Beruf entscheiden?


    Meine Meinung:

    In diesem tollen historischen Roman geht es nicht nur um das Lehrerinnen-Zölibat. Es geht um so viel mehr. Die Autorin Silke Schütze, schildert sehr eindrucksvoll und mit viel Einfühlungsvermögen, welchen Kampf die Menschen im ersten Weltkrieg zu Hause an der Heimatfront kämpfen mussten. Sie litten an Hunger, Kälte und mussten auf die kleinsten alltäglichen Dinge verzichten. Der Alltag ist ständig von Entbehrungen geprägt, wobei man den Mut schnell verlieren kann. Nicht so bei Lene und den vielen anderen Protagonisten, es geht ums Überleben, Zusammenhalt und Vertrauen. Dieses Leben ist oftmals, auch wenn man nicht direkt an der Front kämpft, sehr gefährlich und aufregend. Da hat es die Autorin mit ihrem spannenden und einfühlsamen Schreibstil geschafft die Charaktere so realistisch zu beschreiben, dass man denken könnte, man begleitet sie auf ihren Wegen.

    Lene ist mir besonders ans Herz gewachsen, sie ist eine junge Frau, die ich auch gerne zur Freundin gehabt hätte. Man muss sie einfach mögen und lieben, eine Freundin fürs Leben.

    Ein wundervoller Roman, absolute Leseempfehlung.

    &quot; Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben , über die Sterne&quot;<br />- Thomas Carlyle

  • Lene Lehmann ist Lehrerin. Was 1916 nicht selbstverständlich ist, kommt sie doch aus einfach Verhältnissen und erst die Arbeitgeber ihrer Mutter ermöglichten ihr die teure Ausbildung. Als sie sich verliebt steht sie letztendlich vor einer schwierigen Entscheidung. Aufgrund des Lehrerinnen Zölibats müsste sie bei einer Hochzeit ihre Arbeit aufgeben. Lene und ihre Kolleginnen lehnen sich dagegen auf. Doch als Paul in Verdun verletzt wird hat Lene plötzlich ganz andere Probleme.


    Aufgrund des 1.Weltkrieges herrscht Mangel an Arbeitern. Somit müssen auch die Frauen tatkräftig mithelfen, in allen Belangen. Lene, als Halbwaise aufgewachsen, ist arbeiten gewohnt. Ihre Mutter arbeitet schon immer für ihren Lebensunterhalt. In ihrer Arbeit als Lehrerin geht Lene vollständig auf, sie liebt ihre Schülerinnen und ist engagiert. Einzig der kriegsverletze und damit dienstuntaugliche Direktor macht den Frauen das Leben an der Schule schwer und schätzt ihre Arbeit nicht wert. Seine Ablehnung steigert sich als die Lehrerinnen beginnen, gegen das Arbeitsverbot für verheiratete Frauen aufzubegehren.


    Silke Schütz entführt den Leser in eine schwere Zeit, die geprägt ist von Angst, Tod und Mangel. Mitten im Krieg versuchen die Heimgebliebenen ihr Leben zu leben. Dazu gehört u.a. auch der Schwarzmarkt, der rege frequentiert wird.

    Im Buch wird nicht nur das Lehrerinnenzölibat thematisiert, sondern es geht auch um die Stellung der Frauen im Allgemeinen. Und auch wenn der Krieg eher ein Nebenschauplatz ist, so wird er doch sehr gegenwärtig wenn die Kriegsverletzten nach Hause zurück kehren, an Körper und Seele gebrochen. Gerade diese Kriegstraumata wurden früher nicht als Krankheit wahrgenommen und die Betroffenen mussten alleine damit klar genommen.

    Mit viel Einfühlungsvermögen und auch Humor beschreibt die Autorin diese schwere Zeit. Das Berlin der Kriegsjahre wird in diesem Buch lebendig. Die Personen sind symphatisch und man kann sich in ihre Probleme hineinversetzen. Einige Entscheidungen der handelnden Protagonisten konnte ich beim Lesen nicht nachvollziehen, wohl auch, weil ich sie aus heutiger Sicht beurteile.



    Ein spannendes Buch was durchweg interessant bleibt und sich wunderbar weglesen lässt. Zum Ende hin überschlagen sich die Ereignisse, da hatte ich mir noch mehr Zeit gewünscht. Aber der Höhepunkt zum Schluß ist noch mal richtig toll. Ein mir bisher recht unbekanntes Thema gut in Szene gesetzt.


    4ratten

    Words are, in my not-so-humble opinion, our most inexhaustible source of magic. Capable of both inflicting injury, and remedying it - Albus Dumbledore