02 - Mittwoch bis Seite 191

Es gibt 18 Antworten in diesem Thema, welches 2.763 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Ulf Schiewe.

  • Hier könnt Ihr zum zweiten Abschnitt - Mittwoch vor dem Attentat - schreiben.


    Spoilermarkierungen sind aufgrund der Seitenbeschränkung nicht vorgesehen

    :lesen:





  • Der zweite Abschnitt ist (fast) fertig gelesen - es geht einfach spannend weiter!

    So ganz nebenbei erfahren wir so einiges über die Jugend von Franz Ferdinand, sein Verhältnis zu seiner Stiefmutter Maria Theresa und auch über seinen Bruder Otto. Und damit bekommen wir ein etwas besseres Bild von dem Thronfolger. Mit Sophie hatte er wirklich Glück und anscheinend war er sich dessen auch bewusst.


    Besonders interessant war aber für mich das Gespräch zwischen der Baronin Gertrude von Prittwitz und Sophie im Zug. Hier wird klar, dass es sich um eine Zeit der tiefgreifenden Veränderungen in vielen Bereichen des Lebens handelt . Denn abgesehen von den technischen Entwicklungen, haben sich auch im Bereich der Künste revolutionäre Veränderungen ergeben - Klimt, Schiele, Kokoschka waren prägend. Und da war ja noch ein gewisser Herr Freud, der mit seinen Theorien Aufsehen erregte...etc Dass es damals bereits einen Weltfrauenkongress gab, war mir neu - danke für die Info! Der Kampf um das Frauenwahlrecht hat ja schon begonnen. Leider hat Baronin Prittwitz mit ihrer Aussage von Frauenwahlrecht und "Schluss mit Kriegen" nicht recht behalten!

    Die Habsburger haben diese Zeit des Wandels anscheinend ziemlich verschlafen, sie waren vielleicht doch etwas zu sehr in ihren alten Bildern und Traditionen verhaftet.


    Und dann begleiten wir auch noch die Attentäter auf ihrem Weg nach Sarajewo. Da merkt man deutlich, dass es wirklich noch Kinder sind, die von den Ideen angesteckt wurden und deren Begeisterung ausgenützt wurde für ein Selbstmordattentat.


    Was ich mich aber die ganze Zeit frage ist Folgendes: Markovic ist hier ja eine fiktive Person, aber in dieser Geschichte ist er eigentlich der einzige, der die Gefahr eines Attentats ernst nimmt und Schritte unternimmt, es zu verhindern. Alle anderen sehen zu, können nicht recht dran glauben oder versuchen es irgendwie herunterzuspielen. Gab es wirklich niemanden, der auf die doch deutlichen Anzeichen reagiert hat?


    Und: was für eine dämliche Idee, ausgerechnet am Vidovdan nach Sarajevo zu kommen! Und die Militärübung... eine reine Provokation. Gab es denn niemanden, der das Thronfolgerpaar irgendwie gewarnt oder zumindest ordentlich informiert hat? Oder waren sie so von sich als Herrscher überzeugt, dass ein Anschlag einfach undenkbar war? Sicher... auf Gerüchte zu hören wäre für Franz Ferdinand nicht möglich gewesen - aber diese Gerüchte haben ja nur die tatsächliche Lage gespiegelt. Eine umfassendere Info wäre doch hilfreich gewesen für den Thronfolger.


    Auf alle Fälle geht es schrecklich spannend weiter!

    Vernunft, Vernunft...

  • Und: was für eine dämliche Idee, ausgerechnet am Vidovdan nach Sarajevo zu kommen! Und die Militärübung... eine reine Provokation

    Stimmt. Sehr einfühlsam war das nicht von den Planern und vom Thronfolger. Da überschätzt er seine Beliebtheit und unterschätzt die Gegner der österreichischen Herrschaft.

    :lesen:





  • Ich freu mich, dass du etwas zu diesen Einsprengseln über zeitgenössische Ereignisse sagst. Dies war wirklich eine von technischen, wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklungen geprägte Zeit. Man glaubte an die Wissenschaft, den Fortschritt. Und das drückt sich auch in der Kunst aus, auch wenn FF mit moderner Kunst nichts anfangen konnte. Auf der einen Seite war er ein Konservativer und gleichzeitig im Gegensatz zum Kaiser ein Modernisierer. Deshalb war er dem Kaiser auch suspekt. Die beiden hatten kein gutes Verhältnis.


    Die Attentäter sind blutjung, aber gerade junge Menschen lassen sich leicht für etwas einnehmen.


    Attentate waren zu der Zeit nicht selten. Hier eine Liste.

    Für uns heute unvorstellbar, dass man keine Sicherheitsvorkehrungen traf. Damals wollten die Herrscher als von Gottes Gnaden eingesetzt und vom Volk geliebt erscheinen. Sich hinter Bajonetten verschanzen hätte ihr Image angekratzt. Und vor allem Haltung wurde gefordert. "Stiff upper lip". Ein Herrscher ließ sich nicht einschüchtern. Es gab ja Warnungen, aber die wurden von FF selbst hinweggewischt.

  • Vielleicht hab ich es ja irgendwie überlesen, aber warum sind eigentlich der Thronfolger und seine Frau getrennt angereist? Er per Schiff und sie per Bahn?


    Ulf Schiewe - die Liste mit den Attentaten ist ziemlich interessant. Danke!

    Vernunft, Vernunft...

  • Durch die Geschichte werden natürlich Sympathien für beide Seiten geweckt. Die jungen Männer tun mir leid. Kann man sich gar nicht vorstellen, wie es ist zu wissen, dass man bald sterben wird. Auch, weil man einfach kein Geld hat, um die notwendigen Heilmaßnahmen bezahlen zu können. Der Frust darüber entlädt sich jetzt in dem Wunsch unsterblich zu werden durch so ein Attentat.


    Und FF ist mir sowieso sympathisch. Sogar seine Zornausbrüche, denn oft lenkt er dann ja doch ein. Ist sein Charakter so von dir recherchiert, lieber Ulf oder hast Du da zur dichterischen Freiheit gegriffen?

    :lesen:





  • Durch die Geschichte werden natürlich Sympathien für beide Seiten geweckt. Die jungen Männer tun mir leid. Kann man sich gar nicht vorstellen, wie es ist zu wissen, dass man bald sterben wird. Auch, weil man einfach kein Geld hat, um die notwendigen Heilmaßnahmen bezahlen zu können. Der Frust darüber entlädt sich jetzt in dem Wunsch unsterblich zu werden durch so ein Attentat.


    Und FF ist mir sowieso sympathisch. Sogar seine Zornausbrüche, denn oft lenkt er dann ja doch ein. Ist sein Charakter so von dir recherchiert, lieber Ulf oder hast Du da zur dichterischen Freiheit gegriffen?

    Nein, soweit wie möglich habe ich FF recherchiert. In der Öffentlichkeit war er oft schroff und aufbrausend. Überhaupt waren ihm seine öffentlichen Auftritte oft ein Gräuel. Bei den Journalisten war er nicht beliebt. Er war sehr katholisch gläubig, mit moderner Kunst konnte er nichts anfangen, er hat mit großer Passion sein Leben lang Tiere geschossen. Mir dem Kaiser verstand er sich nicht. Auch weil er für moderne Technik war und das Heer modernisieren wollte. Als Kind hat er wenig Liebe erfahren. Überhaupt eine ziemlich verkorkste Familie. Das, nur um ein paar Stichpunkte zu nennen.


    Umso erstaunlicher sein schönes Familienleben. Sophie war seine große Liebe. Mit den Kindern lebten sie sehr harmonisch und zurückgezogen auf ihrem böhmischen Schloss. All das habe ich im Buch verarbeitet.

  • Ich bin auch mitten im zweiten Abschnitt =) Entschuldigt, ich hänge ein wenig hinterher - die Vorweihnachtswoche war doch ein bisschen stressiger als eigentlich gedacht *seufz*

    Besonders interessant war aber für mich das Gespräch zwischen der Baronin Gertrude von Prittwitz und Sophie im Zug. Hier wird klar, dass es sich um eine Zeit der tiefgreifenden Veränderungen in vielen Bereichen des Lebens handelt . Denn abgesehen von den technischen Entwicklungen, haben sich auch im Bereich der Künste revolutionäre Veränderungen ergeben - Klimt, Schiele, Kokoschka waren prägend. Und da war ja noch ein gewisser Herr Freud, der mit seinen Theorien Aufsehen erregte...etc Dass es damals bereits einen Weltfrauenkongress gab, war mir neu - danke für die Info! Der Kampf um das Frauenwahlrecht hat ja schon begonnen. Leider hat Baronin Prittwitz mit ihrer Aussage von Frauenwahlrecht und "Schluss mit Kriegen" nicht recht behalten!

    Da muss ich dir zustimmen - ich empfand dieses Gespräch auch als sehr aufschlussreich und interessant. Das war wirklich eine Zeit voller Umbrüche - und gerade deshalb brodelt es überall auf der Welt ... (während ich das schreibe, muss ich an die heutige Zeit denken ... und wie wenig die Welt eigentliich aus der Vergangenheit gelernt hat ... shame on us ...)

    Der Weltfrauenkongress war mir auch neu - vielen Dank an Ulf! Du hast mich erhellt ;)



    Und: was für eine dämliche Idee, ausgerechnet am Vidovdan nach Sarajevo zu kommen! Und die Militärübung... eine reine Provokation

    Stimmt. Sehr einfühlsam war das nicht von den Planern und vom Thronfolger. Da überschätzt er seine Beliebtheit und unterschätzt die Gegner der österreichischen Herrschaft.

    Natürlich war das eine Provokation, die auch umgehend beantwortet wurde ...



    Und FF ist mir sowieso sympathisch. Sogar seine Zornausbrüche, denn oft lenkt er dann ja doch ein. Ist sein Charakter so von dir recherchiert, lieber Ulf oder hast Du da zur dichterischen Freiheit gegriffen?

    FF ist mir genauso sympathisch =) Schön, dass du alles so genau recherchiert hast, lieber Ulf =)

    Home is people, not a place (Robin Hobb, Live Ship Trader)

  • FF ist mir genauso sympathisch =) Schön, dass du alles so genau recherchiert hast, lieber Ulf =)

    Tolle Recherche, Ulf... aber anscheinend bin ich die einzige, die FF unsympathisch, unbeherrscht und arrogant findet.:evil: Nett war er nur zu seiner Familie. Das ist ein bißl wenig!

    Natürlich war das eine Provokation, die auch umgehend beantwortet wurde ...

    Glaubst Du da an eine bewusste Provokation von Seiten der Habsburger? Ich glaube, dass dieser Fehler aus Gedankenlosigkeit/Respektlosigkeit, Hochmut und grenzenloser Selbstüberschätzung passiert ist.

    Vernunft, Vernunft...

  • FF ist mir genauso sympathisch =) Schön, dass du alles so genau recherchiert hast, lieber Ulf =)

    Tolle Recherche, Ulf... aber anscheinend bin ich die einzige, die FF unsympathisch, unbeherrscht und arrogant findet.:evil: Nett war er nur zu seiner Familie. Das ist ein bißl wenig!

    Natürlich war das eine Provokation, die auch umgehend beantwortet wurde ...

    Glaubst Du da an eine bewusste Provokation von Seiten der Habsburger? Ich glaube, dass dieser Fehler aus Gedankenlosigkeit/Respektlosigkeit, Hochmut und grenzenloser Selbstüberschätzung passiert ist.

    ich glaube an Hochmut - Gedankenlos waren sie sicher nicht ...

    Home is people, not a place (Robin Hobb, Live Ship Trader)

  • FF ist mir genauso sympathisch =) Schön, dass du alles so genau recherchiert hast, lieber Ulf =)

    Tolle Recherche, Ulf... aber anscheinend bin ich die einzige, die FF unsympathisch, unbeherrscht und arrogant findet.:evil: Nett war er nur zu seiner Familie. Das ist ein bißl wenig!

    Natürlich war das eine Provokation, die auch umgehend beantwortet wurde ...

    Glaubst Du da an eine bewusste Provokation von Seiten der Habsburger? Ich glaube, dass dieser Fehler aus Gedankenlosigkeit/Respektlosigkeit, Hochmut und grenzenloser Selbstüberschätzung passiert ist.

    Ja, das war Gedanken- oder Ahnungslosigkeit. Zumindest bei Potiorek und seinem Stab. Und natürlich ein Schuss Hochmut, sich einfach nicht für die bosnischen Serben zu interessieren.

  • Tolle Recherche, Ulf... aber anscheinend bin ich die einzige, die FF unsympathisch, unbeherrscht und arrogant findet. :evil: Nett war er nur zu seiner Familie. Das ist ein bißl wenig!

    Äh, mal ehrlich, muss ein Thronfolger nett sein? Wird er dazu erzogen? Bringt ihm das was? Heutzutage vielleicht aber damals sicherlich nicht. Damals ging es ja tatsächlich auch noch ums Herrschen und ein Herrscher musste nicht nett sein.


    FF's Ungeduld und sein Hochmut, ja, die sind sicherlich nicht liebenswert aber irgendwie finde ich ihn trotzdem sehr menschlich - oder zumindest sehr menschlich beschrieben. Seine nette Seite gestattet er sich nur bei der Familie zu zeigen. Sonst versucht er den starken Thronfolger zu geben. Mal mehr, mal weniger souverän.

