Kati Naumann - Wo wir Kinder waren

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    Iris, Eva und Jan sind nicht nur Vetter und Kusinen, sie sind auch Teil der Erbengemeinschaft der alten Spielzeugfabrik Langbein in Sonneberg in Thüringen, die nach langer Tradition kurz nach der Wende Pleite ging.

    Die drei sind zerstritten, genau wie der Rest der Erbengemeinschaft, und nun soll das alte Stammhaus samt Fabrik verkauft werden. Iris, Eva und Jan beginnen schon mal zusammen das Haus auszuräumen.

    Wenn es nach Eva ginge, dürfte nichts von den alten Sachen weggeschmissen werden, zu schön war die Kindheit hier.

    Nach und nach fördern sie alte Dinge zutage die voller Erinnerungen sind und die Familiengeschichte, die stets eng mit der Fabrik verbunden war, wieder lebendig werden lassen.


    So wird dann immer abwechselnd erzählt, mal ein Kapitel aus der Vergangenheit, dann wieder ein Kapitel wo Iris, Eva und Jan in den vielen Winkeln des Hauses längst Vergessenes wiederfinden. Genau diese Dinge erhalten dann einen Platz in den nächsten Kapiteln, wo sie Teil der Vergangenheit werden.

    Die Geschichte rund um die Fabrik der Familie Langbein beginnt noch in der Kaiserzeit, im Jahre 1910, und muss dann einige Wechsel über sich ergehen lassen: die Weimarer Republik, zwei Weltkriege, die deutsche Teilung oder Zwangsverstaatlichung, da kommt einiges zusammen. Ständig müssen die Langbeins sich und ihr Spielzeug neu erfinden um nicht unterzugehen.

    Man erfährt einiges über die Puppenherstellung und über Sonneberg, wo schon seit dem 17. Jahrhundert Spielzeug hergestellt wird.

    Die Autorin verrät, dass sie selbst als Kind viel Zeit in Sonneberg verbrachte, da auch ihre Familie dort Puppen hergestellt hat.


    Der Schreibstil der Autorin hat mir nicht immer so gefallen. Ich fand ihn oft zu nüchtern, der Roman liest sich schon ein bisschen wie ein Bericht. Dreh- und Angelpunkt ist die Fabrik, und da die Erzählung ein gewisses Tempo hat und geschichtlich wahnsinnig viel passiert, bleiben die Figuren doch recht oberflächlich. Nur Flora bekommt eine größere Rolle. Sie war auch meine Lieblingsfigur, wie sie aus ärmlichsten Verhältnissen stammt und erst später zu den Langbeins kommt.

    Trotz blasser Figuren, fand ich das Schicksal der Langbeins und das der Fabrik immer so spannend, dass ich das Buch nie aus der Hand legen konnte. Und die deutsche Geschichte an sich, ist ja schon sehr abwechslungsreich.

    Ich empfehle das Buch gerne weiter und es wird bestimmt nicht mein letztes der Autorin gewesen sein.


    4ratten

    Lesen ist die schönste Brücke zu meinen Wunschträumen.

  • Meine Meinung:

    Also erstmal hat mich der Roman wie auch schon Kati Naumanns Buch "Was uns erinnern lässt", gut unterhalten. So richtig schön zum Eintauchen und schnell mal fertig lesen geeignet.

    Die Familiengeschichte, verknüpft durch zwei Zeitebenen war interessant und ich fand es gelungen, wie die Autorin diese Verbindungen mit der Vergangenheit herstellt.

    Leider bleibt sie mir dabei etwas zu oberflächlich und ich finde das sie mehr als einmal um die kontroversen Themen herumschifft. Vor allem die Zeit des Nationalsozialismus wird dabei extrem oberflächlich betrachtet. Ich finde, das Naumann es sich es sich insgesamt doch sehr einfach macht, als sei alles eben einfach "nur" der Krieg gewesen. Da ist die Autorin für meinen Geschmack zu sehr bemüht, ihre Figuren ja als "gute" Deutsche darzustellen, die sich nicht um den Nationalsozialismus scheren und denen es eh nur um die Fabrik geht. So eine Herangehensweise finde ich ehrlich gesagt nicht so gut, vor allem weil das sehr verklärend ist und eben einfach nicht die Realität abbildet. Auch wenn mir nach dem Lesen des Nachworts klar wird, weshalb sie manches dann doch so wohlwollend beschreibt. Da sie sich hier an ihrer eigenen Familiengeschichte orientiert hat und mit Sonneberg ganz persönliche Erinnerungen verbindet.

    Die Zeit in der DDR ist etwas realistischer beschrieben, wieder ist das Thema Enteignung im Mittelpunkt. Ich gebe zu, das ich schon hoffe, das Naumanns nächster Roman sich dann auch mal mit anderen Aspekten der DDR Geschichte beschäftigt.


    Was mir persönlich sehr gefallen hat, war die Frage, wie es zum Familienstreit kam und auch die Dynamik des Trios Eva, Iris und Jan mochte ich. Außerdem ist Sonneberg historisch betrachtet tatsächlich eine bekannte Spielzeugstadt gewesen - auch das Cover des Buches zeigt z.B. die Stadt in Thüringen.

    Tatsächlich hat mich dann auch mehr deren Geschichte interessiert, als die Vergangenheit, die mir eben insgesamt an vielen Stellen etwas zu verklärend war. Mir persönlich haben insgesamt einfach etwas vielschichtige Figuren gefehlt.

    Kein wirklich schlechter Roman, aber mir zu sehr auf reine Unterhaltung ausgelegt.


    3ratten :marypipeshalbeprivatmaus:

  • Schon seit der Kaiserzeit gibt es die Spielzeugfabrik der Familie Langbein in Sonneberg. Sie hat die politischen Wirren und die Kriege überstanden, doch die Wiedervereinigung bringt das Ende. In der Familie Langbein gibt es Verbitterung und Streitigkeiten. Das Werk muss leergeräumt werden und Eva, Iris und Jan, die Cousins sind, machen sich ans Werk. Dabei kommen Erinnerungen hoch und sie kommen sich wieder näher. Dann taucht bei einer Internetauktion eine Langbein-Puppe auf, die noch der Großvater bemalt hat. Sie Cousins fassen ein Plan, sie wollen die Tradition ihrer Familie wieder aufleben lassen.


    Bereits das Buch „Was uns erinnern lässt“ der Autorin Kati Naumann hat mir gut gefallen und daher wollte ich auch dieses Buch unbedingt lesen. Sie führt uns mit diesem Roman zurück in die Vergangenheit und die deutsch-deutsche Geschichte. Die Firma Langbein hatte oft mit Schwierigkeiten in dieser wechselhaften zeit zu kämpfen. Aber ihnen war immer wichtig, den Betrieb zu erhalten und ihren Arbeitern ein Auskommen zu sichern. Doch als die Mauer fiel, kommt auch das Ende. Die im Westen und die im Osten hatten sich auseinandergelebt und man fand keinen Weg mehr zueinander. Auch die Mauer in den Köpfen wollte nicht so schnell fallen. Eva und ihr Cousin Jan sind in Sonneberg aufgewachsen und Iris kommt aus dem Westen. Sie müssen sich erst zusammenraufen, doch dann erkennen sie, was die Familie geleistet hat und dass es wichtig ist, sich zu vergeben.


    Das Buch lässt sich gut und flüssig lesen. Die Charaktere sind lebendig und stimmig dargestellt. Auch die Gegend am Rennsteig im Thüringer Wald ist sehr atmosphärisch beschrieben.


    Ein schöner und berührender Roman.


    5ratten

  • Die Familie Langbein ist als Spielzeughersteller tätig - wie so viele Bewohner der Stadt Sonneberg im schönen Thüringen. Nachdem der Familienbetrieb immer erfolgreicher wird, wagt das Ehepaar Alfred und Miene Langbein den Schritt zur Gründung einer eigenen Firma. Einer Firma, die sie vor dem Ersten Weltkrieg so richtig reich macht, dann jedoch, der Weltschichte geschuldet, wieder abstürzen lässt.


    Es folgt die unruhige Zeit der Weimarer Republik, doch mit Unterstützung der Kinder gelingt es, die Firma zu halten, selbst im Nachkriegdeutschland, also in der DDR, sind Sohn Otto und dessen Frau Flora zunächst die Chefs.


    Erzählt wird auf zwei Ebenen - aus der Perspektive von Eva, der Urenkelin der Firmengründer erfolgt die Schilderung der Gegenwart, in der sie sich zusammen mit Cousin und Cousine des Familienerbes annimmt.


    Der Leser erkennt, dass diese kleine persönliche Welt alles für die Familie. Es ist ihr ureigenes kleines Imperium, mit dem sie aufsteigen und sinken, sich aber nicht unterkriegen lassen!


    Ja, die Autorin Kati Naumann hat erneut eine Familiengeschichte der besonderen Art erschaffen; eine, die mich zutiefst berührt und gleichzeitig bestens unterhalten hat - und zwar auf hohem Nivau. Zudem taucht die Autorin so richtig tief in die Geschichte der thüringischen Kleinstadt Sonneberg ein, die eng mit der Entwicklung der deutschen Spielzeugindustrie verknüpft ist. Zudem nimmt Sonneberg eine besondere Stellung in der deutschen Nachkriegsgeschichte ein, da es durch seine unmittelbare Lage an der deutsch-deutschen Grenze im Sperrgebiet lag. Diese Umstände hat die Autorin einfühlsam in ihren Roman eingebaut und damit ein Gesamtwerk, nein: ein Gesamtkunstwerk geschaffen, das runder nicht sein kann. Wer einen richtig, richtig schönen und stimmigen historischen Roman zur neuesten deutschen Geschichte lesen möchte, der ist hier ganz und gar an der richtigen Adresse!

    5ratten

  • Kati Naumann hat ein gutes Händchen dafür, Familiengeschichte mit der Geschichte der DDR zu verbinden, das hat mir schon bei ihrem Erstling "Was uns erinnern lässt" gut gefallen. In ihrem Roman "Wo wir Kinder waren" schlägt sie die Brücke sogar bis zurück in die Kaiserzeit, was einerseits interessant ist, andererseits aber zu einer gewissen Oberflächlichkeit des Romans bezogen auf die Vergangenheit führt, weil die einzelnen Phasen der deutschen Geschichte überwiegend blitzlichtartig beleuchtet werden.


    Die Erzählung rund um Eva, Iris und Jan in der Gegenwart hat mir gut gefallen, und ich finde auch die Verbindungen zwischen diesen Kapiteln und den einzelnen Abstechern in die Vergangenheit gelungen. Diese waren mir allerdings oft zu knapp gehalten, denn wenn man die Fragen rund um die Technik der Spielzeugherstellung ausklammert bleibt dabei oft nur ein kurzer Eindruck der jeweiligen Epoche. Und solche Gimmicks wie den Ausflug, der ausgerechnet in das Hotel Waldesruh führt (dem Hauptschauplatz von Naumanns Roman "Was uns erinnern lässt"), braucht man als LeserIn nicht unbedingt. Etwas mehr Komplexität in der Handlung und eine kritischere, dafür vielleicht ein bißchen weniger auf Lokalkolorit ausgerichtete Geschichtsbetrachtung wären schön gewesen.


    Nichtsdestotrotz hat mich der Roman gut unterhalten, und er steht auch ganz zurecht in der Kategorie "Unterhaltungsliteratur", denn ein wirklich guter historischer Roman ist er trotz fleißiger Recherche der Autorin leider nicht.


    4ratten