Volker Schmidt - Untervögelt? Macht zu wenig (guter) Sex uns hässlich, krank und dumm?

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    Titel: Untervögelt? Macht zu wenig (guter) Sex uns hässlich, krank und dumm?

    Autor: Volker Schmidt


    Allgemein:

    198 S. ; Fischer und Gann, 2019


    Inhalt:

    Ist es eigentlich gesünder viel und guten Sex zu haben als wenig, bis keinen und um himmelswillen sogar schlechten Sex dazu?

    Dieser Frage geht Volker Schmidt in seinem Ratgeber nach, dabei beruft er sich auf verschiedene Studien und seine eigenen Erfahrungen (er ist Therapeut und Berater für Liebe, Partnerschaft und Sexualität).


    Meine Meinung:

    Ich gebe zu, ich finde das Buch insgesamt inhaltlich etwas überflüssig, aber auch nicht überzeugend. Schmidt teilt keinerlei wirklich neue Informationen, die nicht aus Sexualratgebern oder Aufklärungsbücher der letzten Jahre, schon bekannt wären. Zum Teil sind seine Erkenntnisse meiner Meinung nach zwar nicht verkehrt. Ich finde es schon wichtig das unsere Gesellschaft unseren Umgang mit Sex und Sexualität verändern muss. Allerdings zieht er einfach andere Schlüsse als ich daraus - was okey ist, ich muss ja nicht seiner Meinung sein. Was für mich das Buch aber nicht soo empfehlenswert macht.


    Ich finde es zwar gut, das er seine Argumentation mit verschiedenen wissenschaftlichen Studien untermauern möchte. Allerdings finde ich schon hier die Zusammenfassungen nicht immer gelungen. Manchmal häufen sich einfach nur verschiedene Erkenntnisse, Schmidt vergisst aber die Studien mit seinem jeweiligen Kapitelthema sinnvoll zu verknüpfen. Oftmals fehlte mir schlichtweg der Sinn, weshalb er eine bestimmte Studie nennt, dann aber gar nicht genau ausführt, was er mit ihr an diesem Punkt erklären möchte.


    Gut fand ich auch, das er klar macht, das vor allem Selbstbestimmung über den eigenen Körper und die freie Wahl einer der Schlüssel zu erfüllten Sexualität sind. Auch andere Punkte die dazu führen, weshalb der Geschlechtsverkehr von Menschen als nicht immer erfüllend wahrgenommen wird, fand ich schlüssig.

    Allerdings fokussiert sich Schmidt sehr auf Naturwissenschaftliche Erklärungen und verschiedene zum Teil auch Sozialwissenschaftliche Studien - ignoriert dabei aber meiner Meinung nach völlig, das auch andere Einflüsse die eigene Auslebung der Sexualität massiv beeinflussen. Denn die Gründe die zu Geschlechtsverkehr führen sind vielfältig und nicht immer so stark beeinflussbar, wie der Autor das suggeriert. Nach Meinung des Autors muss zwar ein neuer Blick auf den Geschlechtsverkehr her und vor allem ein natürlicher Umgang damit. Aber er fokussiert sich dabei so stark auf biologische logiken, das er die gesellschaftlichen Entwicklungen außen vor lässt.


    Er ignoriert in seiner Argumentation völlig, das gerade die Vorstellungen die über Frauen und Männer und andere Geschlechter herrschen, auch die Auslebung von Körperlichkeit so stark beeinflussen, das hier ein neuer Blick auf Sex allein einfach zu kurz gedacht ist.

    Das ist zwar ein netter Rat, stößt aber keine Diskussion darüber an, wie sich dieser Blick ändern könnte. Sein Vergleich übrigens mit bestimmten Tierarten, die vermutlich eher wenig Spaß am Geschlechtsakt haben (oder sogar gar keinen) mit Menschen (und anderen Tieren die Spaß an Sex haben) hinkt auch. Hier hätte er mich vielleicht überzeugen können, wenn er ausgeführt hätte, das es Hinweise bei den Arten die er bennent, darauf gibt, das sie auch Spaß daran haben. Ansonsten fand ich den Hinweis darauf, das die Männchen einer bestimmten Entenart einen längeren Penis (im erigierten Zustand) haben können, als der Körper lang ist, völlig überflüssig. Was sollte mir diese Information bitte eigentlich sagen???

    Immerhin bemüht er sich, Frauen und Männer gleichermaßen im Blick zu haben. Schade fand ich das er sich dabei so stark darauf fokussiert, die Menschen würden aus genau zwei Geschlechtern bestehen keine weiteren Geschlechter kennen (und wieder ignoriert, das genau diese Konstruktionen auch die naturwissenschaftlichen Forschungen beeinflusst haben und es nach wie vor tun).


    Zu guter letzt, fand ich den aufgesetzten humorvollen Ton, den Volker Schmidt anschlägt anstrengend und ziemlich nervtötend.

