Michaela Küpper - Der Kinderzug

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    zum Inhalt (lt. Amazon):

    Das Ruhrgebiet im Sommer 1943. Die junge Lehrerin Barbara soll eine Gruppe Mädchen im Rahmen der sogenannten Kinderlandverschickung begleiten. Angst, aber auch gespannte Unruhe beherrschen die Gedanken der Kinder, denn sie wissen nicht, was sie erwartet. Das Heim, das ihr zeitweiliges Zuhause werden soll, erweist sich zunächst als angenehme Überraschung, doch dann muss dieses geräumt werden.

    Es beginnt eine Odyssee, die nicht nur die Kinder, sondern auch Barbara an ihre Grenzen führt, denn mehr und mehr wird sie, die sich bisher aus der Politik herauszuhalten versucht hat, mit den grausamen Methoden und Plänen der Nationalsozialisten konfrontiert – und mit Menschen, die für ihre Ideologie vor nichts zurückschrecken.

    Als schließlich ein Mädchen verschwindet und ein polnischer Zwangsarbeiter verdächtigt wird, kommt für die Lehrerin die Stunde der Entscheidung.


    zur Autorin (lt.Amazon):

    Michaela Küpper wurde im niederrheinischen Alpen geboren und ist in Bonn aufgewachsen. In Marburg studierte sie Soziologie, Psychologie, Politik und Pädagogik. Dann zog es sie zurück ins Rheinland, wo sie nach einem Volontariat viele Jahre lang als Projektmanagerin in einem Verlag tätig war.

    Heute arbeitet sie als freie Autorin, Redakteurin und Illustratorin.


    meine Meinung:


    Die Kinderlandverschickung in den Jahren des Zweiten Weltkrieges waren mir zwar bekannt aber der wirkliche Ablauf und vor allem die Probleme, die zum Ende des Krieges hin auftauchten, waren mir so nicht bewusst. Am Beispiel einer Mädchenklasse und ihrer Lehrer, die aus der Großstadt ins ländliche Usedom verschickt werden, wird eine lange Odyssee erzählt. Der heranrückende Feind und die Luftangriffe auf die Städte und Dörfer, treiben die Kinder von Ort zu Ort. Statt einigen Wochen verbringen sie Monat um Monat fern von Eltern und Familie, müssen immer wieder durch lapidare Briefe erfahren, dass ihre Liebsten bei Fliegerangriffen verletzt oder getötet wurden. Dazu kommt die immer schlechter werdende Versorgung mit Nahrung und Kleidung und die Angst, selbst den Bomben zum Opfer zu fallen.


    Die Lehrerin Barbara begleitet die Kinder durch all diese Widrigkeiten, bangt selbst um ihren Liebsten an der Front und wird von der wachsenden Verantwortung für ihre Schülerinnen niedergedrückt.


    Das Buch wirft aber auch einen Blick auf die Jungen und Teenager, die kontinuierlich auf ihre Rolle als fügige Soldaten vorbereitet werden und am Ende des Krieges blutjung und naiv an die Front geschickt und verheizt wurden.


    Wie die Jugend diese letzten Kriegsmonate erlebte und wie eine junge Lehrerin über sich hinauswächst, um ihre Schützlinge wohlbehalten zurück zu bringen, davon handelt „Der Kinderzug“. Die einfache klare Sprache der Autorin hat mich gefesselt. Die Art, wie sie unspektakulär aber detailverliebt schildert, passt gut zu den Ereignissen. Das Buch ist nicht reißerisch, lässt Raum für die kleinen und größeren Sorgen der Kinder und Jugendlichen. Aus verschiedenen Blickwinkeln wird diese Zeit und die Geschehnisse betrachtet und auch sondiert, wie der Nazionalsozialismus den Alltag durchdrang und zur Normalität gehörte. Und am Ende wird es dann doch noch sehr spannend und dramatisch.


    Gerne ergebe ich 4rattenfür diese emotionale Geschichte.

    :lesen:





  • Der Kinderzug

    Michaela Küpper


    Am 27.09.1940 wurde auf Führerbefehl Hitlers hin die KLV, die sog. Kinderlandverschickung angeordnet. Was Baldur von Schirach als „Revolution der Erziehung“ nannte und von der NSDAP als humanitäre Großtat gelobt wurde, hatte nicht nur zum Ziel, die Kinder vor Luftangriffen zu schützen, sondern vor allem, sie völlig unter den Einfluss der nationalsozialistischen Ideologie zu stellen.

    In den Jahren 1940 bis 1945 wurden so mehr als 2 Millionen Mädchen und Jungen von ihren Familien getrennt in verschiedenste KLV-Lager geschickt. Die Leitung dieser Lager wurde meist einer Lehrkraft aus der Heimat übertragen. Diese waren dann oft für Wochen, Monate und manchmal Jahre für das Wohl der Kinder verantwortlich.


    Das ist der geschichtliche Hintergrund für Michaela Küppers neuen Roman. Wir begleiten die junge Lehrerin Barbara und ihre Gruppe von Mädchen auf ihrer 819 Tage dauernden Odyssee quer durch das Deutsche Reich. War das erste Lager noch sehr angenehm, so verschlechtern sich die Zustände mit Fortdauer des Krieges drastisch. Hunger, Not, Kälte und niemand, der sich für diese Gruppe zuständig fühlt. Sie werden völlig alleine gelassen. Der Krieg rückt spürbar näher, sie erleben Zerstörung, Bomben und Flucht.


    Der Stil der Autorin ist angenehm nüchtern - die Erlebnisse sind ja an sich schon dramatisch genug.

    Die gute Recherche der Autorin merkt man aber auch in vielen Kleinigkeiten, die den Alltag beschreiben - zum Beispiel bereits vorgedruckte Karten, die verschickt werden konnten oder auch wie allgegenwärtig der Führer war.

    Michaela Küpper beschreibt die Ereignisse aus den verschiedensten Blickwinkeln – Barbara, Gisela, die kleine Edith und Karl kommen abwechselnd zu Wort. Auch bei den Kindern bzw Jugendlichen werden unterschiedlichen Standpunkte klar: während einige unter dem Heimweh leiden, eigentlich nur ihr normales Leben wiederhaben wollen, sind andere vom Drill der HJ geprägt, systemtreu und von der Ideologie begeistert. Es sind fiktive Figuren, aber sie stehen für zahlreiche Kinder, die tatsächlich unter schrecklichen Bedingungen und von ihren Familien getrennt aufwachsen mussten.

    Fazit: eine berührende Geschichte über ein Thema, das nur selten zur Sprache kommt.

    Empfehlenswert – nicht nur für Geschichtsinteressierte!


    4ratten

    Vernunft, Vernunft...