Antje Windgassen - Anastasia

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    Worum es geht
    Am 17. Juli 1918 wurden Zar Nikolaj, seine Gemahlin Alexandra, deren drei Töchter Olga, Tatjana und Maria, der Thronfolger Alexej sowie einige Dienstboten von den Bolschewiken ermordet. Nur die jüngste Tochter, Anastasia, hatte das Blutbad schwer verletzt überlebt. Mit Hilfe zweier Wachsoldaten und deren Schwester gelang ihr die Flucht nach Berlin, wo sich Anastasia Hilfe von Verwandten erhoffte.
    Die Mitglieder des Hauses Romanow konnten sich über die Identität der jungen Frau jedoch nicht einig werden. Manche wollen in ihr Anastasia erkennen, da sie viele Details aus dem Leben der Zarenfamilie kennt, von denen Uneingeweihte nichts wissen können. Die junge Frau ist zudem sehr gebildet, vornehm in ihrem Auftreten und spricht mehrere Sprachen. Andere wiederum halten sie für eine Betrügerin und Hochstaplerin. Schließlich geht es nicht nur um die Vorherrschaft im Hause Romanow, um die mögliche Wiedererrichtung der Monarchie, sondern vor allem auch um den Anspruch auf das Familienvermögen. Mit dem Auftauchen einer Überlebenden aus der Zarenfamilie würden sich etliche potentielle Erben um ihren Anteil betrogen sehen.


    Meine Meinung

    Noch vor der Einleitung hält Antje Windgassen fest, dass es sich bei ihrem Buch um kein historisches Werk, sondern um einen Roman handelt, in dem Fakten und Fiktion eine untrennbare Einheit eingehen.
    Genau diese Verbindung von Dichtung und Wahrheit ist der Autorin meiner Meinung hervorragend gelungen. Zumindest könnte es so (oder so ähnlich) gewesen sein, klingt doch die Geschichte von Rettung und Flucht nicht allzu realitätsfern. Einige Ereignisse, die sich auf der abenteuerlichen Reise bis nach Berlin zugetragen haben sollen, kommen mir jedoch ziemlich unwahrscheinlich vor.
    Sehr gut dargestellt fand ich hingegen Anastasias Bemühungen um die Anerkennung ihrer Herkunft. Das Aufkeimen jeder Hoffnung wird alsbald von tiefster Verzweiflung erstickt, und treibt die Unglückliche bis an den Rand des Selbstmordes. Depressionen, Nervenzusammenbrüche und die Diagnose Knochentuberkulose führen immer wieder zu langen Aufenthalten in Krankenhäusern, psychiatrischen Kliniken und Sanatorien. Nicht nur die eigene Familie, auch die Presse setzen der jungen Frau zu. Die Romanows lehnen sie ab, vor der Öffentlichkeit steht sie als Betrügerin da. Glücklicherweise konnte Anastasia aber auch viele Menschen von ihrer Aufrichtigkeit überzeugen. Ohne ihr Wohlgesinnte hätte sie ihr Leben kaum zu meistern vermocht, doch letzten Endes bleiben nicht mehr viele Freunde, denen Anastasia ihr Vertrauen schenkt. Mit zunehmendem Alter wird sie aufgrund ihres tragischen Schicksals verständlicherweise immer misstrauischer, und neigt sogar zu aggressiven Verhaltensweisen.
    Gegen Ende des Romans konfrontiert die Autorin ihre Leser mit sehr vielen widersprüchlichen Daten und Fakten. Da die sterblichen Überreste der einstigen Großfürstin eingeäschert wurden, gab sie ihr Geheimnis auch nach dem Tod nicht preis. Genetische Untersuchungen an zweifelhaften früheren Laborproben erbrachten ebenfalls keine endgültige Gewissheit.
    Antje Windgassens inhaltlich und stilistisch sehr ansprechender Roman bietet für eigene Überlegungen und Mutmaßungen jedenfalls viel Spielraum.
    Fantasievoll aufbereitet und spannend erzählt, hat mich die Geschichte sehr gut unterhalten - und darüberhinaus mein Interesse für das Schicksal der Zarenfamilie geweckt.


    4ratten