Kurt Tucholsky - Schloß Gripsholm

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    Inhalt
    Das 1931 erschienene Schloß Gripsholm von Kurt Tucholsky ist nicht nur eine Liebesgeschichte, sondern in gewisser Weise auch eine Reisebeschreibung.


    Peter und Lydia, die beiden Protagonisten, landen auf der Suche nach einem Platz, wo sie „die Seele baumeln lassen können“, im Schloss Gripsholm. Hier lassen sie sich treiben und genießen ihre Zweisamkeit. Die Idylle wird – zunächst für den Leser – jäh unterbrochen durch den Beginn des zweiten Handlungsstranges, der von der kleinen Ada erzählt, die in einem Heim in der Nähe des Schlosses lebt und dort unter der tyrannischen Leiterin Frau Adriani zu leiden hat. Dieser zweite rote Faden bringt kurzzeitig eine ganz andere Stimmung im Buch auf.


    Peter und Lydia, die inzwischen Besuch von Peters Freund Karlchen bekommen haben, stoßen zufällig auf die kleine Ada, erkennen die unmenschlichen Zustände, unter denen das Mädchen zu leiden hat und beschließen, sie dort herauszuholen. Während Karlchen das Paar wieder verlässt, stößt auch Lydias Freundin Billie für kurze Zeit zu dem Paar und wirbelt es auf ganz eigene Weise etwas durcheinander. Als der Urlaub schließlich endet, schaffen es Lydia und Peter, Ada mitzunehmen und zu ihrer Mutter zu bringen.


    Mein Eindruck
    Über den Autor (geb. 1890) selbst habe ich noch nicht viel gelesen, allerdings ist mir bekannt, dass er mit dem NS-Regime nicht einverstanden war. Das bringt er in seinem Roman dadurch zum Ausdruck, dass er der dominanten Heimleiterin eine deutsche Identität verleiht. Dies zieht das ansonsten heitere Buch aber nicht ins Negative sondern zeigt, dass eben alles im Leben auch eine zweite Seite hat. Peter und Lydia sind sehr sympathische Charaktere mit positiver Einstellung, die in ihrer Verliebtheit nicht viel mehr als sich selbst und eine malerische Umgebung brauchen. Der ganze Roman fällt eher durch seine Unbeschwertheit auf als durch das Ereignis im Kinderheim.


    Da ich selbst ein paar Mal in Schweden war, haben mir die Schilderungen der Landschaften und Personen sehr gefallen. Man merkt, dass Tucholsky selbst sehr gerne in Schweden lebte, nachdem er 1929 dorthin ausgewandert war und wo er sich schließlich mit nur 45 Jahren das Leben nahm.


    Meine Wertung: 4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Bianca ()

  • Hallo Doris,


    ist eine schöne Rezi :winken: Ich habe eine Gesamtausgabe von Kurt Tucholsky vor ewigen Zeiten gekauft, aber (warum auch immer) hatte ich "Schloß Gripsholm" noch nicht gelesen. Bei der nächsten mir zu bietenden Gelegenheit (und mit etwas mehr Zeit) werde ich das aber nachholen.


    Liebe Grüße
    wolves

  • Hallo Doris,


    danke für die schöne Rezi! Ich werde "Schloß Gripsholm" ab Montag auf der Leseinsel lesen; wer noch Lust hat, kann gerne mitmachen. Nach dieser schönen Beschreibung freue ich mich um so mehr auf das Buch; es klingt wie die perfekte Lektüre für einen gemütlichen, heißen Sommernachmittag... :smile:


    Viele Grüße
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel


  • [...] es klingt wie die perfekte Lektüre für einen gemütlichen, heißen Sommernachmittag... :smile:


    Das ist es auch, "Schloß Gripsholm" gehört schon lange zu meinen Lieblingsbüchern. :smile:

    viele Grüße<br />Tirah

  • Habe damit gestern auch mal angefangen. Mal schauen, was daraus wird....

  • @Schmeggo: Nymphetamine und ich lesen "Schloß Gripsholm" gerade auf der Leseinsel am Lagerfeuer. Wenn du Lust hast, kannst du ja mal kurz zu uns rüberpaddeln und uns deinen Eindruck schildern. Ich finde es bis jetzt sehr amüsant, vor allem dieses Plattdeutsch-Mix... :zwinker:


    Viele Grüße
    Miramis

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Freut mich, dass euch meine Rezi gefällt. Und ich kann wirklich empfehlen, das Buch an einem heißen Sommertag zu lesen, man kann sich dann noch besser reinfühlen.

  • Sorry Miramis, aber bei mir läuft das leider net ohne Unterbrechungen ab, momentan lese ich 5 Bücher parallel.... :rollen:

  • Also ab morgen werde ich auf der Leseinsel hoffentlich auch mit dem Buch beginnen können und freue mich schon drauf! :klatschen:

    smiley-channel.de_lesen020.gif:<br />Zeruya Shalev- Mann und Frau

  • Hallo


    Wie ich an andere Stelle schon mal geschrieben habe, ist für mich die Handlung von Schloß Gripsholm eigentlich nichts anderes als ein Gerüst an dem Tucholsky seine kleinen Wort- und Satzspielereien anbringt. Wie ein Weihnachtsbaum an den er sein Wortjuwelen hängt, zwar schön anzusehen aber dennoch wird immer der Baum darunter sichtbar sein so dass dann doch ein kleiner, nach Fadenscheinigkeit dünkender, Nachgeschmack bleibt.
    Die Geschichte ist zwar nicht weltbewegend aber dennoch interessant und meines Erachtens die perfekte Reiselektüre für eine längere Zugfahrt.


    Leider muss ich aber gestehen das mir die Essays, Aufsätze, Kommentare wie auch Kurzgeschichten und Gedichte von Tucholsky ein wenig mehr zusagen als dieser "Roman".
    Sie sind nun mal in ihrer Kürze viel bissiger, ernster, humoriger oder auch interessanter aber steht´s griffiger als in Gripsholm.
    Aber dennoch ein schönes Büchlein das für meinen Geschmack ruhig noch einige Seiten mehr vertragen hätte. Womit es von mir auch verdiente 3ratten gibt. :smile:



    NtM

  • ich liebe alles von tucholsky und Gripsholm ist ziemlich weit oben. aber ich denke Rheinsberg ist noch viel besser.

    &quot;Ganze Literaturen wären nicht, riegelten die Maedchen ihre Türen auf&quot; Kurt Tucholsky

  • Schloss Gripsholm ist mein erstes Buch von Tucholsky und ich hätte mir keine bessere Lesezeit aussuchen können, als jetzt – heißer Sommer!


    Die Figuren sind so herrlich witzig und ironisch, die Gespräche so erfrischend und flott. Es geschieht zwar nicht viel in diesem Buch, außer eben die „Mission das Kind zu retten“, aber das ist auch gut so, denn sie sind im Urlaub. Und das fühlt man. Ich konnte mir so richtig schön ausmalen, wie es ist auf einer Wiese irgendwo neben einem See zu liegen, einfach nur die Seele baumeln zu lassen und den Gedanken freien Lauf lassen.


    Ihre kurzweiligen Besucher, Karlchen und Billie, mochte ich auch sehr gerne. Jedoch muss ich auch zugeben, dass ich über die doch relativ vielen erotischen Begebenheiten ziemlich überrascht war, da ich mir das überhaupt nicht erwartet hatte. Aber störend fand ich diese überhaupt nicht, eher sogar „frischten“ sie die Geschichte noch ein bisschen auf und hauchte ihr mehr Gefühl und Leben ein.


    Sogar einem Monster konnte ich hier begegnen und zwar dieser schrecklichen Frau Adriani – die ich ganz bestimmt auf die Liste der nervigsten und unsympathischsten Charaktere überhaupt setzen werde.


    Alles in Allem finde ich die Geschichte als sehr gelungen und empfehlenswert, wenn man eine – ich zitiere den Anfang – „kleine Geschichte, nicht zu umfangreich, etwa 15-16 Bogen, zart im Gefühl, kartoniert, leicht ironisch und mit einem bunten Umschlag. Der Inhalt kann so frei sein wie sie wollen...“ lesen möchte.


    4ratten

    :leserin: [color=#CC0077]<br />Leo Tolstoi - Anna Karenina<br />Geneva Lee - Royal Passion<br />Frank Schätzing - Tod und Teufel<br />Patrick Rothfuss - The Name of the Wind<br />Maggie Stiefvater - The Raven Boys

  • Wir haben es in der Schule gelesen.Ich war nicht ganz so begeistert wie die Mitschülerin, die es empfohlen hat. Aber es ist frisch und gut zu lesen. Allerdings habe ich so einen Verdacht, dass nicht nur mir S.117 besonders gut in Erinnerung geblieben ist...

    Gib dem Leben Farbe, bring dich ein mit einem Wort, einem Lächeln.

    Einmal editiert, zuletzt von mn1712 ()

  • Ein schönes Buch, in dem die Welt ist, wie sie sein sollte.


    Ein schönes Buch: ja. Der Rest klingt, als ob Tucholsky in diesem Buch die heile Welt zelebrierte. Das tut er aber ganz und gar nicht. Die vermeintliche Urlaubsidylle ruht auf einem sehr trüben, schlammigen Grund ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • [quote author=sandhofer]Ein schönes Buch: ja. Der Rest klingt, als ob Tucholsky in diesem Buch die heile Welt zelebrierte. Das tut er aber ganz und gar nicht. Die vermeintliche Urlaubsidylle ruht auf einem sehr trüben, schlammigen Grund ...
    [/quote]
    Die Welt, wie sein sollte, ist meines Erachtens auch nicht kitschig. :zwinker:

  • Ein Briefwechsel zwischen Ernst Rowohlt, Besitzer des gleichnamigen Verlages, und dem Schriftsteller Kurt Tucholsky leitet diese Erzählung ein. Herr Rowohlt wünscht sich vom Autor einen leichten, sommerlichen Roman, vielleicht einer Liebesgeschichte, da das Volk Abwechslung von den vielen politischen Büchern braucht. Tucholsky antwortet daraufhin, dass er bald nach Schweden in den Urlaub fahre, aber danach noch einmal über diese Bitte nachdenken wolle. Anschließend beginnt die eigentliche Geschichte, indem Tucholsky den Brief abschickt und danach die Prinzessin abholt, um mit ihr den Zug nach Schweden zu besteigen.


    Auf nicht ganz 130 Seiten berichtet Tucholsky anschließend von der Fahrt nach Schweden, der Suche nach einem ruhigen Landhaus für ihren fünfwöchigen Aufenthalt – sie entscheiden sich für Schloß Gripsholm – und den Spaziergängen, die „Daddy“ und die „Prinzessin“ unternehmen, wenn sie nicht gerade einmal ihre Seele baumeln lassen. An Namen fehlt es dabei nicht, finden die beiden immer neue Bezeichnungen für einander, ohne dass man als Leser dabei den Überblick verliert, wer gemeint ist, selbst als ein guter Freund von „Daddy“ kurzzeitig auftaucht und mitspielt. Die lockere und sommerliche Atmosphäre wird dabei ab und an von einem Abschnitt unterbrochen, der von „dem Kind“ handelt, welches in einem Kinderheim in der Nähe des Schlosses liegt. Von der Heimleiterin unterdrückt wünscht es sich nichts sehnlicher, als zurück zu seiner Mutter in die Schweiz. Auf einem Spaziergang der Kinderschar begegnet es den ebenfalls spazierendem Dreiergespann, woraufhin sich die beiden anfangs getrennten Erzählstränge geschickt miteinander verbinden.


    Die heitere Atmosphäre wird dadurch nur geringfügig getrübt, denn der Kampf von Daddy und der Prinzessin um das Wohlergehen des Kindes nimmt nur einen Teil des Tagesgeschehens in Anspruch. Während der restlichen Zeit verbreitet eine Freundin der Prinzessin, die einige Tage zu Besuch ist, einen Hauch von Erotik und sorgt für prickelnde Dreisamkeit.


    Aufgrund der Tatsache, dass Tucholsky als Ich-Erzähler die Geschehnisse schildert, erfährt man nichts von den Gefühlen und Gedanken der anderen Handelnden, außer dem, was Tucholsky in sie hineininterpretiert und aus ihrer Gestik und Mimik liest. Dennoch sind sie einem nach kurzer Zeit bereits so vertraut, als kenne man sie schon ewig und verbringt nun mit ihnen den Sommer in Südschweden.


    Ein Manko hat dieses Buch aber aus meiner Sicht: die missingsche Sprache. Da ich nicht aus dem nordischen Raum stamme und auch keine Ahnung von plattdeutsch habe, verstand ich nur knapp die Hälfte dessen, was die Prinzessin in dieser Redensart von sich gab. Zum Glück beherrscht sie auch das Hochdeutsch, welches nur temporär von Ausflügen ins Missingsche unterbrochen wurde.


    Alles in allem passt das Buch hervorragend zur Jahreszeit und verbreitet eine entspannte Atmosphäre, so dass ich am liebsten sofort meine Koffer gepackt und nach Südschweden gefahren wäre. Ich vergebe 4ratten

  • Ganz so begeistert wie ihr bin ich leider nicht.
    Für mich verlief die Geschichte zu träge, und, wie bereits erwähnt, ist kaum was passiert. Hatte mehr erwartet.
    Und leider bin ich ebenfalls des Plattdeutschen nicht mächtig und hab daher vieles nicht verstehen können... die Beschreibung der Frau Adriani hingegen war sehr gelungen - ein richtig böser Charakter.
    Die Beziehung von Daddy und der Prinzessin hat sich mir jedoch nicht so ganz entschlüsseln können.


    Alles in allem war die Geschichte okay - aber mehr halt auch nicht.

    If the world weren&#39;t such a beautiful place we might all turn into cynics<br />(Paul Auster)

  • Inhalt
    Peter und Lydia sind ein Paar, das für drei Wochen in den Sommerurlaub fährt. Von Deutschland, über Dänemark geht es mit der Fähre nach Schweden. Nach einigem Suchen der passenden Herberge, findet das Paar einen geeigneten Platz im Nebenbau von Schloss Gripsholm.
    Während ihres Aufenthalts in Schweden werden Peter und Lydia von ihren Freunden Karlchen und Billie besucht und sie entdecken ein Kinderheim, dass von Frau Adriani geleitet wird, einer bösen und machtsüchtigen Person. Eines der Kinder öffnet sich dem Paar und landet nach mehrmaliger Flucht immer wieder bei diesem. Peter und Lydia nehmen sich dem Kind an und helfen ihm.


    Meinung
    "Schloss Gripsholm" ist mein erstes Buch von Tucholsky und anfangs fiel mir sein Schreibstil auch nicht gerade leicht. Innerhalb kürzester Zeit hat sich dies jedoch gelegt und das Buch lies sich recht schnell durchlesen. Lediglich mit dem Plattdeutsch von Lydia konnte ich mich bis zum Ende nicht anfreunden und so ging auch einiges von der Geschichte verloren.
    Wollte Tucholksy mit "Schloss Gripsholm - Eine Sommergeschichte", wie im fiktiven Briefwechsel am Anfang des Buches erwähnt, keine politische Geschichte schreiben, so sind doch einige Themen enthalten, die recht ungewöhnlich für eine Liebesgeschichte im eigentlichen Sinn sind.
    Meiner Meinung nach enthält das Buch relativ viel Erotik und Sex; auch Gruppensex. Außerdem wird das Fremdgehen thematisiert. Themen, die eigentlich so gar nicht zu einem romantischen Urlaub eines Paares passen. Des Weiteren wird Macht über Schwächere gezeigt. So ist Frau Adriani nämlich eine herrschsüchtige Frau, die großen Druck auf ihre Pflegekinder ausübt: "Hier tobt der Urdrang der Menschheit: der nach Macht, Macht, Macht" (Seite 152, Zeile 28-29).


    Abschließend bleibt zu sagen, dass "Schloss Gripsholm" von Kurt Tucholksy eine mehr oder weniger schöne "Liebesgeschichte" ist, mit verschiedenen Szenen, die so gar nicht zum Geschehen passen wollen. So wird ein nicht zu übersehender bizarrer Kontrast hergestellt, der das Buch umso mehr lesenswert macht.


    4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Tetr4 ()

  • Lediglich mit dem Plattdeutsch von Lydia konnte ich mich bis zum Ende nicht anfreunden und so ging auch einiges von der Geschichte verloren.


    Liegt vielleicht daran, dass es nicht Platt ist, sondern Missingsch. Missingsch ist - aber lassen wir es doch Tucholsky selber beschreiben:


    Missingsch ist das, was herauskommt, wenn ein Plattdeutscher Hochdeutsch sprechen will. Er krabbelt auf der glatt gebohnerten Treppe der deutschen Grammatik empor und rutscht alle Nase lang wieder in sein geliebtes Platt zurück. Lydia stammte aus Rostock, und sie beherrschte dieses Idiom in der Vollendung. Es ist kein bäurisches Platt -- es ist viel feiner. Das Hochdeutsch darin nimmt sich aus wie Hohn und Karikatur; es ist, wie wenn ein Bauer in Frack und Zylinder aufs Feld ginge und so ackerte. Der Zylinder ischa en finen statschen Haut, över wen dor nich mit grot worn is, denn rutscht hei ümmer werrer aff, dat deit he... Und dann ist da im Platt der ganze Humor dieser Norddeutschen; ihr gutmütiger Spott, wenn es einer gar zu toll treibt, ihr fest zupackender Spaß, wenn sie falschen Glanz wittern, und sie wittern ihn, unfehlbar ... diese Sprache konnte Lydia bei Gelegenheit sprechen.
    (Kapitel 2 von "Schloss Gripsholm")


    Ältere Semester wie ich erinnern sich dabei gerne des Ohnsorg-Theaters im Fernsehen ... :winken:

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)