Claude Cueni - Das große Spiel

Es gibt 7 Antworten in diesem Thema, welches 2.425 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von finsbury.

  • Hi!


    Seit dieser Woche steht «Das grosse Spiel» in den Buchläden. Ich habe es bereits gelesen und möchte es hier vorstellen.


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    Zum Inhalt:
    John Law war der Sohn des schottischen königlichen Münzprüfers William Law, von dem er nicht nur Geld und Titel erbte, sondern auch das Talent zum Kopfrechnen. Dieses gebrauchte er zunächst in Spielsalons, um blitzschnell die Wahrscheinlichkeit des Gewinnens oder Verlierens auszurechnen, was ihm einerseits beträchtliche Summen und andrerseits Feinde von der Verliererseite des Tisches einbrachte. Nach dem Duell mit einem solchen Feind wurde John Law zum Tode verurteilt und floh aufs europäische Festland.
    Dort brütete er an einer Idee weiter, die er über die Jahre entwickelt hatte: Er wollte das Finanzsystem revolutionieren, indem nicht mehr Silbermünzen das alleinige Zahlungsmittel sein sollten, sondern Papiergeld. Das System gab es zwar schon in den Niederlanden, dort musste für eine Banknote allerdings der aufgedruckte Gegenwert in Silber vorhanden sein - beispielsweise im Tresor der Bank, die die Note ausgab. John Law hatte die Idee, dass man auch für Grund und Boden einen Wert definieren und diesen als Gegenwert für Banknoten brauchen könnte. Da Law mit dieser Idee seiner Zeit weit voraus war, war es entsprechend schwierig, das System in die Praxis umzusetzen - vor allem, weil man dafür einen ganzen Staat brauchte, der mitmachen würde. Law setzte seine Hoffnungen auf Frankreich, das nach dem Tod von Sonnenkönig Louis XIV. auf einem gewaltigen Schuldenberg sass.
    Nach langen Jahren des Hin und Hers war es schliesslich so weit: John Law durfte eine Privatbank eröffnen und Banknoten ausgeben - mit der Rückendeckung des Staates. In der Folge entwickelte sich durch die Gründung einer Handelsgesellschaft, an der man Beteiligungen kaufen konnte, so etwas wie der erste Aktienboom der Geschichte. Sogar Dienstboten konnten Millionäre werden (ein Wort, das zu dieser Zeit übrigens ein erstes Mal auftauchte) und so kam es, wie es kommen musste: Inflation, Zusammenbruch des Systems, Rückkehr zum Münzgeld und ein John Law, der in Ungnade gefallen war.


    Meine Meinung:
    Diese wahre Geschichte hat Claude Cueni nun in einem biografischen Roman aufgearbeitet, der dem Leser einen Mann mit schillerndem Charakter näherbringt. Die Fakten des Romans sind gut recherchiert, auch wenn Cueni da und dort zugunsten der Dramaturgie ein wenig vereinfachen und kürzen musste.
    Es ist schwierig, das Leben einer historischen Persönlichkeit und ihres Umfeldes zu beschreiben, sie gleichzeitig lebendig werden zu lassen und obendrein noch eine gute Geschichte zu erzählen. Claude Cueni ist das in «Das grosse Spiel» weitgehend gelungen. Man leidet und hofft mit John Law mit und will selber erfahren, ob seine gewagten Ideen vom Papiergeld tatsächlich etwas taugen - auch wenn man die Antwort beim Blick ins eigene Portemonnaie schon zu kennen glaubt. Ein Grund dafür ist die Charakterisierung von John Law: Cueni serviert uns einen Mann, der auf der einen Seite mit eiserner Disziplin sein Ziel verfolgt und sich auch durch Rückschläge niemals entmutigen lässt (Motto: «Die wenigsten Menschen scheitern. Sie geben nur zu früh auf.») Auf der anderen Seite geht er aber auch gerne Ausschweifungen nach und kann Frauen selten widerstehen. Leider ist das nur in der ersten Hälfte des Buches wirklich spannend. Danach kann man Laws Reaktionen ziemlich präzise voraussagen, das Überraschungsmoment fehlt weitgehend.
    Besser gelungen sind die Nebendarsteller, insbesondere der Pariser Polizeipräfekt d'Argenson, der John Law gegenüber äusserst skeptisch ist und ihn am liebsten nur noch von hinten sehen würde. Er ist von allen Gegenspielern Laws derjenige, dem man am ehesten zutrauen würde, ihm zu schaden. Leider sind seine Auftritte im Buch kurz, dafür wird der Leser immer wieder mit dem unsäglichen George Lockhart of Carnwath konfrontiert. Ein Feind aus Jugendtagen, der ein Duell (und ein Ohr) gegen Law verloren hat und so etwa alle 100 Seiten auftaucht, um sich dafür zu rächen. Leider sind die Begegnungen mehr Störfaktor als spannungserzeugendes Element. Ein Nebenplot, den sich der Autor hätte sparen können, zumal er auch keine tieferen Einsichten über John Laws Charakter zutage fördert.
    Insgesamt darf «Das grosse Spiel» aber als gelungener historischer Roman bezeichnet werden, der einem neben der abwechslungsreichen Lebensgeschichte John Laws auch noch Material zum Nachdenken über Aktienkurse, Börsenbooms und -crashs gibt. Am stärksten ist die Geschichte nämlich dann, wenn die Protagonisten von der harten Realität eingeholt werden und sich damit arrangieren müssen.


    4ratten


    Liebe Grüsse


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

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    Kurzbeschreibung [amazon.de]
    Ein genialer Jongleur zwischen Geld und Liebe. Eine unglaubliche, aber wahre Geschichte.


    Begnadeter Spieler, legendärer Frauenheld, brillanter Mathematiker - John Law war die schillerndste Figur seiner Zeit. Claude Cuenis großer historischer Roman erzählt die fesselnde Geschichte eines Genies, das für eine atemberaubende Idee sein Leben und ein ganzes Land aufs Spiel setzte.


    1671 in Edinburgh geboren, verspielt John Law bereits in jungen Jahren das Vermögen seines Vaters. Draufgängerisch auch sein Umgang mit den Frauen. Scharen von gehörnten Ehemännern frohlocken, als Law nach einem Duell mit tödlichem Ausgang das Land verlassen muss. Während seiner Flucht quer durch Europa kommt ihm die bahnbrechende Idee, Geld nicht länger mit den immer knapper werdenden Edelmetallen zu decken. John Law erfindet das Papiergeld, doch seine Idee findet kein Gehör. Erst als er Anfang des 18. Jahrhunderts nach Frankreich gelangt, bekommt er seine Chance. Der Herzog von Orléans, gerade zum Regenten gekürt, findet Gefallen an der Vorstellung, die enormen Staatsschulden quasi per Druckerpresse zu tilgen. 1716 gründet Law die Banque Royale und gibt erstmals Papiergeld aus. Seine Idee bewährt sich, der Handel blüht, und John Law häuft ein Vermögen an, das ihn zum reichsten Mann seiner Zeit macht, ja vielleicht zum reichsten Mann, der jemals gelebt hat. Doch irgendwann holt ihn seine Spielernatur ein. Ein leidenschaftlicher historischer Roman.




    Meine Eindrücke


    Als ich bei einem meiner letzten zahlreichen Buchstöberaktionen bereits mit einem grossen Stapel die Regale abklapperte auf der Suche nach neuem historischen Abenteuerstoff, stiess ich dabei auf diesen Roman. Aufgrund zweier sehr interessanter, vielversprechender Pressestimmen verbunde n mit der Tatsache, dass ich es so langsam halbwegs eilig hatte, nahm ich ihn mit, was sich als
    goldrichtig herausgestellt hat.
    Diese Pressestimmen von der Welt am Sonntag und der Sonntagszeitung bezeichneten Claude Cueni als neuen Star auf dem Markt der heiss umkämpften historischen Romane, wobei ich da nur zustimmen kann und die Welt am Sonntag sagte, dass die Entstehung des Finanzsystems wohl noch nie so spannend beschrieben wurde, was mich sehr neugierig machte.


    Der Aufstieg und, leider sozusagen, auch der Fall des John Law ist wirklich mitreissend beschrieben, man fiebert mit ihm mit ohne Ende, man fühlt sich perfekt in das Europa, genauer das Schottland, England, Frankreich und Italien des 17./18. Jh. hineinversetzt.
    All die Hindernisse und Schwierigkeiten, die John Law überwinden muss, um der zu werden, der er ist und um eben sein revolutionäres Finanzsystem einzuführen, sind zwar hie und da womöglich etwas zu schnell überwunden und könnten alles in allem vielleicht doch etwas ausführlicher beschrieben werden, wobei alles in allem der Werdegang, wie gesagt, einfach hervorragend beschrieben ist. Abgesehen davon könnte man von diesem Mann bzw. der Geschichte ein Epos schreiben, wogegen selbst Krieg & Frieden und die Wohlgesinnten zusammen wie ein Reclam-Heftchen aussähen.


    Weiterer Punkt, den man anführen könnte, ist, dass mir persönlich ein wenig zu sehr all die Eskapaden, Orgien, Ausschweifungen etc. pp geschildert werden, sprich für mein Empfinden hätte auch hier der Schwerpunkt ruhig noch mehr auf die finanziellen, wirtschaftlichen und politischen Aspekte gelegt werden können, wobei man allerdings sagen muss, dass das keine Kritik an dem Schreibstil oder dem inhaltlichen Aufbau sein kann, sondern so ist wohl die Zeit damals bei Ludwig XIV., dem "Sonnenkönnig", gewesen und immerhin verkehrt John Law einen großen Teil des Buches in der französischen Monarchie bzw. quasi den gesamten Roman über in den damaligen adeligen, gut betuchten Kreisen, ob in London, Paris oder Venedig.


    Am Ende des Tages bleibt nur zu sagen, dass es historisch gesehen mordsmäßig spannend ist und man sich zum anderen wunderbar in die Handlung und die Charaktere, vor allem selbstverständlich die Hauptcharaktere, hineinversetzen kann und mit Leib und Seele dabei ist. Somit sind eigentlich die beiden Kriterien eines erstklassigen historischen Romans mehr als erfüllt und ich kann nicht anders, als sage und schreibe folgende Wertung zu vergeben:


    5ratten:tipp:




    LG

    Einmal editiert, zuletzt von Hildegunst ()

  • Hi Hildegunst!


    Freut mich, dass dir "Das grosse Spiel" auch gefallen hat. Wer weiss, vielleicht findet es nach deiner begeisterten Rezi sogar noch mehr Leser in diesem Forum :klatschen:


    Lieber Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Alfa_Romea: Dann schau mal hier :breitgrins:

    Books are the ultimate Dumpees: put them down and they’ll wait for you forever; pay attention to them and they always love you back.<br />John Green - An Abundance of Katherines<br /><br />:lesewetter: Caprice

  • Das grosse Spiel als zweiter Teil der Geschichte des Geldes - ich fand es nicht so berauschend.

    Wenn man nah an der Wahrheit bleiben will, muss man sicherlich Abstriche machen bei Spannung und Action. Daher ist es sicher nicht so verwunderlich, wenn es mir oft trocken und langweilig vorkam.


    Aber diese möchtegern "erotischen" Szenen waren recht abstoßend. Absicht?


    Mein Fall war das Buch nicht.


    1ratten:marypipeshalbeprivatmaus:

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Ich hab das Hörbuch gehört und habe mich währenddessen sehr gut unterhalten gefühlt. Die erotischen Szenen habe ich auch gar nicht wahrgenommen. Vielleicht würden die weg gekürzt oder gingen einfach unter beim Hören?

  • Der Roman ist nun nach zwölf Jahren SUB von mir gelesen worden. Im Wesentlichen stimme ich den Ausführungen von Alfa_Romea zu. Ich spare mir die zweimal geleistete inhaltliche Darstellung.


    Die wirtschaftshistorischen Hintergründe des Romans werden verständlich und dennoch unterhaltsam dargelegt, allerdings manches Mal nicht genau genug. So ist das Platzen der Mississippi-Blase, der ersten großen Aktienspekulation, nicht so ganz schlüssig dargestellt worden, weil sich das Problem der Inflation aufgrund des Nachdrucks nicht gedeckter Scheine mit dem Aktienboom vermischt.

    Der Protagonist, John Law, ist mir auch zu sehr Held und Gutmensch, obwohl er selbst am meisten von seinem mathematischen und ökonomischen Talent profitiert. Und wie Alfa_Romea oben schreibt, erscheinen mir so einige Nebenhandlungen, insbesondere auch die mit George Lockhart, aber auch die Auftritte von John Laws missgünstigem Bruder obsolet, weil sie die Geschichte nicht voranbringen, sondern unnötig John Laws unwahrscheinliches Heldentum und Großmut herausstreichen. Die erotischen Szenen, die weniger explizit als dekorativ angelegt wirken, mögen tatsächlich auf damaligen Gepflogenheiten beruhen, wirken aber auch ansatzweise frauenfeindlich, weil Frauen in dem Roman fast nur auf Objektniveau vorkommen, mal abgesehen von Laws Geliebter Catherine Knollys.

    Dennoch mal ein ungewöhnlicher Protagonist mit der Darstellung von Ereignissen innerhalb einer oft geschilderten Epoche, von denen man bisher wenig wusste.

  • Valentine

    Hat den Titel des Themas von „Claude Cueni - Das grosse Spiel“ zu „Claude Cueni - Das große Spiel“ geändert.