James Joyce - Ulysses (3. Kapitel)

Es gibt 9 Antworten in diesem Thema, welches 4.558 mal aufgerufen wurde. Der letzte Beitrag () ist von Doris.

  • also dieses kapitel fand ich inhaltlich bis jetzt am mühsamsten.......
    wie ging es euch dabei ?


    p.s. ich glaub ich hab das nun mit den kapiteln durchschaut :zwinker:

  • Hallo!


    Joyca: Mühsam, drückt es wirklich richtig aus...


    Eigentlich passiert in dem Kapitel ja nicht viel, aber Stephens Gedanken rasen wirklich hin und her und sind sehr durcheinander. Ich wusste wirklich manchmal nicht mehr, ob er gerade wirklich die Dinge sieht, die er beschreibt oder ob sich alles nur in seinem Kopf abspielt.


    Wie beispielsweise die Szene bei seinen Verwandten. Erst denkt er darüber nach, ihnen einen Besuch abzustatten und es folgt die Szene, in der er bei ihnen ankommt, tja danach wird klar: Er hat sich dagegen entschieden hinzugehen und sich alles nur ausgemalt...


    Er denkt zumindest viel über seine Zeit in Paris nach und es scheint, als wäre er mit seinem Leben gerade nicht so zufrieden, denn als Schriftsteller scheint er sich auch in Paris noch nicht wirklich etabliert zu haben und auch seine Verwandten in Irland machen sich eher über seine Ambitionen lustig und nehmen ihn nicht wirklich ernst.


    Ich glaube es geht in diesem Kapitel auch darum, wie Stephen seine Umgebung wahrnimmt und deswegen ist es für den Leser auch ziemlich mühsam, seinen Assoziationen zu folgen.


    fairy

    [size=9px]&quot;I can believe anything, provided that it is quite incredible.&quot;<br />~&quot;The picture of Dorian Gray&quot;by Oscar Wilde~<br /><br />:leserin: <br />Henry Fielding - Tom Jones<br /><br />Tad Williams - The Dragonbone Chair<br /><br />Mark Twai

  • Hallo


    Man merkt auch immer wieder die philosophischen Grundlagen.


    Ein Beispiel:


    Das Kapitel beginnt: "Unausweichliche Modalität des Sichtbaren"


    Das ist zunächst ein innerer Monolog von Stephen, der die Philosophie des Bischofs Berkeley reflektiert. Dessen philosophischer Grundsatz lautete: "Esse est Percipi", Sein ist Wahrgenommenwerden. Daraus entwickelt sich dann der innere Monolog des ersten Absatzes. Körperlichkeit vor Farben, Substanz vor Akzidenz etc.


    Das Kapitel ist das erste "schwierige" Kapitel im "Ulysses"


    Ralf

  • @Ralf: Ja, und später denkt er dann über die unausweichliche Modalität des Hörbaren nach. Er schließt die Augen und beschreibt alles, was er hört.


    Das Kapitel ist eigentlich das bis jetzt interessanteste, vielleicht sollte ich es nochmal lesen. :klatschen:

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  • Das Kapitel ist eigentlich das bis jetzt interessanteste, vielleicht sollte ich es nochmal lesen. :klatschen:


    :entsetzt: Langsam machst Du mir Angst, fairy!


    Ich fand eher, dass es bisher das schwerste Kapitel war. Den Großteil habe ich nicht verstanden, weil Joyce oft Bezug auf mir Unbekanntes nimmt. Es war sehr verwirrend, sich zwischen der Realität und der Gedankenwelt Stephens zurecht zu finden. Auch der Erzählstil war teilweise schwer verständlich; manche Sätze musste ich gedanklich richtig aufdröseln, um sie zu kapieren. Die Beschreibung des Hundes, wie er am Strand herumtollt, kam mir dagegen vor wie von einem anderen Autoren geschrieben, richtig erfrischend und lebensnah.


    Vor meinem geistigen Auge sehe ich Sandhofer sitzen, wie er unsere Kommentare liest und sich darüber amüsiert :zwinker:


    Gruß
    Doris

  • Mit diesem Kapitel hab ich mich auch schwer getan. Die Unterscheidung zw. real Erlebtem und Stephens Gedanken war mir nicht immer klar.
    Und was ist das für ein Mensch, der so wirr denkt...


    Sprachlich fand ich es allerding sehr schön und poetisch. Da kann ich Fairy schon verstehen, wenn sie es noch einmal lesen will :smile:
    Ich werde sicher dran denken, wenn ich das nächste Mal an einem Strand spazieren gehe.

  • Das Kapitel fiel mir auch richtig schwer. Oft habe ich nicht verstanden, was wirklich passiert und was nur gedacht ist. Und noch öfter habe ich nicht verstanden, um was es überhaupt geht. Stephen ist einfach ein schlauer Bursche, der denkt über viel zu komplizierte Dinge nach.
    Ich werde das Kapitel auch irgendwann nochmal lesen und hoffen, dass ich dann mehr verstehe, aber jetzt war ich einfach zu ungeduldig und wollte endlich diesen Leopold Bloom kennenlernen.

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Man muss auch dazu sagen, dass es keinen Sinn macht, jeder Anspielung nacuzugehen und sie verstehen zu wollen. Joyce will diesen "Bewusstseinsstrom" schildern, also in Stephen geradezu hineinkriechen, und da hat es wenig Sinn, jede einzelne Assoziation verstehen zu wollen. Stephen würde sie wahrscheinlich selbst nicht verstehen.


    Seinem Charakter und seinem Werdegang gemäss ist sein "Bewusstseinsstrom" sehr intellektuell, diskursiv und abstrakt. Man sollte das einfach so lesen, wie man Gedanken eines Menschen oder seine eigenen lesen würde.


    Ralf

  • Mir ist mittlerweile klar geworden, warum so viele Leute gerade mal 50 - 60 Seiten im Ulysses lesen und dann das Handtuch werfen - sie befanden sich alle in diesem ominösen 3. Kapitel. Die nächsten beiden Kapitel sind viel einfacher verständlich.


    Doris