M. W. Ludwig - Der Earl von Gaudibert: Eine Novelle

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    Ich habe gestern mit "Der Earl von Gaudibert: Eine Novelle" von M. W. Ludwig begonnen, einem kleinen aber hübschen Büchlein. Es wurde von dem vergleichsweise jungen Verlag "Art Skript Phantastik" (Gründung 2012) in 2017 herausgegeben - ein Verlag, der sich auf Steampunk Literatur, Space Opera und 'abgedrehte Fantasy" spezialisiert hat. Ich bin über einen Stand des Verlags bei einer Comic Con gestolpert und mir hat das Äußere des Buches sowie die Inhaltsangabe gut gefallen.



    Inhaltsangabe gemäß Verlags-Homepage:

    "Der englische Gentleman Graham McPherson liebt es, in seinem Club von angeblichen Abenteuern auf dem Mond zu erzählen. Niemand zweifelt an seinen Ausführungen, bis ein neues Clubmitglied ihn der Lüge bezichtigt und zu einer folgenschweren Wette herausfordert: Bis zum nächsten Vollmond soll McPherson seine Behauptungen beweisen. Keine leichte Aufgabe, immerhin schreiben wir das Jahr 1895. Doch mit der Unterstützung des Profibetrügers Suggs und der schlagkräftigen Thailänderin Gann Li-Pen, ersinnt er einen ebenso verzweifelten wie tollkühnen Plan."


    Nun bin ich mal gespannt wie es so ist.




    Gleich am Anfang wird man direkt reingeworfen in das Geschehen...der Erzähler befindet sich auf dem Mond und muss dort Monster abwehren. Glücklicherweise hat er seinen Regenschirm dabei und weiß sich an die Regeln eines Gentlemans zu halten. Das alles kam mir ein wenig satirisch vor, und trotzdem war es nicht un-spannend. Ich denke, das ist die gewünschte Wirkung.

    Es stellt sich heraus, wie man ja aufgrund der Inhaltsangabe vermuten kann, dass das Erzählte einer lauschenden Gruppe Club-Mitgliedern dargelegt wird. Der Erzähler ist Graham McPherson, ein überzeugte Gentleman. Seine Zuhörerschaft sind ebenfalls Gentlemans, unter ihnen befinden große Namen wie Sir Conan Doyle. Sie lesen McPherson förmlich jedes Wort von den Lippen ab und sind fasziniert von dessen Ausführungen über den Mond und seine Abenteuer auf demselben.


    Eine Person scheint jedoch nicht besonders begeistert zu sein und meldet sich provokant zu Wort.

    Ich habe das Gefühl, diese Person weiß mehr, als die anderen Menschen im Raum, denn er spricht beispielsweise von der Mondlandung, die im Jahre 1969 stattfinden soll und dass McPherson unmöglich bereits auf dem Mond gewesen sein kann.



    Tja, weiter bin ich noch nicht. McPherson sieht sich da wohl mit einer großen Hürde konfrontiert. Er muss beweisen, dass er auf dem Mond war und die Abenteuer echt sind, die er seit langer Zeit immer wieder erzählt. Clever genug scheint er allerdings zu sein, und er recherchiert auch immer viel und weiß genauestens Bescheid über die aktuelle Forschung in diesem Bereich zu dieser Zeit.


    Mal sehen wie es weitergeht. Mir ist diese Art von Roman jedenfalls fremd, noch kann ich nicht 100%ig entscheiden ob es mir gefällt oder nicht.

  • Durch einen (un-)glücklichen Zufall ist McPherson auf Suggs gestoßen. Suggs hält sich mit kleinen Betrügereien und cleveren Coups über Wasser und macht eigentlich einen ganz liebenswerten Eindruck (mal davon abgesehen, dass er ein Kleinkrimineller zu sein scheint). Er hält sich für gewöhnlich in einem ganz anderen Milieu auf, als unser guter Gentlemant McPherson. Trotzdem nimmt er sich dem armen Tropf an, der überhaupt garnicht mit seiner Situation zufrieden ist - also, dass er seine nicht stattgefundenen Mond-Abenteuer beweisen muss.


    Suggs lässt sich von McPherson dessen so furchtbar tragische (:D) Situation erzählen und schließt daraus, dass die einzige Lösung die folgende ist: Tatsächlich irgendwie auf den Miond zu kommen.


    Der Schreibstil gefällt mir, er ist amüsant und angepasst an die jeweilige Situation wirkt sie eben mehr ein wenig mehr wie "Gentleman" oder wie "Überlebenskünstler auf Londons Straßen". Hier und da auftauchende Fußnoten erinnern an ein Augenzwinkern des Autors (ob sie so wirken sollen weiß ich nicht, aber ich finde sie unterhaltend).

  • Ich bin inzwischen auf Seite 65 (von fast 200). Bald ist also Halbzeit.


    Suggs und McPherson hat es kurz nach Ihrem Aufeinandertreffen und gemeinsamen Entschluss nach Chinatown verschlagen. Dort hofften sie darauf, weitere Unterstüzung und vor allem Sprengstoff zu finden. Man möchte sich ja zum Mond schießen - ein gefährliches Vorhaben. Die Szenen in Chinatown sind humorvoll und clever. Eingewoben in den Text sind fremde Schriftzeichen. Ob diese tatsächlich asiatischer Art sind kann ich nicht sagen aber mir scheint es nicht so. Jedenfalls wird der Text in dieser Schrift via Fußnoten übersetzt, was hin uns wieder für Schmunzler meinerseits sorgt (so flach die Komik hier auch ist...).


    Nach dem Debakel in Chinatown entscheiden sich Suggs und McPherson dazu, erstmal getrennte Wege zu gehen. Unser Gentleman muss Verpflichtungen nachgehen und Suggs hat neue Ideen, das Mond-Problem anzugehen.

    McPhersons Verpflichtung entpuppt sich als Bedürfnis, seinen großen Schwarm zu besuchen. Lady Mircalla ist die Tochter eines seiner besten Zuhörer und Fans, und wenn er die Mond-Wette verlieren würde, wäre das auch das Aus seiner aufblühenden Liebe zu Lady Mircalla.


    McPherson möchte sich Suggs Treiben fern halten, da er es nicht als Gentleman-artig erachtet, und er möchte wohl nicht kriminell werden. Mich wunderte es trotzdem ein wenig, warum er nicht alles daran setzt, sein Problem weiter zu lösen, bevor er sich mit seiner großen Liebe entspannt.

    Nun ja.


    Mich erheitert die kleine Geschichte trotzdem weiterhin. Ich habe auch das Gefühl, sie nimmt sich selbst nicht so ernst und ist dabei trotzdem eine vollwertige, wenn auch leicht abgedrehte (wie ich finde) fantasievolle Erzählung. Das gefällt mir.

    Ein paar schreiberische Dinge gibt es die mir nicht so gefallen (mir scheint als fehle manchmal ein Erzählschritt...wie gelangt Person X an Ort A, da liegen ein paar Meter dazwischen. Ist Person X hingegangen, habe ich etwas überlesen?...). Aber das passt schon..

  • (Achtung, Spoiler)




    Inzwischen wurde erklärt, warum McPherson sich nicht Suggs weiter angeschlossen hat um sich um das Problem weiter zu kümmern. Ich nehme meine Kritik diesbezüglich also zurück ^^



    McPherson ist inzwischen nach Hause gekehrt und man hat ein wenig über seine Wohnsituation erfahren. Das Motto "Das Genie beherrscht das Chaos" scheint hier passend. Die Beschreibungen von McPhersons Wohnung sind mir irgendwie sympathisch, und es wird deutlich, wie sehr der Gentleman seine Abenteuer auf dem Mond tatsächlich auslebt - nur eben in Gedanken, nicht in der Realität. Überall liegt zeitgemäße Sekundär- und Primärliteratur, Karten, Zeichnungen, ein Fernrohr. Das Leben auf dem Mond ist McPhersons Leidenschaft, das wird sehr gut beschrieben in wenigen Worten.


    In seinen eigenen vier Wänden wird McPherson schließlich von der Thailänderin Gann überrascht. Ihr Auftritt ist super und hat mir gut gefallen. Sie ist sehr emanzipiert und ist nicht sonderlich beeindruckt von McPhersons Gentleman-Getue. Nichtsdestotrotz verkündet sie ihm, die Mond-Mission zu unterstützen und die nötigen Waren bzw. Materialien mithilfe ihrer Verbindungen auf dem Schwarzmarkt und in Chinatown beizusteuern.


    Suggs hat mittlerweile einen Ort einem Armenviertel für das Projekt für alle Beteiligten gewinnen können und muss sich nebenher mit unangenehmen Gesellen rumschlagen.


    Das Bauprojekt beginnt nun also, und McPherson stürzt sich kopfüber in seine Aufgabe, Materiallisten zu erstellen und Berechnungen anzustellen sowie die Pläne für das Gefährt zu zeichnen, welches gebaut werden soll.


    Ein spannendes, mir ein wenig unmöglich erscheinendes Unterfangen. Ich frage mich, was der möglicherweise Zeitreisende vom Anfang der Novelle gerade macht und ob er versuchen wird, die Mission zu verhindern.


