Delphine de Vigan - Die Kinder sind Könige

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  • Delphine de Vigan - Die Kinder sind Könige


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    Gebundene Ausgabe: 320 Seiten

    Verlag: DuMont Buchverlag (7. März 2022)

    ISBN-13: 978-3832181888

    Originaltitel: Les enfants sont rois

    Übersetzung: Doris Heinemann

    Preis: 23,00 €

    auch als E-Book erhältlich


    Sehr aktuell und wichtig


    Inhalt:

    Mélanie ist eine der erfolgreichsten YouTuberinnen. Auf ihrem Kanal „Happy Récré“ und auf Instagram zeigt sie Videos und Fotos ihrer Kinder beim Unboxing, beim Spielen, beim Essen, eigentlich bei allem. Ihre fünf Millionen Fans wissen stets darüber Bescheid, wo sie sich gerade befinden und was sie tun. Die Familie verdient damit ein Heidengeld. Doch als eines Tages ihre sechsjährige Tochter Kimmy spurlos verschwindet, bricht Mélanies Welt zusammen. Hat sie selbst mit ihren Veröffentlichungen im Internet ihre Tochter in den Fokus eines Entführers gerückt?


    Meine Meinung:

    Zuerst hatte ich das Gefühl, einen Krimi zu lesen, aber im Verlauf des Buches überwiegt dann doch immer mehr die Gesellschaftskritik, was auch besser zu Delphine de Vigan passt.


    In ihrem wunderschönen Schreibstil prangert die Autorin den sorglosen Umgang vieler Eltern mit dem Internet an. Etliche missbrauchen ihre Kinder als unfreiwillige Videostars, um damit die große Kohle zu machen. Die Kinder verbringen täglich viele Stunden vor der Kamera - Freizeit und Freundschaften mit anderen Kindern bleiben auf der Strecke. Was zählt, ist vor allem Konsum. Dies lernen auch Kinder, die mit oder ohne Wissen ihrer Eltern diese Kanäle auf YouTube verfolgen.


    De Vigan stellt sehr schön heraus, wie Mélanie und ihre Kinder in diese Rolle gekommen sind, aber auch, was es mit ihnen macht. Für die Mutter ist es wie eine Sucht, den Kindern wird ihre Kindheit genommen.


    Als Gegenpol fungiert die Polizistin Clara, die mit dem Internet so gar nichts am Hut hat.


    Mir hat der Aufbau der Story gut gefallen: die Perspektiven von Mélanie und Clara, dazwischen Auszüge aus Vernehmungsprotokollen im Jahr 2019 und schließlich noch der Ausblick in das Jahr 2031, wo Mélanies inzwischen erwachsene Kinder versuchen, mit ihrem Leben zurechtzukommen.


    Fazit:

    Sehr schön geschrieben, hoch aktuelle Gesellschaftskritik und daher ein sehr wichtiges und lesenswertes Buch!


    ★★★★★

  • Über das Buch habe ich neulich schon an anderer Stelle gelesen und es direkt auf den Wunschzettel gepackt. Von Delphine de Vigan kenne ich noch viel zu wenig.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Mir hat das Buch als Gesamtpaket wieder sehr gut gefallen. Ich habe schon andere Romane von Delphine de Vigan gelesen und ihre Themenauswahl ist so aktuell und brisant, dass ich immer noch lange über ihre Bücher nachdenke - so wie bei ihrem Neuling!


    Diesmal hat es allerdings ein wenig gedauert, bis ich in die Geschichte herein gefunden habe. Ihr Schreibstil ist relativ distanziert - oder mir das Handeln der Protagonistin Mélanie so fern?

    Mélanie hat schon immer davon geträumt berühmt zu sein. Seit sie die erste Staffel "Big Brother" gesehen hat, ist sie ein großer Fan dieser Reality-Shows. Als You Tube mehr als eine einfache Hobby-Plattform wurde und sie merkte, wie man in den USA als Influencer zu Ruhm und Reichtum kommen kann, war klar, welchen Weg sie gehen wird.


    An sich würde man denken: Soll sie machen. Aber Mélanies Kanal wird vor allem als Familien-Kanal berühmt und ihre Kinder haben mitzuspielen. De Vigan gibt den Leser:innen einen Blick hinter die Kulissen. Was heißt es für die Kinder You-Tube-Stars zu sein? Wann fängt Kinderarbeit an, wo hört das Hobby und der Spaß auf? Und was macht es mit den Kindern? Die Autorin entwirft ein kritisches Bild, auch wenn sie mit anderen You-Tube-Famlien auch Gegenbeispiele setzt. Die Hälfte des Buches spielt in der Jetzt-Zeit, bevor dann ein Bogen in die Zukunft geschlagen wird und wir die Kinder der You-Tube-Familie als Erwachsene kennenlernen und ihre Entwicklung präsentiert bekommen. Hier verlässt de Vigan natürlich den Tatsachen-Boden und fängt an zu spekulieren, welchen Einfluss das alles auf die Kinder im Erwachsenenalter haben könnte. Denn bisher wissen wir nicht, was es mit den Kindern macht. Aber ich finde, die Fragen, die sie aufwirft, verständlich und logisch.


    In diesem Buch findet sich also viel wieder: Was machen Social Media aus uns? Wie sollten wir mit unseren Kindern und Social Media umgehen? Wem gehört das Recht an den Bildern unserer Kinder? Was ist Kinderarbeit im Social Media-Bereich?

    Für mich als junge Mutter ist das Thema hochaktuell. Ich kenne einige Mom- and Dad-Influencer, die ihre süßen Kids in Szene setzen und finde das aus sehr vielen unterschiedlichen Gründen kritisch. Insofern hat das Buch mir in meine persönliche Einstellung herein gespielt. Aber auch für alle ohne Kinder eine spannende Lektüre. Denn so vielfältig hat man sich sicherlich noch keine Gedanken über das Thema gemacht.

  • Das Buch ist mir eher durch Zufall in die Hände gekommen, aber als ich dann das Thema gelesen habe, hat es mich direkt interessiert. Ich verfolge dieses Thema Familien-Blogger, Mummyinfluencer schon eine Weile und sehe auch gern Dokus dazu an. Denn auch wenn ich selbst schon viel auf Social Media unterwegs bin, finde ich das ganze (Kinder-) Influencerthema doch zum Teil sehr erschreckend.

    Darum klang das Buch direkt wie etwas, das mir zusagt,zumal es vor allem eben auch darum geht, was solch ein Leben als Influencerkind mit einem macht und aber auch dieses tiefergehend beleuchtet. Dieser Wechsel aus der Sicht der Mutter und eben der Außenstehenden hat mir gut gefallen. Dass die Mutter es nicht sehen will, was sie ihren Kindern damit antut und dass Clara, die Polizistin, die eigentlich nichts damit zu tun haben will, sich dennoch auch davon faszinieren lässt.

    Einzig die Auflösung, was mit dem Mädchen geschehen war, hätte ich mir doch etwas ausführlicher gewünscht bzw. noch mit etwas mehr...Wumms? ^^


    Zusätzlich gibt Delphine de Vigan noch einen Ausblick darauf, was in 10 Jahren auf die ganzen Eltern zukommen könnte, die gerade jetzt in dieser Zeit ihre Kinder ja eigentlich benutzen.

    Wenn ich nur daran denke, dass ich alleine die privaten Babyfotos von Anfang der 90er Jahre, auf denen ich teilweise nichts anhabe, peinlich finde und die aber nie irgendjemand sieht, tun mir die vielen Kinder doch schon leid.

    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, es wurde nie langweilig und es ist und wird immer mehr ein wichtiges Thema unseres Alltags.


    4ratten


    Edit:

    es gibt auch einige interessante Dokus dazu

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  • Mungo

    Die Auflösung der Entführung war wirklich sehr beiläufig. Auch wenn sich das Buch anfangs wie ein Krimi liest, ist es ja gar nicht die Absicht der Autorin einen zu schreiben. So erkläre ich mir dann auch die nüchterne Auflösung der Entführung.

  • Mélanie wollte schon als junges Mädchen berühmt werden. Inzwischen ist sie Mutter von zwei Kindern und hat ihr Ziel erreicht. Auf Youtube hat sie sehr viele Follower, die ihre Kinder hautnah miterleben können. Doch ihre Kinder, ganz besonders die sechsjährige Tochter Kimmy, haben seit einiger Zeit keine Lust mehr darauf, sich ständig filmen zu lassen, was Mélanie nicht versteht. Dann verschwindet Kimmy beim Verstecken spielen spurlos.


    Wieder einmal ist es Delphine de Vigan gelungen, mich gleich in die Geschichte hineinzuziehen, denn die Geschichte ist sehr realitätsnah. Es gibt Menschen, die ihr Leben in den Sozialen Medien leben und die Realität kaum noch wahrnehmen. Auch ihre Kinder werden dort präsentiert, ohne dass die Kleinen darauf Einfluss nehmen können.


    Der Schreibstil ist recht nüchtern und etwas distanziert. Meist wird aus der Perspektive von Mélanie und Clara erzählt. Ich hätte mir gewünscht, dass die Kinder mehr zu Wort kommen, um ihre Gefühle mitzuerleben.


    Mélanie fühlte sich in ihrer Familie nicht wirklich geliebt. Sie war ein Fan von Reality-Shows und wollte genauso viel Aufmerksamkeit. Die bekommt sie nun auf Kosten ihrer Kinder. Ihr Youtube-Kanal ist erfolgreich und das Einkommen nicht zu verachten. Als Kimmy keine Lust mehr hat, schiebt sie es auf eine Laune und übersieht dabei, dass ihre Bedürfnisse und Träume nicht die von Kimmy sind.


    Die Polizistin Clara Roussel übernimmt diesen Fall. Es wird nicht leicht, denn wie soll man ein Motiv und einen Verdächtigen ausmachen, wenn die ganze Welt mit dem Leben der Kinder so vertraut ist. Mélanie ist verzweifelt und begreift nicht, was sie anders hätte machen können. Zum Glück geht Clara die Sache nüchtern an. Was sie herausfindet, ist wirklich tragisch.


    Später bekommen wir noch einen Einblick, wie die Kinder diese Medienpräsenz rückblickend sehen, denn das alles ist nicht einfach an ihnen vorbeigegangen. Sie haben dieses böse Spiel ihrer Mutter zuliebe mitgespielt.


    Dieser Roman ist bedrückend, spannend und macht nachdenklich.


    5ratten