Margaret Atwood - Die Zeuginnen

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  • Margaret Atwood: Die Zeuginnen (The Testaments)


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    Gibt es dazu noch keinen Thread oder habe ich ihn übersehen?


    Der Nachfolger der "Handmaid's Tale" ist da!


    Diesmal sind wir ein paar Jahre weiter (je nach Handlung ca. 16 bis 28, glaube ich) als im letzten Buch. Wir bekommen drei Dokumente zu lesen von Frauen, die entweder in Gilead aufwuchsen oder eine Weile dort lebten.


    Pro:

    Das Buch wurde geschrieben und wir erfahren etwas, aber nicht alles, von Protagonisten des ersten Bandes. Nicht unbedingt DEN Protagonisten, von denen wir uns das ggf. gewünscht hätten. Eine Protagonistin wird in diesem Band GANZ anders dargestellt als im ersten, sie hat sich komplett um 180° gedreht und es wird nicht ganz klar, warum. Man liest ihren Bericht trotzdem mit Spannung, allerdings wartete ich die ganze Zeit auf eine Erklärung für die Veränderung, ich wollte wissen


    Das wurde leider nicht aufgeklärt.


    Eine Protaginistin wächst in Gilead auf, und man erfährt, was Aunt Lydia im ersten Band sagt: Für die nachfolgenden Generationen wird es einfacher. Man erfährt, womit sie sich arrangiert und was für sie normal ist, aber auch, womit sie sich schwer arrangieren kann. Hier wurde mMn nicht ganz deutlich, ob das, was ihr so schwer fällt, normal oder in ihrer Familie eine Ausnahme ist ("Paula").

    Schön war, dass man hier nebenbei erfährt, wie jemand unter ganz anderen Umständen als üblich aufwächst, was ähnlich wie bei uns verläuft (Freundschaften, Cliquen, Neid, Elternliebe), was komplett anders verläuft, wo Indoktrination stattfindet. Überrascht war ich davon, dass Kinder tatsächlich zur Schule gehen und wie das abläuft.


    Eine weitere Protagonistin wuchs ursprünglich nicht in Gilead auf. Sie hat einen Blick von außen, bestimmte Vorurteile, bestimmtes Unverständnis und bringt uns gewisse andere Protagonisten mit dem Blick von außen näher. Sie ist anfangs ein "typischer Teenager".


    Interessant (und sehr überraschend) fand ich in diesem Buch die beiläufige Erkärung für die "Tanten". Bisher hatte ich "Tanten" immer als Verwandtschaftsbeziehung verstanden, ironisch wie "das sind Verwandte, denen ihr vertrauen sollt (die euch aber foltern und indoktrinieren)". Hier wird eine komplett andere Erklärung im zweiten Teil des Buches gegeben und die "Tanten" verhalten sich plötzlich relativ normal für ihre Lage, relativ menschlich im Vergleich zum ersten Band. Ihr Selbstverständnis wird erklärt.


    Kontra:

    GROßES Kontra:

    Dieses Buch ist NICHT der Nachfolger des ersten Bandes, sondern der Nachfolger des ersten Bandes UND der ersten Hulu-Staffeln!!! Teilweise wird auf Ereignisse Bezug genommen, die NICHT im ersten Band, sondern NUR in der Serie stattfanden!

    Hier hätte ich eine Einleitung mit Erklärungen und einer kurzen Zusammenfassung der Serie bisher (der Teile, die für das Buch relevant sind) fair gefunden. Nicht jeder schaut Hulu. Viele Käufer haben vielleicht auch nur den ersten Band im Regal.

    Sie können das Buch zwar verstehen, aber ein bisschen fehlt ihnen Hintergrundwissen, der Ahaeffekt wird nicht so sehr kommen.

    Leider auch wenn man die Serie kennt ist eine Entwicklung relativ schnell klar (jemand ist in Wahrheit jemand anderer und das kann man schon seitenweise vorher wissen/ ahnen, weil seitenweise NUR auf diesem Thema herumgehackt wird und es dann als große Überraschung präsentiert wird).


    Interessant, aber für mich relativ nebensächlich: Das Buch schließt ähnlich wie das erste Buch ab. Die meisten dort gegebenen Infos sind mMn irrelevant, aber auf der letzten Seite erfahren wir dann doch noch mal etwas Interessantes.


    Also unbedingte Kaufempfehlung. Wer nur den ersten Band kennt, sollte vorher mal eine Zusammenfassung der Hulu-Serie gelesen haben; davon gibt es einige online.


    Sehr schade ist allerdings, dass eine Protagonistin, von der man sich ggf. mehr gewünscht hätte, nur am Ende in einem kurzen Absatz auftaucht.


    4ratten


    LG von

    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Ich kannte von Margaret Atwoods „Der Report der Magd“ noch nicht und habe es daher noch vor diesem Buch gelesen – und das war gut so, denn sonst wäre es wohl sehr schwierig geworden. Am Ende des Vorgängerbandes sind sehr viele Fragen offengeblieben, die Atwood nun, nach 35 Jahren, beantworten wollte. Auch dieses Mal ist der Schreibstil flüssig zu lesen, die Atmosphäre aber bleibt bedrückend und düster.

    Es sind eine Reihe von Jahren vergangen und nun berichten drei Erzählerinnen aus ihrer Sicht über den totalitären Schreckensstaat Gilead. Tante Lydia kennen wir ja schon aus dem Vorgängerband. Die beiden andere sind Agnes, die in besseren Kreisen in Gilead aufwächst und Daisy, die in Toronto aufwächst. Inzwischen ist Ruhe eingekehrt in Gilead.

    Diese unterschiedlichen Sichtweisen ermöglichen einen guten und tiefergehenden Einblick in die Verhältnisse von Gilead und es werden offene Fragen aus dem Vorgängerband beantwortet. Ich habe mich gefragt, wie gebildete Menschen sich einfach so in diesem Regime unterordnen konnten. Das ist mir bei Desfred im vorigen Buch so ergangen und auch jetzt wieder bei Lydias Sicht. Aber um am Leben zu bleiben, wird man wahrscheinlich vieles tun. Die nachfolgenden Generationen denken schon ganz anders, da sie ein anderes Leben nie kennen gelernt haben. Die Frauen finden Wege sich in dem System einzurichten, auch wenn ihnen ihre Rechte abgesprochen sind.

    Alle sind in diesem System gefangen und müssen sich unterordnen, ganz gleich, in welcher Position sie sich befinden. Aber wenn man die Sicht der Protagonisten kennenlernt, betrachtet man das System nicht mehr ganz so schlecht. Das Leben bietet nicht nur schwarz und weiß, es gibt doch eine Menge Grautöne.

    Obwohl sich in diesem Roman so vieles klärt, hat mir „Der Report der Magd“ dennoch besser gefallen.

    Auch dieses Buch macht mich wieder wütend, denn ich finde die Geschichte auch weiterhin sehr bedrückend.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

  • Auch dieses Buch macht mich wieder wütend, denn ich finde die Geschichte auch weiterhin sehr bedrückend.


    3ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Vergibst du drei Ratten, weil du wütend wurdest, also der Text Gefühle in dir hervorgerufen hat, oder weil etwas am Text mangelhaft war?

    Wenn es nur die Wut ist, hätte die Autorin doch ihr Ziel erreicht und der Text dich berührt?


    LG von

    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

  • Das Buch und auch sein Vorgänger sind interessant. Es wurde viel darüber geredet und ich wollte die Bücher lesen, aber Dystopien sind nicht so meins und packen mich auch nicht so.

  • Saltanah

    Hat den Titel des Themas von „Margaret Atwood: Die Zeuginnen“ zu „Margaret Atwood - Die Zeuginnen“ geändert.
  • Hier meine Rezension zu "Die Zeuginnen":

    Das Buch ist die "Fortsetzung" des Buches "Der Report der Magd". Gleichzeitig Perspektivwechsel: "Tante Lydia", eine der brutalen Oberbefehlshaberinnen über die "Mägde" im religiösen Terrorstaat "Gilead" aus dem Buch "Der Report der Magd",erzählt nun, wie es dazu gekommen ist; dass sie diese Funktion einnahm.

    "Die Zeuginnen" hat beim Lesen viele Fragen aufgeworfen: Wollen Männer wirklich die Gleichberechtigung der Frau, oder machen sie dabei nur "mit", weil in den den westl.Industrienationen das zumindest formal der Standard ist? Wollen sie eigentlich die Herrschaft über die Frauen? Was bedeutet es, in einer religiös geprägten Diktatur zu leben? Wie schafft man es, sich dagegen zu wehren, auch wenn man schon in dieser Form von Diktatur aufgewachsen ist? Wieweit kann/muss man sich korrumpieren/scheinbar mitmachen, um die Möglichkeit zu haben, die Diktatur zu stürzen? Wie verändert einen dieser "pakt mit dem Teufel"? Was bedeutet es, Kinder zu haben?

    4 Mal editiert, zuletzt von Gesine ()

  • Ich ärgere mich, diese letzte Rezension gelesen zu haben, weil ich mich jetzt ganz schön gespoilert fühle - eigentlich wollte ich das Buch, das bei mir noch subbt, auch noch lesen.


    Vielleicht wäre hier ja eine sinnvolle Überarbeitung möglich.

    Früherer Nutzername "Alexa" :)

  • Minou76 hast du das Buch trotzdem gelesen? Jetzt, wo ich das Buch gelesen habe, finde ich die Spoiler nicht so schlimm.


    Meine Meinung

    Die Lektüre von Der Report der Magd ist schon so lange her, dass ich mich an keine Details mehr erinnern konnte. Aber das Gefühl, das ich beim Lesen hatte, kam bei diesem Buch wieder zurück. Die absolute Unterwerfung, die Überwachung und die Unmöglichkeit, die Situation zu ändern: das gibt es in beiden Büchern. Gleichzeitig habe ich auch einige Motive gefunden, die ich so oder so ähnlich schon in anderen Büchern gelesen habe. Vielleicht liegt es daran, dass es sich um Dinge gehandelt haben, über die man sich in der heutigen Zeit mehr Gedanken macht.


    Es war auch dieses Mal keine leichte Lektüre, was aber auch daran liegt, dass ich ich mit der distanzeirten Art der Ezählerinnen meine Schwierigkeiten hatte.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Kirsten

    Nein, noch nicht...ich hatte nach der Rezi erst mal keine Lust...dank meines Kurzzeitgedächtnisses kann ich es aber bestimmt bald angehen ?.

    Früherer Nutzername "Alexa" :)

  • Ich kaufe ja selten neue Bücher, aber bei den Zeuginnen konnte ich nicht widerstehen und habe mich dann auch direkt draufgestürzt.


    Mir hat es sehr gut gefallen, dieser Blick aus zwei bis drei anderen Perspektiven. Und Gilead war für mich wieder genau der blanke Horror wie im ersten Teil.


    Ein Schwachpunkt war für mich, dass


    Ansonsten: tolles, gruseliges Buch!


    4ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich hatte allgemein Probleme mit diesem Charakter.

    Hattet ihr auch solche Probleme euch auf den ersten 100 Seiten zurecht zu finden?

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    Margaret Atwood - Die Zeuginnen


    Bei "Die Zeuginnen" handelt es sich um die Fortsetzung von "Der Report der Magd". In Form von Tagebucheinträgen und Zeuginnenaussagen wird die Geschichte von drei Frauen erzählt, deren Geschichten anfangs völlig unterschiedlich sind, die sich nach und nach jedoch verzweigen und zu einer großen gemeinsamen Handlung werden.


    Meine Meinung:


    Wow. Einfach nur wow. Nachdem mich der Report der Magd völlig aus den Socken gehauen hat, habe ich bei den Zeuginnen eigentlich nicht mehr erwartet, als dass Desfreds (die Hauptcharakterin aus "Der Report der Magd") Geschichte aus Sicht anderer Bewohnerinnen und Bewohner Gileads geschildert wird. Stattdessen erfahre ich die Geschichte von drei Frauen, die Gilead von innen heraus erleben, dort aufwachsen oder sogar den Umsturz und die Entstehung Gileads miterlebt haben oder Gilead aus dem Ausland, als Außenstehende erleben.

    Man erfährt so viel mehr über dieses schreckliche System, wie Menschen in ihre Rollen gezwungen werden und wie die Erziehung/Indoktrination in Gilead aufgebaut ist. Gerade die Passagen, die die Entstehung von Gilead erzählen, bringen mich dazu, mich zu fragen: Was würde ich in dieser Situation tun? Würde ich kämpfen? Oder im Anblick der Übermacht zum Mitläufer werden?

    Die Geschichte hat mir sehr gut gefallen und war spannend erzählt, ich konnte das Buch kaum weglegen, wobei auch das ganze System Gilead eine unglaubliche Faszination auslöst - eine Schreckensherrschaft religiöser Fanatiker, die Frauen all ihrer Rechte beraubt, sie entmenschlicht und ihre gesamte Existenz auf den Zweck der Fortpflanzung reduziert.

    Einzig missfallen hat mir, dass ich gerne tatsächlich etwas mehr über einen bestimmten Charakter aus dem Vorgängertitel erfahren hätte - am Ende gibt es wieder nur Vermutungen - aber das passt sehr gut zum Stil des Vorgängers.


    Als Fazit gebe ich 5/5 Ratten - rate aber dazu, zunächst den Report der Magd zu lesen. Die Zeuginnen funktioniert auch für sich alleine, aber meiner Ansicht nach sollte man es als zweites lesen, da der Report der Magd noch mehr die Grundlagen und den Alltag Gileads erklärt.

    5ratten

    Aragorn: "Ihr habt schon gefrühstückt."

    Pippin: "Wir hatten das erste, ja. Aber was ist mit dem zweiten Frühstück?"

    Merry: "Ich glaube nicht, dass er weiß, dass es sowas gibt."

    Pippin: "Und der Elf-Uhr-Imbiss? Mittagessen? Vier-Uhr-Tee? Abendessen, Nachtmahl? Das kennt er doch wohl, oder?"

    Merry: "Ich würde mich nicht darauf verlassen."

    Aus: "Der Herr der Ringe: Die Gefährten"

    2 Mal editiert, zuletzt von Alexander90 ()

  • Nach meinem Reread von "Report der Magd" habe ich fast nahtlos dieses Buch zum ersten Mal gelesen. Ich kenne die Serie und habe einige Parallelen wieder gefunden, auch wenn die Serie (noch?) nicht so weit fortgeschritten ist, bzw. ein wenig anders erzählt.


    Ich mochte diese Fortsetzung und fand auch keinen Widerspruch in der Person der Tante Lydia. Wir haben vorher einen anderen Blickwinkel bekommen und nun bekommen wir eine totale Inneneinsicht. Total spannend und einleuchtend und auch zum Charakter passend, wie ich fand.

    Im Allgemeinen fand ich das Buch weniger beklemmend als den Report. Als Magd ist man sehr eingezwängt im System, das ist hier etwas aufgelockert.

    Stilistisch kann "Die Zeuginnen" zwar nicht mit dem "Report" mithalten, weil die das Gesamtpaket da einfach so stimmig war, aber um mehr Informationen zu diesem gut gemachten Weltenentwurf zu bekommen, war das Buch großartig.


    Also ich würde es auf jeden Fall auch empfehlen, wenn man den "Report" gut fand.