Ken Follett - Kingsbridge: Der Morgen einer neuen Zeit

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    Originaltitel : The Evening and the Morning
    Gebundene Ausgabe : 1024 Seiten
    ISBN-10 : 3785727003
    ISBN-13 : 978-3785727003
    Größe und/oder Gewicht : 16.2 x 5.3 x 22.1 cm
    Herausgeber : Lübbe; 3. Aufl. 2020 Auflage (15. September 2020)


    Inhaltsangabe:


    England im Jahr 997. Im Morgengrauen wartet der junge Bootsbauer Edgar auf seine Geliebte. Deshalb ist er der Erste, der die Gefahr am Horizont entdeckt: Drachenboote. Jeder weiß: Die Wikinger bringen Tod und Verderben über Land und Leute. Während Edgar ums Überleben kämpft, streiten andere um Reichtum und Macht in England. Unter ihnen: der gleichermaßen ehrgeizige wie skrupellose Bischof Wynstan, der idealistische Mönch Aldred und Ragna, die Tochter eines normannischen Grafen ...

    Autoreninfo:


    Ken Follett, geboren 1949 in Cardiff, Wales, gehört zu den erfolgreichsten Autoren der Welt. Berühmt wurde er mit den Romanen "Die Säulen der Erde" und der Fortsetzung "Die Tore der Welt", die auch erfolgreich verfilmt wurden. Nach einigen Thrillern hat er mit "Sturz der Titanen", "Winter der Welt" und "Kinder der Freiheit" eine groß angelegte Chronik des 20. Jahrhunderts vorgelegt. Zuletzt erschien "Das Fundament der Ewigkeit", eine Fortführung der weltbekannten Kingsbridge-Reihe.


    Meine Meinung:


    Titel: Es hätte so schön werden können...


    Eine Geschichte zur Entstehung von Kingsbridge, ein düsteres Cover und ein fesselnder Klappentext haben mich dazu bewogen nach Jahren mal wieder in Folletts Welt einzutauchen.


    In der Geschichte geht es um zwei Brüder- Trios, die unterschiedlicher kaum sein könnten. Während Edgar und seine Brüder Erman und Eadbald nach einem Wikingerüberfall völlig mittellos sind und komplett von vorn beginnen müssen, streiten sich die Brüder Wynstan, Wigelm und Wilwulf mit anderen Mächtigen um Geld, Vorherrschaft und Einfluss. Ihre Intrigen bereiten dabei vielen Menschen Kummer, so auch der Normannen- Tochter Ragna oder dem Mönch Aldred. Wie wird das Schicksal dieser Menschen seinen Lauf nehmen?


    Zunächst einmal muss ich die Gestaltung loben, denn die holzschnittartigen Zeichnungen vor jedem größeren Abschnitt haben mir sehr gut gefallen.


    Auch der Einstieg in die Geschichte fiel ungemein leicht und war direkt spannend. Follett nimmt sich Zeit die einzelnen Figuren dem Leser vorzustellen. Dabei wird sehr schnell klar, wer zu den Guten und wer zu den Bösen gehört.


    In meinen Augen zeigt Follett sehr gut auf wie rau die damalige Zeit war und dass der Recht bekommt, der am meisten Macht hat.


    Meine liebste Figur war ganz klar Aldred mit seiner Güte. Er hat den großen Wunsch aus seiner Heimat ein Zentrum für Glaube und Wissen zu erschaffen, was ihm viel abverlangt und dennoch beißt er sich durch.


    Edgar, den späteren Baumeister, fand ich auch nicht übel, da er immer an das Gute im Menschen glaubt. Leider war er mir zu idealisiert dargestellt, denn er kann einfach alles und ist in allem perfekt. Ihm gelingt alles, was ich als wenig realistisch empfunden habe.


    Bei Ragna hatte ich zu Beginn das Gefühl, dass sie Potenzial zum Liebling hat. Leider entwickelt sie sich im Verlauf der Geschichte nicht so wie ich es mir gewünscht habe. Klar ist sie oft stark und versucht sich zu widersetzen. Am Ende jedoch greift sie zu denselben Mitteln wie ihre Gegner, was mich schwer enttäuscht hat.


    Im mächtigen Brüder Trio, den drei W, manifestierte sich das Böse, denn schlimmer als Wynstan, Wigelm und Wilwulf agiert kaum jemand im Buch und jedem ist beim Lesen klar, dass es diese zu hassen gilt.


    Während ich die ersten drei Viertel des Romans noch recht gern gelesen habe, übertreibt der Autor es zum Ende hin komplett. Hier besticht die Geschichte vor allem durch übertriebene Grausamkeit voller Gewalt und Vergewaltigungen. Das war in meinen Augen absolut unnötig, denn die Figuren haben ja eh bereits massiv gelitten. Zudem wiederholten sich zum Ende hin die Wünsche der Bösen, wo ich als aufmerksamer Leser dachte: Ich habe es beim ersten Mal verstanden und muss die Mordgedanken nicht fünf Mal lesen.


    War die Anzahl der Figuren zu Beginn noch überschaubar, so wirft Follett im Laufe der Zeit immer mehr Personen ins Geschehen, die teilweise gar nicht nötig sind. Zudem gibt es leider kein Personenregister, so dass viele Nebenfiguren schnell wieder in Vergessenheit geraten.


    Auch etwas ungeschickt empfand ich das Auftauchen homosexueller Protagonisten, da dies sehr plump geschildert wurde, teilweise noch dazu sehr unglaubwürdig erschien. Es wirkte auf mich eher so als wenn das Thema mit in die Geschichte geflossen ist, weil das gerade in Mode ist und nicht weil es dem Autor wichtig war, was ich unheimlich schade finde.


    Das Ende war übertrieben schwarz weiß gezeichnet, die Guten obsiegen und die Bösen verlieren. Auch hier mangelte es an Glaubwürdigkeit.


    Der Roman hat sich kurzweilig lesen lassen, kommt aber in keinster Weise an die Vorgänger heran. Bei dem Ende bleibe ich leider etwas enttäuscht zurück.


    Fazit: Starker Anfang mit eher schwachem Ende. Das konnte Ken Follett schon mal deutlich besser.


    Bewertung: 3ratten

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Ken Follett - Kingsbridge - Der Morgen einer neuen Zeit“ zu „Ken Follett - Kingsbridge: Der Morgen einer neuen Zeit“ geändert.
  • Während ich die ersten drei Viertel des Romans noch recht gern gelesen habe, übertreibt der Autor es zum Ende hin komplett. Hier besticht die Geschichte vor allem durch übertriebene Grausamkeit voller Gewalt und Vergewaltigungen. Das war in meinen Augen absolut unnötig, denn die Figuren haben ja eh bereits massiv gelitten. Zudem wiederholten sich zum Ende hin die Wünsche der Bösen, wo ich als aufmerksamer Leser dachte: Ich habe es beim ersten Mal verstanden und muss die Mordgedanken nicht fünf Mal lesen.

    Vielen herzlichen Dank für deine ausführliche und tolle Rezension.:thumbup:

    Du hast mich vor einer neuen und teuren SUB Leiche bewahrt.

    Ich habe dieses Buch seit dem Erscheinen schon im Blick und wollte es auf meinen Weihnachtswunschzettel setzten.

    Aber deine Kritikpunkte sind überzeugend und würden auch mir den Spaß am Buch verderben.

  • Ein wenig enttäuschend


    Das Geschehen von "Kingsbrigde, der Morgen einer neuen Zeit" beginnt im Jahr 997.

    In der Vorgeschichte zu " Die Säulen der Erde" , geht es wie nicht anders im Mittelalter zu erwarten, um Intrigen, Macht, Hass und Liebe.

    Edgar wünscht sich eine andere Zukunft, als wie sie für ihn vorbestimmt ist. Mit seiner großen Liebe möchte er aus seinem Heimatort Combe fortgehen, doch dann geschieht etwas Schreckliches. Die Wikinger machen Combe fast dem Erdboden gleich und die Menschen werden zum Teil abgeschlachtet, gebranntschatz und vergewaltigt.

    Von nun an ist für Edgar, seiner Mutter und seinen Brüdern, nichts mehr wie es einmal war. Sie werden aus Combe fortgeschickt und müssen in Dreng's Ferry ein neues Leben beginnen. Es wird eine harte und entbehrungsreiche Zeit, bis sich das Blatt zu wenden beginnt.

    Ragnar, die nach England kommt um Wilf zu heiraten ergeht es ebenfalls nicht so, wie sie sich ihre Zukunft vorgestellt hat. Ihre Stiefschwiegermutter Gytha und deren beiden Söhne Wynstan und Wigelm werden ihr Leben und Wirken mehr als erschweren. Es geht um Macht und das Erbe, um Aufstieg und Fall. Nur wer am längsten durchhält und wer am strategischsten denkt, dem wird es gelingen die Oberhand zu gewinnen. Doch wer dies sein wird blieb lange im Unklaren.

    Dann ist da noch Aldred und die Kirche. Auch er, der die Absicht hatte dem Bischof das Handwerk zu legen, erlebt eine bittere Enttäuschung und wird verbannt. Aber, Alfred ist ein Mann mit großer Willensstärke und macht das Beste aus seiner neuen Situation. Er hat sich ein Ziel gesetzt, welches es gilt umzusetzen.

    Wynstan, der Schrecklichste und Unbarmherzigste von allen, verfolgt nur ein Ziel. Er will Macht und immer mehr Macht. Dafür tut er alles und ein jeder der sich ihm in den Weg stellt muss vernichtet werden. Doch er muss es geschickt anstellen, damit die Spur nicht zu ihm zurück verfolgt werden kann.

    All diese Personen verbindet etwas, ihre Schicksale sind untrennbar.


    Meine Meinung

    Ich bin als Ken Follett Fan natürlich mit einer hohen Erwartung an sein neues Werk gegangen. Der Schreibstil hat sich nicht verändert und reißt einen nach wie vor mit. Die Recherchearbeit, soweit wie sie aus dieser Zeit möglich ist , haben mir gefallen. Natürlich sind die historischen Hintergründe mit viel Fiktion vermischt, was mir ebenfalls gut gefallen hat. So könnte ein kleiner unbedeutender Ort zu Kingsbrigde geworden sein.

    Was mir nicht gefallen hat, die häufigen Wiederholungen und Andeutungen, wer alles homosexuell ist oder sein könnte. Da hätte eine einmalige Erwähnung in meinen Augen auch gereicht.

    Die Geschehen der letzten Kapitel gingen mir zu schnell, dass war wie ein Sprint ins Ziel. Die Ereignisse überschlugen sich nur so. Und auch wenn ich ein Happyend mag, war es mir hier ein wenig zu viel des Guten. Das hat Herr Follett schon besser gemacht.

    Alles in allem ein guter historischer Roman, auch wenn ich schon bedeutend bessere vom Autor gelesen habe.

    &quot; Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben , über die Sterne&quot;<br />- Thomas Carlyle

  • nicigirl85 , mir ging es wie dir, zum Ende hin wuchs meine Enttäuschung, obwohl ich ein absoluter Follett Fan bin.

    &quot; Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben , über die Sterne&quot;<br />- Thomas Carlyle

  • Kessi69: Da bin ich froh, denn ich kenne so viele die so unglaublich begeistert waren und ich habe mich gefragt, ob ich ein komplett anderes Buch gelesen habe oder etwas mit mir nicht stimmt, denn sonst habe ich mit denjenigen denselben Lesegeschmack.

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Kessi69: Da bin ich froh, denn ich kenne so viele die so unglaublich begeistert waren und ich habe mich gefragt, ob ich ein komplett anderes Buch gelesen habe oder etwas mit mir nicht stimmt, denn sonst habe ich mit denjenigen denselben Lesegeschmack.

    So manches Mal habe ich gedacht, er solle mit dem Schreiben aufhören. Denn ich war wirklich enttäuscht, obwohl ich mich so gefreut hatte.

    &quot; Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben , über die Sterne&quot;<br />- Thomas Carlyle

  • Annette B. : Danke für das Kompliment. :) Man kann ja rein schnuppern, indem man es sich in der örtlichen Bücherei ausleiht, wenn man seine Neugier doch befriedigen will, aber teuer kaufen würde ich es nicht. Mir geht es mit Stephen King so, denn ich jetzt auch nicht mehr kaufe, weil mich die letzten Bücher zu oft enttäuscht haben.


    Kessi69 : Manchmal hab ich das Gefühl, dass er die Idee hat, aber ein Ghostwriter schreibt. :( Fühlte sich für mich nicht nach einem Follett an.

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • Annette B. : Danke für das Kompliment. :) Man kann ja rein schnuppern, indem man es sich in der örtlichen Bücherei ausleiht, wenn man seine Neugier doch befriedigen will, aber teuer kaufen würde ich es nicht. Mir geht es mit Stephen King so, denn ich jetzt auch nicht mehr kaufe, weil mich die letzten Bücher zu oft enttäuscht haben.


    Kessi69 : Manchmal hab ich das Gefühl, dass er die Idee hat, aber ein Ghostwriter schreibt. :( Fühlte sich für mich nicht nach einem Follett an.

    Möglich wäre es. Wenn ich es mit "Die Säulen der Erde", Tore der Welt und Fundement der Ewigkeit vergleiche, ist es schon im gewohnten Schreibstil etwas anders.

    &quot; Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben , über die Sterne&quot;<br />- Thomas Carlyle

  • Vielleicht ist Kingsbridge auch einfach ausgelutscht so langsam und er war nicht mehr so richtig motiviert.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Vielleicht ist Kingsbridge auch einfach ausgelutscht so langsam und er war nicht mehr so richtig motiviert.

    So viel wie er schon verdient hat, könnte er auch aufhören. Irgendwann bringt man es nicht mehr. Bei manchen Rezensionen, die das Buch hoch gelobt haben, hatte ich das Gefühl, dass die Rezensenten sich nicht getraut haben auch mal konstruktive Kritik zu üben. So wie......oh nein, den Herrn Follett nur nicht verärgern.....

    &quot; Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben , über die Sterne&quot;<br />- Thomas Carlyle

  • Ich habe das Buch noch nicht gelesen, aber geschenkt bekommen, weil ich die Kingsbridge-Reihe immer gerne gelesen habe. Mir ist bei deiner guten Rezension, nicigirl85, aufgefallen, dass Follett das Personal von "Die Säulen der Erde" fast vollständig recycelt: der edelmütige Mönch, der Baumeister, die Adelstochter und die Familie voller Bösewichter, das war doch schon alles dort da.

    Das spricht für eure spätere Vermutung, dass Follet nur das Grundgerüst - wenig originell - vorgegeben hat bzw. selbst das vielleicht nur in seinem Namen recycelt wurde?!

    Dennoch werde ich den Roman bestimmt gerne lesen, weil er die zeitliche Abfolge nach vorne hin komplettiert und man doch einiges in spannender Weise über die Zeit hoffentlich vermittelt bekommt.

  • Ein wenig enttäuschend


    Das Geschehen von "Kingsbrigde, der Morgen einer neuen Zeit" beginnt im Jahr 997.

    In der Vorgeschichte zu " Die Säulen der Erde" , geht es wie nicht anders im Mittelalter zu erwarten, um Intrigen, Macht, Hass und Liebe.

    Das Buch steht auch auf meiner "Irgendwann lesen"-Liste.


    Ich hatte damals mal den Nachfolger von Säulen der Erde, habe aber nach ein paar Kapiteln aufgegeben und dann das Buch irgendwann weggegeben.


    Als Erstes stach mir aber diese Formulierung ins Auge, die man vermutlich in ein paar hundert Jahren auch über unsere heutige Zeit sagen könnte! Hass ist ja in den letzten Jahren online und offline ein immer größer werdendes Thema, Intrigen in gewissem Umfang (Cyber Mobbing, Politik) auch, Macht ebenso (Erstarken rechtsradikaler Politiker allerorten) und Liebe sowieso immer.



    Vielleicht ist Kingsbridge auch einfach ausgelutscht so langsam und er war nicht mehr so richtig motiviert.

    Bei manchen Rezensionen, die das Buch hoch gelobt haben, hatte ich das Gefühl, dass die Rezensenten sich nicht getraut haben auch mal konstruktive Kritik zu üben. So wie......oh nein, den Herrn Follett nur nicht verärgern.....

    Oder man möchte als Fan sich den Gedanken nicht verderben, dass das Buch schlechter ist als erwartet und redet es sich und anderen schön.

    Ich habe keine anderen Bücher von Follet gelesen, denke aber, über einen so großen Zeitraum wie von "Säulen der Erde" bis jetzt, könnte sich rein aus der Biografie heraus der Schreibstil stark verändern. Manche Autoren denken auch, dass sie etwas ganz Tolles schreiben und dann liest es sich für bestimmte Leser für ein Groschenroman (Amy Chua hielt ihr Werk Battlehymn ersthaft angeblich für "literarisch anspruchsvoll" :S:S:S).



    LG von

    Keshia

    Ich sammele Kochbücher, Foodfotos und Zitate.


    <3 Aktuelle Lieblingsbücher: "The good people" von Hannah Kent, "Plate to pixel" von Hélène Dujardin und "The elegance of the hedgehog" von Muriel Barbery.

    Einmal editiert, zuletzt von Keshia ()

  • Das mit dem Figurenrecycling ist mir schon beim "Die Tore der Macht" aufgefallen. Es war nicht ganz so augenfällig, aber bestimmte Typen hat er da auch genauso bedient wie im ersten Teil.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Nun habe ich "Kingsbridge" auch gelesen und kann im Wesentlichen eure Bewertungen unterstreichen, nicigirl85 und Kessi69. Das Buch ist ein Pageturner in Folletscher Manier, ob nun ganz von ihm geschrieben oder nur ein Werk seiner Werkstatt wie bei den großen Malern der Renaissance und des Barock (womit ich Folletts literarisches Können selbstverständlich nicht mit deren Genialität gleichsetzen will :breitgrins:). Ich hab's innerhalb meiner letzten fünf freien Tage gelesen und mich ganz gut unterhalten gefühlt.

    Aber diesen Roman trägt keine Idee, wie es bei einigen der gelungeneren Vorgängern der Fall ist, insbesondere bei "Die Säulen der Erde" und in der 20. Jahrhundert-Trilogie. Deshalb lässt die Handlung und lassen die Figuren nichts in einem zurück. Und wie schon oben von euch geschrieben, dieses nicht motivierte und handlungsbestimmende Einbauen von angeblichen Modethemen wie Homosexualität ist ärgerlich, weil so offensichtlich drübergestreut und wird die LTBQ-Gemeinde sicherlich nicht unterstützen. Auch die Bestrafung der Bösewichte gerät mir etwas zu biblisch, insbesondere bei Wynstan.
    Und auch aus dem spannenden Zeitabschnitt hätte man mehr herausholen können. So kam es zu keiner persönlichen Konfrontation mit den WIkingern, bei der man auch diese näher kennen gelernt hätte. Das Gleiche gilt für die keltischen Ureinwohner, von denen uns nur Blod näher vorgestellt wird. Es deutet sich eigentlich nur die Schwäche des Systems an, das dann ein halbes Jahrhundert später auch nicht mit dem Normanneneinfall fertig werden konnte. (Worüber wir im Nachhinein nicht böse sein können, denn gerade die Mischung aus den drei Siedlungswellen macht die heutigen Briten mit ihren vielen die Welt erfreuenden kulturellen Beiträgen und ihrer so besonderen Art aus.)

