J. R. R. Tolkien - Der Herr der Ringe

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  • Hast Du mal die Biographie von Carpenter gelesen? Ich könnte mir vorstellen, dass sie Dir gefällt, darin steht viel über seine Ansichten und seine Motivation.


    Ja, ich habe das Buch gelesen, ist aber eine Ewigkeit her. Müsste ich mal wieder in die Hand nehmen.


    Valentine
    Interessantes Fundstück! Ich wollte das erst auch als völlig überzogene Paranoia abtun, aber es sind da einige nicht zu leugnenden Parallelen. Man muß allerdings auch die Zeit bedenken: 1980 war gewissermassen noch Nachkriegszeit, da gab noch ganz andere Empfindlichkeiten und die Nazi-Keule lag sehr locker in der Hand. Heute sind wir da etwas "entspannter" (oder abgestumpfter) - ob zum Guten oder Schlechten möchte ich mal offen lassen. Tolkien offenen Rassismus vorzuwerfen ist sicher überzogen, er hat sich gewisser Stereotype bedient, von denen niemand frei ist. Mittlerweile ist der Anti-Rassismus genauso ein Stereotyp geworden, das sofort reflexhaft zuschnappt, wenn sich nur jemand schwarze Schuhcreme in's Gesicht schmiert. Ein sehr spannendes Thema - muss aber leider warten, die Küche ruft.


    Morwen

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  • Das finde ich nun doch leicht übertrieben :rollen: Die Gleichsetzung "dunkel=böse" und "hell=gut" ist nun wahrlich nicht Tolkien-spezifisch.


    Erstens das und zweitens ist es nicht unwahrscheinlich, dass Autor in seinem Roman nun einmal gewisse Denkweisen, die während "seiner Zeit" und in seinem Umfeld vorherrschen, verarbeitet. Das heisst noch lange nichts.


    Ausserdem, merkt der werte Journalist, was er da schreibt? Hobbits sind auch klein, dick, behaart und keine schöne, grosse, schlanke, "arische" Krieger und trotzdem sind sie die Helden der Geschichte. Ich finde den Artikel etwas stumpfsinnig, ehrlich gesagt.

  • Bei so einem Artikel wird mir schlecht, um es mal harmlos und nett zu sagen "wer sucht, wird das Haar in der Suppe auch finden", man kann, wenn man denn will, fast überall etwas reininterpretieren was nie so gedacht war :rollen:
    Seit wann sind bei Tolkien eigentlich alle "Guten" blond und blauäugig? Und wäre es besser gewesen, wenn Sex darin vorgekommen wäre?
    Und ihm zu unterstellen, dass er Vorurteile gegenüber Farbigen gehabt hat, bloß weil er in Bloemfontein geboren wurde und die ersten 3 Jahre seines Lebens dort verbrachte, finde ich arg an den Haaren herbei gezogen, um nicht zu sagen unverschämt!
    Könnte jetzt endlos so weitermachen...zum Glück ist der Artikel über 30 Jahre alt, gruselig!

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Ich denke im 1. Teil ging es Tolkien vorrangig darum Mittelerde zu beschreiben, gerade auch die Landschaften, das war ja eins seiner Steckenpferde, ich habe trotzdem nie das Gefühl, dass wenig passiert, da finde ich den Abschnitt als Frodo und Sam allein unterwegs sind viel mühseliger und handlungsärmer.


    Da spielt auch eine Rolle, dass Tolkien beim Schreiben der ersten zwei Bücher (der LotR besteht ja eigentlich nicht aus drei Bänden, sondern aus sechs Büchern) noch gar nicht wusste, wie die Handlung und die Figuren (vor allem Streicher) sich entwickeln würden. Dass Sams und Frodos Reise nach Mordor so langsam wirkt, liegt m.E. daran, dass pro Buch jeweils nur ein Handlungsstrang erzählt wird. Das würde ein heutiger Autor wahrscheinlich nicht mehr so machen, sondern in kürzeren Abständen zwischen den Handlungssträngen wechseln.



    Interessantes Fundstück! Ich wollte das erst auch als völlig überzogene Paranoia abtun, aber es sind da einige nicht zu leugnenden Parallelen. Man muß allerdings auch die Zeit bedenken: 1980 war gewissermassen noch Nachkriegszeit, da gab noch ganz andere Empfindlichkeiten und die Nazi-Keule lag sehr locker in der Hand. Heute sind wir da etwas "entspannter" (oder abgestumpfter) - ob zum Guten oder Schlechten möchte ich mal offen lassen. Tolkien offenen Rassismus vorzuwerfen ist sicher überzogen, er hat sich gewisser Stereotype bedient, von denen niemand frei ist. Mittlerweile ist der Anti-Rassismus genauso ein Stereotyp geworden, das sofort reflexhaft zuschnappt, wenn sich nur jemand schwarze Schuhcreme in's Gesichtschmiert.


    Ein paar Worte von einem stereotypen, reflexhaft zuschnappenden Antirassisten – so einer, der einen noch nicht mal mehr über schwarze Schuhcreme im Gesicht lachen lässt, so weit ist's gekommen in unserem Land – zu diesem Thema:


    Der Zeit-Artikel ist nicht deshalb überzogen, weil er Tolkien „offenen Rassismus“ vorwirft, sondern weil er versucht, den LotR zu einer NS-Kampfschrift in Romanform zu machen. Das ist blanker Unsinn, denn wer Tolkiens Roman mit Alfred Rosenbergs Mythus des 20. Jahrhunderts, Houston Stewart Chamberlains Grundlagen des 19. Jahrhunderts und den Schriften Mathilde Ludendorffs gleichsetzt, hat sich mit NS-Ideologie nicht ernsthaft genug auseinandergesetzt.* Die Annahme, Tolkien habe seinen Rassismus in Südafrika gelernt, halte ich auch für ziemlich an den Haaren herbeigezogen, denn der kleine JRRT war drei Jahre alt, als seine Mutter ihn nach England brachte, und ist nie wieder nach Südafrika zurückgekehrt. Auch bei der Lektüre des LotR hapert es gewaltig, denn die meisten seiner Hauptfiguren sind eben nicht blond und blauäugig: Aragorn hat dunkle, schon leicht angegraute Haare, Elrond und Arwen sind dunkelhaarig. Boromir ist „dunkelhaarig und grauäugig“, Faramirs Haare sind „rabenschwarz“. Legolas' und Gimlis Haarfarbe wird nicht erwähnt. Allein von Frodo heißt es, dass seine Haare heller als die der meisten Hobbits (die in der Regel braunhaarig sind) seien – wenn man denn die Worte „fairer than most“, mit denen Frodo beschrieben wird, auf die Haarfarbe beziehen will, wie es die Übersetzung von Carroux tut. In der Tat könnte man also behaupten, dass Tolkien seine Heldenfiguren stereotyp beschreibt, aber eben nicht als blond und blauäugig, sondern schwarz-/dunkelhaarig und grauäugig. Ironischerweise dürften Jacksons Filme, in denen Legolas, Boromir und Faramir blond sind, mehr zu dem Bild vom blonden Heldentum bei Tolkien beigetragen haben als das Buch. Glücklicherweise konnte der Verfasser des Zeit-Artikels davon noch nichts wissen.


    Das ist aber auf der anderen Seite kein Grund, Tolkien eilig von allen Rassismusvorwürfen freizusprechen. Rassistisch ist im LotR vor allem die Darstellung der Haradrim oder Südländer, die als halbe Tiere gezeichnet werden. Während der Schlacht auf dem Pelennor werden sie bei fast jeder Erwähnung „cruel Haradrim“ genannt. Sie zerstückeln bereits am Boden liegende Feinde, schreien in einer rauhen Sprache und rasen vor Zorn. Aus dem Süden von Harad kommen sogar „schwarze Menschen wie halbe Trolle mit weißen Augen und roten Zungen“ (fast so, als hätten sie sich Schuhcreme ins Gesicht geschmiert, wie lustig). Die Haradrim scheinen mehr Bestien als Menschen zu sein. Durchbrochen wird diese Sicht nur ein einziges Mal, als Sam die Leiche eines Südländers betrachtet und sich fragt, ob dieser vielleicht lieber zu Hause geblieben wäre, statt in den Krieg zu ziehen. Von dieser einen Stelle abgesehen, werden die Haradrim konsequent so dargestellt, als ob sie gar keine richtigen Menschen seien. Kein anderes seiner fiktiven Menschenvölker hat Tolkien derart verächtlich gemacht, sondern sich allein die Haradrim dafür ausgedacht, die People of Colour bzw. schwarz sind.


    Wer sagt, so etwas seien nur Stereotype, von denen niemand frei ist, hat ein ernsthaftes Problem, denn es handelt sich offensichtlich um Stereotype von weißen Menschen, die sich nicht ausreichend Gedanken über Rassismus machen.


    Die Merkmale, mit denen die Haradrim bei Tolkien belegt sind (Heidentum, Piraterie, Grausamkeit, rote und goldene Kleidung, dunkle Haut, aus dem Südosten kommend) sind typisch für die Art und Weise, wie im Westen schon seit dem Mittelalter Sarazenen und Osmanen dargestellt werden. Es handelt sich dabei um Merkmale einer Ideologie, die die Überlegenheit des Westens über „den Orient“ begründen soll. Als der LotR geschrieben wurde, war Großbritannien noch Kolonialmacht im Nahen Osten und in Afrika. Allerdings ist die orientalistische Ideologie nach wie vor sehr lebendig. Was früher die grausamen, frauenraubenden Sarazenen waren, sind heute die muslimischen Jugendlichen, die angeblich in marodierenden Haufen, wahllos Biodeutsche zusammenschlagend und vergewaltigend, durch die Großstädte ziehen.


    Problematisch ist der Versuch, Tolkien zum Nazi zu machen, übrigens auch deshalb, weil er einer in Deutschland sehr beliebten Abwehrstrategie entspricht: „Wie bitte? Ich ein Rassist? Ich bin doch kein Nazi!“ Rassisten sind eben immer nur die anderen. Der Artikel endet dann auch folgerichtig mit der Aussage:


    Zitat

    Die Schwarzweiß-Zeichnung der Welt, und das auch noch in rassischer Hinsicht und moralisch bewertend, ist existenzgefährdend. Wer immer sie unternimmt, sei es der Westen oder der Osten, Norden oder Süden, seien es Christen, Moslems oder Ungläubige, Orthodoxe oder Häretiker, das Establishment oder die Revolutionären – sie alle werden daraus das Recht und sogar die Pflicht zur Vernichtung und Ausrottung der anderen, der Bösen, des unwerten Lebens ableiten.


    Dumm nur, dass die Vernichtung unwerten Lebens eben nicht irgendwo im Westen oder Osten, Norden oder Süden stattgefunden hat, sondern hier in Deutschland. Wer behauptet, so etwas wie der Holocaust könne jederzeit und an jedem Ort stattfinden, drückt sich vor der Frage, warum er zu einer konkreten Zeit an einem konkreten Ort stattfinden konnte. Mit dem Versuch, das Werk eines englischen Schriftstellers dafür verantwortlich zu machen, dass sich der Holocaust wiederholen könnte, wird es dann endgültig absurd. Aber solche Verdrehungen mal beiseite gelassen, ist Tolkien leider auch ein eindrückliches Beispiel dafür, dass man eben kein Nazi sein muss, um rassistisches Gedankengut zu verbreiten.



    Und ihm zu unterstellen, dass er Vorurteile gegenüber Farbigen gehabt hat, bloß weil er in Bloemfontein geboren wurde und die ersten 3 Jahre seines Lebens dort verbrachte, finde ich arg an den Haaren herbei gezogen, um nicht zu sagen unverschämt!


    Die Unterstellung, Tolkien könne Vorurteile gegenüber Schwarzen gehabt haben, ist (siehe oben) bedauerlicherweise gar nicht so sehr an den Haaren herbeigezogen. Das ist nur die Begründung, die der Artikel dafür gibt. Und „Farbige“ ist ein Begriff, den man nicht verwenden sollte. Siehe hier:


    Zitat

    „Farbig“ soll in Deutschland in der Regel auch als eine „höflich gemeinte“, weil schwächere Form von „Schwarz“ dienen. Damit soll „abgeschwächt“ werden, dass jemand Schwarz ist, und genau das ist das Problem: Das Gegenteil ist der Fall. Denn wir haben es hier eindeutig wieder mit einem „Beschönigungs“versuch zu tun. Eine Beschönigung wird ja aber nur dann verwendet, wenn es tatsächlich etwas zu beschönigen gibt. Allein die Tatsache, dass man sie verwendet, bedeutet also schon, dass man etwas als „Makel“ deutet. Das ist einer der Gründe, warum „farbig“ bei den meisten Schwarzen nicht besonders gut ankommt, denn es ist der Euphemismus von „Schwarz“, und das heißt, dass der, der das Wort verwendet, ein Problem damit hat, wenn jemand Schwarz ist.


    Um wirkliche „Farbe“ geht es hier sowieso nicht, denn wie uns sicher allen schon aufgefallen ist, verfügen Weiße zumeist über ein weitaus beeindruckenderes Repertoire an verschiedenen Farbnuancen ihrer Hautoberfläche. Da wir uns ja hoffentlich alle einig sind, dass es nicht so schlimm ist, weiß zu sein (oder Schwarz), braucht man für diese Wörter auch keine Beschönigungen. Kein Mensch muss sich dafür schämen, weiß oder Schwarz zu sein, also kann man das Kind ruhig beim Namen nennen.


    Es gibt noch einen anderen Grund dafür, dass der Begriff „farbig“ nicht okay ist: Es klingt so, als sei weiß quasi der „Normalzustand“, die „Ausgangsposition“ und als sei ein „Farbiger“ sowas wie ein „angemalter“ oder „eingefärbter“ Weißer (dass die evolutionäre Wirklichkeit wie auch die der Proportionalitäten der Weltpopulation eine ganz andere Sprache sprechen, ist hinlänglich bekannt).


    * Was bemerkenswert ist, denn der Verfasser, Michael Jovy, wurde von den Nazis wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ inhaftiert und 1982 von Yad Vashem als Gerechter unter den Völkern geehrt. Ironischerweise arbeitete er nach dem Krieg mit Walter Scherf zusammen, dem ersten deutschen Übersetzer des Hobbit.

  • Anubis


    Nur ganz kurz (muss gleich weg) "farbig" deshalb, weil man mittlerweile gar nicht mehr weiß, was nun noch politisch korrekt ist, ich jedenfalls nicht, mich nervt diese ewige Diskussion darum auch. Schwarz, farbig, weiß, gelb von mir aus grün...ehrlich gesagt ist mir das total schnurz, wenn ich den Namen der betreffenden Person weiß nenne ich den, wenn nicht, muss ich mir irgendeinen Ausdruck suchen, der beschreibt was ich sagen möchte bzw um wen es geht, das geschieht, zumindest bei mir, völlig wertfrei :zwinker:


    zum Anderen später mehr...

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”


  • Nur ganz kurz (muss gleich weg) "farbig" deshalb, weil man mittlerweile gar nicht mehr weiß, was nun noch politisch korrekt ist, ich jedenfalls nicht, mich nervt diese ewige Diskussion darum auch.


    Es geht nicht darum, was „politisch korrekt“ ist, sondern darum, was höflich und respektvoll ist. Es ist übrigens auch nicht schwierig herauszufinden, dass die respektvolle Bezeichnung für schwarze Menschen nicht „farbig“, sondern „schwarz“ ist. Die „ewige Diskussion“ kommt vor allem dadurch zustande, dass viele Menschen nicht den Willen aufbringen, respektvoll über andere zu reden, und sich lieber hinter dem Mythos von der Political Correctness verschanzen. An sich wäre es ganz einfach, die nervige Diskussion zu beenden. Wenn man denn wollte.

  • So ein Artikel würde zumindest in dieser Form nicht mehr geschrieben werden. Ich muss sagen, dass ich zwischen Faszination und Empörung schwang, als ich den Artikel las. (Deswegen habe ich den Artikel auch gepostet, ich fand ihn sehr interessant. Eine Grundsatzdiskussion über Rassismus wollte ich nicht auslösen. Aber diskutiert ruhig weiter. Ich klinke mich nur aus. Ich hatte eben noch einiges mehr geschrieben, aber ich habe es wieder gelöscht, da ich Angst habe, dass ich hier auf dieser Plattform missverstanden werde, was bei diesem heiklen Thema leider oft schon im "normalen" Gespräch passiert. Und wie man sieht auch in Büchern. :zwinker: )

    Einmal editiert, zuletzt von Avila ()


  • So ein Artikel würde zumindest in dieser Form nicht mehr geschrieben werden. Ich muss sagen, dass ich zwischen Faszination und Empörung schwang, als ich den Artikel las.


    Vielen Dank für den Link. Ich finde es immer wieder hochspannend zu sehen, wie man zum gleichen Thema höchst unterschiedliche, vom jeweiligen Zeitgeist geprägte Zugänge finden kann. :smile:

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

  • Zitat

    Es geht nicht darum, was „politisch korrekt“ ist, sondern darum, was höflich und respektvoll ist. Es ist übrigens auch nicht schwierig herauszufinden, dass die respektvolle Bezeichnung für schwarze Menschen nicht „farbig“, sondern „schwarz“ ist. Die „ewige Diskussion“ kommt vor allem dadurch zustande, dass viele Menschen nicht den Willen aufbringen, respektvoll über andere zu reden, und sich lieber hinter dem Mythos von der Political Correctness verschanzen. An sich wäre es ganz einfach, die nervige Diskussion zu beenden. Wenn man denn wollte.


    Vor ein paar Jahren hieß es noch "schwarz" sollte man auch nicht sagen, an der Stelle habe ich mich ausgeklinkt, es ist mir tatsächlich völlig schnurz wie jemand aussieht oder woher er kommt, was zählt ist der Mensch an sich und wie gesagt ich nutze ein Wort um eine Hautfarbe zu beschreiben, wenn ich den Menschen nicht persönlich nennen kann. Falls "farbig" jetzt hier irgendwie diskrimierend angekommen sein sollte, dann ehrlich, sorry, das war ganz sicher nicht meine Absicht :smile:


    Zu Tolkien:


    Über die Haradrim habe ich mir vor etlichen Jahren mal Gedanken gemacht, weil es mir eben aufgefallen ist und ich es blöd fand, in MERS (ein Rollenspiel zu Mittelerde) hat es mich am meisten geärgert, weil man dort so mit der Nase drauf gestossen wurde, im Buch selbst plätschert es eher an einem vorbei. Man erfährt ja leider auch nicht viel über die Völker aus dem Süden und dem Osten. Irgendwo hatte ich dazu dann mal was gefunden, aber natürlich weiß ich jetzt gerad nicht wo oder was genau, dämliche Vergesslichkeit :rollen:


    Ansonsten denke ich, sind wir so ziemlich einer Meinung....


    Avila


    Schade eigentlich, mich würde Deine Meinung interessieren. Du hast natürlich recht, man wird schnell missverstanden, aber sowas kann man ja auch klären, finde ich zumindest :zwinker:


    edit


    Da ich gerade einen Teil davon gefunden habe:


    Zitat

    Incánus:
    So hieß er bei den Haradrim (Südvolk, das später weitgehend unter Saurons Einfluss stand). Die oben zitierte Passage ist die einzige, in der angedeutet wird, dass Gandalf auch weiter in den Süden gekommen sein musste! In NaME gibt es Spekulationen, dass auch das ursprünglich ein Hochelbenname gewesen sein musste!


    Zumindest war Gandalf im Süden, er erwähnt es auch im HdR. Irgendwie war das das für mich wohl auch immer zum Teil ein Indiz dafür, dass im Süden nicht alles schlecht ist oder zumindest war.
    Er sagt auch noch "in den Osten geh ich nicht" . Interpretieren könnte man da jetzt eine Menge und sicherlich mehr als bei den Orks und eine Zeitlang habe ich mich, zumindest am Rande, damit auch beschäftigt, bin aber zu dem Schluss gekommen, dass es letztlich eine Sache der Geographie ist, wäre Tolkien in Bloemfontein aufgewachsen und hätte er dieses Land geliebt, dann wären seine Haradrim vielleicht aus dem Westen oder Norden gekommen.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

    Einmal editiert, zuletzt von Gytha ()


  • Avila


    Schade eigentlich, mich würde Deine Meinung interessieren. Du hast natürlich recht, man wird schnell missverstanden, aber sowas kann man ja auch klären, finde ich zumindest :zwinker:


    Im Grunde habe ich eine ähnliche Meinung, wie ihr auch. Ich muss zugeben, dass ich in der Tolkien-Materie nicht gut genug bewandert bin, um jenes mit genauen Beispielen oder so zu widerlegen. Allerdings denke ich, dass jeder Roman von Stereotypen (passend zum jeweiligen Autor, also von wegen weißen, schwarzen, bunten Menschen und deren Stereotypen) geprägt, ganz besonders die Fantasy-Romane. Und ich glaube auch nicht, dass jemand einen Unterhaltungsroman schreiben kann, der was das betrifft abweicht.


    Das ist jetzt relativ allgemein gehalten, aber ich hoffe, dass man mich so nicht missversteht. :)


  • Das ist aber auf der anderen Seite kein Grund, Tolkien eilig von allen Rassismusvorwürfen freizusprechen. Rassistisch ist im LotR vor allem die Darstellung der Haradrim oder Südländer, die als halbe Tiere gezeichnet werden. Während der Schlacht auf dem Pelennor werden sie bei fast jeder Erwähnung „cruel Haradrim“ genannt. Sie zerstückeln bereits am Boden liegende Feinde, schreien in einer rauhen Sprache und rasen vor Zorn. Aus dem Süden von Harad kommen sogar „schwarze Menschen wie halbe Trolle mit weißen Augen und roten Zungen“ (fast so, als hätten sie sich Schuhcreme ins Gesicht geschmiert, wie lustig). Die Haradrim scheinen mehr Bestien als Menschen zu sein. Durchbrochen wird diese Sicht nur ein einziges Mal, als Sam die Leiche eines Südländers betrachtet und sich fragt, ob dieser vielleicht lieber zu Hause geblieben wäre, statt in den Krieg zu ziehen. Von dieser einen Stelle abgesehen, werden die Haradrim konsequent so dargestellt, als ob sie gar keine richtigen Menschen seien. Kein anderes seiner fiktiven Menschenvölker hat Tolkien derart verächtlich gemacht, sondern sich allein die Haradrim dafür ausgedacht, die People of Colour bzw. schwarz sind.


    Das halte ich für eine Unterstellung. Mittelerde ist ein ganzer Kontinent, mit verschiedenen Gebieten und entsprechend verschiedenen Völkern. Die Haradrim sind genauso ein Volk wie die Elben, die Hobbits, die Menschen von Gondor oder Rohan. Dass sie in dem Buch als so verächtlich dargestellt werden hat meiner Meinung nach zwei Gründe. Erstens dienen sie dazu, aufzuzeigen, wie weit Saurons Einfluss reicht. Wenn ich mich recht erinnere, haben die Haradrim einen Hass auf die "West"-Menschen, weil sie von denen einst vertrieben wurden? (Mein Gedächtnis ist da leider zugegeben etwas eingerostet). Diesen Umstand macht sich das Böse hier zunutze. Da die Geschichte, die erzählt werden will, die der anderen Völker ist, wird dieses Volk entsprechend dargestellt, wie es von den anderen gesehen wird. Wäre die Schlacht aus Sicht der Haradrim geschildert, würde sie ganz anderes aussehen. Das ist sie nicht, weil der Autor nicht das erzählen wollte, sondern eben die Situation von der anderen Seite. Ich bin überzeugt, dass Tolkien auch diesem Volk eine Hintergrundgeschichte, eine kleine eigene Welt und sowohl positive als auch negative Eigenschaften gewidmet hat. Nur zeigt er dies alles nicht, weil das für die Geschichte nicht relevant ist. Manche wären wohl erstaunt, wie viel von einer Fantasywelt existiert (=einmal erdacht wurde), das im Roman selbst aus verschiedenen Gründen keinen Platz findet. Daraus zu schliessen, dass Tolkien etwas gegen Schwarze haben könnte, finde ich gefährlich und unfair.


    Du sprichst übrigens von "Stereotypen weisser Menschen". Natürlich würden Stereotypen eines Schwarzen sicher anders aussehen. Aber das hat nichts mit Rassismus zu tun, das ist völlig normal. Zu dem, was wir kennen, haben wir in der Regel den besseren Zugang und können es daher besser darstellen. Das passiert nicht einmal bewusst. Da müsste man jedem, der bestimmte Vorlieben hat, Diskriminierung in irgendeiner Form vorwerfen.


  • Das halte ich für eine Unterstellung.


    Was ich oben über das Bild der Haradrim geschrieben habe, ist nicht nur durch die Zitate und Paraphrasen aus dem Text belegt, die ich selbst gebracht habe, sondern basiert im Wesentlichen auf einem Artikel von Margaret Sinex, der in den Tolkien Studies erschienen ist. Ich mag ja unrecht haben (dann kann man mich widerlegen), aber eine bloße Unterstellung ist mein Post nicht. :zwinker:


    Zitat

    Die Haradrim sind genauso ein Volk wie die Elben, die Hobbits, die Menschen von Gondor oder Rohan. Dass sie in dem Buch als so verächtlich dargestellt werden hat meiner Meinung nach zwei Gründe. Erstens dienen sie dazu, aufzuzeigen, wie weit Saurons Einfluss reicht. Wenn ich mich recht erinnere, haben die Haradrim einen Hass auf die "West"-Menschen, weil sie von denen einst vertrieben wurden? (Mein Gedächtnis ist da leider zugegeben etwas eingerostet).


    Ich habe auch nicht sämtliche zur Vorgeschichte der Haradrim verfügbaren Informationen zur Hand. Aber das mit der Vertreibung und dem Hass auf die Westmenschen trifft meiner Erinnerung nach eher auf die ursprüngliche Bevölkerung des Weißen Gebirges zu, die von den Númenórern bei der Gründung Gondors unterworfen und vertrieben wurden. Ihre Nachfahren sind die Dunländer.


    Zitat

    Da die Geschichte, die erzählt werden will, die der anderen Völker ist, wird dieses Volk entsprechend dargestellt, wie es von den anderen gesehen wird. Wäre die Schlacht aus Sicht der Haradrim geschildert, würde sie ganz anderes aussehen. Das ist sie nicht, weil der Autor nicht das erzählen wollte, sondern eben die Situation von der anderen Seite.


    Und doch hat Tolkien sich entschieden, die Geschichte so und nicht anders zu erzählen. Positiv gezeichnete Haradrim kommen nicht vor. Sie werden ausnamslos als wild und grausam beschrieben. Bis auf die erwähnte Szene mit Sam und dem toten Krieger aus Harad wird dieses Bild kein einziges Mal durchbrochen. Die Haradrim selber kommen in keiner Zeile zu Wort. Für das Funktionieren des Romans ist es offensichtlich nicht wichtig, auch ihre Sicht darzustellen, nicht mal in kleinen Auszügen. Aber selbst wenn man die Geschichte aus der Perspektive der einen Seite erzählen will, ist es ja nicht gerade ein schriftstellerisches Problem, diese Perspektive zu relativieren und zu zeigen, dass die andere Seite nicht nur aus gesichtslosen, grausamen Horden besteht. Das ist im Fall der Haradrim eindeutig nicht geschehen.


    Zitat

    Ich bin überzeugt, dass Tolkien auch diesem Volk eine Hintergrundgeschichte, eine kleine eigene Welt und sowohl positive als auch negative Eigenschaften gewidmet hat. Nur zeigt er dies alles nicht, weil das für die Geschichte nicht relevant ist. Manche wären wohl erstaunt, wie viel von einer Fantasywelt existiert (=einmal erdacht wurde), das im Roman selbst aus verschiedenen Gründen keinen Platz findet.


    Durch die History of Middle-earth und andere Publikationen ist ja ausführlich dokumentiert, wie weit Tolkien seine Sekundärwelt (sein Legendarium) ausgearbeitet hat. Ich kenne die HoMe zwar nicht besonders gut, aber meines Wissens ist der Befund ziemlich deutlich: Tolkiens Aufmerksamkeit gilt den Númenórern, Elben und Hobbits sowie in geringerem Maße den Zwergen und Rohirrim. Eine Hintergrundgeschichte der Haradrim und anderer Gruppen, die als Antagonisten auftreten, gibt es im Vergleich dazu nur in groben Umrissen. Und die Frage bleibt ja bestehen: Warum sind die Haradrim nicht weiter relevant für die Geschichte? Warum treten sie allein als stereotype Feinde auf?


    Zitat

    Daraus zu schliessen, dass Tolkien etwas gegen Schwarze haben könnte, finde ich gefährlich und unfair.


    In erster Linie geht es mir darum, was der LotR zum Ausdruck bringt, nicht darum, was Tolkien gedacht hat. Das wissen wir ja ohnehin nur bruchstückhaft aus den Briefen. Die zeigen zwar, dass Tolkien kein Nazi-Sympathisant und auch nicht unbedingt ein Anhänger des britischen Imperialismus war, aber sie lassen auf der anderen Seite nicht gerade den Schluss zu, dass seine Haltung zu People of Colour sich grundlegend von der anderer weißer Menschen seiner Zeit unterschied. Von seinem letzten Lebensjahrzehnt mal abgesehen, lebte Tolkien in einer Zeit, als das Britische Empire die größte Kolonialmacht der Welt war. Es galt als ausgemacht, dass die westliche Zivilisation und die weiße „Rasse“ allen anderen Menschen von Natur aus überlegen waren. Rassistische Praxis und das dazugehörige Denken waren noch sehr viel fester in der Gesellschaft verankert als heute (mittlerweile muss der Rassismus etwas vorsichtiger agieren). Da Menschen von der Gesellschaft geprägt werden, in der sie leben, halte ich es nicht für unfair anzunehmen, dass auch Tolkien nicht von rassistischem Denken frei war. Das Gegenteil wäre schon extrem unwahrscheinlich.


    Aber wie gesagt, in erster Linie will ich auf den LotR als Text hinaus, nicht auf Tolkien als Person.


    Zitat

    Du sprichst übrigens von "Stereotypen weisser Menschen". Natürlich würden Stereotypen eines Schwarzen sicher anders aussehen. Aber das hat nichts mit Rassismus zu tun, das ist völlig normal. Zu dem, was wir kennen, haben wir in der Regel den besseren Zugang und können es daher besser darstellen. Das passiert nicht einmal bewusst.


    Rassismus lässt sich nicht darauf reduzieren, dass jemand eine stereotype Wahrnehmung hat. Zum Rassismus gehört auch die Macht, diese Wahrnehmung als allgemeingültige durchzusetzen. Zu der Zeit, als der LotR erschien, war es problemlos möglich, in einem von Weißen für ein weißes Publikum produzierten Buch People of Colour als tobende, mit den Augen rollende Wilde im Angriff darzustellen. Dagegen wäre es für einen schwarzen Schriftsteller nicht möglich gewesen, die gleiche Szene mit vertauschter Perspektive darzustellen. Etwa zur gleichen Zeit wie der LotR erschien der bis heute bedeutendste Fantasyroman eines afrikanischen Schriftstellers, The Palm-Wine Drinkard von Amos Tutuola. Darin kommen keine in unverständlichen Sprachen schreienden „cruel Westerlings“ mit weißer Haut vor, die keine Gnade gewähren und nicht um Gnade bitten – obwohl es angesichts der Greueltaten, die von den Kolonialmächten verübt wurden, ein sehr viel realistischeres Szenario als das von Tolkien gezeichnete gewesen wäre. Europäische Militärs, die bei Auseinandersetzungen zwischen Weißen Wert auf Ritterlichkeit und fair play legten, hatten kein Problem damit, aufständische Menschenmengen in den Kolonien mit Hilfe von Maschinengewehren in blutige Fetzen zu schießen. Aber während es möglich war, in einem Roman Menschen als grausam und gnadenlos darzustellen, weil sie „heidnisch“ und schwarz waren und aus dem Süden kommen, wäre es auf der anderen Seite nicht möglich gewesen, Weiße in einer solchen stereotypen Weise darzustellen. Damit, dass ich besser darstellen kann, was ich kenne, hat diese Schieflage wenig zu tun.


    Außerdem: it's fantasy. Tolkien konnte Elben und Zwerge darstellen. Da ließ er sich auch nicht einschränken von dem, was er kannte. :breitgrins:


    Zitat

    Da müsste man jedem, der bestimmte Vorlieben hat, Diskriminierung in irgendeiner Form vorwerfen.


    Das ist nun wirklich eine Verallgemeinerung, die keinen Sinn ergibt. Menschen treten halt gern aufs Gaspedal. Das ist völlig normal und passiert nicht mal bewusst – wenn man etwas dagegen unternehmen wollte, dass jemand mit achtzig Sachen durch die Innenstadt rast, müsste man das Autofahren gleich ganz verbieten? :zwinker:

  • Zitat

    Warum sind die Haradrim nicht weiter relevant für die Geschichte? Warum treten sie allein als stereotype Feinde auf?


    Das kann mich sich fragen, ja. Aber eben gerade wegen dem damaligen Zeitgeist finde ich das nicht schlimm. Ich verstehe jetzt zwar ein wenig besser, was du meinst und vielleicht spiegelt das wirklich eine gewisse Denkweise, die zu Tolkiens Lebzeiten und in seinem Heimatland vorgeherrscht hat. Aber gerade deshalb ist es doch umso normaler, wenn so etwas in einen Roman einfliesst. Natürlich heisse ich dieses allgemeine Denken nicht gut, aber man kann es den Leuten, die davon betroffen sind, auch nicht direkt vorwerfen. Denn wie gesagt, es passiert unbewusst.


    Zitat

    Außerdem: it's fantasy. Tolkien konnte Elben und Zwerge darstellen. Da ließ er sich auch nicht einschränken von dem, was er kannte.


    Moment. Für Zwerge und Elben gibt es durchaus "Vorlagen". Diese Figuren sind an Motive angelehnt, die aus Sagen und Legenden bekannt waren. Also etwas, das man "kennt", in dem Sinne, dass es nahe genug an der eigenen Vorstellungswelt dran ist. Oder warum sonst sehen die fantastischen Gestalten in z.B. Japan völlig anders aus als in (Mittel)-Europa? :zwinker:


    Zitat

    Das ist nun wirklich eine Verallgemeinerung, die keinen Sinn ergibt. Menschen treten halt gern aufs Gaspedal. Das ist völlig normal und passiert nicht mal bewusst – wenn man etwas dagegen unternehmen wollte, dass jemand mit achtzig Sachen durch die Innenstadt rast, müsste man das Autofahren gleich ganz verbieten?


    Den Vergleich finde ich ehrlich gesagt etwas herangezogen (nicht böse gemeint). Einer, der zu schnell fährt, setzt sich bewusst und mit Absicht über Regeln hinweg, die zum Wohle der Allgemeinheit festgelegt wurden. Der Autor macht das nicht bewusst und absichtlich. Natürlich gibt es welche, die das tun, aber das wäre schon wieder eine eigene Diskussion wert.

  • Harad Einiges ist davon Vermutung, anderes ist belegt...


    Zitat

    Im Grunde habe ich eine ähnliche Meinung, wie ihr auch. Ich muss zugeben, dass ich in der Tolkien-Materie nicht gut genug bewandert bin, um jenes mit genauen Beispielen oder so zu widerlegen. Allerdings denke ich, dass jeder Roman von Stereotypen (passend zum jeweiligen Autor, also von wegen weißen, schwarzen, bunten Menschen und deren Stereotypen) geprägt, ganz besonders die Fantasy-Romane. Und ich glaube auch nicht, dass jemand einen Unterhaltungsroman schreiben kann, der was das betrifft abweicht.


    Das dürfte zumindest ziemlich schwierig werden, vor allem wenn es um "Gut" und "Böse" geht, ein schönes Beispiel sind auch die diversen Western aus einer bestimmten Zeit, je nach Autor waren mal die Weißen, mal die Indianer die "Bösen", Ausnahmen gab es natürlich auch.


    Nachtrag


    Zitat

    1050 • Nach langen Kämpfen bezwingt Hyarmendacil I. die Menschen von Harad. Oberherrschaft des Königreichs Gondor über Harad. Die haradrischen Könige müssen sich dem gondorischen König beugen und ihm huldigen. Die Harad-Straße wird errichtet.
    1448 – 1551 • Harad wird durch flüchtige Anhänger des Thronräubers Castamir in den Sippenstreit Gondors verwickelt. Harad lehnt sich erfolglos gegen Gondor auf. Harondor wird zum Niemandsland und Gondor büßt Herrschaftsgebiete in Harad ein.
    3018 – 3019 • Viele Völker Harads treten auf Seiten des Dunklen Herrschers in den Ringkrieg ein und ziehen über die verfallene Harad-Straße gen Norden in den Kampf gegen die Freien Völker des Westens. Nach ihrer Niederlage schließen jedoch Gesandte vieler der besiegten Völker Friede mit Gondor unter ihrem neuen König Elessar. Wenn auch dieser Friede sicherlich nicht dauerhaft ist.


    Aus Ardapedia


    Es klingt so, als würde Tolkien hier die Kolonialherrschaft andeuten, ohne allerdings alles weiter auszuführen. Zumindest wird hier mMn deutlich warum sich die Haradrim dem dunklen Herrscher anschlossen, Grund genug hatten sie anscheinend, da sie von Gondor unterdrückt wurden. In einem meiner Lexika steht auch, dass sie Tribut entrichten mussten.
    Aragorn erwähnt es auch:


    Zitat

    Viele Gebirge und viele Flüsse habe ich überquert und so manche Ebene durchwandert bis zu so fernen Ländern wie Rhûn und Harad, wo die Sterne fremd sind.


    Weder Gandalf noch Aragorn deuten an, dass die Völker im Süden grausam oder schlecht seien.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

    Einmal editiert, zuletzt von Gytha ()


  • Aber eben gerade wegen dem damaligen Zeitgeist finde ich das nicht schlimm. Ich verstehe jetzt zwar ein wenig besser, was du meinst und vielleicht spiegelt das wirklich eine gewisse Denkweise, die zu Tolkiens Lebzeiten und in seinem Heimatland vorgeherrscht hat.


    Diese Denkweise herrschte in der gesamten westlichen Welt, insbesondere auch in Deutschland. Sie tut es in gewisser Weise bis heute. Dass Tolkien ein Kind seiner Zeit war, macht die Sache in meinen Augen übrigens nicht besser.


    Zitat

    Aber gerade deshalb ist es doch umso normaler, wenn so etwas in einen Roman einfliesst. Natürlich heisse ich dieses allgemeine Denken nicht gut, aber man kann es den Leuten, die davon betroffen sind, auch nicht direkt vorwerfen. Denn wie gesagt, es passiert unbewusst.


    Ich erhebe ja keine Vorwürfe gegen Tolkien. Ich muss aber sagen, ich sehe einen eklatanten Widerspruch darin, einerseits zu sagen, dass die verächtliche Darstellung der Haradrim notwendig sei, um die Geschichte aus einer bestimmten Perspektive erzählen zu können, und andererseits, dass rassistische Stereotype unbewusst und sozusagen absichtslos in den Text eingeflossen seien. :gruebel:


    Zitat

    Moment. Für Zwerge und Elben gibt es durchaus "Vorlagen". Diese Figuren sind an Motive angelehnt, die aus Sagen und Legenden bekannt waren. Also etwas, das man "kennt", in dem Sinne, dass es nahe genug an der eigenen Vorstellungswelt dran ist.


    Wenn es um Vorlagen geht, dann waren die Haradrim auch ziemlich nahe an Tolkiens Vorstellungswelt dran. Fast alle ihre Merkmale (dunkle Haut, rote und goldene Kleidung, „heidnische“ Grausamkeit, geographisch im Südosten verortet) entsprechen dem Bild, das man sich im Mittelalter von Mauren und Sarazenen und später in der Neuzeit von Osmanen machte. Das ist nichts, was Tolkien sich ausgedacht hätte, wie sich auch daran erkennen lässt, dass in anderen Werken der Fantasy ähnliche Bilder vom Süden und Südosten gezeichnet wurden (z.B. Calormen in den Chronicles of Narnia). Der entscheidende Unterschied ist, dass Zwerge und Elben gänzlich imaginäre Wesen sind (und dass Tolkien bei ihrer Schöpfung – Vorlagen hin oder her – mehr Phantasie bewiesen hat als bei den Haradrim, wie ich finde).


    Zitat

    Den Vergleich finde ich ehrlich gesagt etwas herangezogen (nicht böse gemeint). Einer, der zu schnell fährt, setzt sich bewusst und mit Absicht über Regeln hinweg, die zum Wohle der Allgemeinheit festgelegt wurden. Der Autor macht das nicht bewusst und absichtlich.


    Ich kann's nur noch mal sagen, um mich vielleicht verständlicher zu machen: Auf den Autor kommt es nicht wirklich an. The Lord of the Rings wird heute gelesen und bei der Frage, ob das Werk Rassismus enthält, ist es wesentlich, wie es heute verstanden wird. Es mag zu Tolkiens Zeit „normal“ (d.h. hegemonial) gewesen zu sein, People of Colour so zu sehen, wie die Haradrim geschildert sind. Insofern kann man vielleicht sagen, dass der Autor mit dieser Schilderung keine besondere Absicht verfolgt hat. Aber wer die Darstellung der Haradrim heute noch immer für unproblematisch hält, setzt sich m.E. durchaus über eine Einsicht hinweg, die dem Wohl der Allgemeinheit dient. Man kann sich heute nicht mehr darauf berufen, dass Rassismus „normal“ ist, selbst wenn er unbewusst sein sollte.

  • Habt ihr eine Idee wie ich einem Herr der Ringe Fan eine Freude machen könnte? Ich habe die Teile auch gelesen und geliebt, aber mit Sonderausgaben oder ähnlichem kenne ich mich gar nicht aus.


    Ich habe eben die Übersetzung von Carroux ins Auge gefasst (er hatte glaube ich nur die von Krege gelesen), aber vielleicht habt ihr schönere oder ausgefallenere Ideen. :bussi:


    Diese hier meine ich:

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  • @ chásma: Ich habe diese Ausgabe und kann sie nur empfehlen. :smile:

    Die Literatur gibt der Seele Nahrung,<br />sie bessert und tröstet sie.<br /><br />:lesen:<br />Alfred Kerr: Die Biographie

  • Ich weiß nicht, wie es bei den gegenwärtig erhältlichen deutschen Ausgaben um die Anhänge bestellt ist, aber früher fehlten die ja oft. Einem Fan eine Freude machen könnte man also unter Umständen damit, dass man ihm eine Ausgabe mit Anhängen schenkt, falls er selber noch keine hat.

  • Vielen Dank ihr Zwei. Ich will mir die Carroux Übersetzung mal im Bücherladen anschauen. Was die so hermacht.


    Anubis
    Ich muss mal schauen ob er solche Ausgaben besitzt. Sherlock'ischen Instinkte sagen mir 'nein'.