Fjodor Dostojewski - Der Spieler

Es gibt 8 Antworten in diesem Thema, welches 9.883 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Retikulum.

  • Die Familie des Generals ist Kurgast in Roulettenburg, einer fiktiven deutschen Stadt am Rhein. Alexey Iwanowitsch, Lehrer der Familie und Erzähler der Geschichte, beobachtet und versucht die Verhältnisse zwischen den Protagonisten zu entknäueln. Die Lektüre erhält somit den Charakter eines Krimi. Im Grunde weiß er überhaupt nichts, der Leser bekommt nur Vermutungen zu lesen, außer in einem Punkt scheint er sich sicher zu sein: Etliche Personen stecken in Geldschwierigkeiten, die sich mit dem Erbe der wohl hoffentlich bald verblichenen Großmutter auflösen. Doch anstatt des Telegramms mit der Todesnachricht kommt die Babuschka persönlich nach Roulettenburg, in allerbester Gesundheit. Im angrenzenden Kasino verspielt sie ihr halbes Vermögen. Mehr möchte ich hier nicht verraten, da ich sonst spoilern müsste. Erwähnenswert sei noch die Liebschaft zwischen Alexey und der Tochter des Generals, mindestens so gefährlich wie die Spielsucht.


    Das Buch ist mein erster Dostojewski und ich bin positiv überrascht. Mit Leichtigkeit flößt er den Figuren Leben ein, kann die charakteristischen Züge jedes Einzelnen überzeugend wiedergeben, genauso wie die Sucht zum Spiel.
    Die Story ist sehr einfach gehalten, hier liegt der Schwerpunkt in der Zeichnung der Spielsucht und dem Verhalten seiner Figuren in den verschiedensten Situationen.


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    4ratten


    Gruß,
    dumbler

  • So, hab das Buch eben beendet und fand es so naja. Es ist unterhaltsam geschrieben und der Erzähler wirkt sympathisch. Allerdings bleibt mir bis zum Ende der Geschichte verschlüsselt, was mir das Buch nun sagen soll (falls es überhaupt etwas aussagen soll). Das Verhalten des Protagonisten ist für mich zudem oft nicht nachvollziehbar, wie auch seine Liebe zu Pauline. Das Spielen, vorallem der Großmutter, hat mich allerings voll und ganz gefesselt und ich habe wahrscheinlich ebenso mitgefiebert wie Alexey selbst.


    Es war auch mein erster Dostojewski, doch meine hohen Erwartungen konnte er leider nicht erfüllen. Mal schauen wie mir seine anderen Werke, die ich hoffentlich auch bald Lesen werde, gefallen werden.


    3ratten

    If the world weren&#39;t such a beautiful place we might all turn into cynics<br />(Paul Auster)

  • Ich hol diesen Thread mal wieder aus der Versenkung.


    Als ich im September in Baden - BAden war, lauschte ich einen kleinen Lesung aus diesem Buch.
    Ich fand es wunderschön. Zumindest hat es der Vorleser sehr gut herüber gebracht.
    Das Buch wurde von Dostojewski in Baden - Baden geschrieben und anlässlich dazu findet im November eine Dostojewski Nacht statt.


    Da ich nicht teilnehmen kann dachte ich mir ich lese dann einfach das Buch, welches eh schon ein paar Jahre bei mir subt.


    Wer Lust hat kann sich ja einfach anschliessen

    :biene:liest :lesen: und hört

    07/60

    2116 /25.525 Seiten


  • Originaltitel: Игрок (Igrok)
    Erscheinungsjahr: 1867
    Gelesen in der Übersetzung von E. K. Rahsin


    Zum Inhalt ist weiter oben eigentlich schon alles gesagt. Der Roman ist relativ handlungsarm, umso bemerkenswerter, dass er durchaus zu fesseln vermag. Hervorragende Charakterisierung der Akteure sowie verworrene (Liebes-)verhältnisse en masse, welche Dostojewski vorzüglich beschreibt. Und dann selbstverständlich die Grundthematik, die Spielsucht. Der Weg vom ersten Spiel, das eigentlich im Auftrag einer anderen Person erfolgte, bis hin zur Sucht. Die Beschreibung der verschiedenen Spielertypen... großartig. Dem Roman mangelt es aber auch nicht an Humor, vor allem die Begegnung des Protagonisten Alexei mit dem deutschen Baron und der Baronin brachte mich sehr zum schmunzeln.


    Des Protagonisten Meinung zu verschiedenen Staatsangehörigen ist herrlich beschrieben, ordentliche Seitenhiebe auf die westeuropäische Gesellschaft sind garantiert. So sieht etwa die Meinung zu Franzosen folgendermassen aus (Teilauszug)


    Zitat von 7. Kapitel

    [...]ist wie alle Franzosen aufgeräumt und liebenswürdig, wenn ihm das nötig und vorteilhaft erscheint, und unerträglich langweilig, wenn die Notwendigkeit, heiter und liebenswürdig zu sein, nicht mehr vorhanden ist. Ein Franzose ist selten natürlich liebenswürdig; er ist es immer gewissermaßen auf Befehl, auf eigenen Befehl, das heißt aus Berechnung. Hält er es zum Beispiel für notwendig, phantastisch oder sonstwie nicht ganz alltäglich zu sein, so äußert sich seine Phantasie in der Regel unglaublich dumm und unnatürlich und bedient sich ausschließlich bereits benutzter, einmal angenommener und durch ihre Abgedroschenheit längst schon schal gewordener Formen.


    Der Roman ist eine Beschreibung der Spielsucht, wie sie meiner Meinung nach nur jemand liefern kann, der selbst in diesem Sumpf steckt(e). Dostojewski schaffte es mit Hilfe seiner Frau aus dem Sumpf zu kommen, sein Protagonist leider nicht...


    Zitat von Letzter Satz

    Morgen, morgen wird alles ein Ende haben!


    Hin und wieder sind französische Sätze bzw. kurze Dialoge eingestreut. Für jemanden wie mich, der dieser Sprache nicht mächtig ist, vielleicht etwas störend. Ich weiß nicht, ob dies bei anderen Ausgaben übersetzt oder befußnotet wurde, bei meiner Ausgabe (Werksausgabe des Piper Verlages) nicht. Andererseits sorgt das natürlich für eine gewisse Authenzität, von daher hielt sich mein Missfallen in Grenzen.


    Die autobiographischen Züge sind sehr bald zu erkennen, kein Kunststück, das Buch ist eigentlich voll davon. So etwa heißt Alexeis Herzensdame Polína, das war auch der Name von Dostojewskis Angebeteter. Und weder seine noch Alexeis Gefühle wurden erwidert. Interessant sind auch die Umstände, unter denen der Roman entstand. Dostojewski war ja selbst der Spielsucht verfallen und hat sich fast in den finanziellen Ruin getrieben (auch im Roman steht fast jeder Charakter früher oder später vor großen finanziellen Problemen). Diktiert in nur 26 Tagen entstand dieser Roman unter großem finanziellem und zeitlichem Druck. Jetzt mal abgesehen von der Kürze, man merkt nichts davon.


    Ich kann Der Spieler als Einstieg in Dostojewskis Werke nur empfehlen. Die geringe Seitenanzahl sowie die überschaubare Menge an Charakteren (naja, zumindest für Dostojewskiverhältnisse) ist sicherlich auch hilfreich. Wenn auch vielleicht nicht großartig, aber dennoch sehr gut


    4ratten

    "Man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit." A. Schopenhauer

    :blume::engel::katze:

  • Ich kann Der Spieler als Einstieg in Dostojewskis Werke nur empfehlen. Die geringe Seitenanzahl sowie die überschaubare Menge an Charakteren (naja, zumindest für Dostojewskiverhältnisse) ist sicherlich auch hilfreich. Wenn auch vielleicht nicht großartig, aber dennoch sehr gut


    Ein sehr interessanter Hinweis. Heute morgen habe ich Die Dämonen begonnen - abgesehen von ersten 280 Seiten von Unendlicher Spaß kann ich mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal nach 126 Seiten einen Roman so wenig durchschaut habe..


    Die Handlungsarmut, die du ansprichst, glaube ich, in Die Dämonen auch zu erkennen, leider ohne die von dir angeführte, dennoch entstehende Spannung. Die verworrenen Liebes- bzw. Beziehungsverhältnisse begegneten mir bis dato auch durchgehend, leider ohne die "hervorragende Charakterisierung".


    Da Die Dämonen allerdings, im Gegensatz zum Spieler, nicht als einer der kürzeren Romane Dostojewskis gelten kann, sollte ich womöglich wohl noch mehrere von den insgesamt deutlich über 900 Seiten des Romans betrachten, bevor ich wirklich wissen kann, woran ich bin und, vor allem, bevor ich zu einem seiner anderen Werke, bspw. dem Spieler, wechsele. Hoffentlich habe ich, nachdem aus der 1 vor der 26 eine 2, 3 oder gar 4 geworden ist, mehr Überblick als derzeit. :ohnmacht:

  • Ich glaube, an Die Dämonen wage ich mich noch lange nicht heran, das scheint ein nicht gerade einfacher Brocken zu sein, vor dem ich an der Uni auch gewarnt wurde. Mein Erstling sollte vor ein paar Jahren Der Idiot werden, aber selbst diesen habe ich nach einem Viertel abgebrochen. Handlung an sich scheint es bei Dostojewski im Allgemeinen recht wenig zu geben, die Schwerpunkte liegen definitiv woanders.
    Ich bin schon gespannt wie es dir weiter mit dem Buch ergeht, du hast ja noch sehr viele Seiten vor dir. Auf dass sich der Nebel lichten möge :zwinker:

    "Man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit." A. Schopenhauer

    :blume::engel::katze:


  • Ich glaube, an Die Dämonen wage ich mich noch lange nicht heran, das scheint ein nicht gerade einfacher Brocken zu sein, vor dem ich an der Uni auch gewarnt wurde. Mein Erstling sollte vor ein paar Jahren Der Idiot werden, aber selbst diesen habe ich nach einem Viertel abgebrochen. Handlung an sich scheint es bei Dostojewski im Allgemeinen recht wenig zu geben, die Schwerpunkte liegen definitiv woanders.
    Ich bin schon gespannt wie es dir weiter mit dem Buch ergeht, du hast ja noch sehr viele Seiten vor dir. Auf dass sich der Nebel lichten möge :zwinker:


    Tja, mitunter kommt man sich beim Lesen ein bisschen wie ein Wanderer vor, der vor sich eine unheimlich lange Gerade sieht, aber keinesfalls aufgeben möchte, weil er vielleicht nicht weiß, aber jedenfalls glaubt, irgendwann müsse eine Biegung, eine Steigung oder sonst etwas kommen und daher erst einmal stoisch weiter wandert und immer mehr des Weges hinter sich bringt.


    Soll heißen, wenn Mann den Hauptprotagonisten "einen der unheimlich anziehendsten Charaktere der Weltliteratur" nennt und mir von ebendiesem Charakter bisher nur die eine oder andere Erwähnung und nicht mehr begegnet ist, dann ist der Zeitpunkt zum Aufgeben oder etwas derartigem wohl noch nicht gekommen. :zwinker:

    Einmal editiert, zuletzt von Hildegunst ()

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    Die Figur des Spielers ist zunächst kein, wie man annehmen könnte, Glücksspielsüchtiger. Es handelt sich um einen russischen Mittzwanziger, Hauslehrer einer Generalsfamilie. Er erliegt der Versuchung sich selbst zu spielen, um alles was ihm wichtig, und jeden der ihm lieb und teuer, ist zu gewinnen oder wenigstens nicht zu verlieren. Dabei begeht er mit seinem jungenhaften, labilen Wesen manch grobe Dummheit. Bis eine alte weise Frau erscheint, welche das Geld und den Charakter besitzt, Geschicke zu lenken...



    Die Handlung ist raffiniert, spannend und amüsant. Tragische Elemente nehmen einen wichtigen Stellenwert ein, jedoch nie überhand. Die Figur der alten Dame ist mein absoluter Favorit. Ein herrlich ausgestalteter Charakter!

    Die für Dostojewskis Zeit typischen Schachtelsätze sind durchweg kurz genug gehalten, um ihnen folgen zu können. Sehr angenehm. Es gibt einzelne Sätze auf Französisch aber diese sind (meist) nicht so wichtig, dass man sie verstehen müsste.


    Vor allem die zweite Hälfte des Romans empfand ich als intensiven Pageturner. Die Intensität mag dem Umstand zu verdanken sein, dass Dostojewski Autobiografisches in dem Roman literarisch verarbeitet hat.



    Fazit: Raffinierte Story, überraschend spannend und humorvoll umgesetzt. Selbstverständlich gespickt mit einer ordentlichen Prise Tragik. Nicht einfach aber sehr angenehm zu lesen.


    5ratten