  • Eigentlich habe ich das Buch als Geschenk für meine Mutter gekauft, aber dann habe ich was anderes für sie gefunden und da ich eh alle meine historischen Romane an sie weiterreiche, ist das für sie nun ahnunglos win-win. :D

    Ist ganz witzig, als ich das Alternativ-Geschenk gefunden habe, dachte ich mir, ja gut, was mache ich jetzt mit dem Buch?! Eure Rezensionen sind ja nicht gerade vielversprechend ... Aber gestern abend hat sich was witziges getan in meinem Kopf. Ich weiß nicht so genau warum, aber um die Weihnachtszeit habe ich immer Lust einerseits beim Schauen auf Fantasy/Historisch, aber auch beim Lesen kommt da ein gewisser Schinken-Hunger, von daher habe ich mich beim Beenden des vorigen Buches selber überrascht damit, dass ich auf einmal irre Lust auf genau dieses quasi versehentlich gekaufte Buch hatte, trotz der weniger als begeisterten Rezensionen.


    Vielleicht wird es helfen, dass ich von all den Kingsbridge-Büchern tatsächlich nur "Säulen der Erde" gelesen (und damals geliebt) habe, Teil 2 kenne ich nur als Miniserie. Ich meine, klar, das Genre "gießen wir soviel an Leid und Elend über unsere Figuren wie wir können, bis wir ihnen ein Happy End geben" ist mir nicht unvertraut und wird normalerweise von mir gemieden dieser Tage. Außerdem habe ich mir schon beim Klappentext gedacht, ah, ein Jack, ein Simon, eine Aliena. 8o

    Und doch, gegen die Stimme in meinem Kopf komme ich nicht an! Also, schauen wir mal. Das erste Kapitel hat sich immerhin schon mal komplett von selbst gelesen, auch wenn ich darum trauere, dass ich mir jetzt beim letzten Versuch den SUB noch rasch vor Jahresende weiter zu reduzieren ein Schinken-Ei gelegt habe. :D

  • Fertig und eine leichte Gegenstimme zu meinen Vor-Rezensentinnen. :)

    Obwohl es über 20 Jahre her ist, kann ich mich noch lebhaft an die sehr intensiven 3 Tage erinnern, innerhalb derer ich "Säulen der Erde" verschlungen habe. Klar, Feiertage und Urlaub helfen dabei, aber das können echt nicht viele AutorInnen, mich so zu fesseln und das, obwohl die Handlung durchaus nicht immer fesselnd war! Aber das Buch hat sich komplett von selbst gelesen und ich hatte viel Spaß damit. Somit bin ich froh, dass ich mich selbst ausgetrickst habe, es doch zu lesen. :D


    Klar, es ist nicht der beste aller Historienschinken, die ich je gelesen habe, aber bei weitem auch nicht der schlechteste und viele der o.a. Kritikpunkte habe ich tatsächlich anders gelesen. ZB fand ich Wilf, den ältesten der drei W-Brüder alles andere als böse, eher ein typischer Vertreter seiner Klasse und seiner Zeit. Ganz im Gegenteil fand ich es erfrischend, dass die Dame unseres zentralen Trios nicht das Opfer einer politischen Ehe wird, sondern tatsächlich aus Liebe heiratet und fand es eher irritierend, dass sie dann so bitter enttäuscht ist, dass ihr Mann zwar ihren Rat sucht, aber irgendwann nicht mehr ihr Bett. Ahem, Ragna, hast Du mal auf einen Kalender geschaut, in welchem Jahrhundert Du lebst?! Das hat mich hier eigentlich am meisten irritiert. Ansonsten hat mir Ragna aber gut gefallen, gerade weil sie anders als Edgar durchaus ihre Härten hat. Also, wenn wir hier schattierte Figuren haben, dann sie und Wilf.


    An Edgar fand ich es hübsch gemacht, wie er bald erkennt, dass er ein Ingenieur ist, ohne das Wort zu kennen natürlich und wie er sich manches durch logisches Denken selbst beibringt, untermauert durch sein Wissen als Schiffsbaumeister. Dazu fand ich es nett, wie sich die Geschichte zwischen ihm und Ragna entwickelt, fast hätte ich mir gewünscht, sie wären Freunde geblieben. Außerdem ist Edgar Hunde-Mensch. :)


    Bei Aldred wiederum fand ich es sehr spannend, was er aus Dreng's Ferry macht und wie man miterlebt, wie sich das heruntergekommene Nest langsam entwickelt. Falls es zu schnell und zu idealistisch war, was soll's! Schade finde ich nur, dass der Name, auf den wir gewartet haben, "King's Bridge", am Ende vom dritten Abschnittt zum ersten Mal auftaucht und nicht als allerletztes Wort, das wäre schön gewesen!


    Zum Thema Homosexualität, ja, es wäre interessant gewesen, wenn es bei Aldred ein bisschen subtiler gewesen wäre, aber dass die meisten damit relativ gelassen umgehen, passte hier zu den noch sehr laschen Ehe- und Moralgesetzen, dass die Kirche mit Ehe nichts zu tun hat. Keine Ahnung, ob Follett uns hier einen Bären aufbindet, aber vielleicht kam das tatsächlich erst später, dass die Kirche den Leuten bis ins Bett nachschnüffelt? Ich habe keine Ahnung, aber hier im Buch hat es zumindest keinen Widerspruch. Bei den beiden Figuren am Ende wird es eigentlich nur angedeutet und wenn jemand einen Grund hat, mit Männern nie wieder was zu tun haben zu wollen, dann die beiden, von daher hätte ich es ihnen von Herzen gegönnt.


    Da "Säulen der Erde" bei mir viel zu lange her ist, habe ich leider keine Ahnung, ob hier irgendwelche Andeutungen gemacht wurden, die erahnen lassen, ob wir hier VorfahrInnen unserer zukünftigen FreundInnen haben, höchstens vielleicht noch der Name Richard, Ragnas Bruder? Allerdings war Alienas Familie doch wohl normannisch, oder?


    So, jetzt brauche ich doch einen Spoiler.


    Also, lange Rede überhaupt kein Sinn, ich bereue nichts und habe wieder gelernt, dass Rezensionen eine feine Sache sind, aber letzten Endes kann man sich nur selbst ein Urteil bilden, wenn man denn dazu motiviert ist, unter welchen Umständen auch immer.

  • Obwohl es über 20 Jahre her ist, kann ich mich noch lebhaft an die sehr intensiven 3 Tage erinnern, innerhalb derer ich "Säulen der Erde" verschlungen habe.

    Das war wohl bei vielen ein eindrückliches Erlebnis. Ich weiß das auch noch ganz genau. Eigentlich musste ich fürs Abi lernen, aber in den Lernpausen habe ich mir den Follett reingezogen und/oder "The Mask and Mirror" von Loreena McKennitt gehört. Deshalb sind Buch und Musik in meinem Kopf wohl auf ewig verknüpft.


    Mein Mann hat es gelesen, als er krank zu Hause rumlag, und dabei in Endlosschleife Mozarts 40. und 41. Symphonie gehört.

    Keine Ahnung, ob Follett uns hier einen Bären aufbindet, aber vielleicht kam das tatsächlich erst später, dass die Kirche den Leuten bis ins Bett nachschnüffelt?

    Ich bin natürlich keine Expertin, aber ich halte das durchaus für möglich, dass damals gerade in der Provinz so einiges lief, was später nicht mehr geduldet wurde. Auch der Kirchgang war ja im Mittelalter beileibe nicht so streng regelmäßig wie in späteren Zeiten (bis ins 20. Jahrhundert hinein).

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Valentine

    Bin zu blöd zum Zitieren! ||


    Aber wie schön, solche Musik- und Buchkombinationen habe ich auch. Die bizarrste ist wohl Holes "Live through this" & Life of Agonys "Ugly" und Peter Berlings "Das Blut der Könige" :D, weil ich das alles gleichzeitig vom Christkind bekommen hatte.


    Zum Thema Kirche und Moral, ich fand es witzig, weil einer der Charaktere da sogar ausdrücklich sagt, dass die Kirche mit der Ehe natürlich nichts zu tun hat, weil das später ja definitiv anders läuft.

    Ich sehe nur, die Priesterehe wurde 1022 verboten, da sind wir hier früher.


    https://de.wikipedia.org/wiki/Ehe#Mittelalter


    Und hier heißt es, dass das "Sakrament Ehe" sogar erst 1139 eingeführt wurde.