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Es gibt 67 Antworten in diesem Thema, welches 9.361 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von LizzyCurse.

  • Ja, wenn vorgelesen wird, ist das wirklich toll. Ich glaube, für Kinder ist es auch noch einmal etwas anderes, ob sie ein Märchen auf der Bühne oder im Kino sehen (wie bei der Hexe im explodierenden Ofen, aua). Gerade im Kindesalter ist man den Bildern und Vorgaben sehr unmittelbar und noch recht „filterlos“ ausgesetzt. Wird ein Märchen dagegen erzählt, dann ist es ja immer ein Dialog. Es geht im Tempo des Kindes voran, Bilder kommen innerlich an die Oberfläche und knallen nicht von außen ungefiltert ins Bewusstsein. Ein Psychologe schrieb mal, dass Kinder sich beim Vorlesen die Bilder im Kopf so ausschmücken, wie sie es aushalten können. Und wenn es zu sehr ins Gruselige geht, dann ist es völlig legitim, als Märchenerzähler am Ende eine erweiterte Sichtweise anzubieten, abzumildern – oder eben zu erklären.


    Ich glaube aber auch, dass diese „erwachseneren“ und oft tragischen Kunstmärchen (wie das Mädchen mit den Schwefelhölzern) auch noch eine andere Nummer sind. Sie sind oft viel detaillierter und näher dran an konkretem Leid, manchmal sind es regelrechte Märtyrergeschichten mit religiöser oder gesellschaftskritischer Moral. Ich hatte als Kind ganz schwer an „Klingt meine Linde“ zu knabbern, an den Zuständen im Armenhaus, der Trostlosigkeit und Ungerechtigkeit und dem Ende von Malin, die sich opfert. (Und Mailín in Rabenherz und Eismund heißt nicht zufällig so ähnlich wie die Malin in Lindgrens Geschichte, und sie sucht ja auch nach klingenden Bäumen bzw. Ranken – vermutlich ist das eine späte Form von Bewältigung der durchheulten Märchenstunde damals … ;)



    Faszinierend finde ich afrikanische, russische, japanische Märchen und auch Märchen und Göttersagen der Inuit und anderer Urvölker. In den Achtzigern wurde ja viel nach den Urformen von Märchen geforscht – im Hinblick darauf, dass auch die Brüder Grimm einige Glättungen und der damaligen Gesellschaftsordnung entsprechende Anpassungen vorgenommen haben. Deshalb finde ich es so spannend, Märchen aus ganz verschiedenen Kulturen und Zeiten zu lesen und nach gemeinsamen Linien und Ursprüngen zu suchen – dort entdeckt man dann Versionen einer bestimmten Geschichte in verschiedensten Ausprägungen und auch mit verschiedenen Auflösungen.


    Aschenbrödel-Motive gibt es in allen Kulturen, nicht jeder Frosch wird zum Prinzen und dieses Dauerheiraten findet eher in den von der Romantik geprägten und angepassten Grimmschen Märchen statt. Was ich total spannend finde: Manche Motive sind so alt, dass man sie bis in die Steinzeit zurückverfolgen kann – so zum Beispiel die Symbolik der kultischen Farben Rot-Schwarz-Weiß:


    Rot als Blut für Leben und auch für Tod. Rötelfarbe ist die erste nachgewiesene Verwendung von Farbe in einem Kultisch-symbolischen Kontext, Rötelpigment wurde schon in der Steinzeit als Grabbeigabe verwendet, mehr dazu kann man in dem großartigen Museum für Frühgeschichte in Blaubeuren erfahren). Ebenso verwendet: Schwarz und Weiß. Das spinnt sich in den Märchen als Symbolik weiter und oft in den Aspekten von Gottheiten, die als junge, mädchenhafte Frau in Weiß dargestellt werden (Neues, Aufbruch), als erwachsene Frau in Rot (Reife, Fülle, Lebenskraft) und als weise Alte dann in Schwarz (Alter, Weisheit, die Nähe zur Totenwelt und ihren Geheimnissen). In Rabenherz spiele ich natürlich auch mit diesen Farbfacetten und Aspekten bei den Mädchen. Ob das bei Charlies Engeln auch anwendbar ist, wäre natürlich zu überlegen. :/:D

  • Rot als Blut für Leben und auch für Tod. Rötelfarbe ist die erste nachgewiesene Verwendung von Farbe in einem Kultisch-symbolischen Kontext, Rötelpigment wurde schon in der Steinzeit als Grabbeigabe verwendet, mehr dazu kann man in dem großartigen Museum für Frühgeschichte in Blaubeuren erfahren). Ebenso verwendet: Schwarz und Weiß. Das spinnt sich in den Märchen als Symbolik weiter und oft in den Aspekten von Gottheiten, die als junge, mädchenhafte Frau in Weiß dargestellt werden (Neues, Aufbruch), als erwachsene Frau in Rot (Reife, Fülle, Lebenskraft) und als weise Alte dann in Schwarz (Alter, Weisheit, die Nähe zur Totenwelt und ihren Geheimnissen). In Rabenherz spiele ich natürlich auch mit diesen Farbfacetten und Aspekten bei den Mädchen. Ob das bei Charlies Engeln auch anwendbar ist, wäre natürlich zu überlegen. :/ :D

    Da muss ich gleich an Schneewittchen denken, die gleich alle drei Farben in sich vereint. Ich werde die drei Mädels jetzt umtaufen in Drei Engel für Nina. :D

    :lesen:





  • Da muss ich gleich an Schneewittchen denken, die gleich alle drei Farben in sich vereint.

    :thumbup:Parademärchen! ^^ Und in Goldmarie (hell), Pechmarie (dunkel) und dem Blut an ihren Fingern (Rot) haben wir das Farbspiel auch. Dito in der Gänsemagd, im Märchen der Baba Jaga (die drei Reiter) und ... und ... und


    Ich werde die drei Mädels jetzt umtaufen in Drei Engel für Nina. :D

    :D

  • sie werden ha nicht im Luftleeren Raum erzählt. Gerade z. B. das Mädchen darin oft passiv sind und die Jungen aktiv macht sehr wohl etwas mit beiden Seiten. Vorallem wenn dann die allgemeinen gesellschaftlich anerkannten Muster dazu kommen. Märchen reproduzieren das und damit wird das indirekt als normal und richtig so gezeigt.

    Deshalb ist es mir auch so wichtig das Frauwnfiguren in Romanen differenzierter dargestellt werden. Deshalb finde ich die drei hier im Roman so toll. Weil sie sich nicht in Klischees verfangen, eine aktive Rolle einnehmen und auch auf Augenhöhe agieren.

    Ja, gerade bei den Grimmschen Märchen sind die Rollenverteilungen in vielen Geschichten doch sehr strikt - eben geglättet und angepasst an die damaligen Rollenmuster. Natürlich "sickern" solche Bilder auch ein. Bei uns Autorinnen und Autoren ist es auch ein Dauerthema - gerade in der Fantasy. Wie sehr greift man auf bekannte Muster zurück? Wie realistisch formt man sie um? Es gibt ja auch das Modell, schlichtweg die Rollen zu tauschen, dann kommen aber häufig auch einfach nur andere Klischees dabei raus: die Prinzessin, die sich eigentlich exakt so benimmt, fühlt und denkt wie das wandelnde Söldner- und Kämpferklischee. Kann in Einzelfällen natürlich passen, aber ganz so einfach ist es natürlich nicht immer. Ebenso bei den kämpferischen Heldinnen, die sofort das Schwert hinwerfen und dahinschmelzen, sobald der Prinz auftaucht. ;)


    Manchmal ist aber auch das Suchen nach authentischeren Darstellungen auf beiden Geschlechterseiten ein Balanceakt. Im "Winter der schwarzen Rosen" stand ganz explizit der Menschentypus "Machtmensch" im Vordergrund. Und in diesem Fall war dieser nach Macht strebende Mensch ein Mädchen (Tajann). Es war interessant zu sehen, dass viele Leser nicht viel mit dieser Konstellation anfangen konnten und ihre "Art" als "unmöglich", egoistisch oder skrupellos bewertet haben. Ich frage mich, wie eine männliche Figur in dieser Rolle gesehen würde - vermutlich als raffinierter, durchsetzungsstarker Bad Boy, der einfach weiß, was er will? Ebenso wurde Tajanns männlicher Love Interest schon mal als "schwach und weinerlich" bezeichnet, was ich sehr spannend finde. Genau wegen solcher Experimente liebe ich es auch so, Figuren zu entwerfen. Und ich freue mich sehr, dass die drei Mädchen hier so gemocht werden, obwohl sie weder Prinzessinnen noch Söldnerinnen sind. (Und Eismund sicher kein Grimmscher Retter ;)). Ich finde, alle Facetten gehören dürfen sein und gehören dazu. Weinende Männer und weibliche Machtmenschen eingeschlossen ... ^^


    Liebe Grüße

    Nina

  • Ja, ich finde auch, dass jetzt zu oft versucht wird mit Macht einen Rollentausch zu gestalten, aber das ist es nicht. Es gibt so viele starke Frauen in der Fantasy und warum dürfen sich starke Frauen nicht verlieben, warum dürfen sie nicht Kinder wollen? Es bringt nichts das eine Klischee mit dem anderen zu ersetzen (Männer im Kettentanga vor dem Drachen fände ich genauso blöd wie Frauen im Kettenbikini).

    Aber man muss beachten, dass viele Fantasy Geschichten in einem Mittelaltersetting spielen, was ich schade finde, aber scheinbar gefällt es, denn es verkauft sich ja. In diesem Setting sind aber nun mal Frauen in einer anderen Position als heute. Ich höre gerade ein Buch, in dem es um eine Spielerin in einem Mittelaltersetting geht, die dann gebeten wird bitte keine Hosen anzuziehen, weil das so schamlos ist und der Rock, der ihr dafür angeboten wird ist für sie viel erotischer, aber es ist eben keine Hose.

  • Das sehe ich ganz genauso wie ihr.

    Deshalb mag ich übrigends die Alanna Reihe von Tamora Pierce, weil die Heldin dort zwar in eine Männerolle schlüpft, das dann aber nach und nach auch hinterfragt und feststellt das sie ihre eigene Weiblichkeit leben kann, ohne sich von ihrer Rolle als Rittern verabschieden zu müssen.


    Genauso finde ich es aber auch gut, wenn Männerklischees aufgebrochen werden.

    Und das eben jede Rolle in Ordnung ist.


    Für mich geht es da ganz klar auch darum, aufzuzeigen das man aus den Klischees ausbrechen darf, es aber genauso in Ordnung ist dem zu entsprechen. Das ist natürlich immer ein Balanceakt. In den feministischen Diskurse gibt's da ja auch längst keine Einigkeit.


    NinaB tatatsächlich ist Winter der Schwarzen Rosen mein Lieblingsbuch von Dir.

  • Zum Thema Kindern Märchen vorlesen: Ich bin davon überzeugt das die Kinder unterschätzt werden was sie aushalten können und was nicht. Zum Beispiel ist plötzlich der Struwwelpeter total verpönt und soll nicht mehr vorgelesen weil er pädagogisch gesehen wohl eine Katastrophe ist.

    Unsere Kindergärtnerin Ingrid hat uns die Geschichte sehr oft vorgelesen und ich kann mich sogar noch an einen Wortlaut erinnern obwohl ich da zwischen 3 und 6 Jahre alt war (so lange dauert bei uns die Vorschule). Ich war so fasziniert davon wie sie vorlesen konnte und den Satz: "NEIN! Meine Suppe ess ich nicht" habe ich wirklich noch im Ohr.

    Lesen ist die schönste Brücke zu meinen Wunschträumen.

  • Naja Kindern mit Ängsten zu erziehen und Gewalt als Erziehungsmaßnahme, was der Struwelpeter macht, finde ich persönlich schon hinterfragbar. Der Daumenlutscher zb...

    Auch wenn ich dir grundsätzlich recht gebe, das Kinder sehr viel mehr aushalten und auch verstehen.

  • Naja Kindern mit Ängsten zu erziehen und Gewalt als Erziehungsmaßnahme, was der Struwelpeter macht, finde ich persönlich schon hinterfragbar. Der Daumenlutscher zb...

    Auch wenn ich dir grundsätzlich recht gebe, das Kinder sehr viel mehr aushalten und auch verstehen.

    Hexen in den Ofen zu stecken, oder dem Wolf den Bauch aufzuschneiden während er schläft, ist aber auch nicht sonderlich nett. :P

    Lesen ist die schönste Brücke zu meinen Wunschträumen.

  • Aber ich finde es wirklich wichtig, dass Kinder Angst haben, z.B. wenn sie mit Feuer spielen. Das hat mich besonders beeindruckt, oder einfach nicht darauf achten, wo sie hingehen. Meist werden sie durch ihre Taten bestraft nicht durch andere. Und das Tintenfass geschieht ihnen heute noch recht!

