Orhan Pamuk - Istanbul. Erinnerungen an eine Stadt.
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Dieses Buch ist eine Geschichte über die Stadt Istanbul und zugleich eine Autobiografie des Autors, der nun 50 Jahre in Istanbul lebt.
An dem Buch fällt zunächst mal auf, dass es mit vielen Fotos illustriert ist. Fotos aus der Familie und Fotos aus dem Stadtleben von Istanbul. Aber auch Kunstwerke über Istanbul sind in schwarz-weiß wiedergegeben. Dann fällt die gut lesbare Sprache des Autors auf. Der erste Satz sei hier zitiert:
Als Kind wurde ich lange Zeit den Gedanken nicht los, irgendwo in Istanbul, in einem Haus wie dem unseren, müsse noch ein zweiter Orhan leben, ein Ebenbild von mir, ein Zwilling, ein zweites Selbst.
Das Buch weist zwei Ebenen auf:
Dieses Buch ist eine Familiengeschichte. Pamuk beschreibt relativ herkömmlich die Probleme mit Eltern und Geschwistern. Meines Erachtens ist dies der schwächere Teil des Buches. Großartig hingegen das Kapitel seiner ersten Liebe, die er aufgrund des Elternwillen der Freundin, nicht wieder treffen darf.
Dieses Buch ist ein Panorama über Istanbul. Pamuk versucht, das Lebensgefühl der Istanbuler zu beschreiben, das er mit "hüzün" bezeichnet und kurz als "Melancholie" übersetzbar ist (dies trifft es aber nur unzutreffend). Er schreibt über die großen Autoren wie Flaubert, Gautier, Nerval sowie den deutschen Maler Melling. Alle haben Istanbul besucht und einige davon haben der Stadt in ihren Kunstwerken Denkmäler gesetzt. Wirklich originell ist das Kapitel über den Türken Kocu, der eine Istanbul-Enzyklopädie herausgegeben hat, die auf 15 Bände angelegt war, jedoch beim 11. Band erst bis zum Buchstaben G gekommen ist. In dieser Enzyklopädie finden sich kuriose persönliche Geschichten. Darüber zu Lesen ist eine Wonne.
Auch wenn Pamuk sehr gut schreiben kann, fehlt dem Buch die sprachliche Genialität (wie in der Grass'schen Autobiografie). Pamuks Leben ist zudem relativ normal verlaufen und kann daher naturgemäß nicht so exemplarisch bedeutend sein wie bei Reich-Ranicki oder Fest. Der Istanbul-Teil ist sehr erhellend, auch wenn das Gefühl bleibt, das vieles in der türkischen Welt für den westlichen Leser unerklärt bleibt.
Daher von mir
4ratten.
Grüße,
Thomas