Nadja Neufeldt - Ares

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.600 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Aeria.

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    Man hat nicht jeden Tag besoffene Seraphim zu Besuch …


    … aber in den funkelnden Splitterwelten von „Ares“ kann das schon mal vorkommen. Ich würde zu gern einmal eine goldene Harfe unter meinem Bett finden und ihren Klang testen!


    Trotz der Titelgeschichte und des Covers gehört „Ares“ im Ganzen zur Fantastik und nicht zur Science Fiction. Fünfzehn neue Kurzgeschichten von Nadja Neufeldt, prall voll von Ideen und durch den ständigen Wechsel der Schauplätze, Themen und Figuren sehr dynamisch. Fünfzehn Fragmente unterschiedlichster Wirklichkeiten, und jedes lässt den Leser mit Fragen und dem Appetit auf mehr zurück.

    Die klare, direkte Sprache, die mir schon in „Erstkontakt mit Violine“ und „Nachtmahr“ so gut gefiel, kommt mir hier noch ausgereifter vor. Alles transportiert die Story, nichts lenkt von ihr ab: Mit dem ersten Satz steht der Leser mittendrin, egal, wie fremd und auf den ersten Blick unverständlich die Wirklichkeit auch sein mag, die ihn da empfängt. Man findet sich schnell zurecht, bleibt aber am Ende öfters mit offenem Mund zurück und denkt: Nicht dein Ernst jetzt! Wie kannst du da aufhören?!

    Kann sie aber, und dann muss eben die Fantasie des Lesers ran.


    Zum Beispiel wollte ich unbedingt wissen, wie es bei „Ares“ weitergeht – das ist Stoff für einen Film! Und „Hexenzeit“ – wer ist diese Sophia, woher kommt sie, und wie geht es weiter? Durch Ginas Augen erleben wir nur eine rätselhafte Begegnung mit nicht gerade angenehmen Auswirkungen auf die Zeugen; die eigentliche Geschichte, die ihr vorangeht und sich danach weiterentwickeln wird, bleibt für uns wie für Gina im Dunklen. Oder dieses kurze, sehr verstörende Stück („Leuchten“) über den Kerl, dessen hemmungsloser Appetit auf die Aura eines kleinen Mädchens geweckt wird. Wo wird das hinführen? Man überlegt es mit Grausen. Ich hätte auch gern über die Gefängnismauern in „Umweltsünden“ hinausgesehen und mehr über diese kompromisslos strenge Welt da draußen wissen wollen – unsere Zukunft?


    Das melancholische „Roboterträume“ ist wunderschön, und poetisch ohne einen einzigen poetischen Satz. Das Aufeinandertreffen von weichem, lebendigem Katzenfell und irgendwie belebtem Blech kann man geradezu spüren. Tells fühlendes Herz wandert wie ein Glutfleck durch das tote Grau des Schrottplatzes. Und das, obwohl dieses Blechwesen eigentlich gar kein Herz hat. Was, wenn künstliche Intelligenz wirklich irgendwann Selbst-Bewusstsein, Fühlen, Persönlichkeit entwickeln würde?


    Die Frage stellt man sich auch bei der erwachten Marilyn. Die ist, wie Sophia, eine potenziell gefährliche Frau. Marilyn scheint zwar mit der Stimme der „Bezaubernden Jeannie“ zu sprechen, wenn sie ihren Erschaffer ständig mit „Meister“ anredet. Aber dieser Marilyn-Geist braucht keinen, der ihn aus der Flasche lässt. Dieser Geist will künftig Gage für seine Arbeit!

    Nicht nur potenziell gefährlich ist Liz, die Sonnengelbe, die Mann besser nicht respektlos behandelt. Was man auch von Varah und Betty Rose sagen kann, denn diese beiden sind besessen.

    Die unendlich einsame Eileen in „Erneuerung“ ist eine Teenagerin, mit der man nicht tauschen möchte. Sie hat eine wahrhaft schicksalhafte Entscheidung zu treffen.

    Noch mehr unheimliche Frauen findet man mit Doris und Sarah in „Fratzen“.


    Am Ende entlassen die „Versorger“ den Leser mit einem völlig unerwarteten Knaller aus dem Buch, der mich zum Lachen gebracht hat.


    „Ares“, „Roboterträume“, „Erneuerung“, „Fratzen“ und „Versorger“ sind meine Favoriten. Aber eigentlich mag ich sie alle. Sie alle haben dieses spezielle Gewürz des Seltsamen und Unheimlichen an sich, dessen Duft rätseln, manchmal lachen, häufiger frösteln lässt. Ganz besonders, weil die Geschichten dabei in diesem selbstverständlichen, unaufgeregten Ton daherkommen.


    Unbedingte Leseempfehlung. Ein Buch, das sich auch sehr gut als Weihnachtsgeschenk eignet.

  • Der Spaß beim Schreiben kommt auch beim Lesen rüber. :bang: Und ich hatte überhaupt nicht mit diesem Ende gerechnet - hat mich in gewisser Weise an die für mich total unerwartete Wendung am Ende deiner Novelle "Traumverloren" erinnert.

  • Ares - Kurzgeschichten

    von Nadja Neufeld


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    Inhalt:

    Das Phantastische lauert überall: In einer Kolonie auf dem Mars, auf der Bühne und auf einer Parkbank. Es wartet im Orbit, in einem Bannkreis und in einer Bar. Manchmal tritt es in der Gestalt eines Kindes oder eines Roboters auf. Es folgt uns in die Zukunft und zu fernen Welten. Mal ist es sanft, aber oft wetzt es die Messer. Sei auf der Hut! 15 neue Kurzgeschichten von der Autorin von "Erstkontakt mit Violine"


    ***


    Schon vom ersten Kurzgeschichtenband "Erstkontakt mit Violine" war ich sehr angetan und auch vom 2. Band war ich begeistert. Besonders überrascht hat mich, daß einige der Kurzgeschichten dieser Sammlung Forsetzungen von Geschichten aus dem 1. Band waren. Mir gefällt diese Idee ausgesprochen gut und ich hab mich sehr gefreut zu lesen, wie es mit Ra'Afail in "Sphärenklänge" weiterging und was es mit dem Monster aus "Der Freier" auf sich hat. Mit "Incubus" bekommt man übrigens eine Vorgeschichte zu der seperat veröffentlichten Geschichte "Nachtmahr" zu lesen.

    Sehr gelungen empfinde ich das Aufblitzen des Phantastischen unter der alltäglichen Oberfläche, wie etwa in "Hexenzeit" und in "Leuchten", bei letzterem haben sich mir wirklich die Nackenhärchen aufgestellt. Jeder der Geschichten packte mich sehr schnell und entlies mich mit vielen Gedanken dazu.

    "Roboterträume" berührt, wie auch das spannende "Ares", beide Kurzgeschichten sind am ehesten der klassischen SF zuzuordnen. Insgesamt verwischen in vielen der Kurzgeschichten von Nadja Neufeldt die Grenzen zwischen SF und Fantasy.

    Ich werde jetzt nicht auf jede der Geschichten eingehen, gerade bei Kurzgeschichten besteht die Gefahr, daß man zu schnell zu viel davon verrät, aber ich war wirklich von jeder Einzelnen begeistert. Die Geschichten sind vielfältig, teils witzig, teils berühren und tiefgründig, gelungenerweise oft in mehreren Ebenen alles zusammen.


    Fazit: Unbedingt lesen! Wobei es das Lesevergnügen auf jeden Fall erhöht, wenn man vorher "Erstkontakt mit Violine" gelesen hat, der überraschende Wiedererkennungsmoment in einigen der Geschichten hat mich sehr begeistert. Ich denke aber, daß die Geschichten auch losgelöst davon funktionieren. Ich freue mich schon jetzt auf weitere Geschichten die dem Ideenreichtum und den Gedanken von Nadja Neufeldt entspringen werden.


    5ratten



    P.S.

    Ich werd mir die beiden Bände, wenn mein Buchhändler wieder offen hat, noch als "richtige" Bücher kaufen, hatte sie bisher nur im ebook-Format. Gerade in Kurzgeschichtenbänden ist es schöner tatsächlich blättern zu können, außerdem hätte ich sie gern in meiner Sammlung.

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")



    Einmal editiert, zuletzt von Firiath ()

  • Aeria: danke für den Link, dann habe ich mir doch nicht eingebildet, dass es schon einen Thread dazu gab ;)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich hatte danach gesucht, meinte eigentlich auch das es da schon einen geben müßte, hab ihn aber nicht gefunden. Sorry dafür. Aber jetzt sind die Threads ja wieder verbunden. Danke Valentine .


    Aeria

    Dir dann gute Besserung! :blume:

    Von den Sternen kommen wir, zu den Sternen gehen wir.

    Das Leben ist nur eine Reise in die Fremde.”

    (aus: "Die Stadt der träumenden Bücher")