    Ich finde es wichtig das unsere Gesellschaft Sexualität und alles was damit zusammen hängt aus ihrem Schmuddeldasein heraus befördert und das wir uns mehr trauen, mit unseren jeweiligen Sexualpartnern*innen auf Augenhöhe über Wünsche und vielleicht auch Ängste zu sprechen. Es ist nach wie vor so, das viele Frauen noch nie einen Orgasmus hatten oder aufgrund schlechter Erfahrungen nicht wissen, das Sex auch richtig toll sein kann (und dann keinesfalls überschätzt ist, wie ich das als Aussage von einer Person tatsächlich mal gehört habe). Aber meiner Meinung nach greift Schmidts Buch einfach zu kurz und ignoriert in seinen Argumenten die verschiedenen Diskurse, die zur Herausbildung des heutigen Bildes von Sex und Sexualität geführt haben und sie nach wie vor bestimmen.

  • Interessant. Wird Asexualität auch thematisiert?

  • Kritty

    Leider überhaupt nicht. Sie kommt nicht einmal in einem Nebensatz vor. Immerhin spricht er zumindest Homosexualität an und bemüht sich darum, richtig zu Gendern. (Das ist mehr als ich das von andren Ratgebern kenne...) Aber das er Asexualität ganz außen vorlässt, ist mir tatsächlich grade erst durch deine Frage richtig aufgefallen.

    Schmidt geht in seiner Argumentation vor allem davon aus, das es logisch betrachtet viel besser ist, Sex zu haben als keinen. Denn das beeinflusst die Gesundheit - wofür er auch verschiedene Studien nennt. Dann geht er darauf ein, warum es so wichtig ist, das dieser Sex gut ist und woran es hängt, das er oftmals nur irgendwo im Mittelfeld bewertet wird.

  • Ansonsten fand ich den Hinweis darauf, das die Männchen einer bestimmten Entenart einen längeren Penis (im erigierten Zustand) haben können, als der Körper lang ist, völlig überflüssig. Was sollte mir diese Information bitte eigentlich sagen???

    Das stand doch schon vor Jahren in "Unnützes Wissen" - da passt es auch prima hin :autsch:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine Hab ich schon erwähnt das er öfter mal auch Wikipedia zitiert?? :breitgrins:


    Ich persönlich würde tatsächlich eher verschiedene Aufklärungsbücher empfehlen z.B Make Love. Weil hier Sexualität umfassender thematisiert wird.

    Oder Bücher wie Gesundgevögelt, das Buch fand ich wesentlich besser argumentiert, obwohl der Ansatz ein ähnlicher ist. Und die Autorin auch viel stärker aus persönlicher Erfahrung (mit ihrer eigenen Sexualität) heraus diskutiert.

  • Kritty

    Leider überhaupt nicht. Sie kommt nicht einmal in einem Nebensatz vor. Immerhin spricht er zumindest Homosexualität an und bemüht sich darum, richtig zu Gendern. (Das ist mehr als ich das von andren Ratgebern kenne...) Aber das er Asexualität ganz außen vorlässt, ist mir tatsächlich grade erst durch deine Frage richtig aufgefallen.

    Schmidt geht in seiner Argumentation vor allem davon aus, das es logisch betrachtet viel besser ist, Sex zu haben als keinen. Denn das beeinflusst die Gesundheit - wofür er auch verschiedene Studien nennt. Dann geht er darauf ein, warum es so wichtig ist, das dieser Sex gut ist und woran es hängt, das er oftmals nur irgendwo im Mittelfeld bewertet wird.


    Schade. Danke für die Rückmeldung!

    Aber deine anderen Buchtipps gefallen mir dafür ;) dann werde ich bei Gelegenheit lieber zu "Gesundgevögelt" greifen wenn mir mal nach sowas ist.

  • Wie der Titel schon andeutet, geht es hier um die schönste Nebensache der Welt - Sex. Das ganze ist mit interessanten Statistiken und somit auch wissenschaftlich unterlegt.

    Das Cover des Buches macht das Buch interessant, auch wenn man eigentlich nicht erkennt (außer am Untertitel), um was für ein Genre bzw. um was es hier geht. Mir gefällt das Cover allerdings, und man erfährt im Buch auch, was es mit dem Vogel auf sich hat.

    Der Schreibstil des Autors ist sehr gut. Nach einer kurzen Einführung über das Tierreich, das ich doch interessant fand, kamen dann Statistiken, die ebenfalls gut in den Kontext passten und hervorragend in das Buch eingebaut wurden. Auch die persönliche Meinung des Autors findet seinen Platz. Dabei nimmt er kein Blatt vor den Mund und immer wieder blitzt auch ein wenig Ironie und Humor durch, was das ganze Buch auflockert.

    Zu Beginn des Buches ist die Hauptquelle meist "Wikipedia", was ich nicht gut fand. Danach allerdings wird fleißig aus anderen Büchern und Artikeln (mit Quellenangabe) zitiert, was auf eine ausgezeichnete Recherche hindeutet.

    Insgesamt fand ich das Buch interessant und las es relativ schnell (was bei ca. 160 Seiten auch meist geht). Am Ende gab es dann aber doch einige Wiederholungen zu viel, die ich nur noch schnell überlas.

    Zum anderen nennt der Autor zwar viele Spielarten und Formen der Sexualität, allerdings lässt er Asexualität, Intersexualität und Transgender total außen vor und erwähnt sie nicht einmal.

    Daher meine Meinung, dass das Buch an sich interessant ist, es aber zu dem Thema viele andere ausführlichere gibt (manche zitiert der Autor ja auch im Buch).

    Fazit: Interessant, aber zum Thema gibt es definitiv bessere Bücher. 3,5 von 5 Sternen