James Joyce - Ulysses (11. Kapitel)

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  • Mir fällt gerade auf, dass ich schon ein ganzes Stück weitergelesen habe, ohne was dazu zu schreiben. Ich habe jetzt also einiges nachzuholen :)


    In diesem Kapitel geht Leopold schon wieder essen :zwinker: Allgemein scheint die Musik und Klänge in diesem Kapitel eine große Rolle zu spielen. Es wird gesungen und die Unterhaltung dreht sich um Musik. Auch andere Geräusche kommen immer wieder vor ("Tapp. Tapp")


    Der erste Teil des Kapitels hat mich am Anfang etwas verwirrt und ich habe schon befürchtet, dass dies wieder ein schwierigeres Kapitel wird, erst später versteht man dann, dass der Anfang eigentlich sowas wie eine Zusammenfassung für das folgende Kapitel ist :smile:

    ~~better to be hated for who you are, than loved for who you&WCF_AMPERSAND're not~~<br /><br />www.literaturschaf.de

  • Hallo


    Joyce versucht in diesem Kapitel, musikalische Formen auf die Sprache zu übertragen.


    So ist die erste Seite einer Ouvertüre einer Oper nachgebildet. Verschiedene Themen werden kurz angerissen und nacheinander vorgestellt. Daher auch das "Schwierige" dieser ersten Seiten.


    Später kommt noch eine Fuge, ein Kanon. eine Arie dazu.


    Joyce selbst war ein grosser Kenner des Operngesanges, Molly Bloom ist ja auch Sängerin und ihr Auftritt wird in dem Kapitel besprochen.


    Ralf

  • Ich bin gerade mitten im 11.Kapitel und denke, den Anfang muss man einfach so auf sich wirken lassen, als würde man in der Oper sitzen und die Ouvertüre hören, wie Ralf schon erklärt hat. Man weiß noch nicht so genau, worum es geht, es ist der Auftakt und die einzelnen (Klang-)Stücke setzten sich erst noch zusammen.


    Was mir allerdings nicht ganz klar ist, was oder wo ist diese Ormond-Bar? Eine Bar, die man am Nachmittag aufsucht um einen Drink zu nehmen und in der auch Klaviermusik geboten wird (und nicht irgendein Geklimmper, denn der Klavierstimmer war gerade da, um das Instrument für eine Veranstaltung zu stimmen) müsste doch eine angesehene Location sein, etwa in einem Hotel oder einem öffentl. Gebäude. Dem widerspricht aber heftig das Verhalten der beiden Bar-Damen, von denen eine ihr Strumpfband schnalzen lässt :breitgrins: Vielleicht klärt sich dass später noch auf, ich bin gespannt.

  • Das letzte Wort dieses Kapitels sagt alles: Geschafft!
    Bisher hab ich mich mit keinem Teil des Ulysses so schwer getan. Allein schon, dass ich vier Tage gebraucht habe, um es zu lesen, sagt alles.
    Den Anfang fand ich noch gut lesbar und die Idee mit der Ouvertüre ist genial. Aber je weiter ich gekommen bin, desto weniger habe ich verstanden. Teilweise bin ich komplett ausgestiegen.
    Nach dieser Quälerei ist die Luft bei mir etwas raus, muss ich zugeben. :sauer:


    Wie ging es Euch mit dem Kapitel? Alles logisch oder doch eher Bahnhof, wie bei mir?

  • Ich stecke noch im 9. Kapitel und habe meine Probleme damit, da ich von Shakespeare nur Romeo und Julia kenne. Bin aber ganz froh, wenn ihr mir nicht zu weit voraus seid. Alleine liest sich dieses Buch nicht gerade einfach :zwinker: und die Aussicht auf das 11. Kapitel stimmt mich dann auch nicht wirklich froh.


    Welche Eindrücke hast Du sonst noch von diesem Abschnitt?

  • Doris: ich hab mir auch vorgenommen, wieder mal Shakespear zu lesen nach dem 9. Kapitel. Ich habe nur Macbeth und Was ihr wollt gelesen, der Hamlet fehlt noch. Ich glaube nicht, dass Du dir Sorgen darüber machen musst, dass wir Dir zu weit voraus lesen. Für eine schnelle Lektüre eignet sich Ulysses einfach nicht. :smile:


    Tja, meine Eindrücke vom 11. Kapitel... es scheint auf zwei Ebenen zu laufen: eine reale Rahmenhandlung und gleichzeitig die Bewußtseinsströme der Gäste in der Ormond-Bar. Joyce springt immer wieder zwischen der Beschreibung, was die einzelnen Personen gerade tun (und teilweise auch, wo sie sich gerade befinden) und deren Gedanken hin und her. Dabei sind die Gedanken teilweise extrem kurz und abgehackt, ich vermute mal, sie sollen auch das Klavierspiel (oder Musik im Allgemeinen) nachahmen. Sollte es sich dabei um Anspielungen auf Opern handeln (wie im 9. Kapitel auf literarische Werke) ging das total an mir vorbei. Ich fand es schwierig und anstrengend, zumindest der Handlung dieses Kapitels zu folgen, von den Gedankengängen ganz zu schweigen. Das war mir einfach alles zu verworren.


    Ich bin schon auf Deine Meinung gespannt. :winken:

  • Das wird noch ein Weilchen dauern. Ich lese Ulysses am liebsten tagsüber, weil ich dann noch aufnahmefähiger bin, aber im Moment lassen mir meine Kinder wenig Spielraum fürs Lesen. Abends ist mir das Buch teilweise zu anstrengend oder aber ich verbringe zu viel Zeit im Forum :rollen:.


    Ich hoffe, Du bleibst weiterhin mit von der Partie, auch wenn die Luft momentan raus ist bei Dir!


    Grüße
    Doris

  • Ja auf Opern wird oft angespielt.


    So kommt Mozarts "Don Giovanni" vor, Bellini, Händel auch, glaube ich, und andere Opernkomponisten.
    ´
    Die ABACADA Form einer Opernarie kann man auch manchmal erkennen.


    Wenn man das englische Original laut liest, kommt auch ein musikalischer Effekt der Sprache zum Tragen.


    Verschiedene Geräusche werden imitiert.


    Auch für dieses Kapitel gilt:


    Joyce geht es nicht um eine Kohärenz, sondern um ein Spiel mit Worten und Sprache, und dieses Spiel verweist nicht immer auf anderes, sondern ist Selbstzweck, Spiel um des Spieles willen, Klang für den Klang.


    Ralf

  • Doris: Keine Angst, ich bleib der LR erhalten! :breitgrins: So schnell werf ich die Flinte nicht ins Korn. Allerdings werd ich vielleicht doch ab und zu ein anderes Buch zwischendurch lesen, das hat mir bei anderen "Monumentalwerken" auch schon geholfen, um bei der Stange zu bleiben. In Kapitel 12 hab ich schon reingelinst, das fällt mir wieder wesentlich leichter.



    @Ralf: Danke für den Hinweis auf den musikalischen Effekt der Sprache im Original. Da kommt man bei der Übersetzung natürlich nie drauf! Abgesehen davon, dass ich sowieso nie laut lese. Lt. dem Ulysses Artikel im Wiki kommen in diesem Kapitel Anspielungen auf 150 musikalische Werke vor, vom irischen Volkslied bis zur Oper.
    Vielleicht liegt mein Poblem mit diesem Kapitel auch darin, dass ich Musik immer in Bilder umsetze und die Umsetzung in Worte einfach nicht klappt.


    Eine weitere Schwierigkeit für mich ist, dass ich eben solche Wortspielereien nur sehr bedingt ertrage. Es gibt ein paar Gedichte, da finde ich experimentelle Sprache ganz schön, aber zu lange dürfen die auch nicht sein. Da kann Joyce nichts dafür, ich kann damit einfach nicht viel anfangen.

  • Hallo


    Bloom gerät ja auch nur in die Bar, weil er seinem Nebenbuhler Boylan folgt, der, bevor der Molly Bloom eine "Gesangsstunde" gibt, sich in der Bar noch stärkt. Sein Bewusstseinsstrom, der normalerweise bedächtig um einen Gegenstand oder eine Person kreist, fängt plötzlich an zu mäandern, abzureissen und hin und herzuspringen.


    Simon Dedalus setzt sich an das Klavier und singt eine Arie aus "Martha" von Friedrich von Flotow, in der ein Witwer über die Liebe zu seiner Frau singt. Das ist natürlich eine Anspielung auf Bloom und seine Frau Molly.


    Die Sirenen waren in der Odyssee zauberhafte Geschöpfe, deren Gesang so betörend war, dass die Schiffer, ähnlich wie bei der Lorelay, die Felsenriffe vergaßen und dann untergingen. Odysseus entgeht diesem Schicksal, indem er seinen Gefährten Wachs in die Ohren stopft und sich selbst am Mast festbinden lässt.


    Daher auch die Wirkung des Gesanges auf die Anwesenden, ähnlich wie in der Odyssee.


    Ralf

  • Sein Bewusstseinsstrom, der normalerweise bedächtig um einen Gegenstand oder eine Person kreist, fängt plötzlich an zu mäandern, abzureissen und hin und herzuspringen.


    Als "bedächtig um einen Gegenstand kreisend" würde ich Blooms Gedankengänge aber nicht bezeichnen. Ich finde, dass er ganz im Gegenteil kaum bei einem Gedanken lange verweilen kann, sondern regelrechte Sprünge von einem zum anderen Thema macht. Dadurch macht er auf mich einen eher ruhelosen, unruhigen Eindruck. Mag sein, dass ihm manche Dinge immer wieder durch den Kopf gehen, aber meist kommt er vom Hundertsten ins Tausendste.


    Gruß
    Doris

  • Geschafft! Ganz ehrlich - jedes andere Buch hätte ich zugeschlagen und weggelegt. Der tiefere Sinn in diesem Kapitel hat sich mir leider nicht erschlossen. Das liegt aber sicher nicht daran, dass ich von Opern keine Ahnung habe, sondern ich hatte auch Probleme mit dem Stil. Diese Satzfetzen und Wortfragmente sind einfach nicht mein Ding. Dabei fällt es mir sehr schwer, mich zu konzentrieren, und die Bereitschaft, sich auf die Handlung einzulassen, schrumpft merklich. Wenn ich nicht schon in etwa gewusst hätte, was auf mich zukommt, hätte ich inhaltlich wohl kaum noch etwas verstanden.