Ed Douglas - Bergsteiger. Auf den Spuren großer Alpinisten

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 1.210 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Kirsten.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Mit Büchern übers Klettern und Bergsteigen kann man bei mir bekanntlich nichts falsch machen. Praktischerweise hat die Bücherei in Heidelberg eine Ecke zu genau diesem Thema und ich schaffe es nie, daran vorbei zu kommen. Eigentlich wollte ich beim letzten Besuch ein Buch über Gerlinde Kaltenbrunner ausleihen, aber das war gerade ausgeliehen. Als habe ich zu einem Buch gegriffen, bei dem sie das Vorwort geschrieben hat ;)


    Worum geht's? Wie schon der Titel verrät, geht es um Bergsteiger. Aber nicht nur um sie, sondern auch um Berggeher. Der Begriff war mir neu, aber eigentlich ist er selbsterklärend. Berggeher sind Menschen, die aus praktischen Gründen in die Berge gingen. Denn das tat man früher nur, wenn man einen sehr guten Grund hatte. Berge zu besteigen um einen Haken auf einer Liste zu machen, das gibt es noch nicht so lange.


    So drehen sich die ersten Seiten um Hannibal, der aus einem sehr praktischen Grund die Alpen überquerte, nämlich um einen Krieg zu führen. Ich habe von Puebloindianern gelesen und von Menschen, die aus religiösen Gründen Berge bestiegen haben. Das ist sowieso eine interessante Sache: warum müssen es Berge sein, auf denen Menschen die Erleuchtung suchen?


    Bergsteiger ist sowohl chronologisch (ab ca. 3000 v.Chr.) als auch thematisch geordnet. Außer über die schon erwähnten praktischen und religiösen Gründe gibt es natürlich auch die neugierigen Wissenschaftler, die sich von vor mehreren hundert Jahren in die Berge aufmachten. Und natürlich auch Künstler, die über die Berge schrieben, dichteten und sie malten.


    Dazwischen gibt es immer wieder Informatives über einen bestimmten Berg oder über Ausrüstung und wie sie sich im Lauf der Jahre verändert.


    Irgendwann komme ich bestimmt zu den Bergsteigern, die dem Buch den Titel gegeben haben und wegen denen ich hauptsächlich zu dem Buch gegriffen habe. Aber auch wenn sie bis jetzt noch nicht aufgetaucht sind, vermisse ich doch nichts. Manchmal führen meine spontanen Ausleihen eben zu besonderen Leseschätzen :)

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Meines Wissens gingen früher im Krieg auch die Partisanen in die Berge, um sich zu verstecken, zu sammeln, planen und von dort aus zuzuschlagen.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 91


    Gesamt seit März 2007: 1012

  • Ist mir übrigens immer wieder ein Vergnügen, Deine Buchvorstellungen zu diesem Thema zu lesen.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 91


    Gesamt seit März 2007: 1012

  • Meines Wissens gingen früher im Krieg auch die Partisanen in die Berge, um sich zu verstecken, zu sammeln, planen und von dort aus zuzuschlagen.

    So weit bin ich noch nicht auf der Zeitachse vorgedrungen ;)

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • In der Mitte des 19. Jahrhunderts bricht das goldene Zeitalter des Alpinismus an. In England wird der erste Alpenverein gegründet, auf dem Kontinent folgen schnell weitere. Bergsteigen ist ein Luxus geworden. Wenn ich mir ansehe, was alleine an Weinflaschen auf Gipfel geschleppt wurde, wundert es mich, dass es Anfangs nur wenige Tragödien gab


    Die gab es erst später, als auf einmal der Wettbewerb einsetzte. Plötzlich ging es nur noch um Erstbesteigungen und die Zahl der Gipfel ,die man bestiegen hat. Manchmal wurden die Bergführer sogar gebeten, Gipfel zu bescheinigen, die eigentlich doch nicht bestiegen wurden.


    Für Frauen war das Bergsteigen die Flucht vor gesellschaftlichen Konventionen. Sie konnten sich frei machen, im wahrsten Sinn des Wortes. Kleider und Korsetts waren unbequem, also wurden sie abgelegt. Natürlich nicht in Sichtweite der Hotels, aber die Bergführer schauten weg (oder vielleicht auch nicht ;) ) Nur einmal ging der Kleiderwechsel fast schief, weil einer der Damen der Rock davonwehte. Ihr Begleiter brachte ihr ein neues Kleid... allerdings ihr bestes Ballkleid. Das hätte ich gerne gesehen.


    Die erste Frau auf einem Gipfel hatte es allerdings nicht so leicht. Sie wurde zu Werbezwecken auf den Mont Blanc geschleift, ausgerechnet von dem Bergführer, der den Mont Blanc als Erster bestiegen hatte. Spaß gemacht hat es ihr aber nicht.


    Den ersten Vortragsreisenden gab es auch schon. Er hatte genau einen Berg bestiegen, aber mit seinen Vorträgen umgerechnet 1,2 Millionen Pfund verdient. Davon können selbst die heutigen Profis nur träumen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Was kommt, wenn alle Alpengipfel bestiegen sind und man dort nichts mehr erreichen kann? Man geht woanders hin. Anfangs war es noch ein Ausprobieren und Suchen, ein Staunen und Kartographieren. Dann sah man plötzlich einen Gipfel und stellte fest, dass das wohl der höchste Gipfel der Welt war und das Rennen ging los. Auch wenn ich wusste, dass es lange gedauert hat, bis der erste Mensch den Gipfel erreichte, überrascht es mich doch jedes Mal wieder, darüber zu lesen.


    Neben dem Bergsteigen hat sich auch eine neue Form entwickelt, dem Berg zu begegnen: das Klettern. Genauso schnell beginnt der Streit, wie man richtig klettert. Um jedes Hilfsmittel wird gestritten und es ist noch ein langer Weg bis zum Freiklettern, dem Klettern ohne technische Hilfsmittel. So weit bin ich noch nicht im Buch, aber ich kann mich aus anderen Büchern sehr gut daran erinnern, wie verbittert der Streit teilweise war.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Irgendwann beginnt es auch auf den hohen Gipfel: was anfangs noch ein Abenteuer und der Spaß daran war, Neues zu entdecken, wird zu einem Wettbewerb. Und nicht nur die Luft wird dünner, sondern auch die Haut der Bergsteiger. Es gibt viel Besserwisserei und Vorwürfe. Der für mich bekannteste Streit ist der um den Tod von Reinhold Messners Bruder und ob Messner ihn im Stich gelassen hat oder nicht. Dabei sit der Tod nicht nur auf den großen Gipfel allgegenwärtig. Viele, die auf den höchsten Bergen unterwegs waren und wieder heil zurück gekommen sind, sterben in ihrer Heimat auf den vermeintlich leichten Gipfeln.


    Aber es gibt auch große Gesten: so verzichteten Die Gipfelstürmer Brown und Band bei der Erstbegehung auf den Kanchendzönga auf die letzten Schritte zum Gipfel, weil der Berg den Menschen in der Umgebung heilig ist.


    Gegen Ende habe ich meine bis dahin sehr gute Meinung ein bisschen revidieren müssen. Gerade bei den Bergsteigern in der modernen Zeit gab es nur wenige Frauen, über die berichtet wurde. Lieber hätte ich mehr Seiten gehabt, als dass über das moderne Bergsteigen als eine männliche Domäne zu lesen.


    Außerdem habe ich mich gefragt, wie einseitig die Berichte vielleicht waren. Der Grund war das Kapitel über Thomas und Alexander Huber, in dem sehr die große Konkurrenz zwischen den Brüdern betont wurde. Sicherlich gibt es die, aber eben nicht nur. Das hat mich über das bereits Gelesene nachdenklich gemacht. Auch habe ich gemerkt, dass das Buch schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Gerade auf den letzten Seiten habe ich einige Namen von Verunglückten gelesen.


    Bergsteiger. Auf den Spuren großer Alpinisten war mehr, als ich erwartet habe. Und auch die oben erwähnten Kritikpunkte haben den guten Eindruck nur wenig schmälern können.

    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Danke für den ausführlichen Bericht, Kirsten und schade, dass die Frauen, wie bei vielen Dingen, wieder bzw. immer noch hinten runterfallen.

    Denn ich, ohne Bücher, bin nicht ich. - Christa Wolf


    2022 - 64

    2023 - 91


    Gesamt seit März 2007: 1012

  • Anne über die ersten Frauen, die in die Alpen gegangen sind, wurde mehr erzählt. Deshalb war ich auch enttäuscht, sonst wäre mir das Missverhältnis vielleicht gar nicht aufgefallen.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.