H.G. Wells - The Island of Doctor Moreau / Die Insel des Doktor Moreau

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    Hallo zusammen!


    Ein Schiffbrücher findet sich wieder auf einer Insel - zusammen mit zwei Weissen und mehreren undefinierbaren Wesen, die halb Mensch, halb Tier zu sein scheinen. Ein Klassiker der SF, zugleich ein Klassiker des Gruselromans, mit einem der zu jener Zeit so beliebten verrückten Wissenschafter à la Dr. Frankenstein - oder eben: Dr. Moreau.


    Die unmenschlichen Experimente des Dr. Moreau und der Ausgang derselben sind nicht nur nach wie vor äusserst spannend zu lesen: sie sind auch hochaktuell. Was Dr. Moreau "vivisection" nennt, wäre heute plastische Chirurgie und / oder Gentechnik. Doch die Gefahren, die Wells aufzeigt, und die menschliche Hybris, die er denunziert, sind aktueller denn je.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

    Einmal editiert, zuletzt von nimue ()

  • Ich war bei der Lektüre des Romans überrascht von der wirklichen Natur der Experimente. Ich hatte nämlich (wahrscheinlich wg. der Verfilmungen) immer gedacht, die "Monster" seien veränderte Menschen. Tatsächlich sind es umoperierte Tiere.


    Mit Gentechnik würde ich das Thema nicht verbinden wollen, denn die Grausamkeit ergibt sich ja gerade durch die Schmerzen, die mit der Operation und der Umgestaltung verbunden sind, d.h. durch die unnatürliche Verzerrung der Physis, also durch etwas konkretes, "greifbares" .

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Kringel"

    Mit Gentechnik würde ich das Thema nicht verbinden wollen, denn die Grausamkeit ergibt sich ja gerade durch die Schmerzen, die mit der Operation und der Umgestaltung verbunden sind, d.h. durch die unnatürliche Verzerrung der Physis, also durch etwas konkretes, "greifbares" .


    Du hast natürlich insofern Recht, als dass ich den Aspekt der Grausamkeit völlig verdrängt habe, obwohl er - neben dem, was Du bereits erwähnt hast, zur Charakterisierung von Moreau und Montgomery einerseits, zur Errichtung der gruseligen und beängstigenden Atmosphäre auf der Insel andererseits - nicht wenig zum Ganzen beiträgt.


    Ich dachte aber mehr an den Aspekt, dass durch Moreaus Manipulationen diese Lebewesen ihr ursprüngliches Wesen verloren haben und nun irgendwo zwischen den Welten hängen geblieben sind. So, wie durch Gentechnik schädlingsresisenter Mais (zumindest für die Schädlinge!) eben auch sein ursprüngliches Wesen verloren hat und (zumindest für die Schädlinge!) kein Mais mehr ist.


    Ein weiteres Thema von Wells wird da natürlich angesprochen: der Outcast.


    Grüsse


    Sandhofer


    PS. Verfilmungen habe ich keine gesehen.

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo zusammen,

    Zitat von "Kringel"

    Mit Gentechnik würde ich das Thema nicht verbinden wollen, denn die Grausamkeit ergibt sich ja gerade durch die Schmerzen, die mit der Operation und der Umgestaltung verbunden sind, d.h. durch die unnatürliche Verzerrung der Physis, also durch etwas konkretes, "greifbares" .


    Aber vor allem geht es doch um die Hybris, also das Eingreifen in die "Schöpfung" durch den Menschen. Und darum geht es auch nicht selten in den Diskussionen um Gentechnik.


    sandhofer, ich hatte meinen Lieblingswells bisher noch nie in eine Reihe mit den Gothic novels gestellt. Da muss ich mal ein bisschen drüber nachdenken. Ich habe die Figur des Dr. Moreau nicht mehr so richtig, deshalb wohl aber als wenig zweifelnd in Erinnerung.


    Herzlich, B.

  • Das ist schon richtig, aber ich meine, dass die "körperliche" Ebene eben dieser Hybris - bzw. die damit verbundene rücksichtlose Grausamkeit Moreaus - ein viel zu wichtiger Bestandteil des Romans ist. Mir schwebt jedenfalls ein ganz anderes Bild vor als ein steriles Labor, in dem jemand mit Mikrowerkzeugen unter einem Mikroskop herumfummelt...

  • Hallo zusammen!


    Zitat von "Kringel"

    [...]dass die "körperliche" Ebene eben dieser Hybris - bzw. die damit verbundene rücksichtlose Grausamkeit Moreaus - ein viel zu wichtiger Bestandteil des Romans ist.


    Du hast schon recht. Diese völlige Objektivierung (im Sinne von: als leb- und fühllosen Gegenstand betrachten) des zu Untersuchenden / Behandelnden, die nicht einmal der Lustgewinnung durch Sadismus dient, spielt eine grosse Rolle bei Wells. Sie mach die Grausamkeit einerseits im wahrsten Sinne des Wortes "greifbar" - andererseits auch wieder unbegreiflich, dadurch, dass kein Mensch (höchstens ein Gott) derart "objektiv" sein kann. Moreau wird dadurch zum Monster, zum Über- oder Untermenschen, zu einem Gott oder zu einem Teufel.


    Oder doch nicht? Was fühlen oder denken die Aufseher in einem Vernichtungslager? Die Ärzte in einem KZ?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Ui, jetzt könnten wir schön abschweifen... Ich nehme nämlich an, daß die Motivationen und auch die Methoden der Selbstrechtfertigung bei Aufsehern und Ärzten in den Lagern sehr verschieden waren...

  • Zitat von "Kringel"

    Ich nehme nämlich an, daß die Motivationen und auch die Methoden der Selbstrechtfertigung bei Aufsehern und Ärzten in den Lagern sehr verschieden waren...


    Schreiben wir: sind. Denn was unter den Nazis geschehen ist, kann sich jederzeit wiederholen ...


    Im übrigen hast Du natürlich schon recht. Aber wer weiss, vielleicht war/ist auch ein Dr. Moreau dabei?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • H.G. Wells, The Island of Dr Moreau (1896)


    Kann ein Mensch, mittels medizinischer Eingriffe, ein Leben nach seinem Gusto und wider die Natur verändern? Mit dieser und anderen Fragen sieht sich Edward Prendick konfrontiert – ein Schiffbrüchiger, der auf einer abgelegenen Insel auf sonderbare Kreaturen trifft. Diese Kreaturen wurden von dem berüchtigten Dr. Moreau erschaffen, welcher versucht aus Tieren menschenähnliche Wesen zu schaffen. Moreau hat sogar „Erfolg“: seine Kreaturen können auf zwei Beinen gehen und sich rudimentär verständigen. Doch haben sich diese „Tier-Menschen“ wirklich von ihrer animalischen Vergangenheit distanziert? Oder trügt deren „zivilisierte“ Idylle? …


    Prendick hat seine Erlebnisse auf der Insel nachträglich aufgeschrieben, diese wurden aber erst nach seinem Tod veröffentlicht. Die vorliegende Geschichte ist also die Erinnerung eines Mannes – und gibt dem Buch somit den Grundton der Wahrhaftigkeit. Diesen Anspruch an die Wahrheit kann auch der eigentliche Inhalt seiner Erzählung nicht mehr nehmen, denn, obwohl diese oft phantastisch wirkt, bleibt sie doch thematisch immer im Rahmen des Möglichen und Vorstellbaren. Und so scheint die Geschichte selbst "zweitranging" zu werden und die Interpretation derselben im Vordergrund zu stehen.


    The Island of Dr Moreau behandelt dementsprechend eine Vielzahl von Themen – ob es sich dabei um die gottgleiche Anmaßung von Wissenschaftlern, medizinische/wissenschaftliche Experimente ohne Rücksicht auf moralische Gebote, Andersartigkeit, Blasphemie, oder um die Definition von Zivilisation und Humanität schlechthin handelt. Doch unabhängig davon, mit welcher Erwartung und Deutungsabsicht der Einzelne das Buch lesen wird, kann der Leser eine spannende und aufreibende Lektüre erwarten, die schockieren, faszinieren und viel zu denken geben wird.


    Fazit: H.G. Wells hat Ende des 19. Jahrhunderts einen Klassiker geschrieben, dessen Thematik im 21. Jahrhundert nichts eingebüßt hat, vielmehr aktueller scheint, denn jemals zuvor.


    4ratten & :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Ich habe mir jetzt das Hörbuch angehört, und die Geschichte hat mich irgendwie nicht überzeugt. Die Verwandlung durch Vivisektion war mir zu unglaubwürdig, als dass es mich wirklich hätte gruseln können. Am besten ausgearbeitet war die Angst aller vor dem Haus der Schmerzen.


    2ratten

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich habe gerade erst kürzlich "The invisible man" von Wells gelesen und habe jetzt "The Island of Dr. Moreau" dran gehängt, weswegen ich beide Werke im Vergleich sehe.

    Grundsätzlich hat mir "The invisible man" besser gefallen, bei Moreau fand ich vor allem den Mittelteil hinsichtlich des Spannungsbogens subjektiv schwächer.


    Dass die Methoden Moreaus aus heutiger Sicht befremdlich und sehr unwahrscheinlich wirken, hat mich dafür nicht gestört. Wells selbst nahm an, dass die beschriebenen Methoden so funktionieren könnten und aus dieser geglaubten Realität entstand für mich der Horror. Natürlich sind auch die Beschreibungen selbst sehr gruselig, auch wenn man sie heute eher der Fantasy und weniger der Science Fiction zuordnen würde.

    Vor allem aber der ethische Aspekt hat bei mir für Gänsehaut gesorgt und wie Moreau seine Versuchstiere wie Objekte behandelt und keinerlei moralische Skrupel hat. Ebenso Montgomery, der vielleicht vorhandene Skrupel in Alkohol ertränkt und Prendick, der Moreaus Methoden zwar zunehmend ablehnt, aber gleichsam auch irgendwo akzeptiert. Daraus könnte man natürlich genügend Analogien in die heutige Zeit ziehen und so behält sich das Werk dann doch wieder eine erschütternde Aktualität.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Meine Meinung

    Wenn der Mensch Gott spielt, kann daraus nichts Gutes entstehen. Dr. Moreau führt seine Experimente ohne Achtung vor dem Leben und mit der Arroganz desjenigen vor, der glaubt dass die Ergebnisse den Weg rechtfertigen. Scheinbar geben die seinen Versuchen auch recht. Pendrick ist von dem, was er sieht, schockiert. Das ehrt ihn. Aber das hindert ihn nicht daran, sich den Versuchspersonen überlegen zu fühlen. Natürlich sind es keine Menschen, mit denen Moreau seine Experimente gemacht hat, aber er hat sie auf eine Art und Weise dazu gemacht, durch die sie mehr Respekt verdienen, als Pendrick ihnen zugestanden hat.


    Eine schwierige Geschichte, die vom Stil her eher einfach für die heutige Zeit ist, vom Thema aber sehr aktuell.

    3ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Mehr als 13 Jahre später muss ich sagen: Was für ein Scheiss... 8|

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • :lachen:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen