Alexandre Dumas Fils - Die Kameliendame

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    Hallo zusammen!


    Kann es sein, dass es zu diesem Roman noch keinen Thread gibt?


    Dumas' Geschichte ist die Geschichte einer Liebe, die im vorneherein zum Scheitern verurteilt ist. Konsequenterweise fängt Dumas denn auch an beim Tod der Protagonistin, noch genauer bei der Versteigerung ihres Nachlasses. Keinen Moment wird der Leser im Dunkeln gelassen darüber, dass diese Liebe zum Scheitern verurteilt war. Es war die grosse, einmalige, unbedingte Liebe zwischen einem ehrlichen jungen Mann ohne grosses Einkommen und einer Starkurtisane in Paris.


    Die ersten Zweifel und Unsicherheiten in Bezug auf die gegenseitigen Absichten sind rasch überwunden - der Liebe steht nichts mehr im Wege als die Liebenden selber.


    Er wolle nicht der Unsittlichkeit Vorschub leisten oder sie auch nur entschuldigen, meint der Erzähler. Gerade weil diese Kurtisane letztlich noch immer ein reines Gemüt sich erhalten habe, sei diese Geschichte etwas Ungewöhnliches und des Erzählens wert.


    Erzählt wird in einer typisch romantisch-gebrochenen Weise - indem der Ich-Erzähler seinerseits das Wort dem überlebenden Geliebten gibt, nicht ohne von Zeit zu Zeit die Ereignisse in der eigenen Zeit (also nach dem Tode der Kurtisane) einzuflechten. Durch diese Retardierung erreicht Dumas, dass sich eine Spannung aufbaut, trotz der Tatsache, dass das Ende ja bekannt ist und bereits zu Beginn erzählt wurde, als Ich-Erzähler 1 durch ein Plakat auf die Versteigerung des Nachlasses aufmerksam wurde, sich daselbst eine Ausgabe der Manon Lescaut mit einer Inschrift ersteigert und so mit dem unglücklichen Liebhaber in Kontakt kommt.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • Meines Erachtens wird die Spannung auch dadurch erhalten, dass man die ganze Zeit über nicht weiß, ob man Marguerite - der Kurtisane - trauen kann. Will sagen: Wie ernst meint sie es mit der Liebe?


    Einige Stellen sind mir allerdings zu plump. Zum Beispiel wird ein großes Rätsel darum gemacht, warum die Kurtisane immer weiße Kamelien trägt, nur an 5 Tagen im Monat rote. :zwinker:


    In meinen Augen aber durchaus ein kurzweiliger Klassiker, in dem es zwar um die Liebe geht, der aber nicht kitschig wird und darüber hinaus in einem interessanten - oder sogar zwei interessanten Milieus spielt.


    4ratten


    Claudi

  • Auch ich habe dieses Buch gelesen. Als leidenschaftliche Leserin klassischer Dramen fand ich es auch recht unterhaltsam.


    Was mir allerdings negativ aufgefallen ist, war die fehlerhafte Übersetzung an manchen Stellen. Über wenige Rechtschreibfehler war noch hinwegzusehen. Sehr störend war allerdings, dass sich die Personen in manchen Textpassagen mit "Sie", in anderen mit "Du" angesprochen haben und das völlig unstrukturiert. Ich besitze das Buch vom Insel-Verlag. Da es das Buch auch in diversen Auflagen von anderen Verlagen gibt, würde es mich interessieren, ob das in einer anderen Ausgabe (z.B. von DTV) auch so ist.

  • Hallo!


    Es ist bei mir schon einige Kilometer her, dass ich Die Kameliendame gelesen habe (ich hatte sie als Reclam auf einer Wanderung dabei), aber der Eindruck ist immer noch da.


    Meines Erachtens wird die Spannung auch dadurch erhalten, dass man die ganze Zeit über nicht weiß, ob man Marguerite - der Kurtisane - trauen kann. Will sagen: Wie ernst meint sie es mit der Liebe?


    Diese Frage hat mich auch beschäftigt. Deshalb war ich mir auch nie sicher, ob ich Marguerite wirklich mag oder ob mich ihr Verhalten eher abstösst. Mitleid konnte ich dagegen für sie nicht haben.


    @Sio: leider kann ich Deine Frage nicht beantworten weil es dafür schon zu lange her ist, dass ich das Buch gelesen habe :sauer:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Dann mache ich mal den Anfang in unserer Minileserunde. Ursache, dieses Buch gemeinsam zu lesen, ist für Miramis, Aldawen und mich, unsere Leserunde zu Christiane Brückners "Wenn du geredet hättest, Desdemona", in dem sie auch die Kameliendame das Wort ergreifen lässt.


    Ich habe das Buch vor bald 10 Jahren schon einmal gelesen, muss aber gestehen, dass ich es in der Erinnerung mit Abbé Prevosts "Manon Lescaut" verwechselt habe, wodurch mich der Beginn dann doch etwas überraschte :redface: . Interessanterweise spielt "Manon Lescaut" auch in diesem Buch eine Rolle.
    Ich lese die verlinkte Insel-Ausgabe, übersetzt von Walter Hoyer 1959, mit insgesamt 265 Seiten.

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    Schön gleich der Anfang, in dem der Erzähler versichert, dass alles was er schildern wird, auch wirklich so geschehen ist. Hier wird sich nichts ausgedacht, er gibt nur wieder, was er selbst erlebt oder erfahren hat.
    Er nähert sich langsam der Hauptperson, Marguerite Gautier, an, beschreibt, wie er durch Zufall von der Versteigerung ihrer Habseligkeiten nach ihrem Tod erfährt, wie er, der sie nie kennen gelernt, aber oft gesehen hatte, immer neugieriger wird, und mehr über sie erfahren will. Da passt es sich gut, dass er einen jungen Mann trifft, der unsterblich in Marguerite verliebt war, und der Erzähler nun seinerseits seine Geschichte erzählt.
    Der Erzähler berichtet zwar nichts von sich selbst, man kann aber einige Rückschlüsse auf seine Lebensumstände ziehen. Er ist ein (nehme ich an) noch recht junger Mann, vermutlich aus gutem Hause, auf jeden Fall aber so wohlhabend, dass er nicht arbeiten braucht (sonst könnte er sich kaum zwei Wochen lang um einen Kranken kümmern), unverheiratet, ein lockeres Leben führend. Ein Mann wie viele andere in Paris, die sich das Leben gefallen lassen, der Liebe nicht abgeneigt.
    Allerdings unterscheidet er sich von seinesgleichen durch ein überraschend stark ausgeprägtes Mitgefühl mit seinen weniger vom Schicksal beglückten Mitmenschen, selbst wenn diese weiblichen Geschlechtes und von "lockerer Moral" sind. Er nützt sie nicht nur aus, sondern sieht auch die Zwänge und das Leid, dem diese ausgesetzt sind, was ihn mir sympatisch macht. Für ihn sind auch Prostituierte Menschen. Zwar betont er immer wieder die "Schlechtigkeit" dieser Frauen, hat aber trotzdem viel Mitgefühl für sie und verurteilt sie nicht.
    Vermutlich musste Dumas hier einen Balanceakt zwischen den moralischen Anforderungen seiner Leserschaft und der Parteinahme für die Prostituierten vollbringen. Ich finde, dies ist ihm gut gelungen. Geschickt stützt er sich dabei auf die christliche Lehre: Das Christentum lehrt uns [...] Nachsicht und Verzeihung. [...]Weshalb wollen wir strenger sein als Christus? (3. Kap.)


    Auch Armand Duval, der arme, verliebte Anbeter Marguerites, ist mir sympathisch. Er liebt und leidet aus voller Seele, und spricht so meine romantische Ader an. Ihm ist es ernst mit Marguerite, er will sich nicht nur mit ihr vergnügen.
    Marguerite selbst ist mir bisher noch ziemlich fremd. Es entsetzte mich, zu erfahren, dass sie mit nur 25 Jahren starb, was bedeutet, dass sie ihre Laufbahn als Kurtisane schon sehr jung begonnen hatte. Aber das ist wohl eigentlich nichts besonderes. Sie wird einerseits als herzlos manchen ihrer Anbeter gegenüber geschildert, über die sie sich lustig macht, oder die sie "grausam" behandelt, aber andererseits wird betont, dass sie eine "Redlichkeit" besitzt, der "Sünde noch nicht ganz verfallen" ist (9. Kap.), da sie wohl nicht nur auf Geld aus ist. Wie zutreffend diese Einschätzung ist, oder ob sie eher einer verliebten Seele entspringt, werden wir wohl im Verlauf dieses Buches erfahren.

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Ich habe gestern auch angefangen mit dem Buch und ich muss sagen, mir gefällt es bis jetzt recht gut. Dumas zäumt das Pferd von hinten auf; noch bevor wir irgendetwas über Marguerite erfahren, werden wir mit ihrem Tod konfrontiert. Die Versteigerung ihres Nachlasses eröffnet uns einen interessanten Blick auf ihr Leben, allerdings nur auf die äußeren Umstände, nicht auf ihre Persönlichkeit. Trotzdem habe ich mit einem gewissen Schaudern realisiert (und das nicht zum ersten Mal), dass der Tod ein Stück weit unsere Anonymität aufhebt; ein gewisses Unbehagen hat sich da schon bei mir breit gemacht, als alles genau inspiziert wird: die Möbel, die Bücher, die Toilettenartikel...aber das nur nebenbei.


    Viel wichtiger ist ja, dass durch die Ersteigerung des Buches eine Verbindung zwischen dem Ich-Erzähler und Armand entsteht, was überhaupt erst die Voraussetzung dafür ist, dass die Geschichte von Marguerite ans Tageslicht kommt. Verwundert hat es mich schon, dass die beiden vom Fleck weg eine enge Freundschaft beginnen - fast ein bisschen zu rührselig, diese beiden.... :zwinker:


    Den Abschnitt mit der Exhumierung fand ich etwas makaber; was wollte Dumas damit eigentlich erreichen? Ist mir nicht ganz klar, Armand hätte Marguerites Geschichte auch so erzählen können. Vielleicht wollte er die intensive, an Obsession grenzende Bindung zwischen den beiden dadurch noch mehr betonen.


    Gut gefällt mir der Übergang zwischen den beiden Ich-Perspektiven, das finde ich ziemlich raffiniert gemacht. Der Ich-Erzähler gibt seinen Posten an Armand ab, der ab sofort aus der Ich-Perspektive berichtet.


    Das waren meine ersten Eindrücke von der Kameliendame. Nun werden wir sie bestimmt näher kennenlernen.

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Nachdem ich gerade bei wikipedia gelesen habe, daß der Roman ein Stück weit autobiographisch ist, erklärt sich mir das Plädoyer für Mitgefühl mit den Halbweltdamen schon eher. Trotzdem ist es natürlich für Dumas eine Gratwanderung gewesen. Jeder wußte um die Existenz der femmes entretenues, richtig offen drüber geredet wurde nicht, aber eine Vielzahl der arrangierten Ehen in den „besseren Kreisen“ wären ohne dieses Ventil wohl unerträglich gewesen. Diese soziale Funktion der Halbweltdamen machte ihre Position natürlich nicht leichter. Das kommt hier sehr schön einerseits bei der Besichtigung der Wohnung vor der Versteigerung durch die Damen, die der Erzähler beobachtet, zum Ausdruck, andererseits an der Reaktion der Angehörigen der Toten in den Nachbargräbern. Soweit gefiel mir das alles recht gut.


    Aber dann der Auftritt von Armand Duval. Ok, das Buch ist 1848 erschienen, darf also wohl noch zur Romantik gerechnet werden und da spielten seelische Aspekte, vor allem in unglücklichen (Lebens-)Situationen, und Empfindsamkeit eine große Rolle als Abgrenzung zum Rationalen und zu einer aufklärerischen Sichtweise. Aber mit dieser tränenreichen, schluchzenden Anbetung kann ich leider gar nichts anfangen. Waschlappen! Nach überstandener Krankheit scheint das nun aber etwas besser zu werden, zum Glück :schwitz:


    Die Stabübergabe von einem zum anderen Erzähler fand ich allerdings auch gut gelöst. Damit man nicht vergißt, daß es sich um Armands „wörtliche Rede“ handelt, schiebt der eigentliche Erzähler ja auch immer mal entsprechende Hinweise ein: „Gleichwohl – fuhr Armand nach einer Pause fort – fühlte ich mich stärker als vormals (...)“.


    Dramatische Ereignisse stehen sicher noch aus, also zügig weiter im Text :zwinker:


    Schönen Gruß,
    Aldawen


  • Aber dann der Auftritt von Armand Duval. Ok, das Buch ist 1848 erschienen, darf also wohl noch zur Romantik gerechnet werden und da spielten seelische Aspekte, vor allem in unglücklichen (Lebens-)Situationen, und Empfindsamkeit eine große Rolle als Abgrenzung zum Rationalen und zu einer aufklärerischen Sichtweise. Aber mit dieser tränenreichen, schluchzenden Anbetung kann ich leider gar nichts anfangen. Waschlappen!


    Normalerweise reagiere ich auf übersensibles Romanpersonal auch (über-)empfindlich, aber mit Armand geht es mir sonderbarerweise nicht so. Ich nehme ihm sein Leiden ab - er leidet wirklich, versinkt dabei aber nicht in Selbstmitleid - und ich finde es angenehm, dass auch ein Mann mal Gefühle zeigt. Das ist in der modernen Literatur ja eher Mangelware.
    Mittlerweile habe ich das 16. Kapitel beendet, kann aber nicht allzuviel dazu sagen. Der über beide Ohren verliebte Armand ist mir weiterhin sehr sympathisch, sein liebeskrankes Verhalten ist zwar manchmal zum Kopfschütteln, aber doch sehr realistisch, auch wenn er in seinem Verhalten jünger wirkt als er ist. Aber auch das ist, nehme ich an, eine Frage der Zeit. Ein heutiger Paarundzwanzigjähriger würde seine Liebesqual und -euforie einfach nicht so offen erzählen.
    Auch weiterhin wird an vielen Stellen darauf hingewiesen, wie schwer es Kurtisanen haben, wie unmenschlich/herzlos sie oft behandelt werden, und gerade dieses scheint mir im Zentrum des Romans zu stehen. Danke für den Hinweis auf die autobiographische Komponente, Aldawen. Ich werde gleich mal bei Wikipedia nachlesen.
    Ansonsten bin ich sehr davon angetan, wie schön sich das Buch lesen lässt. Ich habe oft Probleme mit den französischen Klassikern, aber mit diesem nicht. Wie ergeht es euch?

    Wir sind irre, also lesen wir!


  • Mittlerweile habe ich das 16. Kapitel beendet,


    Sind die bei Dir so durchnumeriert? Bei mir endet mit dem 12. Kapitel Teil 1 (da bin ich auch gerade) und dann geht es im Teil 2 wieder mit einem ersten Kapitel los. Nur, damit wir uns über die Zuordnung klar sind :zwinker:



    Normalerweise reagiere ich auf übersensibles Romanpersonal auch (über-)empfindlich, aber mit Armand geht es mir sonderbarerweise nicht so. Ich nehme ihm sein Leiden ab - er leidet wirklich, versinkt dabei aber nicht in Selbstmitleid - und ich finde es angenehm, dass auch ein Mann mal Gefühle zeigt. Das ist in der modernen Literatur ja eher Mangelware.


    Mich nervt dieser Armand ziemlich. Mit seinen komischen Eifesüchteleien erinnert er mich an meinen Ex-Mann, und der ist nicht umsonst ein Ex. Ich bin da eben etwas rustikaler veranlagt :breitgrins:



    Ansonsten bin ich sehr davon angetan, wie schön sich das Buch lesen lässt. Ich habe oft Probleme mit den französischen Klassikern, aber mit diesem nicht. Wie ergeht es euch?


    So viel Franzosen habe ich noch nicht gelesen, was auch meiner tiefsitzenden Frankophobie geschuldet ist. Allerdings gebe ich Dir soweit recht, daß es sich flüssig liest, für „schön“ fehlt mir stilistisch (kann aber auch – in Teilen – an der Übersetzung liegen) und vor allem inhaltlich doch ein bißchen was. Wie in den Kommentaren weiter oben auch schon gesagt wurde: Ich kann Marguerite nicht einschätzen. Sie macht auf mich nicht den Eindruck, einen Mann – selbst wenn er ihr vermeintlich vorbehaltlos und so unterwürfig wie Armand gegenübertritt – wirklich lieben zu können. Er ist vermutlich vor allem ein nützliches Werkzeug, um sich andere Typen vom Hals zu halten. Zumindest gilt das für diese Anfangsphase. Der Abschiedsbrief läßt ja doch vermuten, daß sie irgendetwas für Armand empfunden haben muß. Allerdings kann ich ihre Reaktion durchaus verstehen, das ist wohl auch eine gute Portion Selbstschutz. Aber im Grunde sind mir alle Personen in ihrem Handeln furchtbar fremd. Ich überlege schon, mich mit dem Namen Dumas anschließend dadurch wieder zu versöhnen, daß ich zu einem Werk des Vaters greife, am besten Die drei Musketiere, da ist wenigstens Feuer drin :zwinker:


    Schönen Gruß,
    Aldawen

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Gestern abend habe ich noch ein gutes Stück weitergelesen und dieser Armand macht sich in meinen Augen immer lächerlicher. Ich kann einfach Leute nicht leiden, die derartig entscheidungsschwach sind. Er weiß nicht, ob er abreisen will oder nicht, und er weiß auch nicht, ob er einen Brief an Marguerite schreiben will oder nicht. Nachdem er ihn endlich geschrieben hat und das Ding auch abgeliefert ist, weiß er nicht, ob er nicht das Falsche damit getan hat, und als er dessen dann endlich fast sicher ist, weiß er nicht, ob er sich entschuldigen soll oder nicht doch diese Verantwortung bei Marguerite sieht. Und das über Seiten hinweg. :ohnmacht:
    Du meine Güte, er weiß doch, mit wem und was er es zu tun hat! Sobald ihm jemand mal eine entsprechende Standpauke hält, ist es für ein paar Stunden gut, und dann fängt er wieder mit diesem Gejammer und der zwecklosen Eifersucht an. Daß Marguerite ihn nicht schon achtkant rausgeworfen hat, verdankt er vermutlich nur dem durch seine Sorge um ihre Gesundheit begründeten Bonus.


    Den Rest schaffe ich jetzt aber auch noch ...


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ach du Arme Aldawen :trost: , ist es wirklich so schlimm? Aber tröste dich, das Buch ist ja eher dünn.
    Ich kann gut verstehen, dass Armand dich auf die Palme bringt, ich bin selbst etwas überrascht, dass es mir nicht so geht. Ich finde sein Hin-und-Her allerdings sehr realistisch geschildert und kann amüsiert über ihn lächeln (und mich gleichzeitig daran ergötzen, dass mal ein Mann so geschildert wird.)

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Mir gefällt das Buch auch sehr gut, einschliesslich Armand. :zwinker: Er hat so etwas "welpenartiges" an sich, das finde ich einerseits amüsant, andererseits auch bemitleidenswert. Überrascht bin ich, dass die Figuren ihre Gefühle so offen zur Schau tragen, das hätte ich in einem Roman, der in dieser Zeit angesiedelt ist, nicht erwartet. Aber es stört mich nicht und ich komme mit den Figuren gut zurecht.


    Marguerite hätte ich mir nach der Einleitung ganz anders vorgestellt, sie sehr temperamentvoll und auch launisch, was ich hinter ihrer Person nicht vermutet hätte. Wenn es um ihre Krankheit geht, fehlt mir teilweise das Verständnis - ich muss mir immer wieder vor Augen führen, dass die Schwindsucht bzw. Tuberkulose nicht heilbar war und die Kranken unbehandelt vor sich hin siechten. Das kann man sich heute kaum noch vorstellen.


    Mit der Sprache komme ich gut zurecht, ich mag diesen romantischen Stil recht gerne. Und es liest sich sehr flüssig weg.


    @Aldawen: vermutlich schlägt Christine Brückner nachher mit ihrer Rede in die selbst Kerbe wie du - wundern würde es mich nicht.... :zwinker:

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Überrascht bin ich, dass die Figuren ihre Gefühle so offen zur Schau tragen, das hätte ich in einem Roman, der in dieser Zeit angesiedelt ist, nicht erwartet.


    Im Gegenteil: Das war zu jener Zeit (gerade noch) absolut üblich. (Auch im wirklichen Leben; man lese mal den Briefwechsel der jungen Romantiker Brentano und Armin ;).)

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Leider wurde es mit Armand bis zum Schluß nicht besser, dafür hat Marguerite in meinen Augen etwas gewonnen. Im Vergleich zu Armand ist sie geradezu zielstrebig und entscheidungsstark. Was mir aber wiederum nur die eigene Erfahrung bestätigt hat, daß frau einem bestimmten Typ Mann wirklich alles abnehmen muß, weil sie selbst dazu nicht in der Lage sind :rollen: Und deshalb muß ich sagen:



    Ach du Arme Aldawen :trost: , ist es wirklich so schlimm?


    Nein, es ist noch schlimmer! Einziger Lichtblick war Armands Vater, wenigstens ein vernünftiger Mensch in dieser Horde Irrer :zwinker:



    @Aldawen: vermutlich schlägt Christine Brückner nachher mit ihrer Rede in die selbst Kerbe wie du - wundern würde es mich nicht.... :zwinker:


    Das wäre mir allerdings ein innerliches Moorbad, ich bezweifle es nach Beendigung des Romans aber doch etwas. Es würde nicht zu dem Muster in Brückners Reden passen, das wir meinen ausgemacht zu haben. Nun, wir werden sehen ...


    Im Gegenteil: Das war zu jener Zeit (gerade noch) absolut üblich. (Auch im wirklichen Leben; man lese mal den Briefwechsel der jungen Romantiker Brentano und Armin ;).)


    Ja, dergleichen entsprach wirklich dem Zeitgeist, darauf habe ich oben ja auch schon hingewiesen. Das ändert aber leider gar nichts daran, daß ich mit dieser Geisteshaltung überhaupt nichts anfangen kann. Dafür fehlt mir jegliches Einfühlungsvermögen.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Das ändert aber leider gar nichts daran, daß ich mit dieser Geisteshaltung überhaupt nichts anfangen kann. Dafür fehlt mir jegliches Einfühlungsvermögen.


    Das ist in gewissem Sinn schade, aber verständlich. Mich wundert ja, dass solche Werke wie die "Kameliendame" überhaupt noch gelesen werden. Armands Verhalten ist wirklich extrem an seine eigene Zeit gebunden. Vielleicht ein "Klassikerbonus"?

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Jetzt hab ich es extra noch einen Tag „sacken“ lassen, aber mein Urteil wird nicht besser. Auch wenn ich Dumas zugestehe, daß er zum einen mit seiner hier präsentierten Sicht auf das Schicksal der Halbweltdamen eine Gratwanderung im Hinblick auf die öffentliche Meinung geschafft hat, und zum anderen vieles an dem Verhalten der Protagonisten dem Zeitgeist geschuldet ist, insgesamt war das nicht meins. Ich habe gar nichts gegen Gefühle, auch nicht gegen große Gefühle und schon gar nicht in Büchern. Aber hier war es einfach zu viel: zu viel Liebesschwüre, zuviel Gejammer, zuviel Selbstaufopferung, zu viel Unentschlossenheit, zu viel ... die Liste ließe sich noch fortsetzen. Die einzige Person, deren Verhalten ich nachvollziehen konnte, war Armands Vater – vielleicht waren seine „Auftritte“ einfach kurz genug. Kurz und gut: Ich hab's jetzt gelesen und damit eine Leselücke geschlossen, von der ich jetzt weiß, daß sie auch hätte bestehen bleiben können.


    2ratten


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Ich bin auch fertig! Mir hat der Roman sehr gut gefallen und ich bin wohl wesentlich besser damit zurechtgekommen als Aldawen. Ich habe aber auch nicht versucht, das Verhalten der Protagonisten nach heutigen Gesichtspunkten zu analysieren; ich habe die Geschichte so auf mich wirken lassen, wie sie erzählt worden ist. Der in unseren Augen übertrieben romantische und rührseelige Stil war für mich eine Abwechslung zu meiner üblichen Lektüre und fiel mir daher nicht schwer.


    Die Figuren sind interessant und vielschichtig gezeichnet; Marguerite, die jedes Jahr ein Vermögen auf den Kopf haut und trotzdem das nicht bekommt, wonach sie sich wirklich sehnt, nämlich echte, bedingungslose Liebe; Armand, der unreife Geliebte, der vor lauter Turteln die Fühlung zur Wirklichkeit verliert und plötzlich aus allen Wolken fällt, als die Liebschaft zu Ende ist. Nicht zu vergessen die Nebenfiguren wie z.B. Prudence, die oberflächlich betrachtet eine gute Freundin, in Wirklichkeit aber ein Blutsaugerin ist, und Armands Vater, dem das Familienglück über Armands Wünschen steht und der es mit seinem moralischen Zeigefinger schafft, dass Marguerite auf ihren Geliebten verzichtet.


    Auch den Aufbau des Romans fand ich sehr gelungen, mit dem vorweg genommenen Ende und dem langsamen Annähern an den Kern der Geschichte. Dass zum Schluss Marguerite in Gestalt ihrer Tagebucheinträge noch einmal zu Wort kommt und die abschliessenden Fragen selbst beantwortet, hat mir auch gut gefallen. Gestört hat mich nur, als zum Schluss eine Art "Heilige" aus ihr gemacht wird, das fand ich trotz Würdigung ihres großmütigen Verhaltens irgendwie unangebracht. Dumas scheint in dieser Hinsicht ein großes Harmoniebedürfnis gehabt zu haben; wenn das Ende auch tragisch ist, so soll es doch für jede Figur ein Art von Happy End geben - auch noch im Tod.


    Ich fand den Roman schön zu lesen und eine nette Abwechslung. Mitgerissen oder gefesselt gar hat er mich jedoch nicht, daher gibts 4ratten

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Mittlerweile bin ich auch durch.
    Ich musste feststellen, dass ich gefühlsduselige Männer besser ertragen kann, als sich selbstlos aufopfernde Frauen. An der entsprechenden Stelle stellten sich mir gehörig die Nackenhaare auf. Richtig gut hat mir dann aber der Rest von Marguerites Tagebuch gefallen. Dieses Hin- und Herschwanken zwischen Todessehnsucht und der Hoffnung, doch noch eine Weile leben zu können, auch als alle Hoffnung eigentlich schon längst dahin war, hat mich richtig gepackt.
    Insgesamt muss ich sagen, dass mir das Buch trotz oder eigentlich wegen der extremen Gefühlsdarstellung gut gefallen hat. Ich vergebe wie Miramis
    4ratten
    und bin gespannt darauf zu erfahren, was Brückner ihre Marguerite sagen lässt. Sehr lange war ja Marguerite "sprachlos", wurde nur durch die Sicht des/der männlichen Erzähler geschildert. Dass sie am Ende doch noch (und zwar ausführlich) das Wort bekam, hatte ich nicht erwartet.

    Wir sind irre, also lesen wir!

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    Der Erzähler geht zu einer Auktion in einer Pariser Wohnung, in der das käufliche Mädchen Marguerite Gautier gelebt hat und früh gestorben ist. Er kannte sie vom Sehen, sie war eine wunderschöne junge Frau. Da er etwas aus ihrem Nachlass besitzen möchte, ersteigert er ein Buch um das zehnfache des eigentlichen Wertes. Am Vorsatzblatt des Buches befindet sich eine Widmung eines gewissen Armand Duval. Zwar wundert sich der Erzähler und fragt sich, wer dieser Armand ist, misst dem jedoch keine weitere Bedeutung bei. Doch schon bald soll er Armand persönlich kennen lernen.


    Armand sucht den Erzähler auf, um das Buch zurück zu kaufen. Er erzählt dabei dem Erzähler (und dem Leser) die Geschichte einer wunderbaren Liebe zwischen einem käuflichen Mädchen und einem ziemlich mittellosen Jüngling. Die beiden lieben einander heiß und innig, doch Marguerite ist, zumindest anfangs, noch von einem alten Herzog abhängig, der sie aushält und wie eine Tochter behandelt. Außerdem ist da noch Graf N., der sie zwar langweilt, aber dazu beiträgt, ihren Lebensunterhalt, der mehr als kostspielig ist, zu bestreiten.


    Für Armand ist sie jedoch gewillt, alles aufzugeben und ihrem alten Leben den Rücken zu kehren. Ausschweifende Nachtgesellschaften, Bälle und Theaterbesuche gehören der Vergangenheit an. Sie und Armand ziehen aufs Land, wo sie ein ruhiges und glückliches Leben führen, zumindest eine begrenzte Zeit lang. Denn dann kommt Armands Vater, der von der Liebschaft seines Sohnes gehört hat, und versucht, erst seinen Sohn, dann Marguerite zu bekehren. Die beiden sollen sich nie wieder sehen und durch widrige Umstände wird Armand, der einst so unsterblich in Marguerite verliebt war, sie hassen und erst nach ihrem Tod wiedersehen.


    Die Geschichte ist eine unbeschreiblich schöne Liebesgeschichte. Die Protagonisten sind sympathisch und ehrlich, die Geschichte eigentlich grundtraurig. Wunderbar schildert Dumas auch die Stimmung und das Leben des damaligen Paris, man sehnt sich fast, auch einmal im Theater neben Marguerite sitzen zu dürfen oder in den Champs spazieren zu gehen.
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    Taschenbuch: 267 Seiten
    Verlag: Dtv (Oktober 1997)
    ISBN-10: 3423124792
    ISBN-13: 978-3423124799


    5ratten

  • Zwei Threads zu diesem Buch sind sicher überflüssig. Würde eine der Moderatorinnen das vielleicht hier mit anhängen?