Banana Yoshimoto - Amrita

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  • Gelesen im Rahmen des "Wir lesen uns rund um die Welt"-Projekts: Japan


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    Inhalt:


    Sakumi lebt im modernen Tokio in einer Patchworkfamilie. Da gibt es einmal ihre Mutter, die mit 19 einen Mann geheiratet hatte, der zwanzig Jahre älter war als sie und sie früh als Witwe zurück ließ. Ausserdem lebt Sakumis wesentlich jüngerer und übersinnlich begabter Halbruder Yoshio bei ihnen, von dessen Vater sich ihre Mutter nach kurzer Ehe wieder getrennt hat. Und es gibt noch ihre Cousine Mikiko, die ihr unbekümmertes Studentenleben führt sowie Junko, die beste Freundin ihrer Mutter, die nach ihrer Scheidung bei ihnen eingezogen ist.
    Allen gemeinsam ist der Schmerz um die unter tragischen Umständen gestorbene Schwester Mayu, eine aufstrebende Schauspielerin. Nachdem Sakumi bei einem schweren Sturz auf einer Treppe ihr Gedächtnis verliert und versucht, sich wieder in ihrer ungewöhnlichen Familie zurecht zu finden, kommt sie dem früheren Freund Mayus näher und verliebt sich ihn ihn. Mit ihm und ihrem Bruder, der zunehmende Probleme in der Schule hat, unternimmt sie einige Reisen, die alle einen spirituellen Hauch haben. Aber egal, welche Schicksalsschläge Sakumi und ihrer Familie zustoßen, sie ist wie ein Fels in der Brandung. Und eines Tages kehrt auch ihr Gedächtnis wieder zurück.


    Meine Meinung:


    Es fällt mir ziemlich schwer, dieses Buch zu beurteilen. Einerseits ist es sehr modern geschrieben, andererseits ist die Sprache teilweise wunderbar poetisch. Das hat es mir manchmal nicht leicht gemacht, den Roman als rundes Ganzes zu sehen. Vielleicht spiegelt sich genau in diesem Stil wider, dass das traditionelle Japan auf die moderne westliche Welt trifft, anders kann ich mir die Mischung nicht erklären.
    Die Geschichte ist sehr ruhig erzählt, obwohl viel passiert. Auch wenn Sakumi ihre wundershönen poetischen Gedanken hat, wird es nie langatmig.
    Manchmal kam bei mir der Gedanke auf, oweh, jetzt werden irgendwelche Lebensweisheiten mit einem Schuss Esoterik serviert, allerdings hat mir das nicht wirklich etwas ausgemacht. Sakumi zieht diese Schlüsse ja nur für sich alleine, der Leser soll von nichts überzeugt werden.
    Eine Besonderheit hat dieses Buch auf jeden Fall für mich: es gibt nur symphatische Figuren darin und so etwas habe ich noch sehr selten gelesen.


    Ich vergebe 3ratten

  • Banana Yoshimoto: "Amrita"
    Ich bin ein ziemlicher Nachtmensch, deshalb komme ich meist erst nach Tagesanbruch ins Bett." (S. 7)

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    Mayu, eine gefeierte junge Schauspielerin, stirbt unter tragischen Umständen. Sie hinterlässt eine ungewöhnliche Wahl-Familie, die die Trauer um die Verstorbene zusammenhält: Sakumi, die ältere Schwester, durch deren Augen sich die Geschichte entfaltet, Yoshio, einen jüngeren Bruder, der mystische Kräfte besitzt, eine noch junge Mutter, deren Freundin und Ryuichiro, den Geliebten Mayus, der einen Roman schreibt - mit offenkundigen Parallelen zu ihrer Geschichte.
    Sakumi, Yoshio und Ryuichiro begeben sich auf eine Reise durch Kummer und Leid, verloren geglaubte und wiedergefundene Erinnerungen, verbotene Liebe, der Erlösung und Genesung und einer Begegnung mit dem Geist der Toten auf einer fernen Insel im Pazifik.


    Wie in eigentlich jedem Buch von Yoshimoto das ich bisher gelesen habe, geht es wieder um den Tod eines geliebten Menschen und wie die Zurückgebliebenen damit umgehen. Wieder gibt es Geister, Visionen, und wieder erzählt Yoshimoto alles mit einer schnörkellosen, lakonisch-poetischen Sprache. Das Buch hat nur einen entscheidenenden Vorteil: Es ist etwa dreimal so lang wie die anderen, ohne dass mir an irgendeiner Stelle unnötige Längen aufgefallen wären.
    Yoshimoto lesen ist für mich immer wie ein warmes Bad nehmen - die Außenwelt verschwindet, man fühlt sich geborgen, entspannt, und beim Auftauchen merkwürdig schwer.
    (An dieser Stelle leider ein "leider": Leider hielt es die Übersetzung für nötig, ständig Fußnoten einzuschieben, um japanische Begriffe zu erklären, seien es Mahlzeiten oder Romanautoren. Das unterbricht den Lesefluss ungemein und ist gerade bei einem fließenden Stil wie Yoshimotos sehr störend.)
    4 von 5 Ratten.
    4ratten

    "A book is to me like a hat or a coat - a very uncomfortable thing until the newness has been worn off." (Charles B. Fairbanks)

  • Ich habe diesen Roman bis etwa 100 Seiten vor Ende durchgehalten und mein Stirnrunzeln wurde immer größer.


    Anfangs hat mir die Lektüre eigentlich noch ganz gut gefallen, locker-flockig, auch wenn ich mir sprachlich doch etwas mehr erwartet hatte als eine Erzählerin, die ständig alles "einfach wunderschön" findet und das Ganze immer wieder Längen hatte. Aber irgendwann tauchen dann diese übersinnlichen Kinkerlitzchen auf und man wird sie nicht wieder los. Als abzuschätzen war, dass es bis zum Ende so weitergeht, habe ich mir die letzten 100 Seiten geschenkt.


    "Amrita" war mein erster Versuch mit Banana Yoshimoto und vermutlich der letzte vorerst. Ich gebe dem Roman 2 Ratten für den Anfang und die Schilderung der Familie, in der die Erzählerin lebt. Den Rest tausche ich gern gegen eine Folge "X-Faktor" ein.


    2ratten

  • @ Holunderbeere


    Das finde ich schade, dass du Yoshimoto keine weitere Chance geben willst! Ich habe das Buch noch nicht gelesen, aber schon im Regal stehen, aber ich scheue mich noch ein wenig. Ich liebe ihre Kurzgeschichten sehr und finde sie immer wieder herzerwärmend, wenn es einem mal nicht so gut geht. Vielleicht ist ein ganzer Roman voller zerbrechlicher Poetik à la Yoshimoto zu viel des Guten?
    Ich lege dir jedenfalls ihre Kurzgeschichten ans Herz, vor allem die Bände "Dornröschenschlaf" und "Kitchen". Vielleicht hälst du da eher durch, denn ich finde, es lohn sich unbedingt!

  • Holunderbeere,


    ich bin jetzt auch etwa 100 Seiten vor dem Ende, aber ich werde mir weiter diese Kinkerlitzchen antun, dieses seichte Dahergeschwafel teilweise hölzern geschriebener (oder übersetzter) Poesiealbeneinträge. Ich lese nämlich zum einen alles Deutsche von Banana in der Reihenfolge ihrer japanischen Originalveröffentlichung und zum anderen interessiert mich dann doch, was aus dem armen auf den Kopf gefallenen Mädchen nach all den Erlebnissen wird.


    Was die "Poetik", also die (Lehre von der) Dichtkunst, dieses Romans angeht, so halte ich sie, wie bis Amrita alles von ihr Übersetzte, für schwach ausgeprägt und noch im Versuchsstadium steckend, sperrig, aufgesetzt, wie aus einem Lehrbuch für kreatives Schreiben nachgemacht. Alle paar Seiten geht das Erzählen in vollständigen Sätzen über in poesieüberfrachtete Nominalsätze.

    Zitat

    Die Wärme von Ryūichirōs Beinen an meinen, wenn wir zusammen im Bett lagen [...]
    Das blendende Sonnenlicht, wenn ich tagsüber aus dem Kino trat.
    Die Kühle der Erde an meinen Händen, wenn ich Pflanzen umtopfte.
    Allein die Nachbilder all dieser Sinneseindrücke schürten die Lust in mir, leben zu wollen, mich erinnern zu wollen, zusammenwachsen zu wollen. (S. 367)


    Mir erscheinen viele Sätze in dem Roman wie in grammatikalisch korrekte Reihenfolge gebrachte, nach dem Zufallsprinzip aus des Dichters Wundertüte herausgegriffene Worte. Es wimmelt von schiefen Bildern (möglicherweise ein Übersetzungsproblem), wie auf S. 366 nach einer anderen Auflistung, diesmal von Leuchten wie die Feuerwerke an Sommerabenden, die blinkenden Lichter der Leuchtkäfer, das Licht der Nachttischlampe, lauter solche Sachen, die glühenden Wangen von Saseko:

    Zitat

    Alles paßte zusammen - wie wenn man die Nase in einen sich gerade öffnenden Tulpenkelch steckt und es duftet so wunderbar. (S. 366)


    Meiner Unsensibilität entgeht, wie Nase und Tulpenkelch - oder Leuchten und Duften - zusammenpassen ...


    Wie dem auch sei, eine Ratte dürfte genügen.