Zeruya Shalev - Späte Familie

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  • So schnell lässt mich das Buch nicht los, es beschäftigt mich noch sehr!


    Die Vorliebe Odeds für Hochprozentiges (v.a. Whisky) ist mir auch aufgefallen! Ist wohl auch eine Flucht für ihn, die dann im totalen Zusammenbruch endet. Auch Orna ist eine Frau mit viel Hausverstand, solche "Ratgeberinnen" hätte Ella in unmittelbarer Nähe gebraucht!


    Außerdem ist mir noch aufgefallen, wie schnell Kinder mit neuen Situationen zurecht kommen. Gilli hat das neue Leben akzeptiert, hätte sich wohl rasch eingelebt. Ein Zeichen dafür ist, dass er - als Ella mit ihm aus der Wohnung flüchtet und Pizza-Essen gehen will - er eine Familienpizza bestellen will, die dann gemeinsam mit dem Rest der "späten Familie" gegessen wird.


    Noch einmal möchte ich den Vergleich mit der Archäologie, der Insel Thera erwähnen. Im letzten Kapitel spricht Ella davon, dass sie eigentlich nicht mehr weiß, warum sie sich von Amnon getrennt hat, es sei "wie eine Naturgewalt hereingebrochen". Vielleicht hat sie doch das Glück zu schnell weggeworfen, war die Trennung doch nur aus einer Laune heraus? Ich möchte sogar behaupten, sie hat sich aus Bequemlichkeit von Amnon getrennt. Dass die Beziehung so nicht hätte weiter gehen können, ist klar. Es hätten sich beide - v.a. auch Ella - ändern müssen, denn Ella ist mit ihrer Unentschlossenheit, ihren Launen und ihrer Selbstsucht sicher kein sehr angenehmer Ehepartner gewesen.

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Ich habe jetzt noch ein bisschen über die Autorin nach gelesen. Vielleicht ganz interessant, dass sie in dritter Ehe verheiratet ist, 2 Kinder von verschiedenen Ehemännern hat. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass die Frau wirklich das alles selber mitgemacht hat, was sie da beschreibt! Sie ist übrigens die Cousine von Meir Shalev, der ja auch hier im Forum schon des Öfteren erwähnt wurde!


    Link zu wikipedia


    Und was ich noch sagen wollte: Danke für diese wundervolle Leserunde!

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative


  • Und was ich noch sagen wollte: Danke für diese wundervolle Leserunde!


    Da schließe ich mich aus vollstem Herzen an :klatschen: :knuddel: Ihr wart/seid toll!


    So detailliert und einfühlsam, wie Zeruya Shalev das Seelenleben ihrer Protagonistinnen schildert, die darüber hinaus noch gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, legt wirklich nahe, dass sie vieles selbst erlebt hat, was sie beschreibt.


    Übrigens: wo Ihr es geschrieben hattet, ist mir das mit dem Whisky auch wieder eingefallen :redface:


    Aus eigener Erfahrung mit meinem Schatz kam mir auch seine Aussage bekannt vor, dass er sich am Wochenende nicht gerne mit Menschen umgibt, die auf ihn einreden, weil er während der Woche des Berufs wegen schon so viel erzählt bekommt...


    Vielleicht hat sich Ella zuviel von der Trennung versprochen, eine Lösung all ihrer Probleme, weil sie nicht erkannt hat, dass diese teilweise wohl auch in ihrer Persönlichkeit begründet lagen :schulterzuck: Ich glaube allerdings auch nicht, dass sich Amnon großartig geändert hätte und wünsche ihr trotz allem, dass sie und Oded letztendlich miteinander glücklich werden. (An diesem Satz erkennt man, dass sie mir schon fast real erscheint...)

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen






  • So detailliert und einfühlsam, wie Zeruya Shalev das Seelenleben ihrer Protagonistinnen schildert, die darüber hinaus noch gewisse Ähnlichkeiten aufweisen, legt wirklich nahe, dass sie vieles selbst erlebt hat, was sie beschreibt.


    Das erklärt es wirklich. Beim lesen habe ich so vieles wieder erkannt, dass man durchmacht, wenn man sich trennt.


    Ich glaube auch, dass sich Ella einfach zu viel von einer Trennung versprochen hatte, ohne sich über die Konsequenzen klar zu sein. Schade, dass sie es verpaßt hatte erst mit sich selbst im reinen zu sein, bevor sie sich auf eine neue Beziehung eingelassen hatte. Wie es mit ihr und Oded weitergehen wird? Ich weiß es nicht. Zumindest hat Ella einige Einsichten über sich und ihre Beziehung(en) gewonnen. Die Frage bleibt offen, ob sie diese Einsichten auch umsetzen wird.


    Es hätten sich beide - v.a. auch Ella - ändern müssen, denn Ella ist mit ihrer Unentschlossenheit, ihren Launen und ihrer Selbstsucht sicher kein sehr angenehmer Ehepartner gewesen.


    Da kann ich dir nur Recht geben!


    Ich fand es auch sehr interessant, dass sich die Kinder in dieser neuen Situation besser einlassen konnten, als die Erwachsenen. Sie haben viel eher eine Möglichkeit des aufeinander zugehens gefunden. Vielleicht weil es bei ihnen noch nicht so sehr auf das "Gewinnen" ankommt und sie eher mal einen Schritt zurückgehen können?


    Wie man sieht, mich beschäftigt das Buch auch noch. :smile:


    Da schließe ich mich aus vollstem Herzen an :klatschen: :knuddel: Ihr wart/seid toll!


    Und ich mich auch :winken:

  • Hallo,
    ich habe heute Abend auch das Buch beendet und es hat mir sehr gut gefallen, in allen Punkten: Von der Geschichte an sich und deren Ende, weil es so auch im wahren Leben geschehen kann, nämlich ohne pompöses Happy End, aber trotzdem nicht ohne Hoffnung, daß die Charaktere so glaubhaft waren, weil sie nicht strikt in gute und schlechte Charaktere unterteilt waren, sondern wieder jeder Mensch beide Eigenschaften beherbergen, die einfach unter schwierigen Bedingungen extrem zum Vorschein kommen, da man dann einfach nicht mehr die Kraft hat sich zu verstellen und es einem letztendlich egal ist, ob man einen guten Eindruck hinterläßt oder nicht. Auch diese für Zeruya Shalev gewohnte Erzählweise in der 1. Person Präsens, die eine extreme Bindung an die Protagonisten herstellt, da man das Gefühl hat in diesem Moment ganz nah dabei zu sein. Die Gedankengänge die darurch zum Vorschein kommen und die selten im Leben ein Mensch zugeben würde, weil man sich dabei zu sehr offenbaren würde, aber sich glaube ich keiner davon freisprechen kann, nämlich sehr oft wider guten Wissens absolut irrational zu handeln und zu denken. Ich glaube das schafft auch diese Nähe, da man sich sehr oft wiedererkennt und es einem ziemlich unter die Haut geht.
    Diese Geschichte ist so geschrieben, daß man durchaus sagen kann, genauso kann es sich zutragen. Eine der wenigen Geschichten, die da anfängt, wo normalerweise andere aufhören. Man wird bestätigt, da Menschen, die nach außen hin starkt und beschützend wirken im Inneren tief verletzlich und verstört sind. Der äußere Schein trügt sehr oft und man sollte sich gut überlegen, ob das was man sich wünscht und ersehnt realisierbar ist und nicht versuchen es mit brachial Gewalt durchzusetzen. Man ist kein Versager, wenn eine Beziehung zerbricht, man ist einfach ein normaler Mensch, der sich weiterentwickelt und manchmal entwickeln sich zwei Menschen nicht wie gewünscht auf einander zu, sondern von einander weg. Das Beziehung ein Gratwanderung ist. Man muß ein Stück von sich aufgeben um auf den anderne zuzugehen, aber es muß im Gleichgewicht bleiben. Beide müssen sich aufeinander zubewegen und ihre Abstriche machen. Wird diese Aufgabe nur einem zugesprochen, dann verliert er sich selbst und ist nicht mehr der Mensch um dessen Willen man sich verliebt hat.


    Dieses Buch hat mich ganz besonders berührt und sehr beschäftigt und ich habe keine einzige Seite bereut zu lesen.
    Ganz eindeutig und ohne eine Sekunde zu zögern: 5ratten


    Danke Zeruya Shalev und danke Euch allen für diese schöne Leserunde. Ich wage zu hoffen, daß es nicht die letzte war. :breitgrins:
    Tina