Jean Rhys - Sargassomeer / Wide Sargasso Sea

Es gibt 14 Antworten in diesem Thema, welches 8.793 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Valentine.

  • Jean Rhys - Sargassomeer


    3442760372.01.MZZZZZZZ.jpg 

    Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links



    Inhaltsangabe:


    "Sargassomeer" erzählt die tragische Geschichte einer jungen Frau, die um 1830 auf Jamaika aufwächst. Das kleine Mädchen Antoinette Cosway lebt zusammen mit seiner Mutter, dem behinderten kleinen Bruder und zwei Bediensteten in dem Herrenhaus Coulibri Estate. Diese Menschen sind auch die Einzigsten mit denen sie Umgang hat, da sie von der Gesellschaft ausgestoßen wurden. Von der schwarzen Bevölkerung werden sie als ehemalige Sklavenhalter gehasst, verlacht und als "weiße Kakerlaken" beschimpft; von den Weißen als verwahrlost und verarmt verachtet.
    Als die verwitwete Mutter Antoinettes erneut heiratet, und zwar einen wohlhabenden Engländer, wird der Hass der Schwarzen auf die Familie noch größer. Die Lage spitzt sich weiter zu und eines Abends kommt es zur Katastrophe. Die Mutter zerbricht an der Situation und wird wahnsinnig.
    Der zweite Teil des Buches beschreibt die unglückliche Ehe von Antoinette mit einem jungen Engländer. Diese Ehe stand von Anfang an unter keinem guten Stern, beide werden von ihrem Umfeld getäuscht und so letztendlich um ihr Glück gebracht.


    Zum Hintergrund - Die Verbindung zum Roman "Jane Eyre" : (Achtung, Spoilergefahr!)


    Die Inspiration zu ihrem wohl erfolgreichsten Buch holte sich Jean Rhys aus dem Charlotte Brontë Roman "Jane Eyre" und machte eine der Schlüsselfiguren des Klassikers zu ihrer Hauptperson. "Sargassomeer" erzählt die Geschichte der wahnsinnigen, aus Westindien stammenden, ersten Frau Mr. Rochesters. Der Roman beginnt auf Jamaika, wo die beiden sich auf den westindischen Inseln kennen lernen und endet auf dem Herrensitz Thornfield Hall (England) - in einer Katastrophe.



    Meine Eindrücke :


    Das erste Kapitel beschreibt die Kindheit Antoinettes sehr einfühlsam. Das Ausgestoßensein von der Gesellschaft wird durch anderer Kinder Grausamkeiten besonders spürbar, sodass man mit Antoinette mitempfindet. Ein Hauch Melancholie schwebt über dem Ganzen, es wird viel von Verlust gesprochen und den guten alten Zeiten nachgehangen als die Mutter noch Nähe zuließ, der Vater noch da war und es noch ehrbare Zeiten gab.
    Leisere Töne und die wilde Natur der westindischen Inseln bestimmen zunächst das zweite Kapitel. Während im ersten Teil Antoinette alleinige Erzählerin war, wechselt hier ständig die Ich-Perspektive zwischen den Eheleuten. Beeindruckend fand ich die Schilderungen der Natur, der leuchtend - intensiven Farben, den Gerüchen und der fremdartigen Tierwelt auf der kleinen Insel, geschildert durch die Augen des Ehemanns und Engländers, des Fremden. Das alles wird sehr gut bildhaft beschrieben, sodass man das Gefühl hat, die Szenerie vor seinem geistigen Auge sehen zu können.
    Doch es liegt auch etwas Bedrohliches über dem Ganzen und man ahnt dass die Geschichte von Antoinette nicht gut ausgehen kann... Ab zweiten Teil des Buches wird das Tempo erhöht, was mich zwar nicht unbedingt gestört hat. Doch durch den nun großen Anteil an direkter Rede und den hitzigen Gesprächen verliert sich der ruhige Ton, in dem das Buch bisher erzählt wurde - was ich schade fand und deshalb bei den Ratten einige Abzüge machen muss.


    Fazit :


    Ein eindringliches Buch, für das man sich Zeit nehmen sollte, und dessen Lektüre sicherlich nicht nur für "Jane Eyre" Fans interessant sein mag.


    3ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    Ich hieß hier mal caithlin.<br /><br />&quot;If I had a dollar for every time i felt more emotion for a fictional character than people in real life, I could pay for the psychiatric help I obviously need.&quot;

    Einmal editiert, zuletzt von caithlin ()

  • Etwas möchte ich noch in Verbindung mit dem Brontë Roman loswerden (ich hab's mal für diejenigen die nicht "Jane Eyre" gelesen haben, weiß getüncht)


    Ich hieß hier mal caithlin.<br /><br />&quot;If I had a dollar for every time i felt more emotion for a fictional character than people in real life, I could pay for the psychiatric help I obviously need.&quot;

    Einmal editiert, zuletzt von caithlin ()

  • Danke, caithlin für die schöne Rezi.
    Ich bin gerade mit Jane Eyre durch und im Nachwort wurde dieses Buch erwähnt. Das muss ich jetzt natürlich auch lesen gehört ja schon fast dazu :zwinker:.
    Hast du die Ausgabe des Amazon-Links gelesen, oder eine andere?
    Ich möchte gerne eine Ausgabe mit Nachwort hatte deine eins?

  • Hallo!


    Auch ich habe mich mit Mr. Rochester nach Jamaika gewagt, um dort die Geschichte von Antoinette zu entdecken. Leider fand ich gerade die erste Hälfte wenig ansprechend. Der Schreibstil hat mir so gar nicht zugesagt, Antoinettes Schicksal, das schon in Kindestagen nicht leicht war, dafür sehr. Allerdings hätte ich von allem gerne mehr erfahren. Von der Mutter, die ihr Kind nicht an sich ranlassen möchte, von Antoinettes Beziehung zu ihren Freunden und anderen Mitmenschen... das kam für mich alles etwas kurz.


    Auch dieses Gefühl, auf Jamaika zu sein, hat sich bei mir gar nicht eingestellt. Die Beschreibungen von Pflanzen- und Tierwelt, die in dem Buch vorhanden sind, konnten mich leider nicht in dieses tropische Paradies entführen.


    Spannend wurde es für mich auch erst ab der Hälfte, wenn klar wird, dass die Ehe zwischen Antoinette und Rochester eindeutig zum Scheitern verurteilt ist. Ich glaube übrigens, wie caithlin, dass Antoinettes Schicksal nicht vorherbestimmt war, dass es nicht an ihrer Familie lag, sondern an den Umständen ihres Lebens, daran, wie Rochester sie behandelt hat, dass sie zu dem wurde, was sie in "Jane Eyre" ist.
    Besonders der letzte Teil, der in Thornfield Hall spielt und wieder aus Antoinettes/Berthas Sicht erzählt wird, war berührend. Hier sieht man eine Frau, die sich selbst verloren hat, die nicht mehr sicher ist, wer sie ist, was sie tut an diesem ihr fremden Ort. Ihre einzige Gesellschaft sind eine Dienerin und ihre Träume, die sich - und so weiß man, wenn man "Jane Eyre" gelesen hat - nur zu bald bewahrheiten sollen...


    Insegesamt hatte ich mir von diesem Buch mehr erwartet und vor allem der Schreibstil gefiel mir persönlich nicht so gut. Nichts desto trotz wird hier eine interessante Geschichte erzählt, die einen diesen Charakter, dem man in "Jane Eyre" nur selten und flüchtig begegnet, aus einem anderen Licht betrachten lässt.


    3ratten

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Inhalt: Antoinette und ihr jüngerer behinderter Bruder Pierre wachsen um die Mitte des 19. Jahrhunderts als Halbwaisen in einem heruntergekommenen Herrenhaus auf Jamaika auf. Die Mutter sorgt sich zwar sehr um Pierre, vernachlässigt aber darüber ihre Tochter, die auch außerhalb des Hauses keine Freunde hat, denn für die früheren Sklaven sind die Weißen „Kakerlaken“, mit denen man sich nicht einläßt, für die anderen Weißen sind sie wegen ihrer Armut eine Schande. Daran ändert sich für Antoinette auch nichts, als die Mutter ein zweites Mal heiratet, einen wohlhabenden Engländer, der jedoch vor der Unruhe unter den Schwarzen die Augen verschließt. Als sich die Wut auf die ehemaligen Sklavenhalter entlädt und das Herrenhaus abbrennt, erleidet die Mutter einen Zusammenbruch, von dem sie sich nicht mehr erholt, so daß sie fortan als Verrückte betrachtet wird.


    Jahre später wird Antoinette durch ein Komplott ihres Stiefbruders mit einem jungen Engländer bekannt gemacht und quasi verheiratet. Die Ehe wird überstürzt geschlossen, für die Hochzeitsreise fährt man nach Martinique, wo Antoinette von ihrer Mutter einen Besitz geerbt hat. Die jungen Leute kennen sich kaum und hatten nur wenig Gelegenheit, sich aneinander zu gewöhnen, und so ist der junge Mann gegenüber Einflüsterungen über den in der Familie angeblich grassierenden Wahnsinn durchaus empfänglich. Er beginnt, sich von Antoinette zu distanzieren, was diese natürlich wahrnimmt. Ihre Versuche, ihren Mann zurückzugewinnen und an sich zu binden, sind gleichermaßen unbeholfen wie fruchtlos. Und so bahnt sich eine weitere persönliche Katastrophe an ...



    Meine Meinung: Von der Verbindung zu Jane Eyre wußte ich während der Lektüre nicht, das habe ich erst hier in den Kommentaren gesehen, daher habe ich es ohne irgendwelche Vor-Bilder gelesen. Überzeugt hat es mich jedoch nicht sonderlich. Zunächst einmal fand ich es erzählerisch ziemlich umständlich. Damit meine ich nicht, daß mir die Sprache zu altmodisch gewesen wäre oder die Handlung zu aktionsarm. Beides trifft zwar bis zu einem gewissen Grade zu, stört mich aber nicht. Aber die ganze Art, wie die Geschichte angelegt und eingeteilt ist und wie die Erzählperspektiven gewählt sind, wirkte auf mich irgendwie bemüht. Obwohl dadurch auch vieles ungesagt bleibt, ist dem Geschehen insgesamt gut zu folgen, aber es hätte für meinen Geschmack trotzdem etwas stringenter ausgeführt sein können. Diese Vagheit hat mich von Beginn an nicht gerade für den Roman eingenommen.


    Auch hatte ich den Eindruck, daß Rhys sich nicht entscheiden konnte, ob sie nun eine (oder von mir aus mit dem Ehemann auch zwei) Innenperspektive(n) wählen und damit den Schwerpunkt auf die psychologische Komponente legen wollte oder ob nicht die äußeren Rahmenbedingungen von Ort und Zeit als prägende Faktoren für die Charaktere, speziell Antoinette, herhalten sollten. So ist ein Mischmasch herausgekommen, der mich weder hinsichtlich des einen noch des anderen Aspektes wirklich zufrieden stellen konnte, weil keiner von beiden hinreichend ausgeführt ist. Um Antoinettes Gedanken, Gefühlen und Motiven zu folgen, klaffen zu große Lücken in der Darstellung, für ihren Ehemann gilt das erst recht, und von den Lebensbedingungen auf Jamaika, den Unruhen unter den ehemaligen Sklaven, dem sich erst noch neu auszutarierenden Umgang zwischen den Schwarzen und den Weißen etc. erfährt man gleichermaßen zu wenig, vor allem im Hinblick auf die traumatischen Ergebnisse, die dies für Antoinette und vor allem ihre Mutter Bertha hatte. Vielleicht ist der Roman doch interessanter, wenn man mit der Kenntnis von Jane Eyre herangeht und daher schon ein paar Bezüge mitbringt.


    2ratten


    Schönen Gruß
    Aldawen


  • Vielleicht ist der Roman doch interessanter, wenn man mit der Kenntnis von Jane Eyre herangeht und daher schon ein paar Bezüge mitbringt.


    Ich habe Sargassomeer vor allem wegen des Bezugs zu Jane Eyre gelesen, aber besser oder interessanter wurde der Roman dadurch auch nicht, vor allem weil die Bezüge meiner Meinung nach nicht wirklich konsistent zu Jane Eyre waren. Ich hätte in dem jungen Engländer nie und nimmer eine junge Version von Mr. Rochester erkannt, wenn ich es nicht gewusst hätte.


    Eigentlich kann ich deine Rezension 1:1 unterschreiben, ich fand auch, dass vieles Stückwerk blieb und irgendwie unausgegoren wirkte. Dabei birgt diese Geschichte einiges an Potenzial in sich, das hier leider verschenkt wurde. Schade drum!

  • Ich habe jetzt - wegen deiner Rezi, Aldawen - auch nochmal meine Meinung von damals durchgelesen und muss gestehen, dass die zweite Hälfte, die mir ja anscheinend gut gefallen hat, völlig in Vergessenheit geraten ist. Ich kann mich noch ganz vage an den Anfang erinnern, aber was später in diesem Roman passiert, will mir beim besten Willen nicht mehr einfallen.
    Wirklich toll kann es also auch für mich nicht gewesen sein...


    Und ich stimme Cuddles zu: Jane Eyre davor gelesen zu haben, macht Sargassomeer auch nicht besser. Allenfalls hat man eine größere Rahmenhandlung, in die man die Geschichte einordnen kann.

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Gut, es beruhigt mich, daß es auch mit Kenntnis von Jane Eyre offensichtlich nicht drastisch gewinnt, was ja immerhin möglich gewesen wäre. Dann hätte ich zwar einerseits ein bißchen schlechtes Gewissen, weil ich den Roman eben ohne erfüllte „Voraussetzung“ gelesen habe, andererseits aber muß (oder sollte jedenfalls) der Roman ja auch für sich stehen können. Also freue mich einfach darüber, daß er so listentauglich und wenigstens nicht allzu lang war :breitgrins:

  • Kaufen* bei

    Amazon
    Bücher.de
    Buch24.de

    * Werbe/Affiliate-Links


    Inhalt:
    Mitte des 19. Jahrhundert auf Jamaika: Antoinette Cosway wächst als Halbwaise in dem heruntergekommenen Herrenhaus Coulibri Estate auf. Sie bleibt sich selbst überlassen, ihre Mutter kümmert sich kaum um das Mädchen und auch sonst hat sie keine Freunde; die Schwarzen in der Nachbarschaft hassen die ehemaligen Sklavenbesitzer und von den Weißen wird die Familie wegen ihrer Armut gemieden.
    Als sich die Lage zuspitzt und das Herrenhaus in Brand gesteckt wird, erleidet Antoinettes Mutter einen Zusammenbruch und wird in eine Anstalt gesteckt.
    Antoinette, die durch ihren Stiefvater zu einer reichen Erbin geworden ist, wird an einen Engländer verheiratet, den sie kaum vier Wochen kennt, bevor die Hochzeit stattfindet. Der junge Mann kommt mit der Mentalität und dem Leben auf den karibischen Inseln nicht zurecht und lässt sich gegen seine Frau aufstacheln. Antoinettes Bemühungen, ihn zurückzugewinnen, bewirken das Gegenteil und lassen ihren Ehemann erst recht an ihrer geistigen Gesundheit zweifeln.
    Am Ende zwingt der junge Mann Antoinette, mit ihm nach England zu gehen, wo er sie in einem Dachgeschosszimmer vor der Außenwelt versteckt hält...


    Meine Meinung:
    Als ich das Buch gekauft habe, wusste ich gar nicht, dass es sich hier um die Vorgeschichte zu "Jane Eyre" handeln soll, war aber natürlich um so neugieriger, als ich dann davon erfahren habe.
    Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich kann mich den allzu negativen Meinungen zu diesem Buch nicht ganz anschließen. Ich habe etwas gebraucht, mich in dieser schwülen, üppigen und auch bedrohlichen Atmosphäre einzufinden, war aber dann doch von Antoinettes Geschichte schnell gefangen.
    Ihre Ehe ist eigentlich schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt, denn der junge Engländer wird sich wohl nie in dieser für ihn fremden Umgebung einleben:
    "Alles ist zu viel, dachte ich... Zu viel Blau, zu viel Purpurrot, zu viel Grün. Die Blumen zu rot, die Berge hoch, die Hügel zu nah. Und die Frau ist eine Fremde."
    Sie sind beide getäuscht worden, Mr. Rochester genauso wie Antoinette, die er bald Bertha nennt, wie ihre verrückte Mutter. Die bedrohliche Natur der Tropen wird von der Autorin, die ja auf der Insel Domenica geboren wurde, sehr eindringlich beschrieben und trägt nicht unwesentlich zur Atmosphäre des Buches bei.


    Für mich ein sehr faszinierendes Buch, wobei ich in der nächsten Zeit noch einmal "Jane Eyre" lesen möchte, auch um zu sehen, ob ich Mr. Rochester in irgendeiner Weise in Antoinettes Ehemann wiederfinden kann.


    4ratten und :marypipeshalbeprivatmaus:

    :lesen: Anthony Powell - The Kindly Ones <br /><br />Mein SUB<br />Meine [URL=https://literaturschock.de/literaturforum/forum/index.php?thread/32348.msg763362.html#msg763362]Listen

    Einmal editiert, zuletzt von knödelchen ()

  • Meine Meinung
    Ich bin durch die Leserunde zu Jane Eyre auf Sargassomeer aufmerksam geworden. Dort wurde sinngemäß gesagt, dass Mr. Rochester hier nicht so gut wegkommen würde. Wirklich vorbildlich benimmt er sich nicht. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass er mit der ganzen Situation überfordert war und nicht wusste, wie er mit seiner Frau umgehen sollte. Nichts hat ihn darauf vorbereitet, nicht auf Antoinettes Verfassung, noch auf das Umfeld, aus dem sie kam. Wenn er sich darauf eingelassen hätte (oder hätte einlassen können), hätte er vielleicht mehr Verständnis aufbringen können. So aber hat er alles aus ihrer Vergangenheit komplett abgelehnt, was Antoinette sicherlich nicht gut getan hat.


    Antoinettes Vorgeschichte wurde nicht ausführlich genug erzählt, bei mir blieben viele Fragen offen. Die Wandlung von einen verstörten Mädchen zu der Verrückten, die ich in Jane Eyre kennengelernt habe, war zu abrupt. Diese Wandlung konnte ich nicht nachvollziehen und ich hatte das Gefühl, dass viel passiert war das nicht erzählt wurde.


    Sargassomeer ist eine gute Ergänzung zu Jane Eyre. Als alleinstehende Geschichte kann man wahrscheinlich viele Zusammenhänge nicht deuten.
    3ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • illy

    Hat den Titel des Themas von „Jean Rhys - Sargassomeer“ zu „Jean Rhys - Sargassomeer / Wide Sargasso Sea“ geändert.
  • Es hat mich gereizt, mehr über diese Verrückte vom Dachboden zu erfahren, die bei Jane Eyre nur eine Nebenrolle spielt. Ich glaube allerdings nicht, dass ich das Buch von selbst als Jane-Eyre-Spin-Off erkannt hätte, dazu sind die Bezüge schon eher zu versteckt.


    Ich glaube auch nicht, dass es sich ohne diese Verbindung zu einem der bekanntesten Klassiker besonders hervorgetan hätte oder heute noch, 60 Jahre nach Erschienen gelesen werden würde. Das Buch war nicht wirklich schlecht, es war gut zu lesen und es war interessant, ich hätte gerne mehr erfahren. Und das ist es, was mich stört, es fehlte zu viel: ich habe nur kleine Informationsfetzen erhalten und es gibt immer wieder Lücken. Einige davon können tatsächlich mit Jane-Eyre-Vorwissen gestopft werden, aber es bleiben noch zu viele. Ich mochte die Hauptfigur, ich hatte Mitleid mit Antoinette und so gefiel es mir nicht, dass sie „plötzlich“ verrückt war, ich hätte gerne mehr Details erfahren, wie es zu dieser Wandlung, ihrem Zusammenbruch gekommen ist.


    Kann man lesen, muss man aber nicht.


    3ratten

  • Kann man lesen, muss man aber nicht.

    Das stimmt. Der beste Beweis dafür ist, dass ich eben meine Rezension von 2018 gelesen habe und mich an nichts mehr aus dem Buch erinnern kann.

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.

  • Antoinette Cosway wächst in der Karibik auf, im ständigen Spannungsfeld zwischen Schwarz und Weiß, mit einer exzentrischen Mutter, einem behinderten kleinen Bruder und ihrem Stiefvater Mr. Mason, der die Kinder akzeptiert, ihnen aber auch nicht allzu viel Wärme entgegenbringt. Nach einem verheerenden Brand hat Antoinette fast alles verloren: ihr Zuhause, ihren kleinen Bruder und ihre Mutter, die die Katastrophe zwar überlebt hat, aber am gleichzeitigen Verlust ihres geliebten Heims und ihres kleinen Sohnes zerbricht.


    Antoinette wird auf ein Internat geschickt und später mit einem jungen Engländer verheiratet (bei dem es sich natürlich um Edward Rochester aus "Jane Eyre" handelt, auch wenn sein Name nie genannt wird). Eine arrangierte Ehe, die hauptsächlich aus finanziellen Überlegungen heraus zustandekam, obwohl die beiden zu Beginn gar nicht unglücklich miteinander sind. Doch die Beziehung kippt immer mehr, Rochester fühlt sich unwohl auf der Insel mit ihren fremdartigen Gebräuchen und den ständig im Hintergrund schwelenden Auseinandersetzungen zwischen Schwarzen und Weißen, Armen und Reichen, und findet keinen Draht zum dortigen Leben, während gleichzeitig der Verdacht genährt wird, um Antoinettes Verstand sei es nicht allzu gut bestellt. Eine Katastrophe scheint vorprogrammiert, wenn sich nicht eine Lösung findet.


    Wer "Jane Eyre" kennt, weiß auch, wie diese Lösung am Ende aussehen wird und wie das Ganze ausgeht. Wie es dazu kommt, wird sehr eindrucksvoll im Schlusskapitel von "Wide Sargasso Sea" beschrieben, dem für mich stärksten Teil des Buches.


    Schade, dass es auch der kürzeste ist. Bis zu diesem Punkt kam ich nämlich nicht allzu gut zurecht mit dem Buch. Ein bisschen ging es mir wie Antoinette mit ihrem ganzen Leben oder auch Rochester mit dem karibischen Leben. Ich war schlichtweg überfordert von dem oft elliptischen, wenig geradlinigen Stil. Vieles muss man sich mühsam zusammenreimen aus den Brocken, die einem die Autorin hinwirft. Ich muss nicht alles auf einem Silbertablett serviert bekommen, aber in diesem Buch fiel es mir ausgesprochen schwer, auch nur ansatzweise einen Überblick zu behalten, obwohl das Werk keine 200 Seiten umfasst und einiges (zumindest in meiner Penguin-Ausgabe) in Endnoten erläutert wird.


    Aber ohne diese Anmerkungen und die Vorkenntnisse aus "Jane Eyre" hätte ich schätzungsweise gar nichts begriffen. Für mich war ein Großteil des Buches eine wilde Mischung aus seltsamen Figuren, exotischer Kulisse, Pidgin-Englisch und bruchstückhaft angedeutetem historischem Hintergrund, die sich leider nicht zu einem harmonischen Ganzen gefügt hat.


    2ratten + :marypipeshalbeprivatmaus:

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen





  • Ich mochte die Hauptfigur, ich hatte Mitleid mit Antoinette und so gefiel es mir nicht, dass sie „plötzlich“ verrückt war, ich hätte gerne mehr Details erfahren, wie es zu dieser Wandlung, ihrem Zusammenbruch gekommen ist.

    Ja, da hätte ich mir auch mehr Entwicklung gewünscht. Dass sich Rhys gut in Antoinettes Gedanken und Gefühle hineinversetzen kann, hat sie ja im letzten Kapitel schön unter Beweis gestellt. Das hätte gerne mehr sein dürfen.

    If you don't become the ocean, you'll be seasick every day.

    Leonard Cohen