    :lesen:





  • Äh, mal ehrlich, muss ein Thronfolger nett sein? Wird er dazu erzogen? Bringt ihm das was? Heutzutage vielleicht aber damals sicherlich nicht. Damals ging es ja tatsächlich auch noch ums Herrschen und ein Herrscher musste nicht nett sein.

    Er muss nicht nett sein, aber seine Unbeherrschtheit kann ich nicht als Qualitätsmerkmal für einen souveränen Herrscher über knapp 50 Mio Menschen sehen!

    Hochmut (bei seiner Herkunft und seinen Zukunftsperspektiven!) und Ungeduld sind sicher menschlich - aber für mich halt höchst unsympathisch!;) Vor allem, weil eh jeder versucht hat, ihn zufrieden zu stellen.

    Ich finde seine Person sehr interessant - auch weil er ja als Thronfolger nicht gerade die 1. Wahl war und weil er ein extrem konservativer Modernisierer war.

    Vernunft, Vernunft...

  • Durch die Geschichte werden natürlich Sympathien für beide Seiten geweckt. Die jungen Männer tun mir leid. Kann man sich gar nicht vorstellen, wie es ist zu wissen, dass man bald sterben wird. Auch, weil man einfach kein Geld hat, um die notwendigen Heilmaßnahmen bezahlen zu können. Der Frust darüber entlädt sich jetzt in dem Wunsch unsterblich zu werden durch so ein Attentat.

    Die Sympathie für beide Seiten ist mir auch aufgefallen. Ich habe mit den baldigen Attentätern mitgefiebert als sie sich über die Grenze geschlichen haben und dabei fast von der Polizei erwischt worden sind. Oder die Aktion auf dem Schiff :boahnee:, da habe ich auch sehr aktiv mitgefiebert. ;)


    Interessant finde ich, dass scheinbar eigentlich jeder ahnt, dass es ein Attentat geben wird, aber nur ganz wenige sich verpflichtet fühlen dagegen etwas zu unternehmen. Ich finde, die politischen Ränkespiele kommen hier gut zur Geltung. Die Informationen werden zwar weitergegeben, aber handeln soll bitte jemand anders.


    Überraschend für mich ist, dass doch so viel den wahren Gegebenheiten entspricht. Ich bin davon ausgegangen, dass es sich "nur" um einen fiktiven Roman mit ein paar historischen Fakten handelt. Aber dank der Leserunde habe ich nun erfahren, dass ganz viele Kleinigkeiten sogar der Wahrheit entsprechen. Ich bin begeistert!

    Das gesamte Buch hat mich bisher begeistert! Da ich vor der Leserunde mir nur den Klappentext mal angeschaut habe und bisher noch kein Buch von dir, Ulf, gelesen habe, bin ich recht offen an das Buch herangegangen und freue mich nun über meine spontane Entscheidung.

  • Interessant finde ich, dass scheinbar eigentlich jeder ahnt, dass es ein Attentat geben wird, aber nur ganz wenige sich verpflichtet fühlen dagegen etwas zu unternehmen. Ich finde, die politischen Ränkespiele kommen hier gut zur Geltung. Die Informationen werden zwar weitergegeben, aber handeln soll bitte jemand anders.

    Ja, das ist mir auch aufgefallen. Außerdem gibts da ja nen Manöver, wir haben also genug Militär in dem Gebiet um für Ordnung zu sorgen. Ich hatte auch das Gefühl, dass man Repräsentation über die eigentliche Sicherheit gestellt hat

    Home is people, not a place (Robin Hobb, Live Ship Trader)

  • Überraschend für mich ist, dass doch so viel den wahren Gegebenheiten entspricht. Ich bin davon ausgegangen, dass es sich "nur" um einen fiktiven Roman mit ein paar historischen Fakten handelt. Aber dank der Leserunde habe ich nun erfahren, dass ganz viele Kleinigkeiten sogar der Wahrheit entsprechen. Ich bin begeistert!

    Das gesamte Buch hat mich bisher begeistert! Da ich vor der Leserunde mir nur den Klappentext mal angeschaut habe und bisher noch kein Buch von dir, Ulf, gelesen habe, bin ich recht offen an das Buch herangegangen und freue mich nun über meine spontane Entscheidung.

    Das Buch entspricht so ziemlich genau den Fakten. Einzig Markovic, Simon und Svjetlana und deren Ermittlungen sind fiktiv. Im Personenverzeichn is am Ende sind die fiktiven Figuren kenntlich gemacht. Es sind aber nur ganz wenige.