Victor Hugo - Die Elenden (3. Teil Marius, 5. bis 8. Buch)

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  • Das ist ja vielleicht ein ereignisreicher Teil - besonders in Buch 8 ist mir zwischenzeitlich fast das Herz stehen geblieben. Aber der Reihe nach:


    6. Buch
    Der arme Marius... Da findet er die Liebe seines Lebens, traut sich nicht, sie anzusprechen und dann verschwindet sie wieder. Allerdings kommt es mir aus heutiger Sicht reichlich bescheuert und verklemmt vor, die Angebetete jeden Tag stundenlang zu belauern und keine Partei unternimmt einen Versuch, sich einander anzunähern. Cosette - oder momentan Ursule - muss doch gemerkt haben, dass sie einen Verehrer hat. Und wenn er Valjean nicht passt, weshalb verjagt er ihn dann nicht? Er merkt ja auch, dass sie von Marius belagert werden und verschwindet schliesslich.
    Schön ist dagegen, wie Hugo den Zustand der ersten Verliebtheit beschreibt - da werden Erinnerungen wach... :rollen: :smile:




    8. Buch
    Zunächst mal: :entsetzt: :entsetzt: :entsetzt:
    Eine kleine Kritik vorweg: Da sind schon arg viele Zufälle im Spiel, die am Ende buchstäblich (fast) alle Hauptdarsteller in einem Raum versammeln. Dass Marius gleich Tür an Tür mit dem von ihm so lange gesuchten Thénardier wohnt, ist ja schon fast zu viel. Dass der Polizist auf der Wache dann gleich noch Javert ist - gut, der tut in dem Quartier Dienst, bekommt den "Auftrag" von Marius aber auch nur, weil sein Chef grad weg ist. Fast zu schön, um wahr zu sein. Da kam, neben all dem Entsetzen, auch noch dieser Gesichtsausdruck :rollen: dazu.
    Andrerseits muss man sagen: Bei aller Übertreibung schön konstruiert. Auch wenn ich Marius' Zwickmühle nicht ganz so entsetzlich fand wie die Valjeans, als er seine wahre Identität vor Gericht zu Protokoll geben musste, um einen Unschuldigen zu retten, war es doch eine haarsträubende Situation. Lustig, dass man dabei als Leser in der eigenen Zwickmühle steckt: Thénardier würde man ohne weiteres opfern, aber das birgt das Risiko, Valjean wieder Javert auszuliefern. Einerseits war ich froh, dass Marius mit den Pistolen im Nebenzimmer stand, andrerseits hoffte ich die ganze Zeit, dass er sie nicht abfeuern würde. Solch atemlose Spannung empfinde ich selten beim Lesen - einfach grossartig :klatschen:
    Was mich aber am Ende stutzig gemacht hat: Wieso geht Thénardiers Waffe am Ende nicht los? Javert riskiert immerhin sein Leben, indem er ihn derart provoziert. Hat jemand eine Erklärung dafür, die ich vielleicht überlesen habe oder ist da einfach ein (weiterer) Zufall im Spiel?


    Liebe Grüsse


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • 6. Buch


    Also, das war ja nun doch, zumindest aus heutiger Sicht, sehr kitschig. Dieses von weiten Anhimmeln :rollen:. Na ja, anderes Zeiten andere Sitten.



    6. Buch
    Und wenn er Valjean nicht passt, weshalb verjagt er ihn dann nicht? Er merkt ja auch, dass sie von Marius belagert werden und verschwindet schliesslich.


    Ich denke Valjean kommt gar nicht darauf das Marius Cosette anhimmelt. Sondern er denkt das Marius ein Polizeispitzel ist. Der hinter ihm (Valjean) her ist.


    Ich stecke gerade mitten im 8. Buch und schreibe darüber später.


    Grüße
    Flor


  • 6. Buch


    Also, das war ja nun doch, zumindest aus heutiger Sicht, sehr kitschig. Dieses von weiten Anhimmeln :rollen:. Na ja, anderes Zeiten andere Sitten.


    Na, seid mal nicht so streng. :zwinker:
    Ich habe vor kurzem in einem Tagebuch geblättert (im Müll gefunden, geschrieben wurde es zwischen 1900 und 1914), da beschreibt der Verfasser, wie er über mehrere Wochen hinweg an einem Photoladen vorbei geht, um das Bild seine Angebeteten im Schaufenster zu bewundern. :breitgrins:


    Liebe Grüße


    Kirsten

  • 6. Buch
    @ Flor
    So anders sind die Zeiten heute auch nicht. Ich kenne jemanden, der ähnlich ist wie Marius und auch länger um seine Angebetete herumschlich, bis sich tatsächlich etwas entwickelte. Deshalb kann ich für Marius Verständnis aufbringen. Vielleicht bin ich ja etwas altmodisch, aber mir gefällt diese vorsichtige Anbahnung besser als das plumpe Anbaggern oder "schnell auf den Punkt kommen", das heutzutage üblich ist.


    8. Buch
    Hier kommt eine Spannung auf, die ich mir für so manchen modernen Thriller auch wünsche. Beim Überfliegen des Inhaltsverzeichnisses kam mir dieses 8. Buch sehr lange vor, aber es las sich weg wie nichts. Dass der liebe Thenardier hinter der ganzen Sache steckt, war eine absolute Überraschung für mich, vielleicht auch deshalb, weil es doch eher unwahrscheinlich ist, dass die beiden Tür an Tür wohnen. Ein weiterer unglaublicher Zufall war, dass Marius "plötzlich" das Loch in der Wand entdeckt, durch das man sogar das Klicken einer Pistole hören kann, und das ihm trotzdem all die Zeit vorher nicht aufgefallen ist. Da hätte sich Hugo schon etwas besseres einfallen lassen können.


    Raffiniert ist die Lösung, dass Hugo die ganze Verbrecherbande von Javert einfangen lässt und gleichzeitig Valjean ein Entkommen ermöglich. Das lässt eine ganze Reihe von Möglichkeiten offen.


    Ich muss sagen, dass das Buch für mich einige unerwartete Wendungen genommen hat. Es ist absolut nicht vorhersehbar, was als nächstes geschieht, und das lässt diesen dicken Schmöker trotz mancher ausufernder Passagen nicht langweilig werden.

  • 6. - 7. Buch


    Marius ist liebeskrank! Schön! Hugo als Meister im Beschreiben der Liebe :daumen:
    Ich würde dies auch nicht als so kitschig betrachten. Diese Art von Handlungsunfähigkeit lese ich regelmässig in Büchern, die älter als 50 Jahre alt sind. Sogar das Entsetzt-Sein, als der Rock hochfliegt und ein Stück Haut zu sehen ist kann ich nachvollziehen und erinnerte mich an das Lied "... Ich hab ihr Knie ge-sehn ..." :breitgrins:


    ... und jetzt muss ich wohl auch noch das 8. Buch lesen, nachdem so viele sich hier positiv geäußert haben. Die Nacht ist ja noch jung. :winken:


    Gruß,
    dumbler

  • 8. Buch


    Das meiste wurde schon erwähnt wie die vielen Zufälle, Spannung, Wendungen ... dem kann ich in allem zustimmen. Manchem Thriller-Autor von heute würde ich wünschen, sich eine Scheibe hiervon abzuschneiden. Hinzu kommt sein eleganter Schreibstil - mir hat's gefallen!


    Wieso die Pistole Thénardiers nicht losgegangen ist, ist mir wie Alfa ein Rätsel und wieso Valjean in einem Raum mit ca 25 Personen ungesehen entkommen kann, ist mir genauso schleierhaft. Gelungen fand ich hingegen Marius Entscheidung, statt der Pistole einen Stein zu werfen, wohl die passendste Lösung für alle Parteien.


    Lustig hingegen fand ich die Übersetzung des Argot. Im französischen klingts dann doch etwas besser. :smile:


    Gruß,
    dumbler