Henry James - Bildnis einer Dame

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  • Hallo,


    ich habe mich mal an eine Rezension für dieses tolle Buch gewagt.


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    Nach dem Tod ihres Vaters wird die junge Amerikanerin Isabel Archer von ihrer Tante nach England geholt, wo sie mit ihrem unkonventionellen Wesen, ihrer Intelligenz und ihrem starken Freiheitsdrang rasch Freunde und Verehrer findet. Doch Isabel hat andere Pläne. Sie will Erfahrungen sammeln, die Welt entdecken abseits der gesellschaftlichen Zwänge. So bereist sie nach dem Tod ihres Onkels, dessen Erbe sie zu einer reichen Frau gemacht hat, Europa. In Rom wird sie Opfer einer Intrige, die sie, trotz vieler Warnungen ihrer Freunde, zu einer Heirat mit dem äußerst konventionellen, arroganten und stoischen Gilbert Osmond führt. Erst nach der Hochzeit sieht Isabel hinter die Fassade des scheinbar so feinen und geistvollen Mannes. Doch sie erkennt den Fehler, den sie ihren Überzeugungen zum Trotz begangen hat, läuft aber nicht davon, sondern stellt sich ihm und versucht ihr Schicksal erhobenen Hauptes zu tragen. Dabei wird aus dem etwas naiven Mädchen voller Ideale eine reife und rationale Frau, die sich ihrem Leben stellt, doch innerlich langsam daran zugrunde geht.


    Während scheinbar so gut wie keine außergewöhnliche Handlung stattfindet, schafft es der Autor, den Leser zu packen und das Schicksal der einzelnen Personen sehr spannend zu machen, indem er den ihnen Leben einhaucht wie kaum es kaum ein anderer geschafft hat.


    Also ein sehr fesselndes, interessantes Buch und sicher nicht das letzte, was ich von Henry James gelesen habe. Mich würde sehr interessieren, was ihr dazu denkt.


    Grüße,
    Phistomefel

  • Ich lese an diesem Buch nun schon eine ganze Weile und für mich ist es mein bisheriges Lieblingsbuch des Autors. Ich bin von Henry James Stil immer wieder aufs neue Begeistert. Wie er es schafft ohne erhobenen Zeigefinder Kritik an der damaligen Gesellschaft zu üben, sich lustig macht über Europäer und Amerikaner gleichermaßen. Köstlich. Er hat eine so toll Sprache, ich fühle mich seinen Figuren immer so nahe. Auch wenn er es immer wieder schafft das ich mich aufrege über den Verlauf seiner Geschichten :breitgrins: Eben kein Autor der einem ein konstruiertes Happy End vor die Nase setzt. Aber auch das schätze ich sehr. Ich für meinen Teil befürchte das es andere Bücher von ihm nun bei mir etwas schwerer haben werden...

  • Hier nun meine Rezension, da ich Bildnis einer Dame nun in aller Ruhe fertig gelesen habe:



    Wie ich schon oben erwähnt habe, dieser Roman ist mein bisheriger Lieblingsroman von Henry James. Sprachlich sind seine Romane für mich ja immer wieder ein Genuss. (Auch wenn ich noch nicht an das englische Original herantraue- dafür sind meine Englischkenntnisse noch nicht gut genug) Seine Figuren sind bis in kleinste Detail herausgearbeitet und treten irgendwie immer zum perfekten Moment in die Handlung ein. Mir kommen sie sehr lebendig vor und ich erwarte irgendwie das sie jeden Augenblick aus dem Roman heraustreten.
    Sein Blick auf die damalige Gesellschaft ist scharf, treffend, beschönigt nichts und erlaubt sich die ein oder andere Spitze :breitgrins:
    Für mich ist Isabel Archer eine der interessantesten Frauenfiguren von denen ich bisher gelesen habe. Sie macht eine Entwicklung durch, die wohl auf den ersten Blick ein Rückschritt bedeutet (vorallem wohl für die emanzipierte Frau von heut...)aber bei näherem Hinsehen eine Stärke entwickelt hat die den Leser überrascht. Am Ende ist sie an ihren Erfahrungen gewachsen.


    5ratten


    PS: 798 S.; Insel Taschenbuch; 12 €

  • Hallihallo! :winken:


    Hier ist sie nun, meine letzte Rezi für den SUB-Listen-Wettbewerb 2007 und die reißt die Statistik nochmal ordentlich raus. Bisher waren meine Meinungen zu den anderen SLW-Büchern eher negativ bis durchschnittlich, aber The Portrait of a Lady verdient eindeutig eine lobende Rezension. Schön, sowas auch wieder mal zu schreiben. :breitgrins:


    Meine Meinung:
    Mit Henry James hatte ich bisher nur wenig Kontakt. Daisy Miller und The Turn of the Screw haben mir aber beide, jedes auf seine eigenen Art, sehr gut gefallen. Darum ging ich auch frohen Mutes an dieses wesentlich dickere seiner Bücher heran und meine doch eher hohen Erwartungen wurden nicht enttäuscht, sondern übertroffen.


    Während ich mit der Hauptperson, Isabel Archer, lange Zeit nichts anfangen konnte, habe ich viele der anderen Charaktere so schnell so lieb gewonnen, dass das völlig nebensächlich wurde. Im Laufe der Zeit entwickelt sich auch Isabel so sehr weiter, dass am Ende auch sie mir irgendwie ein bisschen ans Herz gewachsen ist. Action gibt es zwar wirklich nicht viel, dafür ist aber so ziemlich jeder Dialog, jedes Gespräch ein solcher Spaß, dass man gar keine Action braucht. Sei es wegen Henry James' manchmal zynischem, sehr oft ironischem Witz, sei es, weil man langsam beginnt, das wahre Gesicht einiger Charaktere zu durchschauen, man hat stets großes Vergnügen daran, diesen Leuten zuzuhören.


    Ich finde es immer sehr schön, wenn man während des Lesens seine Meinung über einen Charakter ändern kann. Das zeugt von großem Talent des Autors und von der Lebendigkeit seiner Charaktere. In diesem Buch ist mir das ganz besonder mit Henrietta Stackpole passiert, die in anfangs viel zu dreist und frech fand, die mir aber mit jeder Seite sympathischer wurde und mir nun als frischer Wind in Erinnerung bleiben wird. :breitgrins: Madame Merle war mir nie sonderlich sympathisch, aber sie wurde dafür immer interessanter, das genaue Gegenteil von Gilbert Osmond, den ich am Anfang interessant - weil doch irgendwie undurchschaubar - fand und der mich am Ende, als er dann durschaut war, doch ein wenig gelangweilt hat. Ansonsten finde ich, dass jeder Charakter, sogar solche, die nur ganz kurz oder ganz selten vorkommen, seine ganz eigene Art hat, die mich als Leserin oft schwer amüsiert hat.


    Außerdem liebe ich es, wenn ein Autor es schafft, mich am Ende noch so richtig zu schocken und Henry James ist auch das gelungen. Dieses Buch war für mich insgesamt ein schönes Leseerlebnis und ich freue mich schon auf den nächsten James. :zwinker:


    5ratten


    Liebe Grüße,
    Wendy

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Ich lese eure Meinungen und staune und staune...
    Durch dieses Buch habe ich mich regelrecht durchgequält, und dann war es auch noch ordentlich dick, und diese schlimmen langen Schachtelsätze, bei denen man 4 x wieder nach oben huscht und den Satzanfang sucht :rollen:
    Mir kam es auch vor, als würde Isabel ihr Leben aus purem Trotz und Festhalten an Konventionen verschwenden.


    Von mir nur: 1ratten

    Bücher sind Magie zum Mitnehmen.

  • Hallo! :winken:


    Ich habe das Buch letzte Woche gelesen - mit Begeisterung!
    Eben gerade weil es keine einfache Unterhaltungsliteratur ist, @ Kiba.
    Mir gefallen Bücher ganz besonders, die man nicht so eben weg lesen kann, sondern solche, bei denen man viel ins Grübeln kommt. Solch eines ist Bildnis einer Dame auf jeden Fall.


    Das Buch lebt nicht, wie die meisten, von einem typischen Handlungsstrang, sondern thematisiert eher die zwischenmenschlichen Beziehungen, die Dialoge, das Psychologische der Menschen und ihrer Handlungen.
    Die Art, wie James die Persönlichkeiten darstellt, fand ich einfach nur genial. Sie wurden so lebendig, wie ich es selten bei einem Autor erlebt habe.


    Daher: 5ratten

  • Henry James - The Portrait of a Lady


    Die junge Amerikanerin Isabel Archer kommt nach dem Tod ihres Vaters mit ihrer Tante nach Europa. Ihre Art ist für die Europäer ungewohnt und erfrischend, dadurch findet sie schnell Freunde und Verehrer. Lange streubt sie sich gegen jegliche Art von Verpflichtungen und vor allem gegen die Ehe, bis sie schließlich doch einwilligt...


    Ich habe das Buch drei mal begonnen und es nun beim dritten Anlauf dank der Leserunde auch beendet. Henry James' Stil ist schon gewöhnungsbedürftig, Häuser, Landschaften, Personen und Charaktereigenschaften werden bis ins kleinste Detail beschrieben, der Fokus des Buches liegt sehr stark auf dem inneren Geschehen und nicht auf äußeren Handlungen. Da kommt es schon mal vor, dass Beschreibungen über mehrere Seiten gehen und es kommt einfach kein Absatz. Das ist teilweise sehr mühsam zu lesen.


    Natürlich kommt es auch immer auf die momentane Lesestimmung an, die sich bei mir beim Lesen des Buches auch mehrmals änderte. Manchmal hat es mir gefallen, einen so genauen Einblick in die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts zu bekommen, denn man kann sich nach der Lektüre wirklich ein gutes Bild der damaligen Verhältnisse machen. Andererseits haben mich die langatmigen Beschreibungen teilweise ermüdet und ich habe nach einer Pause sehr schwer wieder in das Buch hineingefunden. Manchmal hätte ich mir mehr Handlung und weniger Gedanken und Beschreibungen gewünscht, obwohl das Kapitel 42, in denen Isabels Gedanken und Gefühle zu ihrer Ehe sehr detailiert beschrieben werden und man zum ersten Mal von ihr selbst erfährt, wie es ihr geht, für mich der Höhepunkt des Buches war.


    Ein Kritikpunkt ist für mich auch, dass trotz der genauen Beschreibungen die charakterliche Entwicklung Isabels nicht nachvollziehbar war. Irgendwann in der Mitte des Buches verändert sie sich von einem Extrem in das andere, ohne dass mir wirklich klar geworden wären, wo die Gründe dafür liegen.


    Ich kann sowohl die positiven als auch die negativen Meinungen sehr gut nachvollziehen und muss mich bei meiner Bewertung für etwas in der Mitte entscheiden:
    3ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Henry James – The Portrait of a Lady


    Inhalt:


    Isabel Archer tritt nach dem Tod ihres Vaters auf eine Einladung ihrer Tante Lydia hin eine Reise nach England an. Dort bezieht sie im Landhaus ihres Onkels Daniel Touchett Quartier. Sie lernt dort auch ihren Cousin Ralph kennen, der unter einer schweren Krankheit leidet und bald Isabels enger Vertrauter wird. Zudem trifft sie auf Lord Warburton, einen Freund und Nachbarn der Familie. Dieser verliebt sich in Isabel und macht ihr einen Heiratsantrag, den sie jedoch zurückweist. Außerdem wird Isabel auch vom amerikanischen Unternehmersohn Caspar Goodwood umworben, der ihr eigens nach England folgt, um ihr einen Antrag zu machen. Auch ihn weist sie jedoch ab, denn Isabel will sich nicht binden, sondern frei und unabhängig durch Europa reisen und Erfahrungen sammeln.


    Als der Onkel stirbt, vermacht er Isabel auf die Bitte seines Sohnes Ralph hin eine beträchtliche Summe Geldes, was sie plötzlich zu einer wohlhabenden Frau macht. Dadurch kann Isabel ihren Traum wahr machen und durch Europa reisen. In Florenz lernt sie den konservativen, kühlen Amerikaner Osmond Gilbert kennen. Trotz vieler Warnungen und Bedenken ihrer Verwandten und Freunde heiratet sie Osmond. Dessen Antrag entspringt jedoch wirtschaftlichen Erwägungen, da Isabel deutlich wohlhabender ist als er. Drahtzieherin im Hintergrund ist Madame Merle, eine Bekannte von Lydia Touchett, mit der Isabel sich noch in England angefreundet hat. Sie bewegt Osmond dazu, Isabel zu ehelichen. Isabel jedoch weiß nicht, dass die vermeintliche Freundin ihre Hand im Spiel hat und denkt, ihre ureigene Entscheidung getroffen zu haben.


    Das Ehepaar lässt sich in Rom nieder. Bald schon erkennt Isabel, welchen Fehler sie mit ihrer Heirat gemacht hat und fühlt sich sehr unglücklich in ihrer Ehe mit dem egoistischen und kalten Osmond. Doch sie hält an ihrer Entscheidung fest und lässt sich nach außen hin nichts anmerken. Sie nimmt sich stattdessen ihrer Stieftochter Pansy an, die lange Zeit in einem Kloster gelebt hat und sich in den Kunstsammler Ned Rosier verliebt, der jedoch nicht der Wunschkandidat ihres Vaters ist. Isabel setzt sich für die junge Liebe ein, zumal Osmonds Wunschkandidat ausgerechnet Lord Warburton ist, Isabels hartnäckigster Verehrer…


    Meine Meinung:


    Dieser Roman war mein erstes Buch von Henry James. Ich habe es auf Englisch gelesen, was die Lektüre aufgrund James ausgefeilter Sprache für mich recht kompliziert machte. Nach einer gewissen Einlesezeit bin ich aber mit dem kunstvollen und detaillierten Schreibstil ganz gut zurechtgekommen und fand zunehmend Gefallen daran. Auffallend ist die Gesellschaftskritik, die James immer wieder auf ironische, teils zynische Weise in seine Geschichte einbringt. Die vordergründig sehr höfliche und freundliche Gesellschaft ist im Hintergrund durchzogen mit Intrigen und Missgunst, was des Öfteren anklingt.


    Die Charaktere des Romans und deren Beziehungen zueinander sind sehr interessant und vielschichtig gestaltet. Mir persönlich gefielen vor allem Ralph Touchett und Lord Warburton sehr gut. Mit der Hauptfigur wurde ich allerdings bis zum Schluss nicht richtig warm. Isabels Entscheidungen und Handlungen konnte ich nicht immer nachvollziehen und manches Mal hätte ich die Protagonistin am liebsten geschüttelt aufgrund ihrer für mich unverständlichen Handlungsweise. Das hat aber wahrscheinlich auch in der Absicht des Autors gelegen.


    Die Handlung selbst ist wenig spektakulär, so dass die Geschichte vor allem von ihren Figuren und deren Interaktion miteinander sowie von den Schilderungen von Isabels Innenleben lebt. Diese Dinge aber beschreibt Henry James so gut, dass die Lektüre für mich dennoch nicht langweilig wurde.


    4ratten

    :lesen: Joe Navarro - Menschen lesen

  • Meine Meinung

    Ich habe weiter oben ein paar Mal den Begriff "durchgequält" gelesen und kann dem absolut zustimmen. Auch für mich war die Lektüre nicht einfach. Der berühmte rote Handlungsfaden war mir zu dünn und zu blass, vor allem für den Umfang des Buchs. Dafür waren mir auch die Charaktere nicht detailliert genug gezeichnet. Da hätte ich gerne mehr sie erfahren. Normalerweise machen mir so dicke Bücher keine Probleme, aber wenn gefühlt so wenig drin steht, ist das anders.


    Das oben erwähne Durchdrehen der Schraube habe ich auch gelesen und es hat mir sehr gut gefallen. Daisy Miller steht noch auf meiner Liste.

    2ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.