Sebastian Barry - The Whereabouts of Eneas McNulty/Die Zeitläufte des Eneas McNulty

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    (Wer diesen grässlichen deutschen Titel verbrochen hat, sollte mit Lektüreentzug nicht unter 10 Jahren bestraft werden ... "whereabouts" heißt schlichtweg "Aufenthaltsort".)


    Eneas McNulty kommt Anfang des 20. Jahrhunderts in Nordirland zur Welt und wächst in einfachen Verhältnissen auf. Mit sechzehn träumt er zum großen Entsetzen seiner Familie davon, in den Krieg zu ziehen. Am Ende wird es dann doch nur die Handelsmarine und anschließend die Royal Irish Constabulary, die britische Polizei in Nordirland. Dass er für die allgemein verhassten Engländer arbeitet, ist für sein Umfeld schon unverständlich genug, doch als er auf Streife in eine Auseinandersetzung mit irischen Freiheitskämpfern gerät und dabei sein Kollege zu Tode kommt, ist sein Leben in größter Gefahr. Schließlich könnte er den Mörder des Polizisten identifizieren.


    Er muss fliehen, lässt seine Familie und seine Freundin zurück und heuert auf einem Schiff an. Von diesem Tag an ist er heimatlos, ein Flüchtling ohne festen Zufluchtsort, der um die Welt vagabundiert und sich von den Umständen hierhin und dorthin treiben lässt, ohne Plan, ohne Ziel und irgendwann auch ohne große Erwartungen, Hoffnungen oder gar Träume.


    Sebastian Barry kann meisterhaft mit Sprache umgehen, keine Frage. Dass ich bei diesem Buch, das ich im Original gelesen habe, lange gebraucht habe, um mich einzulesen, lag weniger an den ungewöhnlichen Sprachbildern, derer er sich gerne bedient, als daran, dass das Buch sehr stark im Irischen verankert ist - irisch-englische Ausdrücke, die ich nicht kannte, diverse Anspielungen und Namen, die einem Iren sicherlich sofort etwas sagen, mir jedoch nicht.


    Der zweite Faktor, der es mir ein wenig schwer machte, mit dem Buch warmzuwerden, war die Hauptfigur. Eneas ist zu Beginn noch ein kleiner Junge, dessen kleine Welt Barry hervorragend in ein paar kurzen Szenen heraufbeschwört, in denen man ihn aber noch nicht allzu gut kennenlernt. Nach einem Zeitsprung zu Eneas' Jugend ändert sich das jedoch auch nicht wirklich. Eneas blieb mir fern und fremd, er wirkte das ganze Buch über wie ein Spielball des Schicksals, der sich meistens passiv verhält. Teilweise hatte ich auch den Eindruck, dass er nicht unbedingt der Hellste ist und viele Dinge nicht richtig einschätzen oder einordnen kann. Und obwohl er Interessantes, Aufwühlendes und Bedrohliches erlebt, hat mich die Dramatik nie gänzlich erreicht, und Teile der Handlung wirkten auf mich ziemlich gewollt.


    Das alles bedeutet nun beileibe nicht, dass ich das Buch schlecht fand. Trotz des gelegentlichen Gefühls, beim Lesen durch zähen Sirup zu waten, was wahrscheinlich an Eneas' anstrengendem Charakter lag, und der anderen oben genannten Kritikpunkte war dieser ungewöhnliche Lebensweg, geprägt vom ewigen irischen Konflikt mit Großbritannien, interessante Lektüre, auch sprachlich.


    Erwähnenswert ist vielleicht noch, dass es sich um Barrys Erstlingswerk handelt. Er hat sich definitiv stark weiterentwickelt, was Plot und Figurenzeichnung angeht, so dass ich allen interessierten Lesern empfehlen würde, nicht ausgerechnet mit diesem Buch zu beginnen, wenn sie Barrys Bücher kennenlernen wollen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen