4. Abschnitt: Kap. 30 bis zum Ende

Es gibt 74 Antworten in diesem Thema, welches 11.014 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von odenwaldcollies.

  • Ich hätte ja richtig große Lust, mal einen Roman über so einen Arzt wie Weiß als Protagonist zu schreiben, der dann mit seiner gestörten Art tatsächlich bei den Nazis Karriere macht - und man als Leser immer nur den Kopf schüttelt, wieso der Gestörte gar nicht merkt, was er da tut und wie jemand nur so von sich überzeugt sein kann.

    Was hält dich davon ab? ;)

  • Ohja, das wäre doch was.

    Aber erst schreibe ich noch die Vorgeschichte zu Fritz' Mutter (Fritz Ellerweg aus "Die Stimmlosen" - hatten wir ja bei der letzten Leserunde schon mal drüber gesprochen). Ich bin nur leider z.Zt. wegen meiner Mutter so belastet, dass ich zu nix komme, aber ein Vertragsangebot gibt es schon. Ich hoffe mal, meine Lektorin ist einverstanden, wenn ich den Abgabetermin erst ins nächste Jahr lege, weil ich im Moment so ausgelutscht bin. Vollzeit-Job als Ärztin, gesundheitlich angeschlagen und dann auch noch eine Mutter, die im Hospiz seit Monaten auf den Tod wartet, dann noch die spätere Wohnungsauflösung ... davor graut mir echt.

    Puh ... Melanie, übernimm dich bitte nicht ... du hast nämlich auch nur dieses eine Leben! *knuddel*

  • Ich freue mich auf euch.


    Und jetzt wisst ihr bestimmt auch, warum ich unbedingt das Pferd auf dem Cover haben wollte, oder? Wotan ist schon ziemlich wichtig - erst für Bernhard und später für die ausgleichende Gerechtigkeit.

    Oh ja, stimmt ... muss mir gleich nochmal das Cover anschauen, ich hatte ja das Ebook ...

  • Liebe Melanie ... mehr werde ich jetzt wohl eher nicht kommentieren ... hinke ja fast als Letzte hinterher ... aber es war einfach mal wieder ein wunderbares Buch ... vielen Dank dafür :)

  • Vielen Dank, Engi, es freut mich sehr, dass es dir gefallen hat. Und du bist nicht die einzige, Kritty ist auch noch am Lesen, aber das macht nichts, ich schaue weiter regelmäßig rein.

  • Schön, liebe Melanie und meine Rezension kommt natürlich auch noch die Tage. Ich freue mich schon sehr auf das nächste Buch von und mit dir :)

  • Ich hätte ja richtig große Lust, mal einen Roman über so einen Arzt wie Weiß als Protagonist zu schreiben, der dann mit seiner gestörten Art tatsächlich bei den Nazis Karriere macht - und man als Leser immer nur den Kopf schüttelt, wieso der Gestörte gar nicht merkt, was er da tut und wie jemand nur so von sich überzeugt sein kann.

    Was hält dich davon ab? ;)

    Ich brauche einen Verlagsvertrag dafür - aber vielleicht sieht das gar nicht so schlecht aus ...

  • Hui!


    Ich bin durch und musste erst einmal alles sacken lassen.

    Welch' toller Abschnitt! Und doch so traurig.


    Wie alles aufgedeckt wird war super spannend und es war die reinste Katharsis, wie sich alles zusammengefügt hat.


    Dass Friederike sich erst gewissermaßen mit Dr. Weiß "verbünden" musste war richtig unangenehm aber hat sich ja dann gelohnt. Man konnte ihn überführen.


    Toll, dass Magnus Hirschfeld erwähnt wurde! Das mag ich an historischen Romanen: Das man, wenn der Roman gut ist, einiges dazulernen kann. Mir war Hirschfeld tatsächlich nicht unbekannt und wurde aber inspiriert, um nochmal ein bisschen zu ihm zu recherchieren. Großartig!

    An dieser Stelle sei auch mal erwähnt, dass ich die Einstellung von Friederikes Vater zu diversen Belangen einfach wunderbar finde. Vater-Figuren kommen ja nicht immer besonders gut weg, insbesondere wenn es um Töchter/Frauen geht. Friederikes Vater und ihre Beziehung zu ihm sind hier aber mutmachend und haben mir gut gefallen!


    Mir schwirrt noch ein wenig der Kopf und ich habe so viel und doch nichts zu sagen, was mir ein wenig leid tut - es wurde quasi schon alles oben geschrieben, was mir so durch den Verstand geschwirrt ist. Ich fand die Auflösung und die Rollen die die einzelnen Figuren dabei gespielt haben total gelungen und es hat Spaß gemacht sie zu lesen. Und: Ich musste sehr weinen als Bernhard gestorben ist. Ich hatte ja mehr und mehr damit gerechnet, je weiter die Handlung fortgeschritten ist. Schon als Viktor und er sich gegenüber standen hatte ich das Schlimmste befürchtet.

    Und ich weiß jetzt auch, was gemeint war mit dem Hinweis, dass Wotan noch eine Rolle spielen würde, Melanie Metzenthin :):(


    Im Übrigen fand ich auch den Auftritt des Bruders authentisch und sehr gut geschrieben. Ich habe ihn abwechselnd verachtet und ein wenig Mitleid mit ihm gehabt, und ich fand das genau richtig. Seine Erinnerungen und Gefühle sind ja beileibe nicht toll und er ist nun mal traumatisiert (der arme 7-jährige Viktor :( ), aber was aus ihm geworden war ist nun mal echt schlimm.



    Das Nachwort fand ich dann auch sehr aufschlussreich und wichtig - ich bin froh, dass noch etwas zu den Begrifflichkeiten gesagt wurde! Zu Beginn war es nämlich in der Tat für ein paar Seiten gewöhnungsbedürftig, gewisse Worte zu lesen ;) Und das, obwohl mir das Alles nicht neu ist.



    Ich hatte ja ursprünglich mit dem Gedanken gespielt, noch einen Epilog 20 Jahre später zu machen, wo Doktor Weiß sich ganz gut mit seiner Behinderung in einem Pflegeheim eingelebt hat und dann kommt jemand, der die Leistungsfähigkeit von Behinderten beurteilen soll und meint: "Zu schade, er war mal ein großartiger Arzt, aber das ist ja kein Leben mehr. Der ist für die Aktion Gnadentod." Habe ich dann gelassen, wäre zu viel geworden und hätte von dem tragischen Ende, in dem aber auch viel Hoffnung liegt - Friederike wird Ärztin werden (und eine Tochter bekommen, dann muss sie sich 20 Jahre später keine Sorgen machen, dass die eingezogen wird und im Krieg umkommt) und auch Juliane hat ihr Leben vollständig zurückerobert.


    Ich finde das Ende so perfekt wie es ist :)


    Zusammenfassend ein echt sehr toller Roman, und ich werde meine Rezi bald verfassen - kann aber schon sagen, dass die Bewertung sehr gut ausfallen wird ;)

  • Mir schwirrt noch ein wenig der Kopf und ich habe so viel und doch nichts zu sagen, was mir ein wenig leid tut - es wurde quasi schon alles oben geschrieben, was mir so durch den Verstand geschwirrt ist. Ich fand die Auflösung und die Rollen die die einzelnen Figuren dabei gespielt haben total gelungen und es hat Spaß gemacht sie zu lesen. Und: Ich musste sehr weinen als Bernhard gestorben ist. Ich hatte ja mehr und mehr damit gerechnet, je weiter die Handlung fortgeschritten ist. Schon als Viktor und er sich gegenüber standen hatte ich das Schlimmste befürchtet.

    Und ich weiß jetzt auch, was gemeint war mit dem Hinweis, dass Wotan noch eine Rolle spielen würde, Melanie Metzenthin :) :(

    Wie ich auch schon schrieb - bei der Sterbeszene von Bernhard hatte ich beim Schreiben auch Tränen in den Augen. Aber ich denke, gerade weil es weh tut, beantwortet sich die Frage - kein Leben, um das man aufrichtig trauert, ist wertlos. Trauer auch in dem Sinne, als dass es eine andere Trauer wie bei einem 100-jährigen ist - um den trauert man auch, aber zugleich hat man das Gefühl, das Leben ist vollendet. Bei Bernhard bleibt viel Spielraum für Fantasie, wie es noch hätte werden können, gerade jetzt, wo er wieder anfing, Friederikes Ehemann in jeder Hinsicht zu sein und sich auch bestimmt seinen Möglichkeiten entsprechend gut um sein Kind gekümmert hätte. Wäre es ein echtes "Happy-End" geworden, wäre es m.E. banal geworden, man hätte es vergessen, manch einer hätte es vielleicht auch unglaubwürdig gefunden. Gerade durch den Schmerz beim Schreiben und auch beim Lesen, weil man den Verlust spürt, bleibt die wahre Aussage im Gedächtnis.


