Katharine McMahon - The Crimson Rooms

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    Auch wenn das Ende des 1. Weltkrieges schon einige Jahre zurückliegt, trauert Evelyn immer noch sehr um ihren geliebten Bruder James. Kaum ein Tag vergeht, ohne dass sie von seinem Tod träumt. Auch ihr Vater ist mittlerweile tot und hat die Familie, die jetzt nur noch aus Frauen besteht (neben Evelyn leben Mutter, Großmutter und eine ledige Tante sowie zwei Dienstmädchen in dem großen, vormals prächtigen Haus), in schwierigen finanziellen Verhältnissen zurückgelassen.


    Eines Tages steht dann eine wildfremde Frau vor der Tür mit einem Jungen, der James wie aus dem Gesicht geschnitten ist, und behauptet, James' Geliebte gewesen und nun die Mutter seines Sohnes zu sein. Nicht nur für Evelyn ist das ein ziemlicher Schock, vor allem, als Meredith Dinge erzählt, die nicht in Evelyns Bild von James passen.


    Umso mehr ist Evelyn froh über die Abwechslung, die ihre Arbeit in einer Anwaltskanzlei ihr bietet. Als eine der ersten Juristinnen in Großbritannien hat sie es allerdings in der männerdominierten Berufswelt nicht gerade leicht. Doch sie ist mit Eifer bei der Sache und gerade in zwei Fälle gleichzeitig involviert: zum einen den Versuch, einer sozial benachteiligten Frau das Sorgerecht für ihre Kinder zurückzugeben, zum anderen einen Mordfall, bei dem ein Kriegsveteran seine viel jüngere Ehefrau erschossen haben soll. Evelyn glaubt aber nicht so recht an den angeblichen Tathergang und stellt auf eigene Faust Nachforschungen über den Verdächtigen und über das Mordopfer an ...


    Die Lage, in der sich Frauen nach dem ersten Weltkrieg wiederfanden, ist in vieler Hinsicht eine besondere, weil so viele Männer nicht mehr zurückgekehrt sind. Einerseits bedeutet der Männermangel, dass viele Frauen gar keine Chance haben, einen Partner zu finden, andererseits eröffnen sich dem weiblichen Geschlecht dadurch aber auch neue Möglichkeiten: mehr Eigenverantwortung und Selbständigkeit und auch das Vordringen in viele Berufe, die einst reine Männerdomänen waren - was den Männern allerdings häufig ein Dorn im Auge ist.


    Evelyn ist eine dieser Frauen, die die Gunst der Stunde nutzen, um sich ihren beruflichen Traum zu erfüllen, doch ihr Weg ist steinig und mit haarsträubenden Sprüchen und unsäglichem Chauvinismus gepflastert. Die ältere Generation zu Hause ist gefangen in der Trauer um die Verstorbenen und die Vergangenheit und für Evelyn keine große Unterstützung, so dass sie sich ziemlich alleine zurechtfinden muss, sicherlich keine untypische Situation für die damalige Zeit und von Katharine McMahon eindringlich eingefangen.


    Sowohl die Geschichte um James als auch die beiden ganz unterschiedlichen Themen, mit denen Evelyn beruflich konfrontiert ist, sind spannend erzählt und gut konstruiert, wenngleich manche Figuren haarscharf an der Grenze zur Überzeichnung stehen. Was mich im Gesamtbild ein wenig gestört hat, war die unvermeidliche Romanze, zumal sie ziemlich unvermittelt auftauchte und deshalb ein bisschen aufgepfropft wirkte. Allerdings hat sie durchaus eine sinnvolle Rolle im Plot, so dass das Gesamtkonstrukt durchaus stimmig ist und ich das Buch gerne gelesen habe, vor allem wegen des interessanten gesellschaftlichen Hintergrundes.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen