Victor Hugo - Notre Dame de Paris/Der Glöckner von Notre Dame

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    Originaltitel: Notre-Dame de Paris


    Inhalt:


    Klappentext:


    Der Glöckner von Notre Dame, dieses Meisterwerk der französischen Romantik, ist eine Liebeserklärung an die Stadt Paris. Die Handlung spielt im 15. Jahrhundert. Die Hauptfiguren: die junge Bettlerin Esmeralda, deren bezaubernde Schönheit und Grazie sie ins Verderben führen, und der verwachsene, grotesk häßliche Taube Quasimodo, ein Findling, den der reiche Diakon der Kathedrale als Glöckner dort arbeiten läßt.


    Meine Meinung:


    "Was lange währt, wird endlich gut" oder: Lange hat es gedauert, diesen Roman zu beenden, aber die Geduld hat sich gelohnt.


    Durch die Disney-Verfilmung hatte ich eine grobe Vorstellung davon, was mich erwarten würde, aber natürlich haben Verfilmung und Romanvorlage fast keine Berührungspunkte. :rollen:


    Auf jeder Seite erhält der Leser Unmengen von Informationen, so dass es anfangs nicht einfach ist, den Überblick zu behalten. Es treten viele Personen aus unterschiedlichen Gesellschaftsschichten auf, wobei häufig vorausgesetzt wird, dass man ihren Stand, ihre Befugnisse und ihr Klassenbewusstsein kennt (später im Roman gibt Hugo darüber viel freigiebiger Auskunft).


    Es gibt ein Kapitel, in dem Hugo die Baukunst der Kathedralenbauer preist und aus dem Kapitel geht hervor, dass "Notre-Dame de Paris" (wie auch der Titel meines Buches ist) und die Stadt Paris die eigentlichen Haupt"personen" des Romans sind. Vor ihrer Kulisse spielen sich Tragödien ab, denn eigentlich beinhaltet jeder Handlungsstrang in diesem Klassiker tragische Züge. Wirklich glücklich ist niemand.
    Zwischen den Zeilen verspürt der Leser die Sehnsucht nach einer Vergangenheit, die besser ist als das nachrevolutionäre Paris, in dem sowohl Autor als auch Erzähler leben.


    Sehr gut haben mir die kurzen Kapitel gefallen, die es erlauben, das Buch auch mal zur Seite zu legen, ohne den Faden zu verlieren. In meiner Ausgabe finden sich in regelmäßigen Abständen zeitgenössische Illustrationen, die ebenfalls dazu beitragen, das beschriebene stärker aufzunehmen.


    Ein Kapitel, das ich sicher nir vergessen werde, ist die Gerichtsverhandlung, in der Quasimodo zum Pranger verurteilt wird:



    Diese groteske Szene gehört für mich mit eine Klasse mit der Verhandlung in "Alice im Wunderland" oder der aus Kafkas "Prozess".


    Victor Hugo schreibt mit einer herrlichen Ironie und gesundem Sarkasmus, steht über den Schwächen der Menschen und scheint diese sogar zu belächeln. Dadurch entsteht ein sehr kraftvolles und letztendlich verstörendes Sittenbild einer vergangenen Zeit.


    4ratten

    Ich werde kein&nbsp;Geld hinterlassen. Ich werde keinen Aufwand und Luxus hinterlassen. Aber ich möchte ein engagiertes Leben hinterlassen.<br />(Martin Luther King)

    Einmal editiert, zuletzt von fairy ()

  • marilu: Vielen Dank für deine Rezi! Es ist schon etwas her, als ich "Den Glöckner von Notre Dame" gelesen habe und ich merke, dass es Zeit für ein re-read wird. Die Besonderheiten des Buches, sind mir gar nicht mehr in Erinnerung geblieben.


    Liebe Grüße
    wolves

  • Quelle: Buch der 1000 Bücher
    Copyright: Aus Das Buch der 1000 Bücher (Harenberg Verlag)


    Hallo,


    die Veröffentlichung des kompletten Artikels über dieses Buch unterliegt dem copyright, wie du ja selber anmerkst. Dies lässt sich auch nicht dadurch umgehen, dass man die Quelle angibt.


    Die Zitieren einzelner Sätze, die du in einen neuen Sinnzusammenhang bringst, kann Dir jedoch nicht verboten werden, bei solchen Vollzitaten wie hier wäre ich jedoch vorsichtig.


    Schöne Grüße,
    Thomas

  • Die Zitieren einzelner Sätze, die du in einen neuen Sinnzusammenhang bringst, kann Dir jedoch nicht verboten werden, bei solchen Vollzitaten wie hier wäre ich jedoch vorsichtig.


    Schöne Grüße,
    Thomas


    Ich dachte, man dürfe alle Texte von Amazon verwenden. Aber inzwischen bin ich schlauer - mein Fehler. Ich habe die Angaben gelöscht und durch den Klappentext ersetzt.

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  • Das Buch habe ich vor ein paar Jahren gekauft (die schöne Dünndruckausgabe vom Insel Verlag), weil ich halt mal wieder einen Klassiker lesen wollte.


    Mit den ersten Seiten hatte ich ebenfalls durch die Fülle an Informationen meine Schwierigkeiten, doch als ich verstanden hatte, wo's langgeht, konnte ich das Buch richtig genießen. Ein wunderschöner Klassiker.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich stimme marilu zu, ich war auch sehr verärgert darüber
    das disney so weit von der original geschichte abgewichen ist,
    wenn eine geschichte nun mal nicht für kinderaugen bestimmt ist
    gibt es meiner meineung nach auch keinen grund sie zu
    verharmlosen und einen zeichentrickfilm daraus zu machen...


    aber das buch hat mir gefallen :)
    die schwärmereien über die alte französische architektur
    wecken bei mir sehnsüchte nach paris :klatschen: :klatschen:


    ich musst außerdem ein bisschen darüber schmunzeln
    dass hugo über so viele veränderungen an der kathedrale
    schimpft, die aus unserer sicht schon teil des kulturerbes geworden sind,
    die für ihn aber eine totale verschandelung der architektur zu sein scheinen.. :breitgrins: :breitgrins: :breitgrins:

  • :winken:
    **Schubs**


    Zitat

    Ich stimme marilu zu, ich war auch sehr verärgert darüber
    das disney so weit von der original geschichte abgewichen ist,
    wenn eine geschichte nun mal nicht für kinderaugen bestimmt ist
    gibt es meiner meineung nach auch keinen grund sie zu
    verharmlosen und einen zeichentrickfilm daraus zu machen...


    Auch ich stimme euch da zu. Die Handlung ist absolut nicht für Kinder geeignet.
    Zu meiner Schande muß ich gestehen, dass wir den Film auch daheim hatten, allerdings nach den ersten 10min abgeschaltet und wieder verkauft.


    Von dem Buch bin ich total begeistert und ich finde die Übersetzung "Der Glöckner von Notre Dame" auch nicht sehr gelungen, da Quasimodo eher eine Nebenrolle in der Handlung hat.
    Ich bin noch nicht ganz durch aber habe trotzdem schon mal geschubst, da wir ja gerade eine LR zu diesem Buch haben und hier ja dann unsere Rezi's einfügen können.


    LG


    Bine

    :biene:liest :lesen: und hört

    07/60

    2116 /25.525 Seiten


    Einmal editiert, zuletzt von Bine1970 ()

  • :winken:
    Inzwischen habe ich das Buch zu Ende gelesen und muß sagen es hat mir sehr gut gefallen.


    Als ich es für den SLW aussuchte dachte ich noch: oje noch ein Victor Hugo lesen naja ich weiß nicht!
    Das lag daran, das ich letztes Jahr an den Elenden gescheitert bin und das Buch angefangen in meinem Regal herumsteht.


    Deshalb war ich von diesem Buch angenehm überrascht.


    In diessem Buch war wirklich alles vorhanden, was man sich von einem guten Buch erhofft. Witz ( bin ich von Hugo gar nicht gewohnt), Spannung, Emotionen und leider auch die, ach so typische Exkursionen des Hr. Hugo. Schon alleine das 1. Kapitel im 3.Buch 5 1/2 Seiten Liebeserklärung an Notre-Dame, aber dann das 2. Kapitel Paris aus der Vogelschau - 17 Seiten schwärmt uns Hugo von Paris in der Vogelperspektive vor. Man kommt in Versuchung dieses Kapitel zu überspringen. Ich blätterte immer vor um zu sehen ob ich bald durch bin und tröstete mich mit dem nur - noch - ein - paar - Seiten - Gedanken,
    Auch wenn viele Quasimodo als "Monster" sahen, mir tat er einfach nur leid und in dem ganzen Buch gab es nur 3 Protagonisten, welche ich auch leiden mochte.
    Quasimodo, Esmeralda und Pierre Gringoire- ein Philosoph, der es von Anfang an in dem Buch nicht leicht hatte. Was ihm allein in einer Nacht alles zugestossen ist:
    zitiere mich mal eben selbst

    Zitat

    Hier tat mir Gringoire irgendwie leid. Erst wird sein Stück nicht beachtet, dann bekommt er kein Geld dafür,kann nicht ans Feuer, landet in der Gosse, wird fast angezündet... usw.usw. Der Arme, was muß er denn noch alles ertragen? Das war schon heftig.


    Gott sei Dank wendet sich sein Leben irgendwann der Sonne zu, auch wenn es erst am Schluß der Geschichte ist.


    Die Frollo - Brüder weckten beide in mir mehr oder weniger Aggressionen, ganz besonders der jüngere - Jean-, für ihn zählt nur Wein - Weib und Gesang und die Frage wie er seinem Bruder am Besten das Geld abnehmen kann, er hat aber seine gerechte Strafe erhalten.
    Claude Frollo, der Erzdechant, weckte sehr viele Emotionen in mir,da war Mitleid, Haß und Angst in gleichen Teilen dabei. Oft dachte ich mir,was Liebe aus einem Menschen machen kann ist schon sehr erschreckend.


    Ganz besonders gut hat mir gefallen,das Hugo seine Leser direkt ansprach und ich oft in der Situation war sogar laut zu antworten, ich muß mich hier noch mal selbst zitieren:

    Zitat

    Oder weiter vorne auf Seite 44 als Hugo seine Leser direkt fragt, ob sie sich das Schaupiel lebhaft vorstellen können, lag ich in der Wanne und antwortete laut mit ja


    Hugo finde ich einfach toll. Sehr oft hat man das Gefühl mitten im Geschehen zu stehen, oder Hugo steht neben mir und erzählt mir die ganze Geschichte persönlich.
    Nach diesem tollen Buch werde ich mich vielleicht in naher Zukunft doch nochmal an die Elenden wagen.
    Abschliessend kann ich nur sagen, ich bin froh dieses Buch als Klassiker für den SLW 2007 ausgesucht und in einer Leserunde gelesen zu haben,auch wenn ich mich manchmal ärgerte das ich alle Postings gelesen habe. Es war eines meiner Highlights in diesem Jahr und bekommt von mir trotz Hugo's Exkursionen
    5ratten

    :biene:liest :lesen: und hört

    07/60

    2116 /25.525 Seiten


    Einmal editiert, zuletzt von Bine1970 ()

  • Bine1970:
    Ich habe «Die Elenden» letztes Jahr ja geschafft und empfand es ähnlich wie du: Der «Glöckner» ist einfach zu lesen, und das liegt nicht nur am kleineren Seitenumfang. «Die Elenden» war mein erstes Buch von Victor Hugo und im Nachhinein würde ich es wohl nicht mehr als Einstiegslektüre wählen, das ist man mit dem «Glöckner» schon besser bedient. Vielleicht klappt es bei dir ja im zweiten Anlauf :zwinker:


    So, und hier jetzt meine Rezi zu «Der Glöckner von Notre-Dame».



    Inhalt:
    Die Geschichte spielt in Paris im Jahr 1482, «Hauptperson» der Handlung ist strenggenommen die Kirche Notre-Dame. In ihr tut der Archdiakon Claude Frollo Dienst. Er ist gelehrt und intelligent, aber unglücklich. Das liegt zum Teil an seinem nichtsnutzigen und um einiges jüngeren Bruder, Jehan Frollo, der lieber säuft als studiert und der finanziell von Claude abhängig ist. Und dann hat Claude Frollo noch ein Wesen, da von ihm abhängt: Quasimodo, ein ehemaliges Findelkind. Missgestaltet, taub und geistig ein wenig zurückgeblieben, aus der Gesellschaft ausgestossen. Bei Claude Frollo und in der Kirche Notre-Dame hat er eine Heimat gefunden und seinem Beruf, dem Glockenläuten, geht er mit Begeisterung nach.
    Und dann gibt es da noch die schöne, 16-jährige Zigeunerin, die sich selbst die Esmeralda nennt und ihr Geld mit tanzen und den Kunststücken ihrer Ziege Djali verdient. Wer sie sieht, verfällt ihr sofort, da sie der Inbegriff von Anmut und Schönheit ist. Allerdings kann zu viel Schönheit auch gefährlich sein, wie sie leidvoll erfahren muss.


    Rund um diese Personen konstruiert Victor Hugo eine tragische, traurige und manchmal auch hoffnungsvolle Geschichte, die schön und schrecklich zugleich zu lesen ist.


    Meine Meinung:
    Ich bin in der wahrscheinlich glücklichen Lage, keine Verfilmung von Victor Hugos Drama zu kennen. Glücklich deshalb, weil die Geschichte so wie sie im Buch steht, wohl kaum jemals verfilmt würde, von der Traumfabrik Hollywood erst recht nicht. Denn am Ende sind alle entweder tot oder unglücklich und Quasimodo ist der Beschreibung nach noch hässlicher als Peter Jacksons Orks in der Verfilmung zu «Der Herr der Ringe». Also definitiv nicht mehr leinwandtauglich.


    Und das ist auch genau der Grund, wieso man das Buch lesen sollte: Dank Victor Hugos Beschreibungen entsteht Kino im Kopf, das so wohl nie auf die reale Leinwand käme. Dabei verpasst man etwas, wenn man die Geschichte nicht liest. Victor Hugo zeigt sich schon hier als ein Meister im Beschreiben von Elend und Verzweiflung und auch wenn seine Charaktere manchmal förmlich im Selbstmitleid zergehen, so leidet man doch ein Stück mit und bedauert die armen Menschen. Niemand ist glücklich, alle leiden und alle hoffen, um dann am Ende doch wieder enttäuscht zu werden. Das erinnert stark an Hugos späteres Mammut- und Meisterwerk «Die Elenden», wo der Titel Programm ist und Hugo selische Nöte mit noch grösserem Können beschreibt als in «Der Glöckner von Notre-Dame».


    Auch bei den Schwächen des Romans gibt es Parallelen zwischen den beiden Büchern. Anstrengend werden beide Bücher dann, wenn Hugo seitenlang Dinge beschreibt, die wenig mit der Geschichte zu tun haben, so etwa die ausufernde Beschreibung des mittelalterlichen Paris, die für Ortsunkundige verwirrend und langweilig ist. Glücklicherweise hält er sich im «Glöckner» sehr zurück mit solchen Exkursen, deshalb lässt sich das Buch insgesamt auch leichter lesen als «Die Elenden».


    Das liegt nicht zuletzt auch daran, dass es trotz aller Traurigkeit auch immer wieder lustige Szenen gibt, bei denen ich mir zumindest ein Grinsen nicht verkneifen konnte. Dazu gehört etwa der Anfang des Buches, als ein erfolgloser Theaterstückschreiber versucht, die Aufmerksamkeit des Publikums auf sein Stück zu lenken oder auch eine Gerichtsverhandlung gegen Quasimodo, bei der sowohl Richter als auch Angeklagter taub sind, das aber voneinander nicht wissen. Und beim Marsch der vereinigten Gauner von Paris auf Notre-Dame findet man sich plötzlich mitten in (teilweise auch sehr blutigen) Actionszenen.


    Insgesamt ist das Buch fast wie ein Theaterstück aufgebaut, es lebt vor allem von den Dialogen, den Monologen und den dramatischen Szenen, die einem noch lange in Erinnerung bleiben, weil man dank Hugos Erzählkunst das Gefühl hat, als Gast der Charaktere wirklich daneben gestanden zu sein.


    Fazit: Ein trauriges, schönes Buch für alle, die nicht immer ein Happy-End brauchen.


    4ratten

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Ich habe das Buch im Rahmen des SLW 2007 gelesen und habe es nicht bereut.
    "Der Glöckner von Notre Dame" ist mein erstes Buch von Victor Hugo und war wohl auch keine so schlechte Wahl, wenn ich die Kommentare zu "Die Elenden" verfolge.


    Victor Hugo hat die Handlung seines Romans ins Mittelalter versetzt, allerdings hatte ich nicht unbedingt das Gefühl einen historischen Roman zu lesen.
    Seine bissigen und sarkastischen Beschreibungen von einzelnen Figuren, wie von ganzen Ständen, wirken auf mich recht zeitlos, wenn nicht gar (mit Abstrichen) aktuell.
    Der Roman handelt von Liebe. Egoistischer Liebe, unerfüllter, selbstloser und unglücklicher Liebe. Dies alles unter den Augen der steinernen Kathedrale Notre Dame.
    In dem Roman gibt es einen Exkurs von Hugo über die antike Baukunst als "Speicher" von Wissen bevor der Buchdruck diese Aufgabe übernahm.
    Hugos Gedanken hierzu erscheinen in ganz neuem Licht, wenn man sich fragt, was so alles in und vor den Mauern eines alten Gebäudes geschehen ist, wie hier in "Der Glöckner von Notre Dame".
    Was würde alles erzählen werden, wenn der steinerne Zeuge reden könnte?


    Victor Hugo, hat es geschafft, wie schon von Alfa erwähnt wurde, wunderbares Kopfkino zu schaffen, auch wenn es trauriges Kino ist, denn auf ein Happy End hofft man bei diesem Buch vergebens.


    5ratten



    P.S. Interessant fand ich auch den Artikel bei Wiki, wonach der Verfall der Kathedrale durch den Roman Victor Hugos aufgehalten werden konnte, da das Gebäude dadurch wieder ins Blickfeld rückte Info

    Einmal editiert, zuletzt von Papyrus ()

  • Hallo Ihr Lieben,


    habe diesen Roman auch im Rahmen der kürzlich stattgefundenen Leserunde gelesen. Für mich war es das erste Buch von Victor Hugo und wenn ich eure Kommentare so lese, wohl ganz gut, dass ich damit begonnen habe! :zwinker:


    Meine Meinung:
    Victor Hugo hat in diesem Roman eine Hommage an Paris, aber vor allem an die Kathedrale Notre-Dame geschrieben. Wie schon erwähnt, sind die ersten Kapitel voll mit detaillierten Beschreibungen der Kathedrale oder von Paris aus verschiedenen Perspektiven und oft im Vergleich seiner Zeit zu dem Paris so im 15. bzw. 16. Jahrhundert. Auch wenn mir diese Ausführungen teiweise sehr langatmig vorkamen, muss ich doch sagen, dass ich die Beobachtungsgabe und die detaillierte Recherche von Hugo sehr bewundere. Da ich zum Glück schon mal in Paris war und natürlich auch Notre-Dame besichtigt habe, konnte ich dank seiner Beschreibungen Paris und die Kathedrale sehr gut vor meinem inneren Auge sehen und fand einige der Details, die er geliefert hat, sehr faszinierend.
    Auch sein bereits erwähnter Exkurs über den Vergleich von Baukunst zum Buchdruck, fand ich sehr spannend zu lesen und ein Gedankengang, der mir so noch nie in den Sinn gekommen ist, aber sehr interessant ist, um weiter darüber zu grübeln.


    "Grübeln" ist insgesamt ein Ausdruck, der für mich gut auf den Roman passt: Man kommt ins grübeln über Veränderungen, die mit Paris im Laufe der Jahre geschehen und natürlich kommt man ins Grübeln über die Protagonisten, die alle doch nur ein bisschen Glück wollen, aber denen dies leider nicht vergönnt ist.
    Die einzelnen Charaktere werden nach und nach eingeführt und Hugo webt schließlich ein schicksalhaftes Netz über sie alle, durch das sie alle verbunden sind und das ihnen fast allen am Ende zum Verhängnis wird. Man liest da von verzehrender an den Wahnsinn grenzender Liebe, Hass und Eifersucht, aber auch von aufoperungsvoller Liebe und Einfühlungsvermögen. Dabei werden teilweise auch sehr gut die Gegensätze zwischen äußerem Schein und tatsächlichem Sein dargestellt und auch aufgezeigt, dass leider doch immer noch das Äußere den Menschen viel mehr bestimmt, als sein tatsächliches Innenleben.


    Ich muss gestehen, von allen vorkommenen Charakteren, war dann am Ende aber doch Quasimodo derjenige, der mir am liebsten war und mit dem ich am meisten mitgelitten habe.
    Esmeralda ist zwar ein liebes Mädchen, aber leider viel zu naiv, wo ich das bei einer Zigeunerin schon fraglich empfinde. :schulterzuck:
    Phoebus ein selbstverliebter Knilch, der nur an sich selber denkt. Das Gleiche gilt für Jean Frollo. Außer Wein und Weiber hat er wirklich nichts im Kopf. Claude Frollo ist zum einen eine sehr bemitleidenswerte Seele, leider schafft er es nicht sich aus seinen eigenen Hölle zu befreien und bringt nur Unglück über alle Menschen, die er eigentlich liebt.
    Der Dichter Gringoire war mir zu Beginn auch noch sehr sympathisch, jedoch wandelte sich diese Sympathie im Laufe des Buches in komplette Abneigung: Gringoire lebt wohl eher nach dem Spruch: "Jeder ist sich selbst der Nächste!"
    Da ist somit nur noch Quasimodo: Und ja, er ist hässlich, jedoch ist das das Schöne an einem Buch. Man liest zwar über die Hässlichkeit, jedoch durch seine Taten gewinnt er in meinem Kopf und wird immer angenehmer anzusehen! Ihn fand ich die sympathischste und auch tragischste Figur in dem ganzen Buch.


    Ich gestehe, dass ich sowohl die Verfilmung von Walt Disney, als auch die Verfilmung mit Anthony Quinn gesehen habe und die Verfilmungen habe beide sehr wenig mit dem Buch zu tun. Walt Disney wollte einen Kinderfilm machen, was ihm auch gelungen ist, aber das Buch ist kein Kinderbuch. Es hat kein Happy End und schon gar nicht stellt der Glöckner die Hauptfigur dar, sondern die Hauptdarstellerin des Buches ist eindeutig die Kathedrale Notre-Dame von Paris.


    Insgesamt bin ich sehr froh darüber, dass ich das Buch endlich gelesen habe und trotz einiger sehr abschweifenden Beschreibungen von Hugo, hat es mir auch sehr gut gefallen! Ein wirklicher Klassiker und eine eindeutige Liebeserklärung an Paris und natürlich an Notre-Dame!


    Dafür von mir 4ratten


    Liebe Grüße
    Tammy

    &WCF_AMPERSAND"Jeder der sich die Fähigkeit erhält, Schönheit zu erkennen, wird nie alt werden.&WCF_AMPERSAND" (Franz Kafka)

  • Tja - was soll ich sagen. Sicher: ein guter Roman. Ebenso sicher: Ans spätere Les Misérables vom selben Autor kommt's nicht heran. Wie auch im späteren Werk leidet Hugo doch sehr stark unter der Manie, unwahrscheinliche Zufälle auf unwahrscheinlichste Zufälle zu häufen. Da entpuppt sich der plötzlich als Vater von jenem etc. etc. Doch während das in Les Misérables in der Menge der handelnden Personen ein wenig untergeht, haben wir mit Notre-Dame de Paris schon fast ein Kammerspiel vor uns. Wirklich wichtige, handelnde Personen gibt es drei: Esmeralda (die im Zentrum steht; wenn schon, hätten die Übersetzer ins Englische bzw. Deutsche den Roman nach ihr benennen sollen, nicht nach dem Glöckner), Quasimodo und Frollo d.Ä.


    Die Story fand ich, ehrlich gesagt, reichlich dünn. Ziemlich früh im Werk, spätestens nach 2/3 des Ganzen, wird klar,

    Nach einem fulminanten und opulenten Beginn, der das Beste hoffen liess, hat sich Hugo leider zusehends auf die Dreiecksbeziehung Esmeralda - Quasimodo - Frollo d.Ä. konzentriert und die Exkurse, die bei ihm das Salz in der Suppe darstellen, völlig vernachlässigt. Da die Dreiecksgeschichte aber, wie oben gesagt, im Grunde genommen banal verläuft, wartet der Leser auf Ablenkung, auf Fleisch am Knochen. Doch die ursprünglich sehr breite Führung ist verloren gegangen. "Hugos Liebeserklärung an Paris" stand bei mir auf dem Buchdeckel. Das mag stimmen, wird aber erst wirklich klar und (selbst)verständlich, wenn man Les Misérables kennt, wo Paris wirklich zum eigenständigen Protagonisten anzuwachsen scheint.


    Fazit: Man kann - auch von den sog. "Klassikern" - Schlimmeres lesen, von Hugo aber ganz sicher Besseres: Les Misérables ;):winken: .

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Muss gestehen, hatte dabei auch zunächst den dusseligen Disneyfilm im Kopf (Disneyfilme müssen nid immer dusselig sein, aber bis auf die Donald Duck-Klassiker hat der Laden im Angesicht von Animationsschmieden wie Pixar etc. heutzutage mit Zeugs wie Bärenbrüder nu wirklich nichts mehr zu bieten eigentlich), den ich zwar nicht gesehen habe, aber man hat ja genug davon mitbekommen - eure Schilderungen des Romans dazu waren aber jetzt doch alle durchweg so positiv, dass ich den Roman, auch da er nur 5 Euro kostet, bei einer Bestellung einer Klassik-, und einer Jazz-CD für mich (offiziell für meine Eltern ;) ) eben mit drangehängt habe, bin mal recht gespannt - Les Misérables reizte mich bisher eigentlich noch mehr, allerdings kostet der halt eigentlich zu viel als dass ich ihn quasi unbemerkt an eine Bestellung, die auf meine Mutter geht, dranhängen kann, außerdem würd ich dann wohl vorher doch Krieg & Frieden erst noch zuende lesen.




    LG

  • Ich liebe dieses Buch! Es ist sogar eines meiner Lieblingsbücher. Diese wunderbare Gestalt "Quasimodo" hat mich über alle Maßen berührt...
    Das Ende ist unendlich traurig. Ich muss sogar zugeben, dass ich geweint habe, obwohl das bei mir nicht oft vorkommt.
    5ratten

    Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.

  • Da den meisten von euch das Buch auch so gut gefallen hat wie mir, möchte ich noch den Tip fürs Musical geben.
    Ich kannte zuerst die Musik und habe dann das Buch gelesen.
    Die Gefühle sind sehr gut zum Ausdruck gebracht... hört doch mal rein!
    (Aber bitte auf Französisch mit Garou als Quasimodo! :smile:)


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    Der Zugang zur Musik wird zwar einfacher wenn man sich gleich das Musical ansieht. Aber ich glaube das gibts nicht auf DVD :(

  • Das Buch hat mir persönlich gut gefallen. Die Geschichten um viele unglücklich Verliebte, Verwicklungen war sehr detailliert, lebendig und eindringlich geschrieben. Gut gefallen haben mir auch die Beschreibungen der Orte, bei denen man die Stadt vor sich sieht und alles noch ein bißchen greifbarer machte. Diese Beschreibungen nahmen auch immer etwas vom "Tempo" der Handlung und glich sich dadurch aus. Diesen Roman würde ich jederzeit wieder lesen und kann ich nur empfehlen.


    Ich hatte die Ausgabe aus dem Vitalis-Verlag, die Illustrationen zum Buch waren genau passend zu diesem Buch.


    Kann ich nur empfehlen, von mir gibt es für dieses Buch daher 4ratten

    Liebe Grüße von Babsi

  • Ich kann mich den ganzen beschwingten Stimmen eigentlich nur anschließen.


    Was ich besonders toll und interessant an diesem Buch fand, dass es quasi ein historischer Roman ist, aus einer Zeit, aus der es mittlerweile auch wieder historische Romane gibt. Also ist das Buch in diesem Sinne zweifach historisch. Allerdings sollte man nicht die gleichen Ansprüche stellen. Das Genre der historischen Romane hat sich schon sehr gewandelt. Heutzutage ist historische Informationen eher im Fließtext eingebaut. Beim Glöckner hat man auch schon mal ein ganzes Kapitel nur mit historischen Informationen, die die Handlung nicht viel weiter tragen. Allerdings fand ich das sehr interessant und hat mich eher wenig gestört. Doch hab ich das am Anfang auch schon mal nicht so gnaz verstanden, was aber daran liegen könnte, dass ich mich an diesen neuen Stil erstmal gewöhnen musste.


    Die Handlung ist ja ziemlich tragisch. So hätte ich das jetzt gar nicht erwartet - dabei hab ich vom Disneyfilm rein gar nichts mehr im Kopf. Vielleicht schau ich mir den nochmal an. ;) Esmeralda ist ja reichlich naiv, oder ihr Soldat hat einfach ganze Arbeit geleistet. Ich habe immer versucht, mir vorzustellen, wie ich an ihrer Stelle wäre. Vielleicht ebenfalls so naiv, weil die meisten Infos über ihn, haben wir ja nicht aus ihrer Sicht erhalten.
    Der Aufbau hat mich auch ein wenig an ein Theaterstück erinnert.


    4ratten

  • Jetzt wirds aber endlich Zeit, dass ich mich auch mal dem Glöckner widme - noch ist er keine Leiche, aber auch nicht mehr taufrisch auf meinem SUB! Ich hab nur leider ein Exemplar mit einer ziemlich verschnörkelten (altdeutschen?) Schrift erwischt. Mal schauen, vielleiht kommt man da ja "rein", sonst muss ich mir ein anderes Exemplar besorgen.