Daniel Glattauer - Gut gegen Nordwind

Es gibt 87 Antworten in diesem Thema, welches 34.252 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Bine1970.

  • In meiner Einschätzung des Buches schließe ich mich Desdemona an.
    Die Prämisse wurde von Hollywood übernommen (und hat auch Verwendung gefunden in der deutschen Filmkomödie). Die Figuren sind in der Tat hohl, wie Desdemona schreibt, und dies spiegelt sich in ihren E-Mails. Der Autor nimmt so etwas wie ein Downgrade des klassischen Briefromans auf das Internetzeitalter und sein Ausdrucksmedium E-Mail vor. Inhaltlich und weitgehend auch sprachlich ist es für mich ein banales und enttäuschendes Buch.


    LG, mohan :winken:

  • Daniel Glattauer – Gut gegen Nordwind


    Ungewöhnliche Wege sich kennen zu lernen, gibt es viele. Man stolpert übereinander und es kommt vielleicht zur Liebe auf den ersten Blick. Daniel Glattauer beschreibt in seinem Buch einen ebenfalls außergewöhnlichen Fall, auch wenn der Funke nicht sofort überspringt, sondern eher eine langsame Verschmelzung zweier Personen via Internet. Dabei wird man doch immer gewarnt sich nicht mit Leuten aus dem Internet einzulassen, Gefahr! Gilt dies auch für Leo und Emmi? Mit Sicherheit ist es nicht leicht…


    Dieses Buch war eines dieser Spontankäufe, bzw. kaltes Kalkül seitens Literaturschock. Man liest sich dank Amazon-Link kurz die Beschreibung durch und kaum ist man im Buchladen und sieht das Büchlein dort unschuldig liegen, kann man doch nicht einfach so nein sagen! So war es auch bei „Gut gegen Nordwind“ und bereut habe ich es seitdem nicht eine einzige Minute. Trotz Zeitmangel wurde das Buch regelrecht von mir aufgefressen. Durch den außergewöhnlichen Stil – das Buch besteht ausschließlich aus einzelnen Mails – kann man sich das Buch häppchenweise in jeder sich bietenden freien Minute genießen. Damit konnte ich ganze Fünf-Minuten-Pause füllen.


    Das Ende hat mich nicht sonderlich überrascht, dafür fand ich es umso besser. Nie würde ich mir ein anderes Wünschen.
    Einen Abzug in der Punktewertung bekommt das Buch nur, weil die Geschichte nach einiger Zeit sich tatsächlich im Kreis gedreht hat und kaum frischer Wind in die Handlung kam.


    Wer eine leichte seichte Unterhaltung sucht, sollte nach diesem Buch greifen. Tiefgründige Erkenntnisse wird er wohl nicht davon erhalten.
    Das Buch bekommt von mir 4ratten

  • Wenn mir vorher jemand gesagt hätte, dass mir ein Buch, das aus einem Emailbriefwechsel besteht, so gut gefallen würde, wäre ich skeptisch gewesen. Aber das Buch hat mich voll erwischt und ich habe es regelrecht verschlungen.


    Die Dialoge/Emails sind teilweise spritzig und schön, erotisch und bittersüß und immer wieder auch mal traurig.


    In Bezug auf das Ende bin ich mir noch nicht sicher, ob es mir gefällt oder nicht. Es gibt so viele Für und Wider, da könnte ich stundenlang drüber diskutieren.


    Was mich erstaunt hat, dass dieses Buch von einem männlichen Autor geschrieben wurde, denn so eine detaillierte Auseinandersetzung mit der Gefühlswelt zweier Menschen hätte ich eher einer Frau zugetraut. (Nicht böse sein, liebe Männer :zwinker: )


    Doch für dieses Buch muss man in der richtigen Stimmung sein, um sich darauf einlassen und es genießen zu können. Deshalb kann ich es gut verstehen, wenn es nicht bei jedem Leser auf Begeisterung stößt.


    Fazit Ein wunderschönes und gefühlvolles Buch, das mir ein paar schöne Lesestunden voller Seufzer und amüsiertem Grinsen geschenkt hat.

    Einmal editiert, zuletzt von Aurian ()


  • Einen Abzug in der Punktewertung bekommt das Buch nur, weil die Geschichte nach einiger Zeit sich tatsächlich im Kreis gedreht hat und kaum frischer Wind in die Handlung kam.


    Das ging mir auch so. Wenn das Buch etwas kürzer und knackiger gewesen wäre, hätte es von mir auf jeden Fall auch die 4 Sterne erhalten, denn der Anfang war richtig toll!

  • Aurian
    So ging es mir auch. Ich war überrascht. Vor allem weil nicht nur Emmi sondern eben auch Leo sehr Gefühlvoll rüberkam. Das hat mir daran gefallen.


    Hm interessant. Ich persönlich fand nicht das sich das Ganze im Kreis drehte.


    Ich hab aber auch das Hörbuch gehört und nicht selbst gelesen. Vielleicht empfindet man das selber Lesen in dem Fall auch völlig anders. Ich hab auch überlegt ob mir der Emialstil selbst gelesen wohl gefallen hätte?


  • So ging es mir auch. Ich war überrascht. Vor allem weil nicht nur Emmi sondern eben auch Leo sehr Gefühlvoll rüberkam. Das hat mir daran gefallen.


    Eigentlich ist das ja schon ein bisschen gemein, warum sollten Männer weniger gefühlvoll schreiben als Frauen? :breitgrins: (In meiner Statistik fällt mir übrigens immer wieder auf, dass Autorinnen im Schnitt deutlich schlechter wegkommen, als die Männer. :entsetzt: )



    Ich hab aber auch das Hörbuch gehört und nicht selbst gelesen. Vielleicht empfindet man das selber Lesen in dem Fall auch völlig anders. Ich hab auch überlegt ob mir der Emialstil selbst gelesen wohl gefallen hätte?


    Ich glaube auf jeden Fall, dass das so ist. Ein Hörbuch ist eben doch noch mal was anderes. Ich habe mehrere, wo mir das Buch nicht gefallen hat, ich das Hörbuch jedoch toll fand. Und umgekehrt... Und es ist schon auffällig, dass bisher ausnahmslos alle von dem Hörbuch begeistert waren. Ich glaube, ich werde es mir auch mal aus der Bibliothek leihen, ich bin irgendwie neugierig.

  • Sorry, dass ich erst jetzt auf eure Beiträge reagiere, aber ich war im Urlaub. :redface:



    Thanquola
    Hm wahrscheinlich weil man immer denkt das Männer ihre Gefühlswelt nicht so offen legen wie Frauen.


    Und wenn sie über Gefühle sprechen, dann nie in solcher Ausführlichkeit und über längere Zeit hinweg. Das sind zumindest meine Erfahrungen im direkten Gespräch. Vielleicht ist das ja bei einem Email- oder Chatkontakt anders. :gruebel:

  • Aurian, Holden: Angeblich werden ja sogar mehr Liebesromane von Männern geschrieben (unter weiblichem Pseudonym), als Liebesromane von Frauen. :breitgrins:


    (Ich muss da gerade an diesen Film mit Jack Nicholson denken, wo er diesen Stinkstiefel spielt, der zuhause aber ganz gefühlvolle Liebesromane schreibt. :lachen: )


  • Aurian, Holden: Angeblich werden ja sogar mehr Liebesromane von Männern geschrieben (unter weiblichem Pseudonym), als Liebesromane von Frauen. :breitgrins:


    Echt? Ist das die geheime Seite der Männer? :breitgrins::gruebel:



    (Ich muss da gerade an diesen Film mit Jack Nicholson denken, wo er diesen Stinkstiefel spielt, der zuhause aber ganz gefühlvolle Liebesromane schreibt. :lachen: )


    Ich liebe diesen Film!!! :herz:

  • Rezension


    Zufälliger könnte eine Zufallsbekanntschaft nicht sein. Eigentlich will Emmi nämlich nur ein Zeitschriftenabo kündigen, doch statt im elektronischen Postfach des Like-Magazins landen ihre eMails bei Leo Leike. Zunächst will dieser Emmi nur auf ihren Fehler hinweisen, doch bald schon beginnen die beiden, sich regelmäßig zu schreiben, sitzen nachts mit einem Glas Wein bzw. Whiskey vor dem PC und warten sehnsüchtig auf eine Nachricht des anderen.
    Als nach einer Weile die zwangsläufige Frage nach einem Treffen im Raum steht, wird es jedoch kompliziert…


    «Gut gegen Nordwind» ist ein moderner Briefroman, sozusagen ein eMail-Roman, der ausschließlich aus mal kürzeren, mal längeren Nachrichten besteht, über denen lediglich eine Zeitangabe und manchmal ein Betreff vermerkt sind.
    Im Vorfeld war ich deswegen etwas skeptisch. Letztlich konnte ich bis auf 1-2 Ausnahmen aber mühelos den Überblick über den jeweiligen Absender behalten und fand es auch ganz reizvoll, dass man als Leser nie mehr wusste als das, was die Figuren in ihren eMails von sich preisgaben. Erst nach und nach konnte ich mir ein Bild von ihnen machen und ihre regelrechte Sucht nach dem Briefwechsel ergründen.


    Am Anfang ist da wohl der Reiz des Neuen, des Anonymen, im Falle der verheirateten Emmi vermutlich auch der Reiz des Verbotenen. Man kann sich gut vorstellen, wie zwanglos und offen der Schriftverkehr mit einer fremden Person ist. Wie leicht es ist, sich aus den empfangenen Worten eine Fantasiegestalt zu erschaffen, die perfekt zu sein scheint.
    Leo und Emmi jedenfalls geht es so. Sie plaudern nicht über Belanglosigkeiten, ganz selten erzählen sie sich gegenseitig von ihrem Privatleben. Sie schaffen sich eine eigene Welt, in der sie ihre Freundschaft zelebrieren und sich ausmalen, was sein könnte, aber eben nicht sein darf.


    Ihre eMails sind klug, witzig und (meist) ehrlich. Es macht Spaß, den Austausch zwischen dem ruhigen, philosophierenden Leo und der schlagfertigen, manchmal rotzfrechen Emmi zu verfolgen.
    Leider kommt man aber irgendwann an einen Punkt, an dem sich alles nur noch im Kreis dreht. Ständig stellen sich die beiden die Frage, ob sie sich nun treffen sollen oder ob ein realer Austausch das romantisch-virtuelle Band zwischen ihnen zerstören würde.
    Emmis Nachrichten beginnen, aggressiv zu klingen. Sie kam mir regelrecht aufdringlich vor und plötzlich ist nichts mehr so zwanglos wie am Anfang. Es wird gestritten, geschmollt und geschwiegen. Bis das Ganze wieder von vorne losgeht, weil sie doch nicht voneinander lassen können.


    Sicher, die Situation ist verzwickt und die Emotionen realistisch und schmerzlich-schön beschrieben. Aber ganz ehrlich? Irgendwann nervt es und als das Ende kam, war ich froh darüber.
    Ob ich die Fortsetzung «Alle sieben Wellen» lesen werde? Irgendwann bestimmt. Man ist ja neugierig. Aber eilig habe ich es damit nicht.


    3ratten

  • Ich konnte mir nicht vorstellen, wie man eine Handlung nur in E-Mails verpacken kann, doch ich muss sagen, nach meinem Empfinden ist das Glattauer gut gelungen. Das Buch liest sich flüssig und teilweise in rasantem Tempo, fast wie eine persönliche Unterhaltung. Langweilig fand ich es keine Minute, wenn auch der Höhepunkt in meinen Augen das persönliche Treffen der beiden in diesem Café war, also schon im ersten Drittel des Buches. Danach blieb die Spannung mehr oder weniger auf dem gleichen weniger hohen Niveau, aber es war trotzdem amüsant.


