Titus Müller - Die Brillenmacherin

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  • Es geht um das Buch "Die Brillenmacherin"
    Auflage: März 2005
    Erscheinungsjahr: 2005
    ISBN: 3352007179
    Verlag: Rütten & Loening
    Genre: Historisches


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    Der Klappentext:
    England im Jahr 1387. Nur wenige Meister in Europa beherrschen die Kunst des Brillenmachens, das schwierige Linsenschleifen aus unregelmäßigem Glas und das kunstvolle Schnitzen feiner Holzgestelle. Courtenay, der Erzbischof von Canterbury, weiß um die Bedeutung der Brillenmacher. Als Herren über die Sehkraft und damit über die Schrift haben sie dort noch Macht, wo mit Schwertern nichts mehr auszurichten ist. Um den Geheimbund der Bedeckten Ritter zu zerschlagen, die für Vernunft und Wissenschaft kämpfen und den vogelfreien Bibelübersetzer Hereford verstecken, will sich Courtenay diese Macht zunutze machen. Doch Elias Rowe, der beste Brillenmacher weit und breit, ist nicht willens, seine Sache zu unterstützen. Eines Morgens findet ihn seine junge Frau Catherine tot in der Werkstatt. Um dem Mörder ihres Ehemanns auf die Spur zu kommen, eignet sich die junge Witwe sein Handwerk an und gerät mitten in den Machtkampf zwischen dem Erzbischof und den Geheimbündlern. Am Ende muss Catherine all ihr optisches Können aufwenden, um sich und Ritter Latimer, den Mann ihres Herzens, zu retten.


    Rezension:
    Ich war sehr begeistert, nachdem ich „Der Kalligraph des Bischofs“ von T. Müller gelesen hatte und freute mich sehr auf einen weiteren spannenden historischen Roman aus der Feder dieses Autors. Auch der Klappentext sprach mich an. Der Roman selbst war im Nachhinein aber leider nicht so gut, wie ich es erwartet hatte. Zwar gab es, wie so häufig, ein detailliert erzähltes intrigantes Verwirrspiel auf religiöser und politischer Ebene und auch eine weitgehend anhaltende Spannung in der Handlung (der Tod des Brillenmachers und die Begebenheiten, denen Catherine (die Witwe des Brillenmachers) standhalten muss). Das Buch wird aber nicht dem Eindruck gerecht, den der zukünftige Leser beim ersten Blick auf das Buch und den dazugehörigen Klappentext erwartet. Es geht nur peripher um den sicherlich interessanten Beruf des mittelalterlichen Brillenmachers, der wirklich nur am äußersten Rande des Buches seinen Platz hat. Außerdem handelt es sich bei dem Roman „Die Brillenmacherin“ eher um einen historischen Krimi, was sich aus dem Klappentext absolut nicht erschließen lässt. Aus diesem Grund ist das Buch wohl sehr geeignet für Liebhaber des Genres „historischer Krimi“, nicht so sehr aber für Liebhaber „historischer Romane“ im ursprünglichen Sinn.
    Gefallen hat mir die Sprache, die sehr gut verständlich ist, obwohl die christliche Thematik nicht einfach zu Vereinfachen ist, was die Wortwahl betrifft. Hier punktet der Autor mit dem Wechsel zwischen zwei Protagonisten, wodurch der Leser teilweise ein größeres Wissensspektrum vermittelt bekommt. Wirklich gut lernt der Leser die Hauptpersonen des Romans jedoch nicht kennen und wird deshalb manchmal mit Situationen konfrontiert, die nicht wie aus dem Nichts zu kommen scheinen und ohne Erklärung einfach in den Raum gestellt werden.


    Ein weiterer negativer Punkt ist die Glaubwürdigkeit, die im Großen und Ganzen eher auf der Strecke bleibt, wenn sich Catherine zum Beispiel innerhalb eines kurzen Nachmittags all die Fähigkeiten aneignet, die ihr Ehemann in seinem ganzen Leben schwer erarbeiten musste und ihn in ihrer Ausübung und im Ideenreichtum sogar direkt übertrifft


    Ein positiver Aspekt ist (für Krimifreunde, zu denen ich leider nur bedingt gehöre) der kriminalistische Aspekt. Die Geschichte wird während des gesamten Verlaufs nicht langweilig.
    Außerdem gibt es natürlich die „obligatorische“ Liebesgeschichte, jedoch zur Abwechslung mal ohne Happy - End und ist eher Nebensache innerhalb des Romans. Auch das ist ein Aspekt, den man nach der Lektüre des Klappentextes nicht vermutet hätte.
    Alles in allem ist das Buch recht gelungen, haut jedoch nicht unbedingt vom Hocker. T. Müller lässt das Ende offen und schafft somit die Möglichkeit eines Nachfolgeromans, der sicherlich auch bald erscheinen wird. Insofern ist das nicht-vorhandene Happy – End eventuell auch nur vorläufig. Ob der Nachfolgeroman auf meinem Nachttisch liegen wird bleibt abzuwarten.


    Bewertung: 3ratten aus Sicht des nicht-historischer-Krimi-Fans und 4ratten aus Sicht des historischer-Krimi-Fans

    Einmal editiert, zuletzt von BiancaLuhmer ()

  • Hallo!


    Eine wirklich schöne Rezi. Besonders gut gefällt mir die doppelte Bewertung :smile:


    Liebe Grüße
    Kirsten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Hallo Bianca,


    wir hatten das Buch vor einiger Zeit schon in einer Leserunde diskutiert und ich habe mich gerade wirklich gewundert, dass hier noch kein Rezensions-Thread dazu besteht.


    Zu meiner folgenden Rezension muss ich anmerken, dass ich mich fast nicht mehr an das Buch erinnern kann :entsetzt:


    Meine Meinung:


    Die Brillenmacher sind Meister des Lichts. Als überall gerne gesehene Handwerker geben Sie den Menschen durch mühevolles Schleifen von Glas wieder mehr Sehkraft. Auch Elias Rowe ist einer von ihnen. Nach einem Auftrag für Sir Thomas Latimer wird er jedoch von seiner jungen Frau Catherine morgens tot aufgefunden - ermordet. Die junge Frau nimmt die Werkzeuge ihres Mannes und arbeitet nun selbst als Brillenmacherin. Doch auch Catherines Bruder Alan scheint vom Unglück verfolgt und beide geraten als Spielbälle zwischen die Fronten im Kampf gegen die Bedeckten Ritter, einer Gruppe Edler, die für eine Übersetzung der Bibel ins englische kämpfen. Auf der einen Seite Catherines Gönner, der Erzbischof Courtenay, auf der anderen Seite Sir Latimer und die Anhänger des Doktor Hereford.


    Mit "Die Brillenmacherin" hat Titus Müller einen der besseren historischen Romane geschrieben. Der Leser fällt schon auf der ersten Seite direkt in die Geschichte Catherines, die gerade auf dem Weg zu ihrem Mann Elias ist. Eine erklärende Vorgeschichte fehlt und so erfährt man anfangs auch recht wenig über die Hauptprotagonistin. Auch die Kapitelübergänge sind ähnlich rasant und oft hatte ich den Eindruck, dass ich irgendetwas überlesen hatte. Es geht in dem Buch nicht so sehr um das Herstellen von Brillen im Mittelalter (obwohl dies natürlich der Rahmenhandlung dient), sondern vielmehr um den Kampf der katholischen Kirche gegen die Bedeckten Ritter, die das Ziel haben, eine englische Bibelübersetzung unter das Volk zu bringen. Der Titel ist also etwas irreführend und ich hätte mir mehr über das interessante Thema gewünscht.


    Titus Müller verzichtet auf umfangreiche Personenbeschreibungen, erklärt aber umso ausführlicher - mit prägnanten Metaphern - die Landschaft. So hustet eine Stadt, dehnt sich aus. Oft weiht der Autor auch seine Leser vor der eigentlichen Szene schon in die folgende Geschichte ein - natürlich nur andeutungsweise. Dies mag man oder auch nicht - für mich erhöhte es die Spannung. Ebenfalls sehr schön ist die Karte Englands im Buch. Einzig ein Lesebändchen, ein Personenverzeichnis und eine Chronik fehlen noch bei der Ausstattung.


    Leider bleiben die Personen durch die fehlenden intensiveren Beschreibungen etwas blass. Man fiebert mit, ist aber immer auf Abstand. Manche Szenen wirken auch etwas unglaubwürdig (z.B. als Catherine auf Anhieb die perfekte Brille gelingt). Doch davon sollte man sich nicht abschrecken lassen, denn "Die Brillenmacherin" ist so spannend und wunderbar zu lesen, dass die Zeit wie im Fluge vergeht und man sich am Ende fragt "Und wie gehts weiter?". Tatsächlich schreit der Schluß nach einer Fortsetzung - ich bin gespannt!


    4ratten

    Rechtsextremismus ist wieder salonfähig gemacht worden, durch CDU/CSU und FDP.

  • Die Brillenmacherin von Titus Müller hat mir grundsätzlich sehr gut gefallen.


    Catherine, die Frau des Brillenmachers, fand ich am Anfang der Geschichte sehr blauäugig. Sie ist überzeugt davon, dass ihr die geistliche Obrigkeit nach dem Tod ihres Mannes sicher helfen wird, nur weil er ein paarmal für diese gearbeitet hat. Dass sie von den Mächtigen nur ausgenutzt wird, kommt ihr dabei nie in den Sinn.


    Dabei gerät sie in einen Krieg zwischen Kirche und Adel. Die Kirche will nicht, dass die Bibel ins englische übersetzt wird, denn so könnten die Menschen die Lügen der Geistlichen erkennen. Der Erzbischof Courtenay war mir zwar sehr unsympathisch, aber er war sehr gut dargestellt. Genauso stelle ich mir die Geistlichkeit der damaligen Zeit vor.


    Ein toller lebendiger Roman mit vielen Facetten. Einziger Kritikpunkt: Über das Handwerk des Brillenmachens erfährt man leider sehr wenig. Und auch dass Catherine an einem Nachmittag die perfekte Brille macht, während ihr Mann es schon monatelang versucht kam mir sehr unrealistisch vor. Aber diese Kleinigkeit habe ich dem Autor dank der wirklich guten restlichen Geschichte schnell verziehen.


    4ratten