Elfriede Jelinek: Nobelpreistägerin und Nestbeschmutzerin

Es gibt 43 Antworten in diesem Thema, welches 13.906 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von kwiedi.

  • Hallo!



    Über Österreich können die Leute - seien es nun Künstler oder "Normalsterbliche" - sagen, was sie wollen.


    So pauschal kann man das aber nicht sagen. Es gibt doch kaum ein Land in dem so viel Intellektuellenfeindlichkeit herrscht wie in Österreich. Man hat zwar das Recht alles zu sagen (alles andere wäre ja auch noch schöner), aber Teile der Öffentlichkeit wie die unsägliche Kronenzeitung, die "Jelinek" auf "Dreck" reimt, und die FPÖ, die Plakate gegen Schriftsteller klebt, fallen mit Inbrunst über die Kritiker her.


    In dieser Form dürfte das in Europa einmalig sein, Polen vielleicht ausgenommen, wo die patriotische Bigotterie noch schlimmer ist. Was diese Frage angeht, hat Österreich ironischerweise mit der Türkei mehr gemein, als man für möglich hält, auch wenn es hier erfreulicherweise keine vergleichbaren Strafrechtsparagraphen gibt.


    CK


  • Naja, und zu den S.e.x.- und Fäkalorgien bei ihren Theaterstücken brauche ich ja wohl nichts zu sagen ... kann man das wirklich als "künstlerisch wertvoll" betrachten? :vogelzeigen:


    Von welchen Stücken ist hier eigentlich die Rede? Beispiele bitte.


    Abgesehen davon hat man vor 100 Jahren dasselbe über Stücke und Erzählungen von Schnitzler oder über die Bilder von Schiele gesagt. Die Kunstspießer sind heute vergessen, während die beiden sich zurecht einer großen Beliebtheit erfreuen. Solche Beispiele gäbe es noch Dutzende.


    CK


  • Also zu Sandhofers Beitrag sei mal eines angemerkt: Da mischt sich Halbwissen mit dem Anstrich vvon Omnipotenz. Gothe als Mittelmaß zu etikettieren...naja..da sollte man jetzt mal müde lächeln. Aber auch sonst: Die Sprache Jelineks als poetisch zu bezeichnen, wenn auch nur im Ansatz, ist einfach zu unbedarft, als dass man es unkommentziert lassen darf. Antipoetisch wäre ein angemessener Begriff, den es aber auch eindringlich zu definieren gegolten hätte. Es gibt kaum einen zeitgenössischen Autoren, der seine Texte so elegant und exakt strukturiert wie Elfriede Jelinek. Der Nobelpreis war überfällig. Ich rate zu mehr als nur der Lektüre von Werken wie Klavierspielerin und Lust, um Jelinek zu ergründen. Das Werk und Ein Sportstück geben deutlich mehr Preis.


    Vielleicht ist "poetisch" nicht das richtige Wort. Jelineks Texte sind oft hochgradig musikalisch, das wurde und wird ja auch in vielen Inzenierungen ihrer Stück deutlich. Jelinek hat für ihre Themen eine eigene Sprache gefunden, eine außergewöhnliche Leistung meiner Meinung nach. Sie hat den Nobelpreis für ihre Literatur verdient. Man braucht ja (gerade in Wien) nur mal ansehen, welche zeitgenössischen Stücke sonst so auf den Bühnen landen (Pollesch und Co.), da bewegt sich Jelinek doch in ganz anderen Gefilden.


    Bezeichnend ist außerdem, dass viele der Kritiker hier einleitend beginnen, dass sie nichts / kaum was gelesen haben: So kommen fundierte Urteile zustande :breitgrins:


    CK

  • Bezeichnend ist außerdem, dass viele der Kritiker hier einleitend beginnen, dass sie nichts / kaum was gelesen haben: So kommen fundierte Urteile zustande :breitgrins:


    Ja, genau das fand ich auch sehr merkwürdig....


    Ich selbst habe bisher auch nur "Die Klavierspielerin" gelesen und mochte es. Ihre Sprache finde ich jetzt auch nicht unbedingt abstossend...eher deutlich. Aber gut, ich liebe auch Bukowski und er ist ja auch nicht gerade für seine gewählte Ausdrucksweise bekannt :smile:
    Ich würde auch gerne noch mehr von ihr lesen...konnte mich bisher nur nicht entscheiden...vielleicht hat ja doch jemand mehr als nur einen Textausschnitt gelesen und kann mir ein Buch empfehlen?

  • Genau, das empfinde ich als eine treffende Assoziation: Bukowski mit österreichischem Einschlag. (Dass ich Bukowski nicht besonders schätze darf vermutet werden). Die Musikalität der Sprache (so oft erwähnt, auch in der Nobelpreisbegründung) will sich mir einfach nicht erschließen, scheint mir eher von der "Klavierspielerin" herzurühren bzw. von Jelineks eigener, mit der Musik verbundenen Vergangenheit. Ich finde in den Stücken (z. B. Bambi, Sportstück, Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte? oder Bienenkönigin) ein Menge Platitüden, kaum Gedanken - in der Prosa (z. B. Klavierspielerin oder Die Ausgesperrten) nachlässig, "hingeklatschte" (O-Ton Jelinek) Schreibereien ohne Tiefgang. Ihre Interviews bestätigten mir eine ihre Werke durchziehende naive Weltsicht.


    Im übrigen ist die Tatsache, dass es schlechtere Schriftsteller gibt, kein Qualitätsbeweis für die in Frage stehende Autorin. Da die Kronenzeitung nicht zu meiner Lektüre zählt, blieben mir die holpernden Verse dieses Blattes erspart. Und dass das Kulturklima in Österreich sich von dem Deutschlands (ich hab in beiden Ländern viel Zeit verbracht) sich wesentlich unterschiede, kann ich nicht bestätigen. 15 % populistisch-rechts wählende Österreicher sind so viel nicht (auch wenn's mir lieber wäre, wenn es diese 15 % nicht gäbe). Ein Problem aber entsteht für mich aus dem oft erfolgten, reflexartigen Gleichsetzen einer Kritik Jelineks (oder Turrinis) mit diesen Leuten, mit denen ich absolut nichts zu tun haben möchte (da fühl ich mich den genannten Autoren ungleich näher). Ich sage nicht, dass dies hier geschehen sei!


    Vielleicht sind meine Schwierigkeiten aber auch in der mangelnden Musikalität begründet: Selbst mein nur sehr selten malträtierter Flügel scheint sich von mir gequält zu fühlen und wenig Harmonisches produzieren zu wollen :-).


    Yoshi: Wenn dir "Die Klavierspielerin" und Bukowski gefallen wären die erwähnten "Ausgesperrten" vielleicht eine gute Wahl.


    Grüße


    s.

    Einmal editiert, zuletzt von scheichsbeutel^ ()

  • Hallo!



    Die Musikalität der Sprache (so oft erwähnt, auch in der Nobelpreisbegründung) will sich mir einfach nicht erschließen, scheint mir eher von der "Klavierspielerin" herzurühren bzw. von Jelineks eigener, mit der Musik verbundenen Vergangenheit.


    Seltsam, ich finde das vor allem bei den Stücken sehr eindeutig, zumindest bei den Stücken, die ich in Wien gesehen habe.



    Ich finde in den Stücken (z. B. Bambi, Sportstück, Was geschah, nachdem Nora ihren Mann verlassen hatte? oder Bienenkönigin) ein Menge Platitüden, kaum Gedanken - in der Prosa (z. B. Klavierspielerin oder Die Ausgesperrten)


    Eines ihrer literarischen Mittel ist doch Platitüden zur Kenntlichkeit zu entstellen. Wenn du sie wörtlich nimmst, gehst du ihr quasi in die Falle.



    nachlässig, "hingeklatschte" (O-Ton Jelinek) Schreibereien ohne Tiefgang. Ihre Interviews bestätigten mir eine ihre Werke durchziehende naive Weltsicht.


    Viele Autoren haben eine "naive Weltsicht", das sagt nicht zwangsläufig was über die Qualität aus. Ich gestehe Autoren durchaus radikale Weltbilder zu. Es gibt halt leider nicht nur die Musile :smile:



    Und dass das Kulturklima in Österreich sich von dem Deutschlands (ich hab in beiden Ländern viel Zeit verbracht) sich wesentlich unterschiede, kann ich nicht bestätigen. 15 % populistisch-rechts wählende Österreicher sind so viel nicht (auch wenn's mir lieber wäre, wenn es diese 15 % nicht gäbe).


    Offenbar lebe ich in einem anderem Österreich als du damals. In "meinem" bekommen bekennende RechtS.e.x.treme wie Mölzer Platz in Qualitätszeitungen und dürfen in den TV Nachrichten auftreten. In Deutschland bekommen derartige Personen kein Forum in der Öffentlichkeit, sondern werden vom Verfassungsschutz beobachtet. RechtS.e.x.treme Positionen sind in Österreich in der "Elite" wesentlich mehr verbreitet, das zeigen ja die berühmten "Sager" ständig. Erst kürzlich hat ein FPÖ Abgeordneter im ORF wieder die Vorteile des Dritten Reiches gepriesen. Über die Nachteile könne er freilich nichts sagen, denn da war er ja noch nicht auf der Welt ...


    Die politische Kultur hinkt weit hinter Deutschland her. Dort treten Minister zurück, wenn sie einmal versehentlich einen privaten Geschäftsbrief auf Ministeriumsbriefpapier schreiben. Hier kann ein Finanzminister sechsstellige Summen von der Industriellenvereinigung annehmen und unversteuert einstecken, um nur eines von zahllosen Beispielen zu nennen.



    CK

  • Hallo!


    Seltsam, ich finde das vor allem bei den Stücken sehr eindeutig, zumindest bei den Stücken, die ich in Wien gesehen habe.


    Nun, vielleicht muss man sie tatsächlich sehen und nicht bloß lesen.


    Eines ihrer literarischen Mittel ist doch Platitüden zur Kenntlichkeit zu entstellen. Wenn du sie wörtlich nimmst, gehst du ihr quasi in die Falle.


    Das halte ich für ein gefährliches Argument, vor allem für eines, mit dem jede Flachheit zu rechtfertigen ist. Ich verkaufe die mir unterlaufene Platitüde (oder lasse verkaufen) als Bloßstellung derselben und entziehe mich dadurch diesen Plattheiten.


    Viele Autoren haben eine "naive Weltsicht", das sagt nicht zwangsläufig was über die Qualität aus. Ich gestehe Autoren durchaus radikale Weltbilder zu. Es gibt halt leider nicht nur die Musile Smile


    Schöne Pluralbildung! Aber genau diese naive Weltsicht in Kombination mit den oben erwähnte Platitüden ließen mich immer vermuten, dass es ihr weniger um deren Bloßstellung zu tun war, als dass sie ihr viel mehr unterliefen. Sie hat in einem Profilinterview nach Erhalt ihres Nobelpreises etwa von ihrem Beitritt zur KPÖ in den 90iger Jahren gesprochen, weil sie (sinngemäß) an der Verbesserung der Welt mitwirken wolle. Damals war sie aber kein jugendlicher Backfisch mit hehren Idealen mehr, sondern eine 50jährige Frau. Und bei vielen anderen Themen machte sie einen ähnlichen Eindruck, den einer entwaffnenden Naivität, die schon wieder anrührt. Natürlich kann man's drehen und wenden, dies als beabsichtigt und geplant darstellen - allein mir fehlt der Glaube. Und eben diese Übereinstimmung zwischen Weltsicht und Platitüdenhaftigkeit (v. a. der Stücke) lässt mich annehmen (und auch kaum irgendwo das Gegenteil erkennen), dass drunter nichts oder wenig verborgen ist.


    Und die Sprache ihrer Prosa schien mir immer ungenau, nachlässig, jener Genauigkeit und Überarbeitung entbehrend, die ich bei anderen Autoren schätze.


    Offenbar lebe ich in einem anderem Österreich als du damals. In "meinem" bekommen bekennende RechtS.e.x.treme wie Mölzer Platz in Qualitätszeitungen und dürfen in den TV Nachrichten auftreten. In Deutschland bekommen derartige Personen kein Forum in der Öffentlichkeit, sondern werden vom Verfassungsschutz beobachtet. RechtS.e.x.treme Positionen sind in Österreich in der "Elite" wesentlich mehr verbreitet, das zeigen ja die berühmten "Sager" ständig. Erst kürzlich hat ein FPÖ Abgeordneter im ORF wieder die Vorteile des Dritten Reiches gepriesen. Über die Nachteile könne er freilich nichts sagen, denn da war er ja noch nicht auf der Welt ...


    [Rechts-extrem wird hier süß dargestellt :) ] Um auch eine Platitüde zu bemühen: Ich habe den Eindruck, dass etwa rechte Positionen in Ö gemütlicher gehandhabt werden. Im Unterschied zu Deutschland gibt es hier kaum Skinheads, dezidierte Rechte (wie Küssel) machen beim Nachbarn Karriere. Allerdings gibt es nicht wenig Stammtischfaschisten, die sich vor genau den Ausländern fürchten, die sie nur im Fernsehen gesehen haben. (Reinhard P. Gruber schrieb in seinem Hödlmoser zur Charakteristik einer steirischen Bezirksstadt: "In Fohnsdorf war noch nie ein Neger!") Und natürlich hast du vollkommen Recht mit Mölzer und dem steirischen Abgeordneten, der mich aber andererseits in seiner Naivität schon wieder amüsiert hat (wie er so treuherzig erzählte, dass ihm eine deutsche Urlauberin am Gasthaustisch diese Kenntnisse zuteil werden ließ). Und als Herr Westenthaler seinerseits sich echauffierte und zum Rücktritt aufforderte, wobei ihm das schlechte Gedächtnis die Sager seines Übervaters von der ruhmreichen Beschäftigungspolitik in NS-Zeiten vergessen ließ.


    Die politische Kultur hinkt weit hinter Deutschland her. Dort treten Minister zurück, wenn sie einmal versehentlich einen privaten Geschäftsbrief auf Ministeriumsbriefpapier schreiben. Hier kann ein Finanzminister sechsstellige Summen von der Industriellenvereinigung annehmen und unversteuert einstecken, um nur eines von zahllosen Beispielen zu nennen.


    Ich bin mir nicht ganz so sicher, wenngleich in Österreich vor allem die Verbindungen zwischen Machtpositionen sehr viel (un-)durchsichtiger sind und der Nepotismus fröhlichere Urständ feiert. Aber in Deutschland wird halt auch fröhlich geschmiert, die Beteiligten der Flick-Affäre verschwanden mal kurzzeitig, um bald darauf wieder aufzutauchen, Kiesinger war Kanzler und der baden-württembergische Ministerpräsident Filbinger ein Nazirichter, der Todesurteile sprach und noch immer in der Bundesversammlung sitzt. Aber ich will hier nichts aufrechnen, auch Ö nicht schönreden, gebe bloß den Eindruck wieder.


    Wobei bei mir - persönlich - noch eine gewisse Aversion gegen das hierzulande unerträgliche Kulturschnösetum hinzukommt: Wenn ich mir (was ich immer stärker zu vermeiden suche) das näselnde Pseudointellektuellendeutsch bei Veranstaltungen und Vernissagen anhören muss, denke ich häufig an Haders "Im Keller": "24 Stunden laung in die gouschn haun - und east daun faung i au, eam in die Eier z tretn." Natürlich denk ich das nur, friedlich blick ich auf die Designerhornbrille und nur in ganz schwachen Momenten bin ich versucht, sie dem/der Betreffenden in die nächste sich bietende Körperöffnung zu stecken. Und in diesen Momenten kommt es durchaus vor, dass ich mir einen besoffenen Edelproletarier am Würstelstand als Gesprächspartner wünsche oder überlege, in die Stille zwischen jeglicher Prosodie hohnlachenden poetischen Ergüssen laut zu rülpsen oder zu furzen.


    Grüße


    s.

  • Hallo zusammen!


    Das halte ich für ein gefährliches Argument, vor allem für eines, mit dem jede Flachheit zu rechtfertigen ist. Ich verkaufe die mir unterlaufene Platitüde (oder lasse verkaufen) als Bloßstellung derselben und entziehe mich dadurch diesen Plattheiten.


    Ich bin schon der Meinung, dass genaues Hinhören bzw. Hinlesen den Unterschied erkennen lässt. Und bei Jelinek hatte ich schon den Eindruck, dass die Platitüden gewollt sind - und entlarvend gemeint.


    Ich habe den Eindruck, dass etwa rechte Positionen in Ö gemütlicher gehandhabt werden.


    Ich hatte in Österreich immer den Eindruck, dass man - da man ja von Deutschland besetzt worden war - sich für den eigenen Nationalsozialismus nicht verantwortlich fühlte. Dementsprechend ist wohl auch der aktuelle Umgang mit Rechts-aussen ein anderer geblieben, bis heute.


    Über die Intelligenz von Schriftstellern sage ich lieber nichts mehr, sonst fühlen sich die hiesigen Volontäre wieder herausgefordert. :zwinker:


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo!



    Ich bin schon der Meinung, dass genaues Hinhören bzw. Hinlesen den Unterschied erkennen lässt. Und bei Jelinek hatte ich schon den Eindruck, dass die Platitüden gewollt sind - und entlarvend gemeint.


    Ich halte mich eigentlich schon für einen genauen Leser (fast schon pedantisch behaupten manche in meinem Umfeld) - aber um das möglicherweise drohende Ungemach einer jelinek'schen Leserunde zu vermeiden bin ich bereit, auch den mir unterstellten Mangel an Genauigkeit in Kauf zu nehmen ;-).


    Ich hatte in Österreich immer den Eindruck, dass man - da man ja von Deutschland besetzt worden war - sich für den eigenen Nationalsozialismus nicht verantwortlich fühlte. Dementsprechend ist wohl auch der aktuelle Umgang mit Rechts-aussen ein anderer geblieben, bis heute.


    *schmunzel* - besetzt werden klingt immer so nach ungewollt. Man könnte hingegen auch den Eindruck haben, die blumenbekränzte Heimkehr des Postkartenmalers wäre so unwillkommen nicht gewesen.


    Ö hat unheimlich lang gebraucht, diese Schuld einzugestehen, erst in den später 80igern hat es von offizieller Seite die ersten Zugeständnisse gegeben. Aber OT.



    Über die Intelligenz von Schriftstellern sage ich lieber nichts mehr, sonst fühlen sich die hiesigen Volontäre wieder herausgefordert. :zwinker:


    Genau, es reicht, wenn du meine Lesegenauigkeit in Zweifel ziehst ;)


    Grüße


    s.

  • Über die Intelligenz von Schriftstellern sage ich lieber nichts mehr, sonst fühlen sich die hiesigen Volontäre wieder herausgefordert. :zwinker:


    oha... :rollen:


    wahrhaft geistreich wäre im Zuge einer Jelinek-Diskussion ja der Gebrauch der Vokabel "heimisch" anstelle von "hiesig" gewesen...aber das wäre dann auch sehr genau gewesen.


    Weiter oben steht etwas, das bedenklich stimmt: Fehlende Genaugigkeit als Kavaliersdelikt? In der Textinterpretation (egal welches Autoren) ist Genauigkeit Grundvoraussetzung...sonst wirds schwammig.


    Den Einwand von xenophanes kann ich in dem Zusammenhang auch nur unterstützen: Erstmal lesen, dann diskutieren. Und vor allem: sehr gründlich lesen.


    Musikalisch ist tatsächlich treffender. Da ist noch nicht mal zuvorderst Rhythmus gemeint sondern tatsächlich Klang und auch Dynamik. Laut und Leise, Tonfall sowie Rhythmus in den Aufführungen Jelineks sind elemantarer Bestandteil ihrer Literatur. Ohnehin darf man Jelineks Texte nicht von den zugehörigen Aufführungen abkoppeln..selbst wenn diese von Christoph Schlingensief inszeniert wurden...

    And as I sat there brooding on the old, unknown world, I thought of Gatsby's wonder when he first picked out the green light at the end of Daisy's dock. He had come a long way to this blue lawn and hi

    Einmal editiert, zuletzt von kwiedi ()

  • Ich würde auch erst mal vorschlagen, ein Buch der guten Dame zu lesen, bevor man hier eine Meinung zum Thema "würdig oder unwürdig", den Nobelpreis zu bekommen, abgibt.


    Ein Buch kann man auch nicht beurteilen, indem man es durchblättert oder nach der Hälfte hinlegt. Man kann dann lediglich sagen, dass einem selber der Stil nicht gefällt oder das Thema nicht passt. Erst wenn ich die Geschichte bis zum Ende kenne, dann kann ich was dazu sagen.


    Darüber hinaus lässt ein Buch wohl kaum auf den IQ des Verfassers schließen. :zwinker:



    Da ich aber nix von EJ gelesen habe, halte ich mich hier weiterhin raus - aber es erstaunte mich sehr, zu bemerken, wieviele ihren Stil als "unwürdig" bewertet haben, obwohl sie kein Buch von vorne bis hinten durchgelesen haben. :zwinker:

    Schau danach, was anderen Freude macht, dann wird klar, wie du sie am besten ärgern kannst.<br /><br />Roald Dahl


  • Ich würde auch erst mal vorschlagen, ein Buch der guten Dame zu lesen, bevor man hier eine Meinung zum Thema "würdig oder unwürdig", den Nobelpreis zu bekommen, abgibt.


    Ein Buch kann man auch nicht beurteilen, indem man es durchblättert oder nach der Hälfte hinlegt. Man kann dann lediglich sagen, dass einem selber der Stil nicht gefällt oder das Thema nicht passt. Erst wenn ich die Geschichte bis zum Ende kenne, dann kann ich was dazu sagen.


    Lieber Detlev,


    das magst Du so sehen, ich sehe es anders. Also ich habe die Klavierspielerin von Jelinek zur Hälfte gelesen, danach habe ich es beiseitegelegt, es interessierte mich nicht mehr.


    Ehrlich gesagt mag ich so eine Diskussion nach dem Motto: Du hast ja nicht alles gelesen, Du kannst ja gar nicht mitreden, überhaupt nicht. So argumentieren nun wirklich Marxisten. Das ist nun wirklich der älteste Hut der Welt! Warum zum Teufel soll ich mich mit etwas tiefergehend beschäftigen, was ich nicht mag und was mich sogar anwidert? Du wirst nun wirklich kaum einen Nichtliebhaber der Elfriede Jelinek finden, der ihre "Werke" fundiert kennt.


    Auf diese Weise leben wir heute nun aber wirklich in einer "Kultur" allgemeiner Lobhudelei, in der sich die Liebhaber einer Sache oder Person ungeniert austoben können, aber die Gegner keine Lust haben, sich zu äußern, weil sie selbstverständlich nicht das gleiche Wissen von ihrem Gegenstand mitbringen wie die Liebhaber. Das ist doch schlicht albern!


    Gruß Martin

  • Jeder kann natürlich für entscheiden, ob er ein Buch zuende liest oder sich mit einem Autor tiefergehend beschäftigt und natürlich auch eine Meinung dazu abgeben, aber jemanden als unwürdig des Nobelpreises zu bezeichnen, obwohl man nicht mal ein ganzes Buch kennt, finde ich auch ziemlich anmaßend.

    LG Gytha

    “Dieses Haus sei gesegniget”

  • Hallo Marlino!


    Also ich habe die Klavierspielerin von Jelinek zur Hälfte gelesen, danach habe ich es beiseitegelegt, es interessierte mich nicht mehr.


    Das ist - soweit - Dein gutes Recht.


    So argumentieren nun wirklich Marxisten.


    Mir scheint, Du verwendest Marxist als Schimpfwort. Warum dies in diesem Zusammenhang, ist mir allerdings schleierhaft. Dass eine fundierte Auseinandersetzung mit einem Gegenstand eine gründliche Kenntnis des Gegenstandes verlangt, scheint mir selbstverständlich.


    Das ist nun wirklich der älteste Hut der Welt!


    Es soll Weisheiten geben, die seit Jahrtausenden gültig sind ... und die, dass man zuerst einen Gegenstand ergründen soll, bevor man darüber redet, halte ich für so eine.


    Warum zum Teufel soll ich mich mit etwas tiefergehend beschäftigen, was ich nicht mag und was mich sogar anwidert?


    Sollst Du ja nicht. Aber dann kannst Du auch nicht mitreden, sondern allenfalls bloss nachplappern, was Du andere hast sagen hören.


    Du wirst nun wirklich kaum einen Nichtliebhaber der Elfriede Jelinek finden, der ihre "Werke" fundiert kennt.


    Nun, das ist das Problem der Gegner. Wenn ich einem Phänomen eine wirkliche, echte, sinnvolle Gegnerschaft entgegen bringen will, bin ich gezwungen, mich mit diesem Phänomen gründlich auseinanderzusetzen. Ob ich nun gegen Jelinek bin, gegen Sekten, gegen Rassismus, gegen Tierquälerei ...


    Auf diese Weise leben wir heute nun aber wirklich in einer "Kultur" allgemeiner Lobhudelei, in der sich die Liebhaber einer Sache oder Person ungeniert austoben können, aber die Gegner keine Lust haben, sich zu äußern, weil sie selbstverständlich nicht das gleiche Wissen von ihrem Gegenstand mitbringen wie die Liebhaber. Das ist doch schlicht albern!


    Zu wenig Wissen über einen Gegenstand mitzubringen, meinst Du? - Da kann ich Dir nur zustimmen.


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Lieber Martin,


    meine Vorredner haben alles gesagt, was auch ich dazu gesagt hätte.


    Du musst es nicht lesen, wenn Du es nicht lesen willst. Da geht es um persönlichen Geschmack.


    Aber in diesem Thread wird nicht angezweifelt, dass die Literatur Jelineks Geschmackssache ist, sondern ihre "fachliche Eignung" - sofern diese überhaupt objektiv messbar ist (was nebenbei bemerkt immer ein Problem bei der Preisvergabe bei künstlerischen Produkten ist).


    Und für diese Bewertung - das tut mir leid, da bin ich pingelig - sollte man schon ein ganzes Buch gelesen haben.


    Ich finde übrigens nicht dass wir in einer Welt der allgemeinen Lobhudelei leben ... aber vielleicht ist Deine Welt ja anders als meine :zwinker:

    Schau danach, was anderen Freude macht, dann wird klar, wie du sie am besten ärgern kannst.<br /><br />Roald Dahl

  • Ehrlich gesagt mag ich so eine Diskussion nach dem Motto: Du hast ja nicht alles gelesen, Du kannst ja gar nicht mitreden, überhaupt nicht.



    Nur solche Diskussionen sind in der Literaturwissenschaft aber zulässig ;) Und dass die, die Jelinek ablehnen, ihre Werke nicht genau kennen, ist eine Sage....und so eine Art Behauptung, die erstens unwissenschaftlich is und zweitens nich belegt werden kann.


    Im übrigen scheinen einige hier, die Jelineks Talent und Intelligenz bezweifeln, nich mal sowas wie eine Makro-Kenntnis ihres Werks zu haben. Dann würde nämlich auch deutlich, dass die Klavierspielerin und Lust keineswegs repräsentativ sind. Die neueren Werke sind völlig anders konstruiert und die Sprache hat sich deutlich gewandelt. Auch die Thematik umfasst ein breiteres Spektrum, die einzelnen Werke behandeln meist gleich einen ganzen Themenkomplex weitgehend ausgegelich, anstatt sich auf einen bestimmten Schwerpunkt zu stützen.

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    Einmal editiert, zuletzt von kwiedi ()

  • Lieber Kwiedi,


    also ich denke, dies hier ist ein Forum der an Literatur interessierten und keines der Literaturwissenschaftler und Schriftgelehrten.


    Im übrigen fand ich folgenden Passus Deiner Ausführungen belustigend:

    Zitat


    Und dass die, die Jelinek ablehnen, ihre Werke nicht genau kennen, ist eine Sage....und so eine Art Behauptung, die erstens unwissenschaftlich is und zweitens nich belegt werden kann.


    Im übrigen scheinen einige hier, die Jelineks Talent und Intelligenz bezweifeln, nich mal sowas wie eine Makro-Kenntnis ihres Werks zu haben.


    Also was nun? Es ist zwar unwissenschaftlich anzunehmen, daß Nichtliebhaber der Werke Jelineks diese genau kennen? Aber im nächsten Satz wird dann eben dies bezweifelt?


    Nein nein entschuldigung, diese Fragen, die ich hier stelle, sind natürlich wieder mal vollkommen "unwissenschaftlich". Hier in diesem Forum ist natürlich ein Hort solcher Ignoranten. In der Welt da draußen kennt man das Werk der Jelinek natürlich genau!


    Ich habe jedenfalls bei meiner Jelineklektüre all das vermißt, was für mich Literatur lesenswert macht: Gefühl für Stil, Takt, Würde, Humor, Diskretion. Vor allem glaube ich nicht, daß sie das ist, was man ihr nachsagt - derb. Gegen Derbheit habe ich nichts, auch wenn sie mich nicht sonderlich interessiert.


    Gruß Martin

  • Also was nun? Es ist zwar unwissenschaftlich anzunehmen, daß Nichtliebhaber der Werke Jelineks diese genau kennen? Aber im nächsten Satz wird dann eben dies bezweifelt?


    Da hast Du offensichtlich den Terminus Makor-Kenntnis nicht so interpretiert, wie ich ihn meinte. Makro-Kenntnis soll heißen: Zumindest einen groben Überblick über Themen und Inhalte der Werke, wenn auch kein absolut fundiertes Wissen.


    Das mit dem Humor vertsehe ich nich ganz....Jelinek lesen kann richtiggehend spaßig sein. Allein die Wortspiele sind sensationell. Das mag diejenigen Wundern, die eben die einschläigen Sachen kennen. Wer Ein Sportstück oder Das Werk gelesen hat, wirds nachvollziehen können.


    Zum Thema Wissenschaft vs. Liebhaberei: Alles schön und gut, ich diskutiere auch viel leiber auf der eher subjektiven Schiene. Wenn die Nummer aber so abläuft, dass Literaturpreiswürdigkeit und Intelligenz einer hochtalentierten Schreiberin in Frage gestellt wird, sollte dies wissenschaftlich zumindest fundiert passieren. Sonst ist es eher albern...

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    Einmal editiert, zuletzt von kwiedi ()

  • Lieber Kwiedi,


    mich hat das nun dazu angeregt, die "Klavierspielerin" mir wieder mal vorzunehmen. Ich war auf Seite 120, nun bin ich also auf Seite 126.


    Also natürlich hat die Jelinek Talent. Das will ich ihr auch gar nicht absprechen. Sie hat aber einen ausgesprochen bösen Blick auf die Dinge und das mag ich nicht. Das heißt einen gelegentlich auch bösen Blick finde ich gut. Was mir bei der Jelinek fehlt, ist die Eigenschaft, Dinge auch mal liebevoll zu betrachten, liebevoll ironisch, wenn es angebracht ist. Die Art, wie die Jelinek die Welt betrachtet, ist mir zu einseitig. Damit will ich ihre Literatur nicht heruntermachen, nur mir persönlich sagt sie wenig.


    Menschen sind auch einfach verschieden. Die Literatur der Jelinek findet bei mir nun mal keinen großen Widerhall. So finde ich das Thema S.e.x.ualität an sich wenig interessant. Das ist das durch die Yellowpress abgenudelste aller Themen.


    Und dann komme ich ja noch aus Hamburg. "Auf der Reeperbahn nachts um halbeins, ob du'n Mädel hast oder Karl Heinz." Und St. Pauli war mal in der ersten Fußballliga und galt als "das Freudenhaus der Bundesliga". Und vor einiger Zeit gab es eine "S.e.xmesse" in Hamburg für die in Hamburg auf öffentlichen (!) Plakaten geworben wurde, auf der eine katholische Nonne mit nacktem Hintern zu sehen war.


    Mich kotzt das an, aber das ist nun mal Hamburg, eine Stadt, die auf ihre Freizügigkeit stolz ist, obwohl die Leute in ihr sehr oft doch einfach reichlich konservativ sind. Und dazu zähle ich auch. Und deshalb ist mir die Jelinek letzlich auch fremd.


    Gruß Martin

    Einmal editiert, zuletzt von Marlino ()