Daniel Mason - Der Wintersoldat/The Winter Soldier

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  • Daniel Mason - Der Wintersoldat


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    Inhaltsangabe


    Lucius ist angehender Mediziner und beschliesst, sich im Winter 1914 freiwillig zu melden um in einem Behelfslazarett Menschen zu helfen. Er wird in die Karpathen beordert und trifft dort auf die Nonne Margarete, die selbstständig Operationen an den schwerverletzten Soldaten durchführt. Unter ihrer Leitung lernt er sein Wissen praktisch umzusetzen. Gemeinsam mit ihren Helfern vor Ort behandeln sie versehrte Soldaten, als eines Tages ein Mann gefunden und eingeliefert wird, der zwar körperlich unversehrt zu sein scheint, aber auf nichts reagiert.


    Meine Meinung


    Ich musste an einigen Stellen schlucken, besonders dort, wo die Zustände und Operationen der Soldaten sehr detailiert beschrieben wurden. Einige Stellen bescheren mir jetzt noch Gänsehäute, obwohl ich das Buch vor einigen Tagen beendet habe. Daniel Mason scheint hier sehr gründlich recherchiert zu haben und genau das macht es so grausig. Dennoch gibt es auch sehr gefühlvolle Passagen, es entspinnt sich eine feine Liebesgeschichte und es sind viele Gefühle im Spiel. Besonders auch das Schicksal der Menschen, die keine äusserlichen Narben davon trugen sondern innerlich zerbrachen, hat mich berührt. Das Ende der Geschichte hat mich überrascht und ich fand es sehr stimmig.


    Für mich ein richtig gutes Buch, dass ich aber wegen der ekligen Szenen nur Menschen mit starkem Magen empfehlen kann. Von mir bekommt es fünf Ratten 5ratten

    Liebe Grüsse Hanni 8)

  • Lucius Krzelewski stammt aus einer sehr traditionsbewussten und patriotischen polnischen Familie und studiert gerade Medizin, als 1914 der Krieg ausbricht. Nicht zuletzt um die Erwartungen seiner militaristisch gesinnten Familie zu erfüllen, meldet er sich freiwillig zum Militär und landet in einem abgelegenen Dorf irgendwo im Grenzgebiet zwischen Ungarn, Polen und Galizien, wo eine einsame Nonne mit ein paar wenigen helfenden Händen versucht, ein behelfsmäßiges Lazarett in einer Kirche aufrechtzuerhalten. Es zieht durch die kriegsbeschädigten Mauern, überall sind Ratten und Läuse, und neben der ständigen Gefahr von Entzündungen und Wundbrand sind Infektionskrankheiten wie Typhus eine permanente Bedrohung für die Patienten, aber auch für das magere Personal.


    Ärzte gibt es schon länger keine mehr, darum ist Schwester Margarete heilfroh, als Lucius auf der Bildfläche erscheint. Doch der hat gerade mal ein paar Semester studiert und in seinem Leben noch keine einzige Operation durchgeführt, geschweige denn mit Schuss- und Granatwunden, Amputationen oder schweren Kopfverletzungen zu tun gehabt. Er fühlt sich heillos überfordert, doch Margarete hilft ihm mit ihrer inzwischen reichlichen Erfahrung und bringt ihm vieles bei.


    Das größte Rätsel sind für Lucius aber die Soldaten mit schwerer Kriegsneurose, wie man es damals nannte (heute wohl eher posttraumatische Belastungsstörung), die körperlich nur leicht oder auch gar nicht verwundet sind, aber unter verschiedensten psychischen oder psychosomatischen Beschwerden leiden. Für die Obrigkeit sind sie bloß Simulanten, die man schnellstmöglich wieder in den Einsatz schicken kann. Lucius versucht das zu verhindern, wo er nur kann, doch es ist schwierig.


    Für alle, die sich für Kriegs- und/oder Medizingeschichte interessieren und keine Probleme mit blutigen und unappetitlichen Details haben, ein hochinteressanter, vielschichtiger Roman, der diverse Aspekte des Krieges beleuchtet und immer wieder mit überraschenden Wendungen aufwartet. Wer etwa nach der Hälfte des Buches zu wissen meint, wo die Reise hingeht, wird schnell (und mehrmals) eines Besseren belehrt. Die Dramaturgie ist großartig, mit vielen eindrucksvollen Szenen, die den schrecklichen Preis, den der Krieg von vielen Beteiligten fordert, nur zu deutlich machen, ohne unangenehm voyeuristisch zu wirken.


    Ich mochte auch Lucius als Protagonisten, einen ernsten, lernbegierigen jungen Mann, der nirgends so richtig hinzupassen scheint - nicht in seine standesbewusste Familie, nicht in die fröhlich-überhebliche Studentenschar und schon gar nicht zum Militär - und durch den Krieg auf einmal sehr schnell sehr erwachsen werden und große Verantwortung übernehmen muss. Auch die Schauplätze fand ich spannend, in den Osten führen Romane über den Krieg ja eher selten.


    Ziemlich düstere Lektüre über ein düsteres Kapitel der Geschichte, aber sehr lesenswert.


    4ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen