Alois Prinz - Lieber wütend als traurig. Die Lebensgeschichte der Ulrike Meinhof

Es gibt 31 Antworten in diesem Thema, welches 9.163 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Annabas.

  • Liebe Dora, lieber Klassikfreund,


    dies sehe ich genauso und dem ist auch nichts hinzuzufügen....



    ... und über Benno Ohnesorg möchte ich heute nichts mehr schreiben...



    Ideologien bringen nur Leid und machen traurig ....



    liebe Grüße


    gretchen

  • Hallo,


    wen es interessiert: Am 4. Oktober 2007 kommt um 22:45 Uhr im HR eine Doku über Ulrike Meinhof, die eventuell offene Fragen beantworten könnte.


    Ich habe diese Woche eine andere Doku über U. Meinhof gesehen, die ich sehr interessant fand. Unter anderem erfuhr man gleich zu Anfang, dass sie noch in den 70er Jahren Selbstmord begangen hatte, was an mir völlig vorbei gegangen ist. Es kamen einige Menschen aus ihrem direkten Umfeld zu Wort, deren Aussagen ein ganz anderes Bild von dieser Frau entstehen ließen, als ich es mir gemacht hatte. Eigentlich suche ich immer zuerst nach Entschuldigungen für scheinbar unverständliche Handlungen mancher Personen, aber in diesem Fall gibt es wohl keine.


    Liebe Grüße
    Doris

  • Hallo,


    auch ich habe diese Woche eine Dokumentation gesehen und zwar über die Entführung von Hanns-Martin Schleyer und die Lufthansa-Maschine "Landshut", denn der "Heiße Herbst" jährt sich dieses Jahr ja schon zum 30. Mal. Ich kann es kaum glauben, dass es schon so lange her ist, denn die Bilder von damals vergißt man nicht.


    Und jedesmal stockt mir der Atem, wenn in diesen Dokumentationen die Täter von damals im Fernsehen erläutern, warum und weshalb sie für die Erschießung von Hanns-Martin Schleyer gestimmt haben.


    Zu der Zeit hat aber Ulrike Meinhof längst nicht mehr gelebt. Ich glaube, die hat sich ziemlich bald nach ihrer Verhaftung in ihrer Zelle umgebracht - ich weiß jetzt nur nicht genau, ob noch vor Prozeßbeginn oder kurz nach Prozeßbeginn.


    Liebe Grüße


    gretchen

  • Hallo jetzt bin ich es nochmals,


    es gibt da auch ein Buch eines Vollzugsbeamten über den Gefängnisalltag in Stammheim mit den Häftlingen Meinhof und Ensslin.
    Ich fand es ganz interessant.
    Ich versuche mal den amazon-link, vielleicht klappt es ja:


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    Liebe Grüße


    gretchen

  • Hallo!
    Ich habe ebenfalls "Lieber wütend als traurig" gelesen, und finde durchaus, dass das Buch die eine oder andere Antwort angedeutet hat. Der Zwang, sich zu beweisen, dass man nicht nur Theoretikerin war, sondern auch Vollführerin... Alles niemals Entschuldigungen, natürlich, aber Antworten, soweit man sie denn finden kann. Besonders wenn ich an den Tod von Meinhof und Co. denke (meiner Meinung nach nach Prozessbeginn) assoziere ich das mit dem Verhalten einer Sekte. Die RAF hat selbst in sich einen Zwang gelebt, der sehr an das erinnerte, was sie überwinden wollten.


    Momentan gibt es übrigens die Idee, Stammheim abzureißen und die sich daran anknüpfende Diskussion, ob das die richtige Art von Vergangenheitsbewältigung ist.


    lg.,
    n.

  • Hallo,


    jetzt bin es schon wieder ich.


    Übrigens kommt heute und morgen in der ARD eine Dokumentation über die RAF.


    Die Baader-Meinhof-Bande und die RAF kann man nie und nimmer mit einer Sekte vergleichen, so eine Sekte ist völlig harmlos gegen den blutigen, gnadenlosen Terror, mit dem die RAF und die Baader-Meinhof-Bande damals die ganze Republik überzogen haben.


    Dafür gibt es wahrlich keine Entschuldigung - und der kollektive Selbstmord in Stammheim,
    na ja, die hatten ja ein ganzes Waffenarsenal in ihren Zellen versteckt...


    Im übrigen habe ich bisher noch nichts davon gehört, dass Stammheim abgerissen werden soll, warum auch, es war damals teuer genug und wer weiß, vielleicht brauchen wir den Hochsicherungstrakt demnächst für die Mitglieder der heutigen Terrorgruppen.


    Außerdem besteht Stammheim ja nicht nur aus dem Hochsicherheitstrakt, sondern ist auch noch eine "normale" Justizvollzugsanstalt für "normale" Häftlinge, das wird immer vergessen, und wo sollen die denn alle hin. Deshalb glaube ich nicht an einen Abriß.


    Allerdings habe ich schon gehört, dass die Stammheimer Einwohner - denn Stammheim ist nicht nur ein Gefängnis, sondern auch ein Stadtteil von Stuttgart - darüber sehr unglücklich sind, dass Stammheim immer nur mit dem Hochsicherheitstrakt und den Terroristen in Verbindung gebracht wird und dass nie realisiert wird, dass es auch ein "normaler" Wohnort für "normale" Leuten ist.



    Liebe Grüße


    gretchen

  • Hallo Gretchen,


    Es ist tatsächlich angedacht einen Teil des Gefängnisses Abzureisen, davon wären auch die Zellen der RAF Terroristen betroffen. Hier kannst Du dies unter anderem nachlesen. Allerdings würde das Gefängnis nur erneuert und nicht geschlossen.


    Grüße

  • Na, wenn das unser Justizminister Goll sagt, ja dann.....


    Vielen Dank @ HoldenCaufield für die Information.


    Die Stammheimer waren ja noch nie so glücklich über ihre Berühmtheit in aller Welt durch die Anwesenheit der Baader-Meinhof- und RAF-Häftlinge, sie hätten wohl auch gerne verzichtet.


    Und der Knast in Stammheim ist auch ohne den von dem Herr Goll geplanten Anbau groß genug.....


    Liebe Grüße


    gretchen :winken:


  • Die Baader-Meinhof-Bande und die RAF kann man nie und nimmer mit einer Sekte vergleichen, so eine Sekte ist völlig harmlos gegen den blutigen, gnadenlosen Terror, mit dem die RAF und die Baader-Meinhof-Bande damals die ganze Republik überzogen haben.


    Liebe gretchen!


    Bei dem Vergleich mit einer Sekte ging es mir um den inneren sozialen Druck, der in der Gruppe vorgeherrscht hat: insofern bleibe ich dabei.


    Liebe Grüße,
    n.

  • Hallo Nachttraum,


    Du meinst so nach dem Motto "...mitgehangen, mitgefangen..."


    Das ist natürlich schon klar, wer sich einmal entschieden hat, konnte nicht mehr einfach aufstehen und gehen, der Gruppenzwang war da.


    Im übrigen waren sie durch ihre gemeinsam geplanten und verübten Verbrechen aneinandergekettet.


    Inwieweit in Sekten Verbrechen geplant und ausgeführt werden, darüber kann ich nichts sagen, da fehlt mir der Einblick.
    Aber dass Aussteiger in Sekten nicht ganz so sanft behandelt werden und ein Ausstieg nicht so ohne weiteres hingenommen wird, habe ich natürlich auch schon gehört.


    Wobei ich auch da Unterschiede sehe, denn ich denke bei der RAF wären die einfach erschossen worden, bei den Sekten werden die wohl jahrelang verfolgt und seelisch fertiggemacht. Vielleicht ist da das Erschießen die gnädigere Variante.


    Gruß


    gretchen

  • Hallo,


    da bella* nach Literatur zum Thema RAF fragte, grabe ich diesen Thread wieder aus. Ich habe das Buch vor zwei Jahren gelesen und kopiere meine Leseeindrücke von damals einfach hierher:


    [size=1]schnipp----[/size]


    Diese Biografie hat mich über das Lesen hinaus beschäftigt, weshalb ich mir wahrscheinlich so viel Zeit genommen habe. Im Wesentlichen verfolgt Prinz die Frage, was einen Menschen zum Terroristen macht, und zeichnet dafür den Lebensweg der Ulrike Meinhof nach.


    Prinz schreibt in einer klaren, eindringlichen Sprache. Dabei schildert er auch relevante Hintergründe und fügt Meinhofs Leben in den historischen Kontext ein. Sehr gut gefielen mir die zahlreichen Exkurse, in denen Prinz auf Schriftsteller, Philosophen oder Geistliche eingeht, die sich zu den Vorgängen äußerten. Dadurch werden nicht nur die Hintergründe sondern die gesamte Zeit sehr viel fassbarer.
    Den Großteil des Buches widmet er der Entwicklung der pazifistischen Journalistin, Meinhofs Weg als gewaltbereite RAF Ideologin fasst er sehr viel kürzer, er lässt viel mehr Fragen offen - weil er hier selbst keine Antworten finden konnte, was er im Epilog thematisiert. Und dieses Eingeständnis macht ihn zu einem guten Biografen. Er erhebt keinen Anspruch auf das Wissen um die „wahre Ulrike Meinhof“ sondern liefert dem Leser Fakten und erwartet, dass dieser sich sein eigenes Urteil bildet. Am Ende kennt man zwar ihren Lebensweg, warum sie gerade diesen eingeschlagen hat versteht man allerdings nicht.
    Irritiert hat mich, dass Prinz im Prolog seine persönlichen Erfahrungen bei der Recherche beschreibt. Wirklich störend fand ich dabei, dass er manchen Ereignissen vorgreift, die sich natürlich in der Chronologie wiederholen. Mir hat hingegen sehr gut gefallen, dass den Kapitelüberschriften auch ein kurzes Zitat beigefügt war, das den Inhalt auf den Punkt bringt.
    Insgesamt schafft Prinz die Gratwanderung, das Handeln der RAF weder zu verurteilen noch gut zu heißen. Trotzdem fehlte mir manchmal der kritischere Blick auf Meinhof, statt nur immer verstehen zu wollen.


    Habe im Nachhinein gesehen - es ist ein Jugendbuch! Und wurde 2004 mit dem Deutschen Jugendbuchpreis ausgezeichnet. Das erklärt den einen oder anderen Kritikpunkt und macht es definitiv nicht zu einem schlechteren Sachbuch.


    [size=1]---schnapp[/size]


    Viele Grüße
    Breña

    "Natürlich kann man sein ohne zu lesen, ohne Bücher, aber ich nicht, ich nicht." J. L. Borges

  • Hallo miteinander,


    ich habe das Buch von Alois Prinz als Hörbuch "gelesen" und war sehr beeindruckt. Prinz beschreibt sehr ausführlich das Leben von Ulrike Meinhof, auch aus der vor-RAF-Zeit, das ist sehr interessant.
    Ein wenig fehlte mir auch die Antwort auf die Frage, warum Meinhof den Weg zur RAF gegangen ist bzw. warum sie dabei geblieben ist. Aber vermutlich gibt es darauf keine Antwort.


    Ich kann das Buch sehr empfehlen, es ist auch eine Art spannender Geschichtsunterricht zum Deutschland der Nachkriegszeit.


    Grüße von Annabas :winken: