Abschnitt 1 - Kapitel 1 - 10

Es gibt 41 Antworten in diesem Thema, welches 5.709 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Melanie Metzenthin.

  • Und noch etwas, ich bin " wieder" fasziniert wie viel historische Hintergründe wir zu lesen bekommen. Hab so einiges gegoogelt oder bei Wikipedia um noch zusätzlich mehr zu erfahren. Ich mag das ja.

    Ich mag das auch sehr. Und gerade Melanies Bücher sind diesbezüglich sehr inspirierend. Man erfährt viel und will noch viel mehr erfahren.


    Auch das es nur vier solche Krankenwagen gab, für so eine große Stadt, ist doch sehr wenig.

    Hmmm... wie viele Einwohner hatte Hamburg damals eigentlich?


    Milli ist auch eine starke, aber eine tragische Figur (und meine heimliche Lieblingsfigur).

    Ich mag sie unheimlich gerne - vielleicht weil sie nicht so perfekt ist wie Martha, sondern durchaus "handfest". Eine tragische Figur? Das klingt nicht gut....:grmpf:


    Melanie Metzenthin

    Die Hafenschwester ist ja der erste Teil von mehreren. Wie viele Teile planst Du? Alle mit Martha in der Hauptrolle? (Ich melde mich schon mal an für die nächste Leserunde:daumen:)

    Vernunft, Vernunft...

  • Vielen Dank für eure Feedbacks.


    Ich hoffe, ich vergesse keine Frage zu beantworten.


    Also, die Vertuscherei des Hamburger Senats ist authentisch, auch dass sie noch ein Schiff mit kranken Auswanderern losschickten und den amerikanischen Konsul belogen haben. Auch die vier Krankenwagen sind belegt. Die genaue Einwohnerzahl Hamburgs zu der Zeit müsste ich jetzt auch googeln, aber wenn schon 10.000 an der Cholera gestorben sind, müssten es mindestens 50.000 oder mehr gewesen sein.


    Der Roman geht jetzt bis 1898 - es kommt noch einiges.


    Zum Zittern des Vaters: Wenn man ein paar Wochen hochprozentigen Schnaps inhaliert, ist man schneller abhängig als man denkt. Aber das Loskommen ist schwierig. Mir war es wichtig, einen im Prinzip liebevollen Vater zu zeigen, der aber komplett versagt, er versinkt in einer Depression und kuriert die selbst mit Alkohol - was total in die Katastrophe führt. Und seine Kinder sind hin und hergerissen - sie lieben ihn, sind aber trotzdem sauer. Er wird ja auch nicht gewalttätig, er schämt sich ja und entschuldigt sich, aber das macht es nicht besser - dann können sie ja nicht mal mit gutem Gewissen böse auf ihn sein.

  • Ich war ja jetzt knappe 10 Tage offline und beim Lesen hab ich mir zahlreiche Stichworte notiert, die ich noch genauer recherchieren möchte.

    Ein paar Fragen hab ich aber jetzt schon an Dich Melanie Metzenthin ... wie war es damals eigentlich mit der Bezahlung der Krankenhausaufenthalte? Ärzte mussten ja bezahlt werden, aber wie wurden Krankenhäuser finanziert?

    Und irgendwann sprichst Du von Massengräbern am Ohlsdorfer Friedhof - gibt es die noch?

    Die Krankenhausaufenthalte wurden entweder privat oder von der Krankenkasse bezahlt. Die meisten Arbeiter waren in der Krankenkasse, das war Pflicht - sieht man ja auch, was Martha so alles abgezogen wurde von ihrem Lohn.

  • Schlimm finde ich auch Millis Schicksal, auch wenn sie selbst das Beste daraus macht, dass man den Eindruck bekommt, so schlimm empfindet sie es gar nicht. Vor allem finde ich es auch schlimm, dass bei der Mutter und diesem Stiefvater Millis Weg vorgegeben ist und es für sie kein Ausrinnen gibt. Furchtbar ist auch, dass die Frau dann von allen verachtet

    wird, dabei wurde sie von einem Mann in diese Rolle gedrängt :cursing: Überhaupt diese Doppelmoral gegenüber den Prostituierten, während diejenigen, die das Angebot nachfragen und damit das Angebot überhaupt möglich machen, völlig unerwähnt bleiben.

    Milli ist pragmatisch, um zu überleben. Sie ist sich mit Martha darin ähnlich, dass sie beide nicht jammern, sondern nach vorn schauen. Sonst würden sie wohl auch zu Alkohol oder Drogen greifen, aber sie greifen lieber zu ihren Träumen von einer besseren Zukunft - daher der Untertitel.

  • Zum Zittern des Vaters: Wenn man ein paar Wochen hochprozentigen Schnaps inhaliert, ist man schneller abhängig als man denkt. Aber das Loskommen ist schwierig. Mir war es wichtig, einen im Prinzip liebevollen Vater zu zeigen, der aber komplett versagt, er versinkt in einer Depression und kuriert die selbst mit Alkohol - was total in die Katastrophe führt. Und seine Kinder sind hin und hergerissen - sie lieben ihn, sind aber trotzdem sauer. Er wird ja auch nicht gewalttätig, er schämt sich ja und entschuldigt sich, aber das macht es nicht besser - dann können sie ja nicht mal mit gutem Gewissen böse auf ihn sein.

    Ich finde ja, dass Du das wirklich gut dargestellt hast. Den Vater, der im Alkohol versinkt, weil er sich nicht anders zu helfen weiß. Das bringt die Kinder in eine schreckliche Situation: sie lieben ihn, aber sie könnten ihn momentan auch auf den Mond schießen, weil er so komplett versagt. Trotzdem erinnert sich ja Martha auch immer wieder daran, dass er eigentlich ein liebevoller Vater ist, der immer gut für seine Familie gesorgt hat und ihnen auch Geschichten erzählt hat etc. Diese überaus schwierige Situation wird gut transportiert!

    Vernunft, Vernunft...

  • Was mich allerdings eine wenig stutzig gemacht hat, war die Zitterei von Marthas Vater. Er hat ja nicht jahrelang tagtäglich bis zum Umfallen gesoffen, es waren gerade ein paar Wochen/Monate - ist das Symptom Zittern bei Alkoholentzug bereits so rasch möglich? Hätte das übermäßige Trinken von Fusel nicht auch kognitive Defizite zur Folge? :confused:

    Das hat mich auch sehr erschreckt, dass das mit dem Zittern so schnell ging und hatte zuerst die Befürchtung, ob sie hier vielleicht noch eine Tremor-Erkrankung einschleicht.


    Zum Zittern des Vaters: Wenn man ein paar Wochen hochprozentigen Schnaps inhaliert, ist man schneller abhängig als man denkt. Aber das Loskommen ist schwierig. Mir war es wichtig, einen im Prinzip liebevollen Vater zu zeigen, der aber komplett versagt, er versinkt in einer Depression und kuriert die selbst mit Alkohol - was total in die Katastrophe führt. Und seine Kinder sind hin und hergerissen - sie lieben ihn, sind aber trotzdem sauer. Er wird ja auch nicht gewalttätig, er schämt sich ja und entschuldigt sich, aber das macht es nicht besser - dann können sie ja nicht mal mit gutem Gewissen böse auf ihn sein.

    Danke für die Erklärung, dass das tatsächlich so schnell gehen kann - erschreckend!

    Liebe Grüße

    Karin

  • Hallo in die Runde, ich habe soeben das 10. Kapitel beendet. Das Buch gefällt mir bis jetzt sehr gut. Die Handlung ist so beschrieben, dass man es regelrecht wie einen Film vor Augen hat.

    Marthas und Heinrichs Schicksal ist sehr berührend. Die kleine Schwester und die Mutter tot, der Vater sucht süß tiefer Trauer und Verzweiflung Zuflucht im Alkohol. Von jetzt auf gleich müssen sie erwachsen werden, Geld verdienen.... Der Vater ist ihnen keine Hilfe mehr.

    Gut beschrieben ist auch die damalige Behandlung von Krankheiten.


    Eines hat mich dich gewundert:

    Was ist eigentlich aus Frau Klügler geworden? Hat sie die Cholera überlebt oder ist sie gestorben? Martha nimmt ja Anteil an ihrem Schicksal, aber dann wird sie nicht mehr erwähnt.

  • Was ist eigentlich aus Frau Klügler geworden? Hat sie die Cholera überlebt oder ist sie gestorben? Martha nimmt ja Anteil an ihrem Schicksal, aber dann wird sie nicht mehr erwähnt.

    Das hat Martha leider nicht mehr mitbekommen, da sich bei ihr die Ereignisse überschlagen haben und sie dann in die Cholerabaracken am Hafen kam. Ich bin mir aber sicher, dass Frau Klügler zu den 53% der Patienten gehörte, die die Cholera in den Krankenhäusern überlebte - immerhin hat Doktor Schlüter sie ja behandelt.

  • ch hatte mit dem Einstieg keine Probleme, es geht ja ziemlich schnell zur Sache, als erst Anna und dann auch ihre Mutter sterben.


    Die Zustände im Gängeviertel müssen damals ja wirklich katastrophal gewesen sein. Wenn der Gestank vorher schon so schlimm war, dann kann man sich kaum vorstellen, wie es während der Epidemie war. Im Krankenhaus war es allerdings kaum besser und die Medizin stand dieser Krankheit ja auch hilflos gegenüber, weil es keinen kurativen Ansatz gab. Das einzige, was man machen konnte, war der Flüssigkeitsersatz in großen Mengen (so wie heute übrigens auch), am besten intravenös. Dr. Schlüter ist ja zum Glück ein moderner Arzt, der mit der Zeit geht und sich um die Umsetzung der neuesten Erkenntnisse bemüht. Für mich als Ärztin ist es faszinierend, was damals noch so als medizinisch korrekt angesehen wurde. Z.B. das der Aderlass, der ja schon aus dem Mittelalter bekannt ist, sich hartnäckig so lange gehalten hat.


    Immerhin war der Übertragungsweg ja schon bekannt und somit hätten rechtzeitig vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden können, wenn der Hamburger Senat sich zu den Cholera-Verdachtsfällen geäußert hätte. Interessant, wie unterschiedlich das in Bremen und Hamburg ablief und wie viele Leben in Hamburg hätten gerettet werden können. Da geschieht es ihnen recht, dass sie jetzt mehr Geld und vor allem auch die Reputation verloren haben, als wenn sie einfach von Anfang an offen mit der Cholera umgegangen wären.


    Die Arbeit als Krankenwärterin war auch kein Zuckerschlecken: Wenn ich mir das vorstelle, dass die Leute sechs bis sieben Tage in der Woche zwölf Stunden schufteten und das für einen Hungerlohn... Kein Wunder, dass kaum einer scharf auf die Arbeit war und es der Bodensatz der Gesellschaft war, der dort hauptsächlich zu finden war. Gab es da eigentlich auch ein Schichtsystem? Also kam dann abends eine Nachtschicht oder waren die Kranken nachts sich selbst überlassen?


    Neben diesen medizinischen und gesellschaftlichen Gegebenheiten mag ich die Figurenzeichnung. Martha und Milli sind sich sehr ähnlich (vielleicht sind sie deshalb so gute Freundinnen). Beide sind sehr pragmatisch veranlagt, jammern nicht über ihr Schicksal, verzweifeln nicht daran, sondern versuchen, das Beste daraus zu machen. Milli macht sogar noch mehr. Sie überlegt sich einen Weg aus dem Elend, setzt sich ein Ziel, nämlich nach Amerika auszuwandern und dort alles hinter sich zu lassen. Das hilft ihr, sich durch die harte Zeit zu schlagen, auch wenn sie, glaube ich, erkennt, dass man es als junge, hübsche Prostituierte, die sich ihre Freier aussuchen kann, in einigen Bereichen besser getroffen hat als z.B. eine Krankenwärterin. Zumindest kann Milli sich deutlich mehr Annehmlichkeiten leisten als Martha.


