Ferdinand von Schirach - Gott

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 1.763 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Zank.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Gebundene Ausgabe : 160 Seiten

    ISBN-10 : 3630876293

    ISBN-13 : 978-3630876290

    Größe und/oder Gewicht : 14.3 x 1.9 x 22.1 cm

    Herausgeber : Luchterhand Literaturverlag; Originalausgabe Auflage (14. September 2020)


    Inhaltsangabe:


    Richard Gärtner, 78, ein körperlich und geistig gesunder Mann, will seit dem Tod seiner Frau nicht mehr weiterleben. Er verlangt nach einem Medikament, das ihn tötet. Mediziner, Juristen, Pfarrer, Ethiker, Politiker und Teile der Gesellschaft zweifeln, ob Ärzte ihm bei seinem Suizid helfen dürfen. Die Ethikkommission diskutiert den Fall.


    Autoreninfo:


    Der Spiegel nannte Ferdinand von Schirach einen "großartigen Erzähler", die New York Times einen "außergewöhnlichen Stilisten", der Independent verglich ihn mit Kafka und Kleist, der Daily Telegraph schrieb, er sei "eine der markantesten Stimmen der europäischen Literatur". Die Erzählungsbände "Verbrechen", "Schuld" und "Strafe" und die Romane "Der Fall Collini" und "Tabu" wurden zu millionenfach verkauften internationalen Bestsellern. Sie erschienen in mehr als vierzig Ländern. Sein Theaterstück "Terror" zählt zu den weltweit erfolgreichsten Dramen unserer Zeit. Ferdinand von Schirach wurde vielfach mit Literaturpreisen ausgezeichnet. Er lebt in Berlin. Zuletzt erschienen von ihm u.a. "Die Herzlichkeit der Vernunft", ein Band mit Gesprächen mit Alexander Kluge, sowie sein persönlichstes Buch "Kaffee und Zigaretten".


    Meine Meinung:


    Titel: Vom Wunsch zu Sterben...


    Die Bücher von Schirachs haben mich bisher immer sehr begeistern können, weshalb ich ohne Lesen des Klappentextes zu diesem Buch griff und ich habe es keineswegs bereut.


    In der Geschichte, aufgebaut als Theaterstück, geht es um Herrn Gärtner, der nicht mehr leben möchte. Er ist nicht schwer krank oder ähnliches, sondern hat einfach keine Lust mehr auf das Leben. Darf man das als Mensch? Muss man nicht natürlich sterben?


    Das Besondere hier ist sicher, dass man jede Menge lernt zum Thema Sterbehilfe und das in Form eines Bühnenstücks, bei dem man nicht nur das Gesagte allein liest, sondern auch was die Protagonisten tun. Mir war ehrlich gesagt so gar nicht bewusst, was alles mal erlaubt gewesen ist und jetzt neuerdings nicht mehr.


    Angehört werden Gutachter jedweder Couleur, selbst die Kirche kommt zu Wort und mittendrin ist man als Leser mit seiner gesellschaftlichen Prägung und den eigenen Gedanken.


    Ich konnte mich sehr gut in die Situation hineinversetzen und das Gelesene hat mich sehr nachdenklich gestimmt, denn wer legt eigentlich fest wie lange man lebt? Man hat Verständnis für Richard Gärtners Wunsch.


    Ein Buch, das in jedem Fall zu Diskussionen führt, die auch zwingend erforderlich sind.


    Fazit: Wichtiges Thema ungemein fesselnd verpackt erzählt. Klare Leseempfehlung!


    Bewertung: 5ratten und :tipp:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Ferdinand von Schirach - "Gott"“ zu „Ferdinand von Schirach - Gott“ geändert.
  • Die Leseempfehlung kann ich nur unterstreichen. Zwar sind die Dialoge meiner Auffassung nach teilweise etwas hölzern, was mich aber nicht sonderlich gestört hat, weil die Geschichte nunmal nicht die Charaktere im Fokus hat, sondern den begleiteten Freitod, der mit adäquater Ernsthaftigkeit und aus unterschiedlichen Perspektiven klug beleuchtet wird.

  • Ich habe das Buch nicht gelesen, aber gestern die Verfilmung in der ARD gesehen.

    Meinem Mann und mir kam es so vor, als sollte man in Richtung "Ja" zur Sterbehilfe beeinflusst werden. Sowohl durch die Dialoge als auch durch die Figuren. Uns waren durchweg die Befürworter sympathischer. (So wie auch schon bei "Terror. Ihr Urteil", wo man quasi zwangsläufig auf der Seite von Florian David Fitz, äh, seiner Figur war ;))

    Hat noch jemand den Film gesehen und wenn ja, wie war dazu euer Eindruck?


    Ansonsten fand ich es sehr interessant, habe einige neue Dinge gelernt und wir haben uns lange darüber ausgetauscht. Mr Zank, der erst sagte "Wir können das schon anschauen, aber ich finde es extrem langweilig", hat sich dann erstaunlich viel mit dem Fernseher unterhalten und die Aussagen kommentiert ^^

  • Das Fernsehspiel nach Schirachs Buch "Gott" fand ich im grossen und ganzen sehr gut. Danach habe ich noch die Diskussion in "Hart aber fair" gesehen. Das Abstimmungsergebnis (70% befürworten, dass man das Recht auf ärztlich begleiteten Suizid hat, auch wenn man nicht schwer krank ist!) hat mich überrascht und schockiert (wie auch die Ärztin in der Diskussionsrunde). Vor der Abstimmung wurde ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es um die Frage geht, ob ein gesunder Mensch (!)einen gesetzlich geregelten Rechtsanspruch auf ein tödliches Medikament haben soll. Vor der Abstimmung wurde auch noch einmal der Fall der 31 jährigen Frau erwähnt, die zwar nicht schuldhaft den Tod eines Kindes verursacht hat, aber mit diesem Wissen nicht mehr leben wollte. Soll auch sie, auf ihren Wunsch, ein tödliches 'Medikament' erhalten dürfen? Auf diese Frage hätte ich eher das umgekehrte Ergebnis erwartet: 30% dafür, 70% dagegen. Ich bin mir auch nicht so sicher, ob die 70% wirklich sich alle bewusst waren, dass es in der Fragestellung explizit um Personen ging, die nicht unheilbar krank waren oder die unerträglich psychisch oder physisch litten. Es gibt ja genug Menschen, die nicht genau lesen können und noch weniger genau zuhören können. Das Verfassungsgericht hatte ja entschieden, dass das Recht auf begleiteten Selbstmord prinzipiell für jeden gelten soll, nicht nur für Personen, die unheilbar psychisch oder physisch krank sind.

    Schockiert hat mich das Ergebnis allerdings nicht aus religiösen Gründen. Der fiktive kath. Geistliche im Film war übrigens deutlich "besser" als der Vorsitzende der kath. Bischofskonferenz in der anschliessenden Diskussion in 'Hart aber fair'. Wenn ich diesem Buch/Film etwas vorwerfen würde, dann gerade dies, dass es schon im Titel den Eindruck weckt, nur religiöse Gründe würden gegen Euthanasie sprechen. Dann kann man ja die Gegner, wie hier in Belgien üblich, in die Ecke bornierter Christen stellen, die sich - wie schon immer - gegen jeden gesellschaftlichen Fortschritt wehren. Jedenfalls finde ich den Titel "Gott" denkbar ungeeignet. Schockierend auch die Information in der Diskussionsrunde danach: die Nachfrage nach ärztlich begleitetem Suizid hat sich in Belgien in einem Zeitraum von (???) Jahren, verelffacht (in Zahlen: 11x), was erheblich über den Zahlen in vergleichbaren Ländern (NL und CH) liegt. Ich habe wenig Zweifel, dass die quasi bedingungslose Legalisierung der Euthanasie auch einen grossen "Erwartungsdruck" bei alten Menschen, die Angehörigen und den Sozialkassen ja nur noch zur Last fallen, erzeugen wird.

  • Bladwijzer Ich respektiere deine Meinung, aber halte es nicht für gerechtfertigt, 70% der Zuschauern zu unterstellen, sie hätten nicht richtig aufgepasst. Ich gehöre zu den 70% und habe durchaus zugehört und verstanden, dass der Mann kerngesund war. Trotzdem bin ich der Meinung, dass ich nicht für ihn entscheiden darf, ob er leben soll oder nicht. Bevor er sich alleine das Leben nimmt und damit ggf. andere Menschen mit in Gefahr bringt oder zumindest in die schlimme Situation, seine Leiche finden zu müssen, sollte man ihm das Medikament geben und bei seinem Weg begleiten.

    Man sollte natürlich seine Hausärztin nicht dazu zwingen, wenn sie das nicht möchte. Aber da lässt sich sicherlich ein Arzt finden.

    Bei der 31jährigen Frau, die mit ihren Schuldgefühlen nicht leben kann, finde ich persönlich den Fall sogar noch klarer. Warum soll sie sich noch 50 Jahre quälen müssen? (Ich gehe dabei davon aus, dass sie schon in Therapie war und es trotzdem nicht verarbeiten konnte.)

    Klar ist, dass es Kriterien geben muss, z.B. muss der Todeswunsch mindestens ein Jahr lang bestehen, von mehreren Psychologen unabhängig bestätigt werden, usw. Das wäre dann Aufgabe des Gesetzgebers, sich da etwas zu überlegen.

  • Den Titel "Gott" beziehe ich übrigens nicht auf die religiösen Gründe, die gegen den Suizid sprechen, sondern darauf, dass der Mensch in gewisser Weise "Gott spielt", wenn er entscheidet, sein Leben zu beenden. Und die Frage des Stückes ist eben, ob er das darf/sollte.

  • Zank. Natürlich habe ich nicht gemeint und wohl auch nicht gesagt, 70% hätten die Frage nicht richtig verstanden. Ich bin mir nur ziemlich sicher, dass nicht alle Ja-Sager sie richtig verstanden haben. Denn viele werden, so vermute ich, bei ihrer Antwort doch an unheilbar kranke Menschen (in unumstrittenen Fällen) gedacht haben.

    Ob es einen "Erwartungsdruck" geben wird, wird die Zukunft zeigen. Die Betroffenen werden es vielleicht nicht so sehen und an ihren "freien Willen" glauben. Hier in Belgien, jedenfalls, sind die Zahlen derer, die den begleiteten Suizid in Anspruch nehmen, erstaunlich hoch (viel höher als in der Schweiz oder den Niederlanden).

    Und danke für den wichtigen Hinweis, wie wir den Titel verstehen sollen.