Charles Todd - Die zweite Stimme/A Test of Wills

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    Inspektor Ian Ruthledge nimmt seinen Dienst bei Scotland Yard wieder auf. Äußerlich unverändert, ist er jedoch traumatisiert von den Ereignissen des ersten Weltkriegs. Und er ist nicht mehr alleine: Hamish, ein Soldat den er erschiessen liess, ist immer bei ihm: als Stimme in seinem Kopf.


    So wird er in ein englisches Dorf geschickt um einen Mord aufzuklären: ein altgedienter Soldat wurde erschossen und der Täter scheint schon festzustehen. Doch der angebliche Täter ist ein hochdekorierter Kriegsheld und so wird dem Leser schnell klar, dass Ruthledge nicht geschickt wurde, um den Fall aufzuklären sondern um sich zu blamieren und seinen Platz bei Scotland Yard für einen ehrgeizigen Kollegen frei zu machen.


    Charles Todd beschreibt das Leben in dem kleinen Dorf sehr anschaulich: das Mißtrauen, das dem Ermittler aus London von den Bewohnern entgegengebracht wird und das Bestreben, den Tatverdächtigen zu entlasten und den Mord dem ungeliebten Quertreiber des Dorfes in die Schuhe zu schieben.


    Der einzige Zeuge scheint Hickam zu sein, der vom Krieg genauso gezeichnet ist wie Ruthledge. Doch während Ruthledge seinen Kampf alleine ausfechten kann, leidet Hickam unter einer Schützengrabeneurose. Er ist in seinem Kopf immer noch in Frankreich und versucht, seinen Schmerz mit Alkohol zu betäuben. Somit ist er als Zeuge wertlos, aber er bringt Ruthledge immer wieder dessen eigenes Grauen zurück.


    Langsam beginnt der Inspektor, die Zusammenhänge in dem kleinen Dorf zu verstehen, doch er kommt der Lösung des Falles keinen Schritt näher. Es scheint, als ob er sein Gespür für das Verbrechen verloren hat...


    Mein Fazit:
    Dieses Buch ist für mich das stärkste aus der Reihe um Inspektor Ian Ruthledge, das ich bis jetzt gelesen habe. Charles Todd beschreibt sehr eindrucksvoll, wie der Krieg den Inspektor, aber auch die Menschen in dem kleinen Dorf verändert hat. Die Lösung des Falls ist sehr überraschend, trotzdem aber nicht weit hergeholt, deshalb bekommt das Buch von mir uneingeschränkte 5ratten


    Liebe Grüße
    Kirsten


    Englischen Titel ergänzt. LG, Valentine

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

    Einmal editiert, zuletzt von Valentine ()

  • Ich hab die Serie im Original gelesen und finde, sie gehört zum besten, was die Krimiliteratur derzeit zu bieten hat. In diesen Romanen geht es nicht nur um spektakuläre, eklige Morde, Foltermethoden und psychotische Killer, sondern um zwischenmenschliche Konflikte.
    Spannend ist auch, wie sich Rutledge's Verhältnis zu seiner "inneren Stimme" Hamish, dessen Tod Rutledge verschuldet hat, im Laufe der Reihe verändert. Aber dazu will ich lieber nicht zu viel verraten. :)


    Schade dass in Deutschland die Reihe zuerst ab dem 2. Band veröffentlicht wurde und dieser zum Verständnis wichtige erste Roman erst mit langer Verspätung rauskam. Der zweite ist auf Deutsch jetzt leider oop, wahrscheinlich weil ab dem dritten ein anderer Verlag die Reihe übernommen hat. Aber es ist ihnehin ein Gewinn, die Reihe im Original zu lesen. :winken:


    Charles Todd ist übrigens ein Autorenpaar bestehend aus Mutter und Sohn. Auf ihrer Website (http://www.charlestodd.com) schreiben sie:
    "Charles and Caroline Todd live on the East Coast of the United States. They share a love of history, old movies and English authors. Caroline read bedtime stories to Charles that included Shakespeare, Robert Louis Stevenson and Sir Arthur Conan Doyle. Caroline has a BA in English Literature and History, and a Masters in International Relations. Charles has a BA in Communication Studies with an emphasis on Business Management, and a culinary arts degree that means he can boil more than water. Caroline has been married (to the same man) for umpteen years, and Charles is divorced."


    Meine Meinung zu "A Test of Wills"/"Die zweite Stimme": 5ratten
    (Ich weiss allerdings nicht, wie gut die Übersetzung ist)

  • Hallo!


    Geli: danke für die Info über die Autoren :winken:


    Ich habe die Reihe nicht mit dem ersten Band angefangen und obwohl ich das Verhältnis von Hamish und Ruthledge immer verstanden habe hatte ich doch einen kleinen "aha-Effekt" nach dem ersten Buch. Vieles in Ruthledges Verhalten wurde mir dadurch klarer.


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.


  • Schade dass in Deutschland die Reihe zuerst ab dem 2. Band veröffentlicht wurde und dieser zum Verständnis wichtige erste Roman erst mit langer Verspätung rauskam. Der zweite ist auf Deutsch jetzt leider oop, wahrscheinlich weil ab dem dritten ein anderer Verlag die Reihe übernommen


    Der erste Band bei Heyne war 2003 "Auf dünnem Eis" (Legacy of the dead), Band 4 in der Reihenfolge. Ich war einfach nur begeistert und entdeckt doch tatsächlich einen älteren Band im SUB: "Englisches Requiem" (Wings of fire) 2000 bei Goldmann erschienen. Davon war ich dann doch enttäuscht, da hier Hamish überhaupt nciht vorkam. Der Roman war nicht schlecht, aber das was mich an "Auf dünnem Eis" begeistert hatte, fehlte einfach. Gottseidank blieb er der einzige ohne Hamish.


    Möglicherweise war aber gerade das Fehlen von Hamish der Grund für das Vorziehen bei der Veröffentlichung, da die anderen als zu "mystery" angesehen wurden.
    Warum allerdings Heyne dann ebenfalls etwas durcheinander veröffentlichte bleibt wohl deren Geheimnis


    Veröffentlichungen bei Heyne
    07/2003 Band 4 - Auf dünnem Eis - Legacy of the dead
    03/2004 Band 5 - Seelen aus Stein - Watchers of time
    11/2004 Band 6 - Stumme Geister - A fearsome doubt
    05/2005 Band 3 - Dunkle Spuren - Search the dark
    11/2005 Band 1 - Die zweite Stimme - A test of wills
    07/2006 Band 7 - Kalte Hölle - A Cold Treachery
    08/2007 Band 8 – Zeit der Raben - A Long Shadow


    03/2008 erscheint Schwarze Spiegel – A false mirror


    Veröffentichungen bei Goldmann
    Band 2 - Englisches Requiem - Wings of fire



    Auf jeden Fall sind die Romane des Duos "Charles Todd" eine absolute Leseempfehlung für alle, denen die ewigen Serienkiller- und Pathologen-Gemetzel oder Welterrettungs-Thriller langsam auf den Geist gehen


    meint Dyke

  • Hallo!


    dyke: danke für den Tipp :winken: Ich habe mich gleich nach "Englisches Requiem" im Internet umgeschaut aber die Preise, die dort verlangt werden sind verrückt (vor allem, weil alle angebotenen Bücher in schlechtem Zustand waren :grmpf:)


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Dass Ermittler in Kriminalromanen immer ein mehr oder weniger schlimmes Schicksal hinter sich haben und darunter leiden, ist mittlerweile ja schon normal. Alkoholsucht; Trennungen; zu viele, dem Ermittler nahe stehende, Leichen in der Vergangenheit, das ist alles schon oft genug da gewesen. Mit Inspektor Rutledge führt Charles Todd eine interessante, andere Variante des gebeutelten Ermittlers ein: Rutledge ist vor kurzem aus dem ersten Weltkrieg zurückgekehrt und leidet unter einen Schützengrabenneurose, die außer einer Klaustrophobie auch noch zur Folge hat, dass er Stimmen hört. Eine Stimme um genau zu sein, nämlich die von Hamish, für dessen Tod er sich verantwortlich fühlt und der im Gegensatz zu Rutledge selber aus der Unterschicht kommt und nicht an hämischen Kommentaren über die „Bonzen“ spart.


    Der Fall, den Rutledge in der Provinz lösen soll, bietet auch noch entsprechende Verwicklungen, da Opfer und Hauptverdächtiger beide erfolgreiche Kriegshelden sind und der einzige Zeuge, der den Verdächtigen belastet, selbst seit der Rückkehr aus dem Krieg geistig nicht mehr voll zurechnungsfähig ist, weil er die Schrecken des Krieges nicht vergessen kann und sich vor den ihn überwältigenden Erinnerungen in den Alkohol flüchtet. Ein missgünstiger Vorgesetzter sieht die ideale Gelegenheit Rutledge ganz schnell wieder aus dem Polizeidienst verschwinden zu lassen. Inspector Rutledge läuft auch tatsächlich die meiste Zeit relativ planlos durch die Gegend, in seine inneren Kämpfe zu sehr verstrickt, um sein, früher so geschätztes, intuitives Verständnis für Verbrechen einsetzen zu können. Natürlich kommt das Buch, wie es sich für einen klassischen Krimi gehört zu einem ordentlichen Abschluss, wenn auch vielleicht nicht so, wie der Leser es am Anfang vermutet hätte.


    Rutledge war mir sehr sympathisch und auch der Stil, in dem der Autor das Innenleben seines Inspectors dargestellt hat, gefiel mir sehr gut. Der Ermittler ist einfach anders genug, um bei einem ländlichen Mord in einem Dorf voller Gerüchte, Animositäten und Vorurteile das Interesse an der Geschichte am Leben zu halten, auch wenn im Fall selber sehr lange keine neuen Erkenntnisse aufkommen. Es war sehr schön, die Veränderungen in Rutledge zu beobachten und Hoffnung für seine geistige Gesundheit zu schöpfen. Auch wenn ich diese klassischen, englischen Krimis normalerweise todlangweilig finde, die nächsten Bände dieser Reihe werde ich sicherlich auch noch lesen.


    4ratten

  • Hallo,


    "Auf dünnem Eis" habe ich neulich gelesen, fand die Atmosphäre des ländlichen Englands aus dem Anfang des 20. Jahrhunderts recht sympathisch, allerdings fand ich den Plot nicht ganz so toll und auch Inspektor Rutledge trotz "Hamish" nicht sehr fesselnd. Ich werde wohl keine weiteren Bände der Reihe lesen.


    HG
    finsbury

  • Ich bin ja inzwischen ein absoluter Charles Todd Fan geworden (irgendwie les ich grad nur noch Rudledge Romane :breitgrins: )


    Hier meine Meinung:


    Dieser erste Roman der Rudledge-Reihe hat mir sehr gut gefallen. Der Leser wird lange an der Nase herumgeführt und erst am Ende kommt Rudledge auf eine Lösung die den Leser vollkommen überrascht. Irgendwie fand ich sie aber auch etwas konstruiert. Dennoch fand ich den Roman absolut spannend und es machte mir Spaß weiter zu lesen. Obwohl die Handlung sich erst nach und nach entwickelt hat man zu keiner Zeit das Gefühl es gäbe große Längen, da die Autoren eine gesunde Mischung der Kriminalhandlung und Rudledges Person gestalten.
    Über Inspektor Rudledge erfährt der Leser hier sehr vieles etwas ausführlicher, schließlich wird die mit Die zweite Stimme diese Figur eingeführt. Im Hinblick auf die nachfolgenden Romane lässt dies seine Figur verständlicher werden und gerade seine gesamte Handlungsweise wird sehr viel klarer.


    Auch die Anderen Figuren kommen nicht zu kurz, Todd deckt nach und nach Abgründe in dem beschaulichen Dorf auf und gerade die Familie des Opfers wird sehr genau beleuchtet. Die Beschreibungen sind irgendwie sehr plastisch und man kann sich das Ganze sehr gut vorstellen, beim Lesen hatte ich das Dorf genau vor Augen und auch die Landschaft die es umgibt. Das hat mir sehr gut gefallen und das Lesevergnügen noch gesteigert.


    Das Autorenduo schafft eine Atmosphäre, die einen in den Krimi eintauchen lässt und man ihn nur sehr schwer weglegen möchte. Daher bin ich einmal mehr von dieser Reihe überzeugt worden!


    4ratten

  • Hallo!


    Ich hatte mich schon auf einen neuen Fall für Inspektor Ruthledge gefreut :sauer: Wieso wird das Buch unter einem anderen Titel herausgegeben?


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo Kirsten,


    der Originaltitel lautet Wings of Fire - da passt der deutsche Titel von Heyne besser als der von Goldmann damals.
    Ich dachte ja auch, es wäre ein neuer. Schade!

  • Naja,des einen Leid, des anderen Freud!
    Ich hatte ansonsten geplant, mir den einen Teil auf Englisch zu besorgen, die anderen Teile habe ich alle auf deutsch, jetzt warte ich also ganz entspannt, bis ich den zweiten Teil auch auf deutsch kriege!


    yanni: ich hätte euch natürlich auch einen neuen Teil auf deutsch gegönnt, vielleicht kommt da ja noch was!


    Gruß
    Bibse

    Wear the old coat and buy the new book (Austin Phelps)


  • yanni: ich hätte euch natürlich auch einen neuen Teil auf deutsch gegönnt, vielleicht kommt da ja noch was!


    Ich kann warten und gönne es natürlich allen endlich den zweiten Teil zu bekommen. Bei mir steht er als Goldmann-Ausgabe im Regal und es war gar nicht so leicht da dranzukommen.


    Lieben Gruß
    yanni

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    Inspector Ian Rutledge ist zurück im Dienst. Zwischen seiner Rückkehr und seinem letzten Fall liegen fünf Jahre und ein Weltkrieg. Ein Krieg, der ihn seine Beziehung und vor allem seinen Seelenfrieden gekostet hat. Immer noch verfolgt ihn Hamish, der junge Schotte, den er wegen Befehlsverweigerung erschießen musste. In Form von Halluzinationen begleitet er ihn auf Schritt und Tritt, ganz besonders in Stresssituationen.


    Doch davon weiß keiner, nicht einmal (bzw. schon gar nicht) sein Vorgesetzter, als der Rutledge nach Warwickshire schickt, um den Mord an einem Weltkriegsveteranen aufzuklären, der unter undurchsichtigen Umständen erschossen wurde. Unter Verdacht steht unter anderem Mark Wilton, ein hochdekorierter Militärflieger, der das Mündel des Toten heiraten wollte und in den allerbesten Kreisen des Landes verkehrt. Man munkelt, dass sogar der Prince of Wales zu seinen Freunden gehört. Da darf sich Scotland Yard eigentlich keinen Fehler erlauben. Und wenn doch etwas schiefginge, wäre der schweigsame Inspector das perfekte Bauernopfer, denkt sich Rutledges Chef.


    Vor Ort stößt Rutledge auf einiges Misstrauen gegenüber diesem Fremden, der den schockierenden Mord aufklären soll. Einige scheinen wild entschlossen zu sein, Wilton um jeden Preis reinzuwaschen, doch die Lösung, die man ihm förmlich aufdrängt, kommt ihm ein bisschen zu einfach vor. Welches Motiv sollte Daniel Hickam haben, der als seelisches Wrack aus dem Krieg zurückgekehrt ist und praktisch immer betrunken? Könnte er nicht vielmehr ein wertvoller Zeuge sein?


    "A Test of Wills" ist zwar nicht von einem Einheimischen geschrieben ("Charles Todd" ist ein amerikanisches Autorenduo), aber trotzdem ein perfekter Vertreter des traditionellen britischen Kriminalromans: ein kleines Städtchen, eine Gemeinschaft, die sich zwar untereinander beileibe nicht immer grün ist, Fremden jedoch argwöhnisch gegenübersteht und nach außen hin erst einmal zusammenhält, ein Verdächtigenkreis in bester Agatha-Christie-Manier, ein Ermittler mit ungewöhnlichem persönlichem Background und eine eher leise Art von Spannung, die keine blutrünstigen Schilderungen braucht, um zu funktionieren. Am Ende steht dann auch eine ziemlich überraschende Auflösung.


    Alles richtig gemacht, könnte man meinen. Leider hat mich die Figur Ian Rutledge aber nicht 100% überzeugen können. Ich hatte zwar durchaus Mitgefühl mit diesem gebrochenen Mann, der mit den schlimmen Nachwehen des Krieges zu kämpfen hat und ständig an sich selbst zweifelt, vor allem, als sich der Ermittlungserfolg nicht gleich einstellen will, aber er erschien mir ein bisschen zu holzschnittartig. Diesen Eindruck kann ich an nichts Bestimmtem festmachen, aber andere Bücher über vergleichbare Charaktere fand ich besser gelungen. Vielleicht lag mein Hauptproblem darin, dass Hamish sich immer wieder zu Wort meldet und zur Situation passende Bemerkungen macht, die Rutledge wirklich zu hören glaubt. Ich weiß nicht, wie wahrscheinlich eine solche Form der Halluzination ist, aber es wirkte hier auf mich an einigen Stellen zu konstruiert.


    Nichtsdestotrotz ein solider, spannender Krimi. Das Setting kurz nach dem 1. Weltkrieg hat mir durchaus gut gefallen.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





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