    Nach wie vor scheint alles mehr humorvoll als purer Ernst zu sein, zumindest lese ich es so.

  • "Der Earl von Gaudibert: Eine Novelle" von M. W. Ludwig


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    Über das Buch:

    Dieses Büchlein wurde Frühjahr 2017 von dem relativ jungen Verlag ArtScriptFantastik herausgegeben und zählt 197 Seiten. Der Verlag ordnet es dem Dark Fantasy zu, die Novelle wird aber meist auch dem Steampunk und allgemein zur Science Fiction zugeordnet. Es trifft alles irgendwie zu.


    Inhaltsangabe gemäß Verlags-Homepage:

    "Der englische Gentleman Graham McPherson liebt es, in seinem Club von angeblichen Abenteuern auf dem Mond zu erzählen. Niemand zweifelt an seinen Ausführungen, bis ein neues Clubmitglied ihn der Lüge bezichtigt und zu einer folgenschweren Wette herausfordert: Bis zum nächsten Vollmond soll McPherson seine Behauptungen beweisen. Keine leichte Aufgabe, immerhin schreiben wir das Jahr 1895. Doch mit der Unterstützung des Profibetrügers Suggs und der schlagkräftigen Thailänderin Gann Li-Pen, ersinnt er einen ebenso verzweifelten wie tollkühnen Plan."



    Inhalt und Stil:

    Im London des Jahres 1895 treffen sich regelmäßig die Gentlemen der Gesellschaft. Sie gehören zum Reform Club und loben dabei nichts höher als die Regeln des Gentleman-Seins. Einer dieser Herren ist Graham McPherson, ein wahrer Astronomie-Enthusiast. Er beschäftigt sich in seiner Freizeit mit Primär- sowie Sekundärliteratur zum Weltall, insbesondere zum Mond. Er fantasiert über Abenteuer auf der Mondoberfläche, gestaltet Zeichnungen und entwirft Karten. Seine Leidenschaft geht soweit, dass er seinen Mit-Gentleman weisgemacht hat, wirklich auf dem Mond gewesen zu sein.

    Die adligen Herren kaufen ihm jegliche Geschichten ab - bis eines Tages der sture St. John-Smythe das Wort erhebt und einen Beweis für McPhersons Geschichten verlangt. Eine Wette wird geschlossen, und McPherson sieht sich mit der unmöglich erscheinenden Herausforderung konfrontiert, seine Mondabenteuer in die anscheinend bereits geschehene Wirklichkeit umzusetzen.

    Auf seiner Mission trifft er dabei auf überraschende Unterstützung sowie Widersacher.


    Das Buch ist in kurze Kapitel unterteilt, die zum Finale hin kürzer werden. Der Stil ist sehr locker und leicht ironisch, beinahe schon satirisch anmutend. Dabei entspricht die gesprochene Sprache eher nicht dem Zeitgeist, was aber wohl zum Humoristischen beitragen soll. Es gibt zahlreiche Verweise auf vieles: auf historische Persönlichkeiten, auf Fernsehserien, Literatur und Filme.



    Meine Meinung:

    Diese Novelle war erfrischend und amüsant. Anfangs war ich verwirrt und wusste nicht so recht, wie ich das Buch einschätzen sollte, aber nach einer Weile fand ich Gefallen, sowohl am Inhalt als auch am Stil. Ich hatte dann durchweg das Gefühl, dass sich das Buch selbst nicht so ganz ernst nimmt. Die vielen Referenzen fand ich toll, ebenso wie die augenzwinkernden Fußnoten. Die (gewollte) Melodramatik und das leicht Überzeichnete mancher Figuren war unterhaltsam.

    Dass die Sprechart nicht ganz der damaligen Zeit entsprach war hin und wieder ein wenig gewöhnungsbedürftig, aber ich habe in letzter Zeit wohl einfach zu viele historische Romane gelesen und eigentlich passt das auch sehr gut zu diesem Buch. Deshalb gibt es dafür nicht viel Abzug.

    Mehr Abzug gibt es für eine irgendwie selbst für die Verhältnisse dieses Buches m.M.n. unnötige romantische Verbindung zwischen zwei Figuren, die mir viel zu schnell da war und auf die gut hätte verzichtet werden können. Aber wer weiß, vielleicht war das auch eigentlich als Meta-Kommentar und subtile Kritik an anderen Geschichten gemeint - falls ja, dann war das aber nicht deutlich genug.


    Aber ich war insgesamt unterhalten und fand den Schreibstill, insbesondere den cleveren - und aber auch teilweise sehr einfachen - Humor toll.


    Ich vergebe 4 Ratten :)


    4ratten

  • Und fertig. Hier die Rezi :)