    Bezüglich der Prostiution zeigt sich die Doppelmoral der Gesellschaft sehr schön: Die Frauen sind "gefallen", werden von der Gesellschaft ausgeschlossen und verachtet und als unzüchtig betrachtet. Dass sie dieses Gewerbe gar nicht ausüben könnten, wenn es keine Nachfrage, sprich keine Männer gäbe, die dorthin gingen, wird geflissentlich übersehen. So wie heute auch noch. Prostituierte haben auch bei uns kein hohes Ansehen, es gibt immer wieder Versuche, das ganze Gewerbe soweit wie möglich zu unterdrücken und abzuschaffen. Das wird nur nicht gelingen, denn nicht umsonst wird es als ältestes Gewerbe der Welt bezeichnet. ;) Viel mehr sollte man es aufwerten, mit Krankenversicherung und Rentenansprüchen für Huren und weiterer Stärkung ihrer Rechte und sich darüber auch bemühen, die Zwangsprostitution einzudämmen.


    Marthas Vater ergibt sich dem Alkohol und das ist auch sehr gut geschildert. Sein Verhalten (Selbstmitleid, Jammern, um Vergebung betteln) ebenso wie das von Martha und Henning, die zwischen Mitleid, Liebe, Wut und Verzweiflung hin- und her gerissen sind. Martha hat schon ganz recht, dass es eine große Versuchung ist, den Lohn an die Hafenarbeiter in einem Gasthaus auszuzahlen, wo der Alkohol so nahe ist. Für den Wirt natürlich ein prima Geschäft. Ich nehme an, dass Karl Westphal auch früher schon ab und an noch was mit seinen Kollegen getrunken hat, das berühmte Feierabendbier. Nach dem Tod seiner Tochter und seiner Frau hat er hier wahrscheinlich auch Trost und Zuspruch erfahren und so wurden aus einem Bier ganz schnell mehrere und dann halt Schnaps. Das geht wirklich schneller als man denken kann.


    Jetzt habe ich noch ein paar Fragen:

    - Der Scharmarkt wird als Herz des Gängeviertel bezeichnet, scheint also mitten drin zu liegen. Trotzdem gibt es dort auch vornehme Geschäfte. Hatte die bessere Schicht keine Probleme, dort einzukaufen, wo sie von so viel Elend und Armut umringt waren?
    - Wie waren denn die Ausgabestellen für Wasser organisiert? Haben die das Trinkwasser aus der Elbe vorher in großen Kesseln abgekocht oder aus Gebieten importiert, in denen keine Cholera herrschte? Und gab es überhaupt genug von diesen Abgabestellen?

    - Was war die "schwarze Bude", an der die Totengräber die Massengräber schaufelten?


    Liebe Grüße

    Larna

    Die Geschichte ist der beste Lehrer mit den unaufmerksamsten Schülern (Indira Ghandi)

  • Ähm, ach so, wie an meinem obigen Post sieht: Kurz kann ich nicht in Leserunden. ;)

    Die Geschichte ist der beste Lehrer mit den unaufmerksamsten Schülern (Indira Ghandi)

  • Kurz ist doch langweilig - ich liebe lange Posts - deshalb mag ich hier die Leserunden mit euch ja auch so gern, da kann man so richtig ins Detail gehen und das ist für mich auch spannend.


    Die Zustände im Gängeviertel müssen damals ja wirklich katastrophal gewesen sein. Wenn der Gestank vorher schon so schlimm war, dann kann man sich kaum vorstellen, wie es während der Epidemie war. Im Krankenhaus war es allerdings kaum besser und die Medizin stand dieser Krankheit ja auch hilflos gegenüber, weil es keinen kurativen Ansatz gab. Das einzige, was man machen konnte, war der Flüssigkeitsersatz in großen Mengen (so wie heute übrigens auch), am besten intravenös. Dr. Schlüter ist ja zum Glück ein moderner Arzt, der mit der Zeit geht und sich um die Umsetzung der neuesten Erkenntnisse bemüht. Für mich als Ärztin ist es faszinierend, was damals noch so als medizinisch korrekt angesehen wurde. Z.B. das der Aderlass, der ja schon aus dem Mittelalter bekannt ist, sich hartnäckig so lange gehalten hat.

    Ja, die unterschiedlichen Behandlungsmethoden sind parallel angewandt worden und waren auch tatsächlich so. In dem Buch über die Cholera, das ich hier irgendwo schon verlinkt habe, von Evans, stehen noch mehr Gruselgeschichten, auch von einem auswärtigen Arzt, der behauptete, ein Heilmittel zu haben und gefälschte Ergebnisse vorlegte und die Leute dann natürlich trotzdem nicht heilen konnte. Erinnerte mich ein bisschen an die heutigen Krebs-Wunderheiler.


    Die Arbeit als Krankenwärterin war auch kein Zuckerschlecken: Wenn ich mir das vorstelle, dass die Leute sechs bis sieben Tage in der Woche zwölf Stunden schufteten und das für einen Hungerlohn... Kein Wunder, dass kaum einer scharf auf die Arbeit war und es der Bodensatz der Gesellschaft war, der dort hauptsächlich zu finden war. Gab es da eigentlich auch ein Schichtsystem? Also kam dann abends eine Nachtschicht oder waren die Kranken nachts sich selbst überlassen?

    Ja, es gab ein Schichtsystem - 12 Stunden tagsüber, 12 Stunden nachts. Ich habe aber Martha als 14-jährige jetzt nur in den Tagschichten arbeiten lassen, weil ich über den Einsatz von Jugendlichen in den Nächten nichts gefunden habe. Später, wenn sie in Eppendorf anfängt, hat sie dann als Krankenschwester auch Nachtschichten.

  • - Wie waren denn die Ausgabestellen für Wasser organisiert? Haben die das Trinkwasser aus der Elbe vorher in großen Kesseln abgekocht oder aus Gebieten importiert, in denen keine Cholera herrschte? Und gab es überhaupt genug von diesen Abgabestellen?

    Es gab große Wasserwagen, die mit abgekochtem Wasser täglich an bestimmte Punkte kamen und dann aus dem Tank Wasser abgaben. Davon gibt es auch Fotos.


    Bezüglich der Prostiution zeigt sich die Doppelmoral der Gesellschaft sehr schön: Die Frauen sind "gefallen", werden von der Gesellschaft ausgeschlossen und verachtet und als unzüchtig betrachtet. Dass sie dieses Gewerbe gar nicht ausüben könnten, wenn es keine Nachfrage, sprich keine Männer gäbe, die dorthin gingen, wird geflissentlich übersehen. So wie heute auch noch. Prostituierte haben auch bei uns kein hohes Ansehen, es gibt immer wieder Versuche, das ganze Gewerbe soweit wie möglich zu unterdrücken und abzuschaffen. Das wird nur nicht gelingen, denn nicht umsonst wird es als ältestes Gewerbe der Welt bezeichnet. ;) Viel mehr sollte man es aufwerten, mit Krankenversicherung und Rentenansprüchen für Huren und weiterer Stärkung ihrer Rechte und sich darüber auch bemühen, die Zwangsprostitution einzudämmen.

    Da bin ich voll bei dir. Zwangsprostitution stark bestrafen und diejenigen, die den Job freiwillig machen, schützen und versichern.



    Der Scharmarkt wird als Herz des Gängeviertel bezeichnet, scheint also mitten drin zu liegen. Trotzdem gibt es dort auch vornehme Geschäfte. Hatte die bessere Schicht keine Probleme, dort einzukaufen, wo sie von so viel Elend und Armut umringt waren?

    Der Scharmarkt war eine Einkaufsstraße, von der die düsteren Gänge abgingen. Direkt auf der sehr breiten Straße war man nicht so sehr vom Gestank belästigt, das war beim Hafen, da kannte man auch diese alten Gänge. Heute steht dort, wo der Scharmarkt war, das Gebäude von Grunar&Jahr.

    - Was war die "schwarze Bude", an der die Totengräber die Massengräber schaufelten?

    Da antworte ich mit einem Link: https://www.fof-ohlsdorf.de/138s04_cholera


    Wenn man den Link runter scrollt, sieht man auch Krankenwagen und Wasserwagen und die Desinfektionskolonne auf alten Fotos.

  • Für mich als Ärztin ist es faszinierend, was damals noch so als medizinisch korrekt angesehen wurde. Z.B. das der Aderlass, der ja schon aus dem Mittelalter bekannt ist, sich hartnäckig so lange gehalten hat.

    Ja, der Aderlass hat sich echt extrem lang gehalten.


    Interessant, wie unterschiedlich das in Bremen und Hamburg ablief und wie viele Leben in Hamburg hätten gerettet werden können.

    Ohja, die unterschiedlich gehandhabte Politik hatte wirklich enorme unterschiedliche Auswirkungen.


    Bezüglich der Prostiution zeigt sich die Doppelmoral der Gesellschaft sehr schön: Die Frauen sind "gefallen", werden von der Gesellschaft ausgeschlossen und verachtet und als unzüchtig betrachtet. Dass sie dieses Gewerbe gar nicht ausüben könnten, wenn es keine Nachfrage, sprich keine Männer gäbe, die dorthin gingen, wird geflissentlich übersehen.

    Über diese Doppelmoral könnte ich mich regelmäßig aufregen.


    Viel mehr sollte man es aufwerten, mit Krankenversicherung und Rentenansprüchen für Huren und weiterer Stärkung ihrer Rechte und sich darüber auch bemühen, die Zwangsprostitution einzudämmen.

    Hier bin ich ganz bei dir und Melanie.


    Ähm, ach so, wie an meinem obigen Post sieht: Kurz kann ich nicht in Leserunden. ;)

    Das ist doch gut ^^

    Liebe Grüße

    Karin

  • Ähm, ach so, wie an meinem obigen Post sieht: Kurz kann ich nicht in Leserunden. ;)

    Willkommen im Club, ich kann das auch nicht:D

    &quot; Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben , über die Sterne&quot;<br />- Thomas Carlyle

  • Kurz ist doch langweilig - ich liebe lange Posts - deshalb mag ich hier die Leserunden mit euch ja auch so gern, da kann man so richtig ins Detail gehen und das ist für mich auch spannend.

    Ähm, ach so, wie an meinem obigen Post sieht: Kurz kann ich nicht in Leserunden. ;)

    Das ist doch gut ^^


    Ähm, ach so, wie an meinem obigen Post sieht: Kurz kann ich nicht in Leserunden. ;)

    Willkommen im Club, ich kann das auch nicht:D

    Schön, dass es nicht mir so geht und das ihr auch längere Beiträge mögt. Hab ja hier noch nicht wirklich viele LRs mitgemacht und daher dachte ich, ich warne euch mal vor. ;)


    Liebe Grüße
    Larna

    Die Geschichte ist der beste Lehrer mit den unaufmerksamsten Schülern (Indira Ghandi)

  • So! Ich bin nun auch mit diesem Abschnitt fertig.



    Melanie Metzenthin ich bin erneut entzückt von deinem Schreibstil und habe mich sofort direkt im Geschehen befunden. Ich mag die Figuren (auch die unangenehmen, im Sinne von: Sie sind gut gezeichnet.) und das Thema ist so interessant.

    Ich hatte es erst in meinem persönlichen Arbeitskontext von der Cholera und ich finde diese ganze Sache einfach furchtbar.


    Die schlimmen Umstände waren sehr gut beschrieben, und ich habe einen enormen Respekt für Martha. Ich kann überhaupt nicht einschätzen, wie ich reagieren würde. Entweder eher wie der Vater oder eben wie sie....

    Ich finde es übrigens sehr toll, wie sie mit ihrem Vater umgeht: resolut/ehrlich/streng und trotzdem mitfühlend. Es muss schlimm sein wenn man als Vater erst die jüngste Tochter und dann seine Frau verliert - und dann gewissermaßen sich selbst, wenn man merkt dass man nicht mehr stark genug für seine Kinder sein kann.

    Trotzdem hoffe ich, dass er sich fängt. Auch wenn es grade nicht gut für den Vater aussieht, nach diesem Unfall :(


    Insgesamt gibt es einfach eine Masse an Szenen die mir im Gedächtnis geblieben sind und die ich als sehr wertvoll erachte. Beispielsweise als Martha ihrem Bruder sagt, dass er ruhig weinen darf. Toxische Männlichkeit und so... Sehr schön, dass du das so eingebaut hast. Und dass es Moritz gibt! Dass er Milli und auch Martha ein wenig Selbstverteidigung beibringt. Seine Motive sind dabei für mich irrelevant, solange sie gut sind. Und so wirkt es. Vielleicht finden er und Milli ja doch zueinander. Ich würde es Milli sehr wünschen, sie tut mir echt leid und finde es aber auch sehr gut, dass sie das Leben zu ihren Gunsten umgestalten möchte. Sie ist ein sehr starker Mensch. Ebenso wie Martha natürlich.


    Gegen Ende des Abschnitts hin ging mir alles ein wenig zu schnell, also dass die Cholera dann plötzlich weg war und der Vater plötzlich diesen Unfall hatte - aber mir würde auch nicht einfallen wie man diesen Zeitraum anders raffen soll, von daher hat das mein tolles Leseerleben nicht gestört ;)


    Ich hoffe, Dr. Schlüter bleibt ein guter positiver Einfluss auf Martha und hilft ihr weiterhin.


    Bin gespannt wie es weitergeht <3

  • Ich bin erneut entzückt von deinem Schreibstil und habe mich sofort direkt im Geschehen befunden. Ich mag die Figuren (auch die unangenehmen, im Sinne von: Sie sind gut gezeichnet.) und das Thema ist so interessant.

    Ich hatte es erst in meinem persönlichen Arbeitskontext von der Cholera und ich finde diese ganze Sache einfach furchtbar.

    Vielen Dank. Ja, die realen Umstände waren furchtbar. Der Doktor Simon aus Altona, den der Hausarzt im ersten Kapitel erwähnt, ist auch historisch belegt - der wurde auch verdonnert, seine korrekte Diagnose zurückzuhalten, um Quarantäne-Maßnahmen zu verhindern.

    Ich finde es übrigens sehr toll, wie sie mit ihrem Vater umgeht: resolut/ehrlich/streng und trotzdem mitfühlend. Es muss schlimm sein wenn man als Vater erst die jüngste Tochter und dann seine Frau verliert - und dann gewissermaßen sich selbst, wenn man merkt dass man nicht mehr stark genug für seine Kinder sein kann.

    Mir war es wichtig, dass hier ein liebevoller Vater abstürzt. Das ausgelutschte Motiv des brutalen Trinkers wollte ich in diesem Kontext durchbrechen - Milli hat ja schon so einen Vater. Viel schwieriger ist es ja, wenn man jemanden liebt und ihn gleichzeitig schütteln will. Wenn jemand bösartig wird, kann man ihn hassen. Aber jemand, der einfach nur verzweifelt ist, der wirft einen in den Gefühlen hin und her - und das ist oft schwieriger als reiner Hass.

    Insgesamt gibt es einfach eine Masse an Szenen die mir im Gedächtnis geblieben sind und die ich als sehr wertvoll erachte. Beispielsweise als Martha ihrem Bruder sagt, dass er ruhig weinen darf. Toxische Männlichkeit und so... Sehr schön, dass du das so eingebaut hast. Und dass es Moritz gibt! Dass er Milli und auch Martha ein wenig Selbstverteidigung beibringt.

    Das freut mich sehr - ja, ich wollte eben auch ein paar positive Figuren haben, weil ich es unrealistisch finde, wenn Menschen so etwas ohne jeden positiven Einfluss überstehen - Dank Moritz erkennt man, dass auch Milli nicht ganz alleingelassen ist - sie hat neben Martha noch jemand anderen, der für sie da ist.

    Gegen Ende des Abschnitts hin ging mir alles ein wenig zu schnell, also dass die Cholera dann plötzlich weg war und der Vater plötzlich diesen Unfall hatte - aber mir würde auch nicht einfallen wie man diesen Zeitraum anders raffen soll, von daher hat das mein tolles Leseerleben nicht gestört

    Da bin ich erleichtert - ich musste ja die Geschichte auch etwas voranbringen. Bei so langen Zeiträumen über mehrere Jahre ist das unabdingbar. Im Gegensatz zu "Mehr als die Erinnerung", das stringent über die Sommermonate ging, musste ich hier immer wieder schauen, wie ich von der Cholera zum nächsten wichtigen Abschnitt in Marthas Entwicklung komme. Zur wirklichen Hafenschwester, die titelgebend ist, wird sie ja erst am Ende.