Wiebke von Carolsfeld - Das Haus in der Claremont Street

Es gibt 3 Antworten in diesem Thema, welches 780 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Alice.

  • Leseempfehlung!


    Wiebke von Carolsfeld - Das Haus in der Claremont Street


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    Nach einer Familientragödie ist Tom Waise. Vater und Mutter sind tot und der Neunjährige ganz allein. Seine Tante Sonya und ihr Ehemann Nick nehmen Tom bei sich auf. Doch da Tom weder spricht, noch gross Interesse an seiner Umgebung zeigt, ist Sonya schnell am Ende ihrer Geduld und Kraft. Rose, die Schwester von Sonya und Mona, Tom's verstorbener Mutter, bietet an, dem Jungen ein Zuhause zu geben. So zieht Tom in den chaotischen Haushalt in der Claremont Street in Toronto. Neben Rose gehören zu dem Haushalt auch der 14jährige Nick und Tom's Onkel Will. Kann die zusammengewürfelte WG Tom aus seinem Trauma reissen?


    Die ersten Kapitel haben es schon in sich. Man erlebt als Leser den Auslöser von Tom's zukünftigem Trauma hautnah mit.

    Was erst Raum für Spekulationen lässt, wird zur Gewissheit. Man erfährt, was mit Mona und Russell, Tom's Eltern, geschehen ist. Mir hat der Junge da schon unheimlich leid getan. Und so hat mich sein Schicksal das ganze Buch über nicht mehr los gelassen. Vor allem seine Schuldgefühle, seiner Mutter im wichtigen Augenblick nicht geholfen zu haben, haben mich unheimlich durchgeschüttelt. Schrecklich, wenn ein so kleiner Junge, eine solche Last tragen muss.

    Die Geschichte beginnt im Mai und endet im März des folgenden Jahres. Jedes Kapitel beinhaltet einen Monat und damit begleitet man Tom fast ein Jahr lang. Man erfährt, was mit Tom geschieht und wie er sich entwickelt. Das Trauma, das bei ihm selektiven Mutismus ausgelöst hat, ist hervorragend und absolut überzeugend in die Geschichte eingeflochten. Immer wieder beleuchtet die Autorin, was diese Sprachlosigkeit nicht nur für Tom, sondern auch für seine Verwandtschaft bedeutet.

    Die fliessenden Perspektivwechsel, und die damit ineinander übergehenden Blickwinkel auf den Verlust der Schwester, Mutter , Schwägerin oder Tante, machen die Story zu einer vielseitigen und berührenden Geschichte.

    Mit der Familie erlebt man unheimlich traurige, fröhliche, berührende aber auch überraschende Situationen. Dabei ist nicht alles rosarot und wunderbar. Wie es so ist, gibt es auch in dieser Familie untereinander Spannungen, Neid und Schuldzuweisungen.

    Die Figuren gingen mir sehr ans Herz. Jede und jeder in der Familie ist so authentisch charakterisiert, dass man gar nicht anders kann als mit ihnen mitfühlen, sich ärgern oder mitlachen.

    Da ist zuerst mal Tom, der erlebt, was kein Kind in seinem Alter erleben sollte. Seine Hilf- und Hoffnungslosigkeit, als sich sein ganzes Leben ändert, hat mir zeitweise Tränen in die Augen getrieben.

    Dann sind da Will, Sonya und Rose, die Geschwister seiner Mutter, die nicht nur mit dem Verlust der geliebten Schwester fertig werden müssen, sondern von einem Tag auf den anderen die Verantwortung für ihren Neffen tragen. Jeder anders und seinen Charaktereigenschaften und Möglichkeiten angepasst. Und dabei auch mit Schuldgefühlen zurecht kommen müssen. Schuldgefühle darüber, Mona nicht geholfen zu haben.

    Da ist Sonya, die nach ihrem unerfüllten Kinderwunsch froh ist, endlich ein Kind um sich zu haben. Und durch ihren Perfektionismus Tom nicht erreichen kann und schliesslich aufgibt.

    Rose, die ihre chaotische und zusammengewürfelte Wohngemeinschaft zusammenhält, überfordert ist mit dem eigenen Sohn und doch sehr viel Herz zeigt.

    Und dann ist da noch Will, der nicht so richtig erwachsen sein möchte und von einem Gelegenheitsjob in den nächsten rutscht. Und Tom nimmt, wie er ist und dabei sehr gut fährt.

    Ich konnte kaum glauben, dass "Das Haus in der Clarmenont Street" das Debüt der Autorin ist. Denn nicht nur der Plot und die Figuren überzeugen und sind rund und schlüssig .... auch der Schreibstil ist gelungen und liest sich sehr flüssig. Von mir eine Leseempfehlung für diesen wunderbaren Roman!


    5ratten


    :tipp:

    Einmal editiert, zuletzt von Igela ()

  • Schade, ich fand das Buch leider einfach nur furchtbar!


    Das Leben ist ein Fluss

    In diesem Falle ein unruhiger, zudem einer von bedingter Länge. Zumindest für Toms Eltern, seine Mutter Mona und seinen Vater Russell, der zunächst zu Monas Mörder wird, bevor er sich selbst umbringt. Übrig bleibt der neunjährige Tom - und Monas Geschwister - die gut organisierte Sonja mit dem unerfüllten Kinderwunsch, die chaotische Rose und Will, eine Art moderner Peter Pan, der nie erwachsen werden will - oder es aus Versehen einfach nicht geworden ist.

    Eigentlich werden die drei - wie ich finde, unverdientermaßen - zu den Hauptdarstellern - sie übernehmen die Verantwortung für Tom und es geht vor allem um die Gemengelage unter ihnen, um ihre Familiengeschichte, zu der ja bis vor kurzem auch Mona gehörte. Und natürlich Tom, aber der wird irgendwie zur Nebensache, obwohl es ja eigentlich um ihn geht.

    Oder zumindest gehen sollte - denn so traurig es ist, auch in der Realität wird in solchen Situationen ja das Kind, um welches es geht, zur Nebensache. Wobei das hier aber nicht oder nur am äußersten Rande problematisiert wird.

    Zudem hat die erzählte Geschichte in meiner Wahrnehmung kein Charisma, das eigentlich Bedeutsame - so empfinde ich - wird zum Randgeschehen degradiert und außerdem fehlt ihr der Pfiff. Irgendwie nicht meins. Nein, ganz und gar nicht!2ratten

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Wiebke von Carolsfeld / Das Haus in der Claremont Street“ zu „Wiebke von Carolsfeld - Das Haus in der Claremont Street“ geändert.
  • Der neunjährige Tom ist schwer traumatisiert. Nachdem sein Vater die Toms Mutter erschlagen hat, tötete er sich selbst. Der Junge ruft selbst noch den Notruf an. Doch dann zieht sich Tom in sich selbst zurück und spricht nicht mehr. Zunächst kommt er zu seiner kinderlosen Tante Sonya, die aber nicht zu ihm durchdringt. So muss Tom wieder umziehen - zu seiner anderen Tante Rose und ihrem Sohn Nick in der Claremont Street. Dort fühlt er sich wohler, zumal auch noch sein Onkel Will dort wohnt.


    Es ist die Geschichte einer zerrütteten Familie, die trauert und nicht begreifen kann, wie das alles geschehen konnte. Eigentlich hat jeder von ihnen eigene Problem, doch nun ist da der kleine Junge, der traumatisiert ist und Zuwendung braucht.


    In Toms Familie gab es schon immer Gewalt, bis es dann so böse endete. Sonyas Ehe läuft auch nicht zum Besten und sie möchte schon lange ein Kind. Nun versucht sie krampfhaft Tom zu ihrem Kind zu machen, was unter den Umständen misslingen muss. Rose ist alleinerziehend und hat Probleme mit ihrem pubertierenden Sohn. Die beiden Schwestern kommen nicht miteinander klar. Der Weltenbummler Will sucht noch seinen Platz im Leben. Dazwischen ist Tom, dem alle helfen wollen und alle wollen, dass er wieder spricht. Daher müssen sie aufeinander eingehen und miteinander reden, statt zu streiten.


    Alle Personen sind sehr menschlich dargestellt, also wie im wirklichen Leben.


    Diese emotionale Geschichte hat mich gleich gefangen genommen, denn sie ist berührend, tiefgründig und dabei traurig und humorvoll zugleich.


    5ratten

  • Sehr interessant, Eure Eindrücke zu lesen.

    Mir hat das Buch ganz gut gefallen, wenn ich auch nicht ganz so begeistert war wie Igela. "Furchtbar" wie TochterAlice fand ich es allerdings auf keinen Fall. In einem Roman geht es ja nicht darum, die einzelnen Charaktere in ihrem Verhalten besonders "toll" zu finden, sondern darum, ihre komplexen Beziehungen und deren Veränderung möglichst glaubhaft darzustellen - wobei ich zugeben muss, dass ich auch Probleme mit Büchern habe, in denen mir keine einzige Figur in keiner ihrer Facetten sympathisch ist.


    Das ist hier aber keineswegs der Fall - sowohl Rose als auch Sonya haben sympathische Züge, aber eben auch beide ganz zweifellos ihre (sehr unterschiedlichen) Schwächen. Bei der Beurteilung beider darf man keineswegs vergessen, dass

    So etwas zu verzeihen und sich Tom zuliebe zu einer produktiven Situation zusammenzuraufen (wozu die Geschwister am Ende dann doch fähig sind..) - dazu gehört schon Einiges.

    Rose verhält sich trotz ihrer beschriebenen "herzlichen" Art in vielen Punkten ganz schön egoistisch, sogar unverantwortlich, von Will ganz zu schweigen - man erkennt, welche Rolle hier Sonya einfach auch "zugeteilt" ist.


    Dass der Titel des Buches die Adresse enthält, in der die drei Geschwister auch aufgewachsen sind (und jetzt Rose wohnt), ist wohl ein Hinweis darauf, dass in dem Beziehungsgeflecht und der Lebensgeschichte der drei auch die Eltern eine wichtige Rolle spielten - der Tod der Mutter war ein wichtiger Punkt, und "Popop" zeigt zustandsbedingt kaum noch Aktivitäten..