  • Was den Wolf betrifft, da bin ich immer ein wenig fürs ändern, er wird dann nicht gemordet, sondern kommt in den Zoo (muss ja gesund gepflegt werden. :)

  • Naja, es gibt wirklich Kinder, die Mitleid mit der Hexe haben. Mein Enkel war mit mir das erste Mal in der Hänsel und Gretel- Oper, die hier in Leipzig sehr schön inszeniert wird und der Ofen explodiert geradezu. Als sich dann alle verbeugten atmete mein Enkel hörbar aus und meinte er sei aber froh, dass die Hexe noch lebt.

    Das find ich schön, dass ein Enkel so viel Empathie hat. :love:


    Ich suche ja bei den "Bösewichten" auch immer nach Positivem. Und freue mich, ehrlich gesagt, wenn auch der Autor da was angelegt hat. So ein bisschen grau zwischen schwarz und weiß.

    Ich finde, selbst Bösewichte müssen nachvollziehbar sein - und ich versuche genau wie du immer das grau zu sehen. Ansonsten ist das Buch auch ein wenig zu plakativ? Mhmhmhm ...

    Home is people, not a place (Robin Hobb, Live Ship Trader)

  • Naja Kindern mit Ängsten zu erziehen und Gewalt als Erziehungsmaßnahme, was der Struwelpeter macht, finde ich persönlich schon hinterfragbar. Der Daumenlutscher zb...

    Auch wenn ich dir grundsätzlich recht gebe, das Kinder sehr viel mehr aushalten und auch verstehen.

    Hexen in den Ofen zu stecken, oder dem Wolf den Bauch aufzuschneiden während er schläft, ist aber auch nicht sonderlich nett. :P

    Wenn ich mir mal die Kinderserien aus meinder Kindheit anschaue und rekapituliere, dann hält ein Kind schon viel mehr aus (und versteht auch einiges mehr!) als die Erwachsenen denken. Ich denke da nur an Serien, die historische Situationen behandeln und erklären wie Lady Oscar (franz. Revolution). Das ist übrigens auch ein gutes Beispiel mal fernab von Märchen, welches die Rolle der Frau hinterfragt (oscar hinterfragt die eigene Rolle meines Wissens ja auch relativ oft ...)

    Home is people, not a place (Robin Hobb, Live Ship Trader)

  • LizzyCurse

    Hier vermischen sich grade zwei Themen. Mein! Problem mit Strubelpeter ist nicht die Gewalt an sich, sondern die Art und Weise wie Gewalt dort! als Erziehungsmaßnahme verstanden und vermittelt wird. Das ist eine ganz andere Art, wie z.B Lady Oscar (eine Serie die auch nicht für Kinder,sondern eher ab 10 aufwärts geeignet ist und auch nie als Kinderserie gedacht war) Gewalt eine Rolle spielt. Auch wenn ich nach wie vor grundsätzlich der Meinung bin, das Kinder viel mehr können als man ihnen zutraut, halte ich die Botschaft hinter dem Struwelpeter für sehr sehr bedenklich und das wäre nichts, was ich einem Kind so vermitteln wollen würde. Und um diesen Punkt ging es mir da.

    Ansonsten liebe ich Lady Oscar, auch weil die Serie total mit den Geschlechterrollen spielt. Ich hab den Manga und die Serie :err: (Lady Oscar hat auch dafür gesorgt das ich schon Vorkenntnisse über die Französische Revolution hatte, bevor ich Geschichtsunterricht hatte :breitgrins: )

  • Das sehe ich nun mal ganz anders. In den meisten Geschichten wird den Kindern erzählt, was passiert, wenn sie etwas gefährliches machen und das ist wichtig. Während mein Enkel mir beschrieben hat, wie einer der Star Wars Krieger verbrannt ist und sein Freund ihm nicht hilft. Das finde ich viel schlimmer. Es ist unnötige Gewalt. Ich fand den Struwelpeter nicht wirklich gruslig. Aber ich habe nie mit Streichhölzern gespielt. Teilweise fand ich ihn lustig. (Kann sein, dass es auch eine härtere Version gibt, aber wenn einer kippelt und dann umfällt das ist nun mal die Folge von kippeln. Es soll wohl eine Version geben, wo der Junge dann vonden Messern erstochen wird, aber so war meine Version nicht. Ich glaube das blutigste war der Daumenabschneider und den habe ich nicht ernst genommen.