    Im Übrigen fand ich auch den Auftritt des Bruders authentisch und sehr gut geschrieben. Ich habe ihn abwechselnd verachtet und ein wenig Mitleid mit ihm gehabt, und ich fand das genau richtig. Seine Erinnerungen und Gefühle sind ja beileibe nicht toll und er ist nun mal traumatisiert (der arme 7-jährige Viktor :( ), aber was aus ihm geworden war ist nun mal echt schlimm.

    Ja, genau das wollte ich auch darstellen - man versteht, warum er so geworden ist, aber das ändert nichts daran, dass er ein Verbrecher ist. Aber es zeigt, dass niemand so geboren wird. Und während Juliane die Möglichkeit hatte, das Trauma zu überwinden und zu wachsen, hat Viktor sich im Grunde selbst vernichtet, als er aufhörte, Menschen menschlich zu betrachten und für Dr. Weiß' Manipulationen empfänglich wurde. Weil er letztlich seelisch zerstört war. Das ist der Unterschied zwischen ihm und Bernhard. Ein Teil von Bernhards Fähigkeiten waren zerstört, aber nicht das, was ihn als Menschen ausmachte. Viktor hatte noch alle Fähigkeiten, aber sein Vater hatte seine Seele zerstört. Und in dieser Leere, die geblieben war, in der menschlichen Verwüstung und Verrohung, da konnte Dr. Weiß' böse Saat schnell aufgehen. Interessant ist ja auch, dass viele der hohen Nazi-Schergen, die KZs leiteten, selbst eine kriminelle Vorgeschichte oder eine seelische Verrohung dieser Art hatten. Und das wurde dann von den Nazis rekrutiert - und dann genügt das eine Prozent an Psychopathen, das jede Gesellschaft hat, um sie komplett zu entwurzeln.



    Toll, dass Magnus Hirschfeld erwähnt wurde! Das mag ich an historischen Romanen: Das man, wenn der Roman gut ist, einiges dazulernen kann. Mir war Hirschfeld tatsächlich nicht unbekannt und wurde aber inspiriert, um nochmal ein bisschen zu ihm zu recherchieren. Großartig!

    An dieser Stelle sei auch mal erwähnt, dass ich die Einstellung von Friederikes Vater zu diversen Belangen einfach wunderbar finde. Vater-Figuren kommen ja nicht immer besonders gut weg, insbesondere wenn es um Töchter/Frauen geht. Friederikes Vater und ihre Beziehung zu ihm sind hier aber mutmachend und haben mir gut gefallen!

    M.E. haben die meisten starken Frauen eine positive Vaterfigur im Hintergrund, die ihnen schon immer vermittelte, dass sie etwas wert sind und alles erreichen können. Vor allem in den Zeiten, in denen Frauen noch nicht die gleichen Rechte wie Männer hatten. Väter sind ungemein wichtig - sie können das beste ebenso wie das schlimmste aus ihren Kindern holen - auf der einen Seite Dr. Meinhardt, auf der anderen Seite der Vater von Juliane und Viktor.


    Übrigens spielt Hirschfeld (bzw. seine Schriften) auch in "Die Stimmlosen" eine Rolle. Ich fand es hochinteressant, dass Hirschfeld schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts die Grundzüge der Sexualmedizin legte, die heute noch gültig sind, auch wenn er von den Nazis deshalb natürlich verfemt wurde.

  • Wäre es ein echtes "Happy-End" geworden, wäre es m.E. banal geworden, man hätte es vergessen, manch einer hätte es vielleicht auch unglaubwürdig gefunden. Gerade durch den Schmerz beim Schreiben und auch beim Lesen, weil man den Verlust spürt, bleibt die wahre Aussage im Gedächtnis.


