Benedict Wells - Hard Land

Es gibt 2 Antworten in diesem Thema, welches 580 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Herausgeber : Diogenes; 1. Edition (24. Februar 2021)

    Sprache : Deutsch

    Gebundene Ausgabe : 352 Seiten

    ISBN-10 : 3257071485

    ISBN-13 : 978-3257071481

    Originaltitel : Hard Land


    Inhaltsangabe:


    Missouri, 1985: Um vor den Problemen zu Hause zu fliehen, nimmt der fünfzehnjährige Sam einen Ferienjob in einem alten Kino an. Und einen magischen Sommer lang ist alles auf den Kopf gestellt. Er findet Freunde, verliebt sich und entdeckt die Geheimnisse seiner Heimatstadt. Zum ersten Mal ist er kein unscheinbarer Außenseiter mehr. Bis etwas passiert, das ihn zwingt, erwachsen zu werden. Eine Hommage an 80’s Coming-of-Age-Filme wie "The Breakfast Club" und "Stand By Me" – die Geschichte eines Sommers, den man nie mehr vergisst.


    Autoreninfo:


    Benedict Wells wurde 1984 in München geboren. Nach dem Abitur 2003 zog er nach Berlin. Dort entschied er sich gegen ein Studium und widmete sich dem Schreiben, seinen Lebensunterhalt bestritt er mit diversen Nebenjobs. Seine Bücher erschienen bisher in 38 Sprachen, sein vierter Roman "Vom Ende der Einsamkeit" stand über achtzig Wochen auf der Bestsellerliste. Er wurde u.a. mit dem European Union Prize For Literature ausgezeichnet und zum Lieblingsbuch des unabhängigen Buchhandels 2016 gewählt. Nach einigen Jahren in Barcelona lebt Wells inzwischen in Zürich.


    Meine Meinung:


    Titel: Die Geschichte vom Erwachsenwerden...


    Da "Vom Ende der Einsamkeit" seit Jahren mein Lieblingsbuch ist, hatte ich großen Respekt mit diesem Roman zu starten und ich muss gestehen, dass es einen zweiten Anlauf brauchte, eh ich dann über die ersten dreißig Seiten kam, denn dieses Buch ist anders, aber nicht weniger toll.


    In der Geschichte geht es um den schüchternen, 15- jährigen Sam, der seinen Platz noch nicht gefunden hat in der Welt. Im Sommer 1985, kurz vor seinem 16. Geburtstag fängt er in einem Kino an zu arbeiten, was seine Welt schlagartig auf den Kopf stellt? Wird er doch noch über sich hinauswachsen?


    Durch Sam Turner als Ich- Erzähler erlebt der Leser hautnah die Gefühls- und Gedankenwelt des Teenagers, die mich direkt in meine Jugend mit all den Ängsten und Sorgen zurück katapultiert hat.


    Bei diesem Coming- of- Age- Roman stehen gleich sieben Figuren ihren Mann, was sehr ungewöhnlich ist, da meist weniger Charaktere betrachtet werden und dennoch gelingt es Wells jeden ausreichend zu skizzieren, so dass jeder Leser seine persönliche Lieblingsfigur finden wird.


    Die beleuchteten Personen sind sehr vielfältig, denn anders als in 80er Jahre Filmen, kommen hier auch People of Colour und queere Menschen drin vor, was mir außerordentlich gut gefallen hat.


    Sam als Hauptcharakter steht im Fokus der Handlung. Ich mochte an ihm, dass er trotz seiner Schüchternheit versucht seine Ziele zu erreichen. Man spürte wie sehr ihm die Freundschaft zu Kirstie und Co gut tut. Der Mix aus ersten Malen, die wunderschön und auch schmerzhaft sind, zeigen ein reales Bild der Erfahrungen auf, die man als junger Mensch eben macht.


    Aber nicht nur Sam hat seine Päckchen zu tragen, sondern auch seine Freunde Hightower, Cameron und Kirstie. Auch ihre Ängste, Probleme und Sorgen sind nachvollziehbar.


    Neben Sam ist meine Lieblingsfigur Kirstie, da sie nicht das typische Mädchen ist, das sich durch Make-up und Klamotten definiert, auch wenn sie dadurch kaum weibliche Freunde hat. Es ist schön, dass sie sie selbst sein will, anstatt sich für andere zu verbiegen.


    Richtig gut fand ich zudem, dass nicht nur die Teens beleuchtet werden, sondern auch Sams Eltern, die sich in einer sehr schlimmen Situation befinden, denn seine Mutter ist schwer krank. Auch seine große Schwester, die dem Teenageralter entwachsen ist, findet Platz in der Geschichte.


    Das Besondere an dem Roman ist wieder einmal die Sprache, die mich regelrecht umgehauen hat. Hat nicht jeder manchmal eine Komfortzone, die so klein ist wie ein Penny?


    Fazit: Dieser Roman ist eine Hommage an die 80er und die Jugend. Er unterhält auf sehr berührende Weise und lässt einen nicht mehr los. Ich kann nur eine klare Leseempfehlung aussprechen und habe nun ungemein Lust die alten TV- Klassiker wieder zu schauen. Spitzenklasse!


    Bewertung: 5ratten und :tipp:

    &WCF_AMPERSAND"Das Buch als Betriebssystem ist noch lange nicht am Ende&WCF_AMPERSAND" (H.M. Enzensberger)

  • "Hard Land" war mein drittes oder viertes Buch von Benedict Wells und für mich definitiv das Beste, das er bisher geschrieben hat. Es ist einfach das, was ich für mich bei einem Buch als "echt" bezeichne.

    In einem solchen Buch tritt der Autor hinter die Geschichte zurück, seine erzählerischen Ambitionen und auch die (natürlich immer vorhandene) "Konstruktion" des Buches sind nicht mehr so vordergründig offensichtlich, sondern die Geschichte erzählt sich scheinbar selbst - die Figuren darin leben.

    Inhaltlich kann ich der schönen Beschreibung von nicigirl85 kaum etwas hinzufügen.

    Der Ausdruck Coming-of-Age-Roman ist ja allmählich etwas abgegriffen, aber genau das beschreibt das Buch - und den Kniff mit dem anderen Coming-of-Age-Roman gleichen Titels, der sich wie eine kleinere russische Puppe in diesem versteckt, fand ich tatsächlich ziemlich genial. Ein tolles Buch! :thumbup:



  • "In diesem Sommer verliebte ich mich, und meine Mutter starb."


    So beginnt "Hard Land", die Geschichte des fünfzehnjährigen Sam und des Sommers 1985, in dem sich so viel in seinem Leben verändert. Der zurückhaltende, von starken Ängsten geplagte und nachdenkliche Sam tut sich schwer, Anschluss zu finden, nachdem sein bester Freund weggezogen ist, und er hat ein ungutes Bauchgefühl, was die Gesundheit seiner Mutter angeht, die einen Hirntumor hat. Sie tut zwar, als sei alles in Ordnung, doch die verräterischen Symptome lassen sich kaum verbergen.


    Immerhin kann Sam verhindern, dass er die Ferien bei seinen Schlägertypencousins in Kansas verbringen muss, und er ergattert einen Ferienjob im Metropolis, dem örtlichen Kino, das seine besten Zeiten schon längst hinter sich hat und kurz vor der Schließung steht. Die anderen drei Jugendlichen, die dort arbeiten, erscheinen ihm zunächst wie eine verschworene, undurchdringliche Gemeinschaft, doch zu Sams eigenem Erstaunen entwickelt sich recht schnell eine besondere Freundschaft zu den beiden Jungs, Cameron und Hightower ... und in Kirstie, die Tochter des Kinobesitzers, ist er ganz einfach unsterblich verliebt.


    Benedict Wells' neuestes Buch ist ein hinreißender Coming-of-Age-Roman, der, wie es sich in der amerikanischen Tradition gehört, in einer unbedeutenden Kleinstadt spielt und vor der Kulisse eines heißen Sommers für eine kurze, aber zutiefst prägende und höchst gefühlsintensive Zeit den Erzähler und seine Familie und Freunde begleitet.


    Sam wird nicht unrealistischerweise über Nacht zum strahlenden Alleskönnerhelden, aber es gelingt ihm, manche Ängste zu überwinden, er lernt viel über sich und andere, erlebt zum ersten Mal die Gefühlsachterbahn des Verliebtseins und muss andererseits mit dem Schmerz und der Trauer über den Tod seiner Mutter umgehen lernen. Ihr Verlust trifft ihn sehr hart, weil sie immer seine Bezugsperson war und er sich mit dem wortkargen Vater oft schwer tut.


    In diese wenigen Sommerwochen packt Wells das Leben in seiner ganzen Fülle und Intensität; hier liegen wie auch so oft im richtigen Leben Freude und Leid, brüllende Komik und tiefe Traurigkeit, Mut und Angst ganz nahe beieinander, und man taucht tief ein in Sams Gefühle und Gedanken, mit vielen klugen Sätzen, die zum Niederknien schön formuliert sind, und vielen feinen Beobachtungen über das Leben aus der Sicht eines introvertierten Jugendlichen.


    Ein wundervolles Porträt der 80er Jahre ist das Buch außerdem, mit vielen liebevollen Popkultur-Referenzen und Hightowers entzückendem "Bruce-Mobil", in dem nur Musik vom Boss gespielt werden darf ... es sei denn, Kirstie muss mal wieder "Don't Stop Believin'" hören ...


    Schon jetzt eines meiner Bücher des Jahres. Ich habe gelacht und geweint (manchmal auch beides gleichzeitig) und mich so oft in Sam wiedererkannt, dass es schon beinahe unheimlich war. Benedict Wells hat hiermit erneut bestätigt, dass er für mich zu den besten aktuellen Autor*innen im deutschen Sprachraum gehört.


    5ratten

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen