Michail Bulgakow - Der Meister und Margarita

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  • Nun habe ich den Roman ebenfalls gelesen, im Rahmen des SUB-Listen-Wettbewerbs 2007.


    Um mir die Sache etwas zu vereinfachen, habe ich vorweg zunächst die literaturgeschichtlichen Anmerkungen von Ralf Schröder im Anhang gelesen, um halbwegs zu begreifen, um was es in der Geschichte überhaupt geht. Das war eine vernünftige Entscheidung, denn von alleine wäre ich mit Sicherrheit nicht darauf gekommen, welche Romanfigur für welche Figur in der Realität steht. So ist zum Beispiel einer der Protagonisten eine Sinnbild für das damalige literarische Russland (der 30er Jahr des letzten Jahrhunderts).


    Aber ich fange am besten mal von vorne an:


    Der Beginn des Romans ist furios; der Teufel persönlich stattet Moskau einen Besuch ab und gibt sich als Professor Voland aus, begleitet von einigen dunklen und seltsamen Gestalten, die seine Helfer sind. Gleich von Anfang an stellt er klar: wer nicht an Gott glaubt, der überlässt die Welt dem Teufel - eine Abrechnung mit dem staatlich verordneten Atheismus. Und entsprechend bringt Voland auch das Moskauer Leben ziemlich aus dem Gleichgewicht; schon bald gibt es den ersten Toten, und etliche Leute landen im Irrenhaus. Es wird gezaubert und gehext, und die Moskauer geraten ziemlich außer Fassung. Diese Geschehnisse sind so augenzwinkernd und humorvoll beschrieben, dass mir der Teufel samt Spießgesellen fast schon sympathisch wurde. Margarita ist eine weitere Hauptfigur des Romans - sie steht vor den Scherben ihres Lebens und geht in ihrer Hoffnungslosigkeit den Pakt mit dem Teufel ein. Was ihr das einbringt und was das Ganze mit Pontius Pilatus und Jesus zu tun hat, und warum ein gewisser Nikolai Iwanowitsch ferkelhafte Gesichtszüge an sich hat - das wird hier natürlich nicht verraten.


    Während der Roman einen gelungenen Auftakt hat, fand ich im Mittelteil die eine oder andere Länge, die mir das Lesen etwas schwer machte. Der Schluss hingegen war wieder ganz nach meinem Geschmack und hat mich sehr gefesselt. Der Roman hat einen einfach zu lesenden Sprachstil und ist durchwegs in einem sarkastischen, humorvollen Grundton gehalten. Nur zum Schluss wird es ein bisschen feierlich, was mir sehr gut gefallen hat.


    Für mich war die Lektüre dieses Buches ein kleines Experiment - schliesslich habe ich noch nicht allzu viele Klassiker und überhaupt noch nie einen russischen Klassiker gelesen. Ich denke auch nicht, dass ich alles verstanden habe, was Bulgakow da zwischen den Zeilen sagen wollte. Mir hat es aber trotzdem gut gefallen und ich kann "Der Meister und Margarita" Lesern mit viel Phantasie und Spaß am Grotesken gerne weiterempfehlen.


    4ratten

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

  • Das ist ein von meinen Liblingsbuecher. Es ist vielleicht fuer jemanden schwer zu verstehen was damals in Moskau und Sowjetunion wirklich passiert ist. Fuer vielen Russen uebrigens auch. Deswegen war dieses Buch wie eine frische Luft, ein Schluck Freihet. Das Buch wurde ein Kultroman. Und, wie gesagt, vielschichtig. Mistery, Philosophie, Liebe, Abenteuer, Tragoedie, Komoedie - alles unter einem Dach. Und natuerlich Happy End, kein lustiges, aber trotzdem. 5ratten

  • Habe den Roman soeben das 2. mal durchgelesen, und bin mir sicher, noch immer viele Aspekte des Buches nicht verstanden zu haben.
    Es gibt soviele Ebenen und Geschichten, die kunstvoll miteinander verknüpft sind, das es wohl auch ein mehrmaliges Lesen erfordert, um alles zu erfassen. Einer der wenigen Roman, bei denen mit jeder erneuten Lektüre Neues zutage tritt.
    Der Einstieg ist bereits furios, der Teufel erscheint in Moskau, und mischt sich direkt in das Gespräch zweier Literaten ein, in dem es um die Existenz von Gott, Teufel und Jesus geht. Von hier an schlägt die Gesichte viele Wege ein. Die Passionsgeschichte, zahlreiche kleine Episoden meist verdorbener Einwohner Moskaus, und schließlich die unsterbliche Liebe zwischen dem Meister und Margarita. Die zunächst losen Handlungsstränge sind alle untrennbar miteinander verknüpft, und werden zum Ende kunstvoll zusammen geführt. Stellenweise habe ich Tränen gelacht, so herrlich ist die Satire. Zum Ende hin verliert sich der Humor etwas, es wird ernster und der Schluss hat mich sehr bewegt.


    Bis heute eines meiner Lieblingsbücher, und dafür gibts: 5ratten


    Gibt es hier jemanden, der auch andere Werke Bulgakows gelesen hat, und mir verraten möchte, ob sie ebenso lebenswert sind?


  • Ich glaube, das zählt zu den Büchern, für die ich zu doof bin :rollen:


    Ich habe es nach maximal 100 Seiten total genervt abgebrochen, weil ich in die Geschichte überhaupt nicht hineinkam und nicht verstanden habe, worauf das Ganze eigentlich hinauslaufen soll...


    Hier muss ich mich leider anschließen. Mir war zu viel Durcheinander, ich konnte mich einfach nicht einlesen. Vielleicht probiere ich es irgendwann noch einmal, aber momentan reizt mich nichts davon.

    Bücher kaufen und Bücher lesen sind zwei völlig verschiedene Hobbys.

  • Meine Rezension, endlich habe ich es auch gelesen:


    An einem Frühlingsnachmittag sitzen ein Dichter und ein Redakteur im Park und unterhalten sich über den Auftrag, den der Dichter gerade bekommen hat. Er soll ein satirisches Gedicht auf Jesus schreiben. In diesem Moment gesellt sich ein seltsam aussehender Ausländer zu ihnen. Er hat ein schwarzes und ein grünes Auge, trägt einen Gehstock mit Pudelkopf und mischt sich sogleich in das Gespräch der beiden. Er erzählt ihnen von den „wahren Ereignissen“ rund um die Kreuzung Christi und behauptet, deshalb so gut darüber Bescheid zu wissen, weil er selbst dabei gewesen sei. Außerdem prophezeit er ihnen, dass einer der beiden die Nacht nicht mehr erleben würde. Er selbst stellt sich als Voland, ausländischer Konsulator, vor.


    Tatsächlich dauert es nicht lange, bis einer der beiden auf seltsame Art und Weise ums Leben kommt. In Moskau ereignen sich allerhand unheimliche Dinge, die drohen, die Stadt ins Chaos zu stürzen. Die Hauptbeteiligten der chaotischen Zustände sind immer ein dicker Kater, ein langer Typ, eine nackte Rothaarige und Voland. Was bezwecken die seltsamen Gestalten in Moskau? Wer ist Voland, den niemand zu fassen bekommt, in Wirklichkeit?


    „Der Meister und Margarita“ vereint zwei Haupthandlungsstränge in einem Buch. Zum einen dreht sich das Werk immer wieder um die Geschehnisse in Jerusalem rund um Pontius Pilatus und die Kreuzigung Jesu, zum anderen tauchen zwei Menschen auf, die einen Pakt mit dem Teufel eingehen. Margarita willigt ein, Voland auf seinen unheimlichen Ball zu begleiten, um dadurch ihren Geliebten, den sie nur „Meister“ nennt, zurück zu bekommen. Dieser war zuvor in eine Nervenheilanstalt eingewiesen worden, weil er ein als konterrevolutionär eingestuftes Werk rund um die historische Figur des Pilatus verfasst hatte.


    Insgesamt ist Bulgakows Roman eine irrwitzige Odyssee ins Reich des Fantastischen. Einerseits mit vielen politischen Anspielungen auf das kommunistische Russland und dessen Regime, andererseits mit einer subtilen Art von Humor. Man schließt Berlioz, den Meister, Margarita und selbst den Teufel und seine Gefolgsleute direkt ins Herz, schließlich passiert das Unglück, das sie verursachen, nur jenen Menschen, die abgrundtief schlecht, gierig und falsch sind. Der Witz kommt vor allem dadurch zum Tragen, dass Voland ständig auf sich selbst anspielt, indem er flucht und auf „des Teufels Großmutter“ anspielt. Selbst sein Name ist eine Anspielung auf den Teufel (siehe „Faust“). Und scheinbar geht vom Teufel selbst nicht das Gegenteil des Himmels aus, also nicht die Hölle, sondern ewige Ruhe.


    Bemerkenswert an „Der Meister und Margarita“ ist, dass es in einer Zeit entstand, in der der Autor wahrscheinlich mit der Regierung die ärgsten Probleme bekommen hätte, obwohl er Stalins bevorzugter Stückeschreiber war. Erschienen ist es deshalb erst rund 30 Jahre nach Bulgakows Tod und wurde zu einem der bekanntesten Romane Russlands. Viele Aussprüche des Werks sind in die russische Sprache eingegangen und werden gleichsam als Redewendungen noch heute verwendet.


    Zugegebenermaßen habe ich wohl nicht den gesamten Sinn und die gesamte Aussage des Romans verstanden, was vor allem dadurch zu begründen ist, dass meine Kenntnis historischer und politischer Ereignisse der damaligen Sowjetunion betrifft. Dennoch hat man auch als historisch-politisches Nackedei seinen Spaß an der Geschichte. Zwar mag sie an einigen Stellen über Längen aufweisen, allerdings ist die Geschichte es Wert, darüber hinweg zu sehen und weiter zu lesen. Wer Spaß an Werken hat, die nicht streng einem Handlungsstrang folgen und sich auch nicht an eine strikte Chronologie halten, ist mit dem Buch gut beraten. Etwas Zeit sollte man jedoch schon mitbringen, genauso wie einen Sinn für hintergründigen Humor. Und eins muss selbst ein negativer Kritiker der Geschichte zugeben: handwerklich ist an dem Buch nichts auszusetzen!



    4ratten

  • Juchu eine tolle Rezi Chil
    Ich glaube ich bekomme das nie so gut hin wie du :rollen:

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:

  • Doch chil, die ist dir wirklich sehr gut gelungen und du triffst mit deinen Formulierungen ganz genau mein Lesegefühl von damals, als ich das Buch gelesen habe. Kompliment!


    Übrigens denke ich noch sehr gerne an den Roman zurück und stelle fest, dass noch sehr vieles präsent ist. Also war es eine sehr nachhaltige Lektüre.


    Viele liebe Grüße :winken:
    Miramis


    edit:


    als historisch-politisches Nackedei

    Was für ein genialer Ausdruck, ich erkenne mich absolut wieder... :breitgrins:

    :lesen: Kai Meyer - Die Bibliothek im Nebel

    Einmal editiert, zuletzt von Miramis ()

  • Ich glaube, ich mag die Russen! :breitgrins: Bisher habe ich nur Schuld und Sühne von Dostojewski gelesen und geliebt. Die Art und Weise, wie dieser Mann in diesem Buch mit Worten umgeht hat mich sehr beeindruckt. Und hier, also beim Meister und Margarita, ist das selbe!


    Ich habe gerade mal ein Drittel des Buches gelesen, weiß im Prinzip noch überhaupt nicht wohin mich die Handlung führen wird, aber das stört mich, im Gegensatz zu manchen von euch, nicht im Geringsten, denn ich werde köstlichst unterhalten. Diese mit viel Ironie und Sarkasmus gespickten Sätze bringen mich immer wieder zum Schmunzeln und ab und an auch mal zum laut Auflachen. Es gefällt mir einfach wie Bulgakow (und eben auch Dostojewski) es schafft, die Menschen in ihrem Aussehen, Handeln und Denken so punktgenau zu treffen und zu beschreiben, dass ich sofort ein Gesamtbild in meinem Kopf habe, als ob ich ein Theaterstück sehen würde - und das schaffen sehr, sehr wenige! :herz:

    :leserin: [color=#CC0077]<br />Leo Tolstoi - Anna Karenina<br />Geneva Lee - Royal Passion<br />Frank Schätzing - Tod und Teufel<br />Patrick Rothfuss - The Name of the Wind<br />Maggie Stiefvater - The Raven Boys

  • Da kann ich dir nur Zustimmen. Der Meister und Magarita ist ein Lesegenuss, ich hab mich wunderbar unterhalten gefühlt. Ich glaube die Menschen, die mit mir Zug gefahren sind, haben sich schon über mein schelmisches Dauergrinsen gewundert.
    Wenn ich mal einen Kater haben sollte, weiß ich auch schon wie ich ihn nenne.

    &quot;Bücher sind Spiegel: Man sieht in ihnen nur, was man schon in sich hat&quot;<br />Carlos Ruiz Zafón<br />:lesen:

  • Das Buch gehört auch zu meinen Lieblingsbüchern. Besonders die Charakterdarstellung hat mir sehr gut gefallen, und genau dieses Chaotische und Verworrene der Geschichte war für mich ein besonderer Pluspunkt und hat mich zum Lachen gebracht. Das manche nichts damit anfangen können, kann ich aber auch verstehen.
    Allerdings hat der Handlungsstrang um Pontius Pilatus für mich mit der Zeit an Reiz etwas verloren, zumindest im Vergleich zum Verlauf der Geschichte in Moskau, der mir immer besser gefallen hat.
    Zu gerne würde ich das Buch auf Russisch lesen, wie auch andere russische Klassiker, aber leider kann ich die Sprache nicht.

    “Grown-ups don't look like grown-ups on the inside either. Outside, they're big and thoughtless and they always know what they're doing. Inside, they look just like they always have. Like they did when they were your age. Truth is, there aren't any grown-ups. Not one, in the whole wide world.” N.G.

  • Meine Meinung

    Puh, was für ein Chaos. Mein erster Gedanke war "jemand veräppelt hier die Leute und hat viel Spaß daran". Dieser Spaß schlug oft über die Stränge und manchmal konnte ich nicht ganz folgen. Trotzdem hat mich die Geschichte fasziniert. Ich kann die unterschiedlichen Meinungen verstehen. Meine liegt mittendrin: vieles hat mir gefallen, anderes nicht aber unterm Strich fand ich das Buch in Ordnung.

    3ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Mein erster Gedanke war "jemand veräppelt hier die Leute und hat viel Spaß daran".

    Damit liegst Du wahrscheinlich gar nicht so weit neben der Absicht des Autors...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)