Adeline Dieudonné - Das wirkliche Leben

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  • Adeline Dieudonné - Das wirkliche Leben


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    Gebundene Ausgabe: 239 Seiten

    Verlag: dtv Verlagsgesellschaft (24. April 2020)

    ISBN-13: 978-3423282130

    Originaltitel: La Vraie Vie

    Übersetzung: Sina de Malafosse

    Preis: 18,00 €

    auch als E-Book und als Hörbuch erhältlich


    Wahnsinnig intensiv erzählt


    Inhalt:

    Nach außen wirkt alles ganz normal und liebevoll: Der Vater geht arbeiten, die Mutter versorgt Haushalt und Kinder. Diese vergnügen sich im Sommer im Planschbecken im Garten und beim Eisessen. Doch die Wahrheit ist eine andere: Die Kinder sind gefühlsmäßig sich selbst überlassen, der Vater giert nach Macht, die Frau erstarrt in Angst vor ihm. Nur das zehnjährige Mädchen zeigt Größe. Es kümmert sich liebevoll um den kleinen Bruder, fühlt sich aber auch selbst total alleingelassen. Dann geschieht vor den Augen der Kinder ein Unglück, das sie innerlich zu zerstören droht.


    Meine Meinung:

    Adeline Dieudonné erzählt sehr eindringlich und wortgewaltig. Der Roman übte vom ersten Satz an einen Sog auf mich aus. Ich wollte am liebsten wegschauen, konnte es aber nicht. Dafür war das Kopfkino zu gewaltig. Gleichzeitig wurde auch meine Fantasie angestachelt und mir war schon Angst vor dem, was noch passieren würde.


    Auf so wenigen Seiten gelingt es der Autorin, fünf grausame Jahre im Leben der namenlosen Ich-Erzählerin darzustellen und dabei alles Wichtige zu sagen. Der Schreibstil ist klar und präzise, eher kühl. Da ist kein Jammern oder Selbstmitleid, nur knallharte Analyse - und gerade dadurch umso bewegender. Adeline Dieudonné erzählt mit schonungsloser Offenheit, egal ob es um körperliche oder seelische Gewalt geht. Das ist starker Tobak.


    Aber viel von dem Schlimmen wird hier aufgefangen durch die starke Protagonistin, die sich nicht unterkriegen lassen, sondern auch noch ihren Bruder retten will. Ihre Kraft und Willensstärke erzeugt so viel Hoffnung, dass man das Buch trotz all der fürchterlichen Ereignisse doch gerne liest und am Ende mit einem zufriedenen Seufzer zuklappt.


    Fazit:

    Ein hervorragender Debütroman, den ich gerne weiterempfehle, da er mich wirklich beeindruckt hat.


    ★★★★★

  • Auch mir hat dieser Roman sehr gefallen!


    Härtefall Mädchen

    Das Mädchen, das uns hier die Geschichte ihres Aufwachsens, also ihre Coming-of-Age-Geschichte erzählt, ist quasi von Geburt an ein Opfer, eine Gejagte. Ebenso wie ihre Mutter und zwar aus dem einfachen Grunde, dass beide weiblichen Geschlechts sind. Das macht sie aus der Sicht ihres Vaters bzw. Ehemannes per se zu verachtenswerten Geschöpfen.


    Die Mutter vergeht daran, sie trocknet förmlich aus und wird - aus der Sicht ihrer Tochter - zu einer Amöbe. Doch für sich selbst lässt diese Tochter, das erzählende Mädchen das nicht zu. Wenngleich sie in den Jahren ihres Aufwachsens größte Erniedrigungen erlebt und so gut wie gar keine Unterstützung von zu Hause erhält, schafft sie es, stark zu werden und ihren Weg zu finden. Der der einer Hochbegabten ist.


    Ein Roman, der zeigt, dass Getriebene sich nicht in ihr Schicksal fügen müssen. Dass sie sich nicht unterwerfen und preisgeben müssen, denn es gibt immer noch eine Chance. Allerdings eine, die man nur sieht, wenn man sich selbst (er)kennt.


    Ein sehr besonderes, kraftvolles Buch, das man jungen Menschen, vor allem jungen Frauen bzw. Mädchen an die Hand geben sollte!

    5ratten

  • Meine Meinung zum Buch:


    Titel: Blicke in den Abgrund!


    Das ungewöhnliche Cover hat mich auf das Buch aufmerksam werden lassen. Da ich Erzählungen über starke weibliche Figuren sehr mag, begann ich neugierig mit der Lektüre.


    In der Geschichte geht es um ein namenloses Mädchen, die als Ich- Erzählerin fungiert und aus dem Leben mit ihrem gewalttätigen Vater berichtet. Bei einem schrecklichen Ereignis werden sowohl ihr kleiner Bruder Gilles als auch sie traumatisiert. Mit allen Mitteln versucht sie dennoch in die Zukunft zu blicken. Wird ihr dies gelingen und kann sie aus diesem teuflischen Familienkreis ausbrechen?


    Das namenlose Mädchen hat mich bereits auf den ersten Seiten für sich einnehmen können. Sie kümmert sich aufopferungsvoll um ihren Bruder, ist pfiffig und erkennt Zusammenhänge bald besser als ein Erwachsener. Sie ist zwar hochbegabt, hat dies aber zu keiner Zeit als besonderes Merkmal herausstechen lassen. Mich hat vor allem ihre Tapferkeit beeindruckt. Ich konnte mich sehr gut in sie einfühlen und es hat mir weh getan was sie aushalten muss in ihrer Familie.


    Gilles war mir hingegen sehr unheimlich. Ich verstehe, dass er durch das Ereignis einen seelischen Schaden davon getragen hat und die häusliche Gewalt sein übriges dazu beiträgt, aber deswegen muss man noch lange nicht so werden wie er, schon gar nicht als Kind. An seinem Beispiel sieht man leider sehr gut, dass Umgang den Menschen formt.


    Eigentlich hätte auf dem Cover Thriller anstatt Roman stehen müssen, denn beim Lesen hat es mich ungemein gegruselt und es hat mir teils seelische Schmerzen verursacht die Taten vom Vater und auch Gilles lesen zu müssen.


    Ansonsten ist das Geschriebene so eindringlich, dass einen das Buch regelrecht einsaugt und man nicht mehr aufhören kann.


    Ich hatte ja wirklich das Gefühl, dass es ganz böse ausgehen wird, aber das zum Schluss dann doch noch ein Silberstreif am Himmel ist, das hat mich beruhigt, denn sonst wäre mir das in Summe zu düster gewesen.


    Das Ende war überraschend, ging mir persönlich aber etwas zu glatt. Ich kann mir schlichtweg nicht vorstellen dass Ermittlungen so schnell eingestellt werden als wäre nichts gewesen.


    Fazit: Ein Roman mit Gänsehautpotential, den ich gern empfehle. Gelungen!


    Bewertung: 4ratten

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Brutal !


    Eine Familie, Vater, Mutter, Tochter und Sohn leben in einem Reihenhaus in einer Siedlung. Von außen das Bild der idealen Familie, doch im Inneren brodelt es gewaltig. Der Vater ist gewalttätig und hat eine Vorliebe für die Jagd und Whisky. Wenn er einen seiner Wutanfälle kriegt, ist seine Frau nicht mehr sicher und die beiden Kinder, acht und zehnjährig, werden mit hinein in den Strudel der Gewalt gerissen. Die große Schwester versucht ihrem jüngeren Bruder trotz allem ein Stück heile Kindheit zu bewahren.



    Die Geschichte trieft vor Gewalt an der Mutter, die als Punchingball ihres Mannes seine Launen abfedern muss. Die Autorin zeichnet das Bild eines typischen Opfers, das eingeschüchtert und trotzdem immer auf der Seite ihres Quälers ist. Gewalttätig ist der Vater auch, wenn auch nicht physisch, an den Kindern. Hier kann man wortwörtlich zusehen, was all die Aggressionen, bei denen sie Zeugen sind, anrichten. Der Junge, Gilles, gerät in ein ähnliches Fahrwasser wie sein Vater. Das Mädchen nutzt ihr schlaues Köpfchen, um sich von all dem zu befreien. Tief betroffen hat mich gemacht, wie das Mädchen seine Mutter als wertlos einstuft und von ihr denkt, sie lebe das Leben einer Amöbe.


    Ein Ereignis, das entsetzlich auf die Kinder einwirkt, der Unfall an einem Eisverkäufer, hat mich umgehauen. Nicht aus dem Grund, da dieser geschieht, sondern wie die Autorin diesen beschreibt. Völlig emotionslos und trotzdem sehr schockierend.

    Mich zwingen, weiterzulesen, musste ich mich, als Tiere zu den Opfern der Gewaltspirale wurden. Oft hatte ich den Eindruck, die Autorin tut alles, um ihre Leser zu schockieren und zu ekeln. Die Handlung empfand ich dabei als nebensächlich und meiner Meinung nach trat sie sehr oft auf der Stelle. Es gibt einzelne Passagen, wie eine vom Vater organisierte Jagd, da ist es mir wortwörtlich kalt den Rücken runter. Ehrlich gesagt, verstehe ich nicht, warum das Buch nicht klar als Thriller gekennzeichnet ist?


    Die Figuren sind allesamt sehr problembeladen und /oder durchgeknallt. Da ist die Familie, bei der so einiges im Argen liegt. Dann der Hausherr der Babysitter- Familie des Mädchens, der wohl pädophil veranlagt ist und so einiges auslöst in dem Mädchen. Eine Nachbarin, bei der das Mädchen immer wieder Zuspruch sucht, empfand ich auch als seltsam.


    Mein grösstes Problem war der Schreibstil. Erst mal hat mich sehr gestört, dass „das Mädchen“ so unnahbar beschrieben ist. Dass man auch nach der Beendigung des Buches ihren Namen nicht kennt, sagt schon sehr viel aus. Ich empfand diese Figur als kämpferisch, sie ist jemand, der sich nicht unterkriegen lässt und sich wehrt. Trotzdem hätte ich gerne mehr über ihre Gefühle erfahren.


    3ratten

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    Adeline Dieudonne - Das wirkliche Leben


    Beschreibung Amazon:

    Eine Reihenhaussiedlung am Waldrand, wie es viele gibt. Im hellsten der Häuser wohnt ein zehnjähriges Mädchen mit seiner Familie. Alles normal. Wären da nicht die Leidenschaften des Vaters, der neben TV und Whisky vor allem den Rausch der Jagd liebt.
    In diesem Sommer erhellt nur das Lachen ihres kleinen Bruders Gilles das Leben des Mädchens. Bis eines Abends vor ihren Augen eine Tragödie passiert. Nichts ist mehr wie zuvor. Mit der Energie und der Intelligenz einer mutigen Kämpferin setzt das Mädchen alles daran, sich und ihren Bruder vor dem väterlichen Einfluss zu retten. Von Sommer zu Sommer spürt sie immer deutlicher, dass sie selbst die Zukunft in sich trägt, wird immer selbstbewusster – ihr Körper aber auch immer weiblicher, sodass sie zusehends ins Visier ihres Vaters gerät.


    Meine Meinung:

    Wäre alles anders gekommen, wenn sie auf die hübsche Sahnehaube auf ihrem Eis verzichtet hätte?

    Wir lernen ein Mädchen kennen, welches in martialischer Umgebung aufwächst. Vater, eingefleischter Jäger, Sadist, schlägt die Mutter, welche die Schläge entgegennimmt, als müsse es so sein. Dann noch der kleine Bruder mit weichem Haar, einem süssen Duft, der geschützt werden soll.

    Und dann der verhängnisvolle Tag. "Ein Eis mit Sahne, bitte"... hätte sie nur nicht.


    Der Roman ist hochgelobt und ich schließe mich der Lobeshymne an. Die Geschichte dieses Mädchens gleicht einer Explosion und man selbst ist mittendrin, muss einfach weiterlesen. Was eingangs noch fast harmlos herüber kommt und die Hoffnung auf einen guten Ausgang nährt, führt immer tiefer hinein in die Katastrophe. Die Erzählweise ist mal flüssig, mal abgehackt, dabei stets klar und verständlich.


    Für mich war das Lesen dieses Erstlingswerkes ein Fest. Ich kann es sehr empfehlen. :):):):):) von 5



  • Klarascha: dazu hatten wir schon einen Thread - ich habe Deinen Beitrag dort angefügt.


    Bitte immer an die Suchfunktion denken (und dabei, wie hier, auch an die Sonderzeichen wie das é ;) ).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Sorry, ich habe vorher gesucht und nichts gefunden. Irgendwas mache ich da wohl falsch. Wahrscheinlich hätte ich nicht den Titel eingeben sollen.

    Danke, beim nächsten Mal passe ich besser aus und schau gleich mal, was andere über das tolle Buch geschrieben haben.

  • Die Suchfunktion kann manchmal etwas tricky sein. Eigentlich sollte es auch mit dem Titel gehen.


    Am besten funktioniert es, wenn Du statt "Dieses Forum" links vom Suchfeld "Alles" auswählst und dann "Nur im Betreff suchen" klickst.

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