    Das sehe ich genauso und ich bin froh, dass es hier kein Happy End gibt. Also in Bezug auf einzelne Punkte schon: es wurden Missstände aufgedeckt, der Täter überführt und Juliane konnte sich von ihrem Leid lossagen und beginnen, zu heilen. Dass Bernhard gestorben ist und andere Figuren und die Leserschaft durch die Trauer ging/geht ist sehr nötig. Da stimme ich dir voll zu!



    Das ist der Unterschied zwischen ihm und Bernhard. Ein Teil von Bernhards Fähigkeiten waren zerstört, aber nicht das, was ihn als Menschen ausmachte. Viktor hatte noch alle Fähigkeiten, aber sein Vater hatte seine Seele zerstört


    Daran habe ich garnicht gedacht, zumindest nicht bewusst. Genial. Sie sind quasi pendants. Auch, dass Bernhard ein körperliches Traumata erfahren hat (natürlich zusätzlich zu den Traumata die ein Krieg mit sich bringt), und Viktor hauptsächlich ein seelisches/psychisches (natürlich eben auch zusätzlich zu dem, was sein kindlicher Körper an Schmerz erfahren musste).


    Interessant ist ja auch, dass viele der hohen Nazi-Schergen, die KZs leiteten, selbst eine kriminelle Vorgeschichte oder eine seelische Verrohung dieser Art hatten. Und das wurde dann von den Nazis rekrutiert - und dann genügt das eine Prozent an Psychopathen, das jede Gesellschaft hat, um sie komplett zu entwurzeln.


    Das lässt mich daran zurückdenken, dass wir mit einem Seminar-Kurs mal in einem ehemaligen KZ bzw. einer KZ-Gedenkstätte waren und dort ein Gespräch mit einem Mann geführt haben, der sich viel mit SS-Leuten und deren Motivation beschäftigt hat. Er hat zu deren Psychologie geforscht und hat ganz ähnliche Dinge erzählt.


    Ich freue mich schon sehr auf "Die Stimmlosen" und "Im Lautlosen", die liegen auch schon beide auf meinem SuB :)

  • Das lässt mich daran zurückdenken, dass wir mit einem Seminar-Kurs mal in einem ehemaligen KZ bzw. einer KZ-Gedenkstätte waren und dort ein Gespräch mit einem Mann geführt haben, der sich viel mit SS-Leuten und deren Motivation beschäftigt hat. Er hat zu deren Psychologie geforscht und hat ganz ähnliche Dinge erzählt.


    Ich freue mich schon sehr auf "Die Stimmlosen" und "Im Lautlosen", die liegen auch schon beide auf meinem SuB :)

    Im Lautlosen beginnt sechs Jahre nach "Mehr als die Erinnerung" - 1926, als Richard Hellmer seine künftige Frau Paula - eine Kommilitonin - kennenlernt. Richard hatte ja in "Mehr als die Erinnerung" sozusagen sein "Erweckungserlebnis", warum er Medizin studieren will. Und das zieht er dann auch mit allen Konsequenzen durch - inkl. des Widerstandes gegen die unmenschlichen Nazi-Gesetze.


    Die Stimmlosen ist die Fortsetzung in der Nachkriegszeit - man kann zwar jeden Band für sich lesen, aber es ist besser, sie in der richtigen Reihenfolge zu lesen.

  • Vielen Dank für den Hinweis :)

    Ich freue mich schon! Ich denke Ich werde nächsten Monat das erste Buch der beiden beginnen <3

  • Vater-Figuren kommen ja nicht immer besonders gut weg, insbesondere wenn es um Töchter/Frauen geht. Friederikes Vater und ihre Beziehung zu ihm sind hier aber mutmachend und haben mir gut gefallen!

    Ja, diese Beziehung hat mir ebenfalls gut gefallen.


    Im Übrigen fand ich auch den Auftritt des Bruders authentisch und sehr gut geschrieben. Ich habe ihn abwechselnd verachtet und ein wenig Mitleid mit ihm gehabt, und ich fand das genau richtig.

    Hier ging es mir wie dir und das fand ich auch sehr gut gemacht, so wurde Viktor recht vielschichtig und die Tiefe der ganzen Tragödie durch den Missbrauch nochmal umso deutlicher.

    Liebe Grüße

    Karin