[Ägypten] Alaa al-Aswani - Der Jakubijân-Bau

Es gibt 13 Antworten in diesem Thema, welches 5.479 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von tom leo.

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    Klappentext: Der Roman stellt vieles dar, was es in Ägypten gibt, worüber aber nicht häufig - und eigentlich nie in dieser Direktheit gesprochen wird. Da kommt der junge Mann nicht an die Polizeischule, weil sein Vater nur Türhüter ist. Da hält sich der wohlhabende Journalist einen armen Oberägypter als Bettgenossen. Da predigt der eine Geistliche für die Regierungspolitik, der andere für den Terror. Da bereichern sich manche schamlos mit den zweifelhaftesten Geschäften. Da wird das junge Mädchen, das für seine Familie sorgen muss, von allen Arbeitgebern systematisch belästigt. Da träumt der ehemalige Aristokrat von vorrevolutionären, besseren Zeiten. Da wird im Bereich der Politik geschmiert, geschnüffelt und gefoltert. Da wird eben das tägliche Leben Ägyptens gezeigt. Das Buch hat für Aufregung gesorgt. Es ist in Ägypten, Frankreich und Italien zum Bestseller geworden, besonders nach seiner Verfilmung. Der Film wurde an den Festivals von Berlin, Cannes und New York gezeigt und an den Filmfestspielen in Zürich mit dem Hauptpreis ausgezeichnet.


    Zum Autor: Alaa al-Aswani wurde 1957 in Ägypten geboren. Er hat das französische Gymnasium in Kairo besucht und in den USA Zahnmedizin studiert. al-Aswani lebt in Kairo, wo er als Zahnarzt, Journalist und Schriftsteller tätig ist. Mit dem Jakubijân-Bau gibt al-Aswani auf deutsch sein literarisches Debüt. Das Werk ist der meistbeachtete Beststeller der zeitgenössischen arabischen Literatur.


    Meine Meinung: Über den Klappentext hinaus kann man eigentlich nicht mehr vom Inhalt erzählen, ohne zu viel aufzudecken. Das klingt vielleicht nicht besonders spektakulär, aber anhand der Bewohner vornehmlich dieses einen Hauses gewährt al-Aswani einen Blick auf das Leben unterschiedlichster Gesellschaftsschichten in Ägypten und der wirksamen Mechanismen und Tabus, an denen sie ihr Leben ausrichten und die sie auch teilweise brechen. Das Ganze beginnt dabei eher anekdotisch, die Wechsel zwischen den Personen erfolgen rasch und diese scheinen außer dem Wohngebäude zunächst auch kaum etwas zu teilen. Aber nach und nach verdrillen sich einzelne Fäden und sorgen manches Mal für ein Schmunzeln, aber mindestens genauso oft für Nachdenklichkeit oder auch Erschrecken, wenn z. B. Folter und Zwangsabtreibung thematisiert werden. Trotzdem läßt sich alles flüssig lesen und die häufigen Perspektivwechsel stören gar nicht, sondern verführen nur dazu, mit einem "Ach, die nächsten drei Seiten auch noch" weiterzulesen.


    Dies war nicht meine erste Erfahrung mit arabischer Literatur, aber die erste, bei der ich nicht das Gefühl hatte, an Mentalitätsunterschieden bzw. am kulturellen Kontext - ich will nicht sagen: zu scheitern, aber darüber zu straucheln.


    Aldawen


    :zwinker: Und der Edit liefert nicht nur den Amazonlink, sondern auch 4ratten

    Einmal editiert, zuletzt von Aldawen ()

  • Was für ein Zungenbrecher-Name vom Autor! Magst du vielleich tden Amazon Link auch einstellen und eine Bewertung in Ratten-Form geben, denn ich kann aufgrund deiner Rezi nicht 100%ig sagen ob es dir nun eher gut oder eher nicht sooo gut gefallen hat ;)

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  • Magst du vielleich tden Amazon Link auch einstellen und eine Bewertung in Ratten-Form geben, denn ich kann aufgrund deiner Rezi nicht 100%ig sagen ob es dir nun eher gut oder eher nicht sooo gut gefallen hat ;)


    Ups, das ist mir im Eifer des Gefechts durchgegangen, aber schon geändert, sorry! :smile:

  • Ahhhh super :) Dann also doch: "eher gut" :)

    ♪♫♪<br /><br />Luci ♥<br /><br />&lt;a href=&quot;http://www.BuchSaiten.de&quot;&gt;Mein Bücherblog: BuchSaiten.de&lt;/a&gt;<br /><br />SLW 2010 - 4/10 noch 6 Bücher<br /><br />Das gute Gefühl, ein schönes Buch beendet zu haben ist irgendwie nicht vergleichbar ♥

  • Hallo Aldawen,


    vielen Dank für Deine so fixe Rezension! Du hast es in jedem Fall geschafft mich neugierig(er) zu machen, so dass ich beim nächsten Buchladen-Besuch in das Buch zumindest reinlesen werde...


    :blume:


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Hallo dubh,
    quote author=dubh link=topic=8362.msg215374#msg215374 date=1172819329]
    vielen Dank für Deine so fixe Rezension! Du hast es in jedem Fall geschafft mich neugierig(er) zu machen, so dass ich beim nächsten Buchladen-Besuch in das Buch zumindest reinlesen werde...
    [/quote]


    Nicht nur reinlesen, ganz lesen. Ich habe Aswany letztes Jahr persönlich kennengelernt, ein Mann so sympathisch, offen und intelligent wie sein Buch.
    So wie ich deinen Geschmack bis jetzt kenne, bin ich überzeugt, dass es dir gefällt. :zwinker:


    liebe Grüße
    dora


  • Nicht nur reinlesen, ganz lesen. Ich habe Aswany letztes Jahr persönlich kennengelernt, ein Mann so sympathisch, offen und intelligent wie sein Buch.
    So wie ich deinen Geschmack bis jetzt kenne, bin ich überzeugt, dass es dir gefällt. :zwinker:


    Okay, Dora, wenn Du das sagst! :zwinker: Nein wirklich: jetzt bin ich restlos überzeugt, da wir uns ja hier häufiger begegnen... :knuddel:
    Folglich: achte die nächsten Tage auf den "Eure neuen Bücher!"-Thread. :breitgrins:


    Liebe Grüße
    dubh

    Liebe Grüße

    Tabea

  • Ich habe das Buch gestern im Buchladen meines Vertrauens bestellt, kann es wohl heute abholen. :klatschen:


    Ich werde dann gleich mal etwas reinlesen, richtig starten kann ich noch nicht, da ich erst mein aktuelles Buch zu Ende lesen werde.


    Werde aber auf jeden Fall berichten, wie mir das Buch gefällt.


    Liebe Güße,
    Elke

  • Da so viele von euch an diesem Buch interessiert sind - vielleicht auch ein Blick auf den Autor gefällig?? :smile:


    Alaa al-Aswani


    Kenavo

  • Da es mir gerade über den Weg gelaufen ist, liefere ich hier noch die Links zu zwei Artikeln in der ZEIT:


    Im Kopf legt sich plötzlich ein Schalter um (I). Wie das Elend einen Fundamentalisten gebiert: Alaa al-Aswani erzählt von einem Ägypter, der als terroristischer Täter zugleich ein Opfer ist. Von Iris Radisch (DIE ZEIT Nr. 11 v. 8. März 2007)


    Sex in Zeiten der Diktatur. In Alaa al-Aswanis Roman »Der Jakubian-Bau« wird ein Wohnkomplex zum Spiegelbild der ägyptischen Gesellschaft. Aber wie ist die Wirklichkeit hinter dem Buch? Ein Hausbesuch in Kairo. Von Tomas Niederberghaus (DIE ZEIT Nr. 15 v. 4. April 2007)


    Schönen Gruß,
    Aldawen


  • Der zweite Artikel hat mich auf das Buch aufmerksam gemacht.


    Liebe Grüße,
    Elke

  • Alaa al-Aswani - Der Jakubijân-Bau Roman aus Ägypten


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    Wie kann man sich einem fremden unbekannten Land nähern? Indem man es bereist, indem man Sachbücher liest, oder einen sehr ehrlichen ungeschönten Roman, wie ihn Alaa al-Aswani geschrieben hat.


    Mithilfe eines Hauses (welches wohl tatsächlich exisitiert) wird der Alltag im zeitgenössischen Kairo beschrieben. Geschickt werden unterschiedliche Ebenen, die Armen die in Blechhütten auf dem Dach des Hauses leben, und die Reichen in den Etagen darunter, miteinander verwoben.
    Es ist kein schönes Ägypten welches dem Leser hier präsentiert wird, geht es doch um das tägliche Überleben, um Gier, Korruption, Macht, Sexualität, Homosexualität und Terrorismus.
    Dennoch ist der Roman in all seiner Härte nicht abstoßend, sondern interessant, beklemmend, aber auch unterhaltend, geschrieben. Einige Figuren sind mir sogar regelrecht ans Herz gewachsen, zumal einige der Handlungen auch hier im Westen keine Unbekannten sind, wenn auch hoffentlich nicht so dominant wie im vorliegenden Roman, aber wer weiß das schon genau.


    Das Buch ist 2002 in Ägypten erschienen und hat für einigen Wirbel gesorgt. Von Einigen für seine Ehrlichkeit und Selbstkritik hochgelobt, von Anderen als Verunglimpfung Ägyptens verstanden. Immerhin wurde das Buch 2006 in Ägypten verfilmt und lief u.a. in Cannes und auf dem Berliner Filmfest.


    Hier noch einige Stimmen zu dem Roman:
    Deutschlandfunk
    qantara.de


    4ratten :marypipeshalbeprivatmaus:




    [size=6pt]Ah, danke fürs Zusammenfügen. Ich wusste gar nicht, dass es dazu schon eine Rezi gab[/size] :redface:

    Einmal editiert, zuletzt von Papyrus ()

  • ANMERKUNGEN:
    Das Buch taucht uns in ein Land und gibt uns so vielleicht einige Einblicke über Vorgänge, Themen, Probleme in Ägypten, und vielleicht auch darüber hinaus, manch andere islamische Gesellschaften?!
    Man befindet sich so z.B. zwischen dem Wettstreit mit dem Okzident und dessen Ablehnung, zwischen Laizismus und religiösem Extremismus, dem Wunsch, aus dem Sumpf zu kommen und gleichzeitig sich zu kompromittieren.
    Natürlich kann man mit der uns eigenen Prise Selbstgerechtigkeit vom Kulturschock reden, denn die beschrieben Verhältnisse in uns auslösen: die Allgegenwart der Korruption, die Oberflächlichkeit mancher formelhafter Religiösität (in unseren Augen) oder gar deren gewaltsame Instrumentalisierung, die Unterdrückung der Frau.


    Ohne nun dem einfach zu widersprechen, will ich herausstellen, was mich in diesen Themenbereichen besonders berührt hat, oder wie ich gelesen habe:


    Mir schien, dass man verschiedene Personen schnell in die „Opfer- oder Täterrolle“ schieben kann. Was mir auffiel war, dass fast alle Hauptpersonen des Buches auf die eine oder andere Weise früher oder später gedemütigt worden sind, zutiefst Scham erfahren haben infolge von Ungerechtigkeit etc. Ist uns bewusst – fragte ich mich – inwieweit manche Gewalt dann aus solchem erlittenen Leid entstanden ist? Gilt dies nicht – um aus dem engen Rahmen eines Hauses von Kairo hinauszugehen – auch für ein gewisses Lebensgefühl in manchen Ländern dieser Zonen?


    So wird der anfangs eher gerechte Taha durch Unrecht langsam dem Extremismus näher gebracht..., erfährt in der islamischen Parallelgesellschaft eine größere Gerechtigkeit, Gemeinschaft als in der säkularen.


    Auch in anderen Personen des Romans kann man ähnliche Reaktionen unterscheiden...


    Meine Anfrage oder auch mein Kritikpunkt am Buche wäre wohl, dass sich auch ein Land wie Ägypten nicht in diesen manchmal schematischen Darstellungen reduzieren lässt. Zumindest glaube ich fest daran, dass es (natürlich!) auch in diesem Land noch andere Charaktere und Lebenserfahrungen gibt – es wäre zu hoffen!


    Lesenswert!

    Gruß, tom leo<br /><br />Lese gerade: <br />Léonid Andreïev - Le gouffre<br />Franz Kafka - Brief an den Vater<br />Ludmila Ulitzkaja - Sonjetschka