Fjodor Dostojewskij - Der Idiot

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  • Hi!


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    Ich habe «Der Idiot» im Rahmen des SLW 07 gelesen und muss es dementsprechend rezensieren. Und diesmal ist es wirklich ein Müssen :rollen: Fangen wir mal von vorne an.


    Der Inhalt:
    Der junge Fürst Myschkin leidet an Epilepsie und kommt nach einem längeren Kuraufenthalt in der Schweiz zurück nach Russland. Er hat bei seiner Ankunft kein Geld in der Tasche und nur ein kleines Bündel mit seinen Habseligkeiten dabei. Dafür hat er innere Werte wie Ehrlichkeit und Offenheit - diese sind in der St. Petersburger Gesellschaft allerdings nicht immer gefragt. Er wird in sehr undurchsichtige Intrigen verstrickt, aus denen er sich nicht retten kann.


    Meine Meinung:
    Da schliesse ich mich voll und ganz meiner Katze Smule an:


    smule_dosto.jpg


    Zwar sagt ein Bild mehr als tausend Worte, aber das wird wohl kaum reichen für die Wettbewerbskriterien. Deshalb noch ein paar Ergänzungen. «Der Idiot» ist vermutlich gar kein schlechtes Buch. Aber eines, das mir sehr schlecht gefallen hat. Natürlich stammt es aus dem vorletzten Jahrhundert und aus einem mir fremden Kulturkreis, aber diese Russen sind mir sowas von auf die Nerven gegangen. Meinungsumschwünge im Minutentakt (und zwar ohne erkennbaren Grund!), gekünsteltes Getue von den Weibern (war das damals so?) und idiotisches Gehabe der Männer liessen mich an der Zurechnungsfähigkeit der Charaktere zweifeln.
    Die Handlung des ganzen Buches liesse sich in zwei Sätzen zusammenfassen, um das Personenregister zu erklären, bräuchte man allerdings ein paar mehr. Insgesamt fand ich es mühsam, langweilig und um mindestens die Hälfte zu lang.


    1ratten - für die nette Idee, die dahinter steckt.


    Gruss


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

    Einmal editiert, zuletzt von Alfa_Romea ()

  • Tja, den Wettbewerb um die originellste bzw. beste Rezension gibt es ja dieses Jahr nicht mehr. Aber du hättest allebeste Chancen ihn zu gewinnen.


    Wenn ich mich recht entsinne, ist das jetzt der 2. Klassiker-Reinfall (nach Kafka) für Dich.


    Schöne Grüße,
    Thomas


    P.S. Ich habe den Idioten nach 50 Seiten im letzten Jahr abgebrochen. War seinerzeit nicht meine Lektüre.

  • @Alfa: Danke für die tolle Rezi, ich kann ihr vollinhaltlich zustimmen! :klatschen:


    Ich habe "Der Idiot" vor ca. einem Jahr gelesen, ging voller Erwartungen daran, weil es mein erster "Russe" war und ich einige Bewunderer der russischen Literatur kenne.


    Ich war vollends enttäuscht. Ich brachte andauernd die Namen durcheinander, die Beziehungen der Personen zueinander und konnte mit dem Protagonisten so gar nichts anfangen. Er ging mir eigentlich nur auf die Nerven. Ich quälte mich durch das Buch, weil ich damals viel Zeit hatte und ich irgendwie die Faszination, die ja Dostojewski angeblich ausüben sollte, spüren wollte. Sie blieb mir aber bis zu letzten Seite vorbehalten :zwinker:


    Es war für mich auch ein Reinfall. Ich versuchte es danach noch mit Michail Bulgakow Der Meister und Margarita , konnte aber auch nicht viel damit anfangen. Seitdem sind die russischen Klassiker kein Thema mehr für mich. :redface:

    :blume:&nbsp; Herzliche Grüße!&nbsp; :blume: <br />creative

  • Hallo!


    Schönes Bild! :breitgrins:


    ich konnte mit dem Buch auch nichts anfangen. :rollen:
    Die Namen haben mich anfangs auch sehr verwirrt. :sauer:
    So nach ca. 3/4 des Romans habe ich aufgehört weil es mich einfach nicht mehr interessiert hat. :rollen:


    Tolstoj war mein zweiter Russe und mit ihm kam ich besser zurecht, auch wenn ich Krieg und Frieden auch
    abgebrochen habe, weil ich etwas anderes lesen wollte. :breitgrins: Anna Karenina hat mir dann aber sehr gut gefallen.. :klatschen:



    Gruß,
    Conny

  • Hi!


    @klassikfreund:
    Ja, es war in der Tat der zweite Klassiker-Reinfall in Folge. Ich habe gemerkt, dass wirklich nicht jeder Klassiker etwas für mich ist, da hilft nur weiter ausprobieren. Allerdings kann ich mir gut vorstellen, dass ich jetzt erstmal ein paar Monate "Klassikerpause" mache. Im Juni oder Juli steht eine Buddenbrooks-Leserunde an, vielleicht wird das ja was :smile:


    Nightowl:
    "Krieg und Frieden" und "Anna Karenina" habe ich beide gelesen, wobei mir Ersteres ein bisschen besser gefiel. Für einen Re-Read habe ich allerdings beide nicht vorgesehen... aber denen hätte ich wohl drei Ratten gegeben.


    :winken:


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Hallo Alfa Romea,



    Das "Der Idiot" keine Zuckerbrotlektüre ist, ist klar. Aber das alles mit einem Schulterzucken an dir vorübergegangen ist macht mich nachdenklich.


    Ich habe vor vielen Jahren den Roman gelesen und habe vieles nicht verstanden, einige beeindruckende Szenen erahne ich aber noch. Wenn ich mich nicht irre, ein Plädoyer gegen die Todesstrafe, die Beschreibung des epileptischen Anfalls und wie es dazukam, fand ich beeindruckend und einiges von Sigmund Freud vor Freud. Solch einen Roman muss man sicher mehrmals lesen. Also, ich habe das noch vor, gell?


    Liebe Grüße
    mombour


    PS: Das Foto mit der Katze ist schön.

    Einmal editiert, zuletzt von mombour ()

  • [quote author=mombour]
    Aber das alles mit einem Schulterzucken an dir vorübergegangen ist macht mich nachdenklich.[/quote]



    Na, ganz so schlimm war es dann doch nicht. Natürlich hatte das Buch seine "guten" Szenen - wie etwa Fürst Myschkins Beschreibung einer Hinrichtung und seine Gedanken darüber, was wohl der Verurteilte in den letzten Minuten seines Lebens gedacht haben mag. Ein Thema, das ein paar mal wiederkehrt, zB auch bei Ippolits Vortrag. Er ist ja auch todgeweiht durch seine Schwindsucht und macht sich seine Gedanken über das Sterben und den Tod. Und auch der Schluss hätte mich eigentlich nicht kalt gelassen. Eigentlich. Denn als es endlich so weit war, hatte ich mit dem Buch innerlich schon lange abgeschlossen.
    Wie bereits geschrieben: Es ist um mindestens die Hälfte zu lang. Sehr viel weniger "Ach" und "Oh" und repetitives Geschwafel über Nichtigkeiten und meine Bewertung hätte ganz anders ausgesehen...


    Wie schon bei meiner Rezension zu "Amerika" von Franz Kafka muss ich betonen, dass mein Verriss kein Qualitätsurteil ist, sondern lediglich ein Urteil darüber, wie mir das Buch als zur-Unterhaltung-Leser gefallen hat. Nur, dass da keine Missverständnisse aufkommen :zwinker:


    Liebe Grüsse


    Alfa Romea

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.


  • Im Juni oder Juli steht eine Buddenbrooks-Leserunde an, vielleicht wird das ja was :smile:


    Ich hoffe, du verkrampfst jetzt nicht bei der nächsten Klassiker-Lektüre. Die Buddenbrooks sind nun wieder ganz anders als die beiden letzten Klassiker. Von daher kannst du Hoffnung schöpfen...


    Gruß, Thomas

    Einmal editiert, zuletzt von Klassikfreund ()

  • Hi Alfa_Romea


    Ich schließe mich da auch voll deiner Katze an :breitgrins: Für mich gab es kaum ein langatmigeres Buch als dieses.

    Zitat

    für die nette Idee, die dahinter steckt.

    Auch diesen Satz möchte ich unterstreichen, nur schade, dass Dostojewskij so wenig daraus gemacht hat, sein Messias kam einfach nur einfältig, platt, ja fast schon dumm rüber, und hat sich mit der Ausgangsidee nicht gedeckt.

  • [quote author=Klassikfreund]
    Ich hoffe, du verkrampfst jetzt nicht bei der nächster Klassiker-Lektüre.
    [/quote]


    Keine Sorge, um das zu verhindern, mache ich bis zu "Buddenbrooks" Klassiker-Pause :smile:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Hallo allerseits


    Ich bin entsetzt !! :entsetzt: Naja - die Geschmäcker sind ja nun mal verschieden .... Ich habe dieses Buch vielleicht vor 15 Jahren das erste Mal gelesen und dann noch einmal auf französisch (weil ich es mir so gut gefallen hatte!! :smile:).


    Ich weiß noch, dass ich mich nach mehr als der Hälfte des Buches einmal gewundert hatte, dass der erste Tag immer noch nicht vorbei war! Mir gefällt diese langatmige Vorstellerei und die Gespräche, die sich immer um dieselben Themen gedreht hatten, jedenfalls in dieser Fürstenfamilie. Sieht man daran nicht, dass diese Herrschaften nicht viel zu denken hatten? :zwinker:


    Richtig interessant waren aber die "Exkursionen", die auch schon erwähnt wurden.


    Tja - und was soll ich zu dem Messias sagen ... ich mag ihn und finde ihn fast perfekt gelungen, wie es auch angeblich das Ansinnen Dostojewskis war: Er wollte versuchen, mit diesem Buch einen guten Menschen zu beschreiben.


    Trotzdem kann ich verstehen, wenn dieses Buch manchen nicht liegt, so ist es halt mit der Literatur :eis:


    :schmetterling:


    Daniela

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  • Hallo


    Ich weiss, dass ich mich total unbeliebt mache, aber Dostojewskij wird meiner Meinung nach total überschätzt.


    Dieses ganze "oh Mensch" Getue, dass die Expressionisten dann 1:1 übernommen haben, diese christliche Attitude, die mit einem total reaktionären, antilliberalen und chauvinistischen Politikverständnis gepaart ist, diese an den Haaren herbeigezogenen Parallelen zu Jesus Christus, von dem Myschkin meilenweit entfernt ist, diese pseudotiefsinnige Psychologie, die ihren Reiz, wie oben beschrieben, aus 5minütigem Meinungswechsel bezieht, ohne den Ansatz einer Begründung zu liefern, dieses Gottsuchertum "wenn Gott nicht existiert, ist alles erlaubt", was natürlich Quatsch ist, logisch ethisch und pragmatisch, dieses schwülstige Getue und noch schwülstigere Erotik, die einem Pubertierenden besser anstünde als einem erwachsenen Menschen, diese hysterischen Frauen, die nicht wissen, was sie wollen und dann mit dem Nächsten davon laufen...


    Ich habe Dostojewskij gelesen und gelesen, immer in der Hoffnung, da muss doch etwas dahinterstecken, da muss doch etwas sein. Den "Idioten" habe ich dreimal gelesen, mit 20 30 und 40 Jahren, und habe nichts gefunden, sorry. Myschkin ist einfach ein Epileptiker und schwacher Charakter. Ihn mit Christus zu vergleichen, wie das manche tun, ist einfach Blasphemie. Er reagiert nicht adäquat auf seine Umwelt, er versteht nicht einmal ansatzweise, was um ihn herum vorgeht, er spricht den Frauen nach dem Mund, und je mehr diese eine männliche Reaktion von ihm erwarten, desto mehr flüchtet er sich in dummes Gerede. Er ist unter anderem ein klassischer Sexualneurotiker. Nach der damaligen Wertauffassung war er in dieser Beziehung natürlich ein Heiliger..


    Ralf

  • Myschkin ist einfach ein Epileptiker und schwacher Charakter. ... Er reagiert nicht adäquat auf seine Umwelt, er versteht nicht einmal ansatzweise, was um ihn herum vorgeht, ...


    Und er kann absolut keine Entscheidungen treffen, und dadurch bringt er gleich zwei Frauen in missliche Lagen, oder gar ihr Unglück.


    Tja - und was soll ich zu dem Messias sagen ... ich mag ihn und finde ihn fast perfekt gelungen, wie es auch angeblich das Ansinnen Dostojewskis war: Er wollte versuchen, mit diesem Buch einen guten Menschen zu beschreiben.


    Ein guter Mensch bringt nicht andere Menschen in solche Lagen. Das ist einfach mein Empfinden, ein guter Mensch bringt nicht ein solches Chaos hervor.
    Und stell dir jetzt mal vor Jesus wäre so unschlüssig gewesen wie Myschkin, nie und nimmer hätte man ihn kreuzigen können. Ein guter Mensch hat für mich auch Charakter und Charakterstärke, und kann Entscheidungen in vollem Ausmaß erkennen und besitzt auch die Fähigkeit so zu handeln :zwinker:


  • Hallo


    Ich weiss, dass ich mich total unbeliebt mache, aber Dostojewskij wird meiner Meinung nach total überschätzt.


    Interessant. Dieser Meinung ist auch eine sehr belesene Kollegin (mit literaturwissenschaftlichem Hintergrund), die das ähnlich begründet wie Du. Tolstoi hält sie für den wahren Könner.


    Also: Du bist nicht allein.


    Gruß, Thomas

  • Hi!


    Ich weiss, dass ich mich total unbeliebt mache, aber Dostojewskij wird meiner Meinung nach total überschätzt.


    Jein. Er gehört für mich zur Triade der grossen Darsteller von "Schuld" in der Literatur, zusammen mit Nietzsche und Kafka. Myschkin ist insofern Christus, als er gewissermassen die Schuld der ihn Umgebenden auf sich nimmt. Da steckt tatsächlich


    diese christliche Attitude, die mit einem total reaktionären, antilliberalen und chauvinistischen Politikverständnis gepaart ist,


    drin, die heute sehr unangenehm berührt.


    dieses Gottsuchertum "wenn Gott nicht existiert, ist alles erlaubt", was natürlich Quatsch ist, logisch ethisch und pragmatisch,


    Über den Quatsch liesse sich auch noch streiten; v.a. aber war diese Position historisch existent und relevant im damaligen Russland.


    Er ist unter anderem ein klassischer Sexualneurotiker. Nach der damaligen Wertauffassung war er in dieser Beziehung natürlich ein Heiliger..


    Was verstehst Du unter einem Sexualneurotiker?


    Grüsse


    Sandhofer

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo Ralf,


    Ich weiß, dass ich mich total unbeliebt mache, aber Dostojewskij wird meiner Meinung nach total überschätzt.


    Der Idiot habe ich von Dostoewskij noch nicht gelesen, deshalb kann ich diesen Roman nicht beurteilen.
    Der ewige Gatte und Der Doppelgänger u.a. kenne ich dagegen relativ gut (aus meinem russischen Kursus) und ich mag diese Bücher gerne. Gončarov und Čechov beschreiben ja auch nicht gerade große Helden, vor allem Oblomov von Gončarov ist ja nicht gerade das, was man eine starke, entschlossene, selbstbewusste Persönlichkeit nennen könnte (da hätte Alfa ihre helle Freude daran :breitgrins:).
    Weit davon entfernt, die russischen Klassiker untereinander vergleichen zu wollen, dazu fehlen mir Kenntnis und Wissen, mag ich diese Lethargie, Passivität, Melancholie, um es klischeehaft auszudrücken: die traurige, slawische Seele berührt mich.


    Doch dank dieser Diskussionen, steht der Idiot ganz oben auf meinem SUB, in der Hoffnung ihn in einer Leserunde mit Mombour kennen zu lernen.


    liebe Grüße
    dora