    Von den beiden Hauptpersonen gefiel mir Emmi besser, weil sie um einiges vielschichtiger ist als Leo. Mit ihrer Art, ständig von anderen etwas zu fordern und herauszukitzeln und dann einen Rückzieher zu machen, wenn sie ihr Ziel tatsächlich erreicht hat, bildete sie eine schönen Gegenpol zu dem ruhigen und besonnenen Leo. Das Ende des Buches kam mir etwas unlogisch und unbefriedigend vor, aber irgendwie musse es ja schließlich enden.


    4ratten


    Ja, das stimmt. Ich hatte auch schon mal die ein oder andere E-Mail, wo ich mir jetzt unsicher war. Vor allen Dingen verlor ich auch manchmal den Überblick, wenn es die ganze Zeit so hin und her ging. Also quasi immer nur ein Satz pro Mail. :rollen:


    Das war zumindest bei den Antwortmails immer ganz gut zu erkennen: Wenn die Antwort von Leo kam, stand da "AW:", wenn sie von Emmi war, "RE:".

  • Huhu!


    Ich bin ehrlich erstaunt. Ich mochte die beiden Bücher eigentlich nur wegen Emmi. Diese Frau ist vielleicht anstrengend, aber ihr Humor gefällt mir sehr gut und ich habe mich immer wieder über ihre kleinen Verrücktheiten gefreut.
    In Wirklichkeit würde ich ihren Charakter vermutlich nicht sehr lange aushalten, aber sie zu lesen habe ich sehr, sehr genossen. Leo, obwohl er angenehm am Boden geblieben ist, war mir da meistens zu langweilig und zu kompliziert. :breitgrins:


    Insgesamt bin ich aber froh, dass jetzt nach zwei Büchern Schluss ist, weil ich die Dinger zwar als nette Zwischenlektüre toll fand, aber nicht unbedingt noch mehr davon brauche.

    Jahresziel: 2/52<br />SLW 2018: 1/10<br />Mein Blog

  • Wendy
    Ja für die Geschichte an sich ist ihre Art schon sehr passend. Außerdem hat Andrea Sawatzki sie so perfekt gelesen das sie für mich zu Emmi wurde, seitdem stell ich mir sie so vor^^ Ich glaube im echten Leben würde ich Emmi auch nicht so recht mögen, sie wäre eine Person mit der ich wohl extrem zusammenmrasseln würde^^ Ich glaub im Grunde kann Leo auch deshalb nicht von ihr lassen weil sie zum Teil so kratzbürstig sein kann, das es ihn schmerzt aber auch fasziniert.

  • Ich kann mit Emmi überhaupt nichts anfangen. Ich selten eine unsympathischere Buchfigur erlebt.


    Man muss sie ja nicht mögen, aber gerade solche Charaktere sind doch manchmal das Salz in der Suppe. In jedem Fall sind sie interessanter als die braven, vorhersehbaren und deshalb langweiligen Figuren. Ich glaube sogar, dass Emmi eine derer ist, die mit ihrer forschen Art nur ihre Unsicherheit verbergen möchte.


    Grüße
    Doris

  • Interessant ist Emmi auf jeden Fall und sicherlich auch menschlicher als manch andere Romanfigur. Leider ändert das aber nichts daran, dass sie mir irgendwann auch ziemlich auf den Zeiger gegangen ist. Fragt sich nur, warum ich - ebenso wie kleinbrina, die das Buch scheinbar noch schlechter fand als ich - trotzdem nicht abgeneigt bin, die Fortsetzung zu lesen? Muss die Neugierde sein... :breitgrins: