Fjodor Dostojewskij - Der Idiot

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  • Hallo Sandhofer


    Mir ist klar, dass diese Attituden im damaligen Russland verbreitet waren und Dostojewskij eine historische Strömung wiedergibt. Das macht diese Attituden aber nicht wahrer oder zeitgemässer. Wie überhaupt diese ganzen ideologischen Diskussionen in seinen Romanen fürchterlich zeitgeistig und daher für uns Heutige irrelevant geworden sind. Diese slavophilen Ergüsse, diese absolute Überschätzung der orthodoxen Kirche, diese Diskussionen über Atheismus etc sind doch auf dem historischen Müllhaufen gelandet und mag uns heutige kaum mehr zu berühren.


    Was die Schuld angeht, da müsste man eine grössere Diskussion starten... natürlich redet Dostojewskij dauernd davon. "Alle sind schuldig", ist so ein Lieblingssatz von ihm. Aber was heisst das konkret?


    Ich lese die Literatur nicht aus historischem Interesse, sondern um meinen Horizont zu erweitern, neue Gedanken zu bekommen oder einfach um der Schönheit willen. Und in allen drei Dimensionen hat Dostojewskij mir nichts mehr zu bieten. Die Schuldfrage ist doch heute vor allem in der Tiefenpsychologie und in der Philosophie ziemlich ausdiskutiert worden, und ich sehe ehrlich gesagt nicht ein, wieso man hinter diesen Standard zurückgehen soll.


    Und was Nietzsche mit der Schuldfrage zu tun hat, ich weiss ja nicht..


    Aber das wäre ein Thema für eine Dissertation.


    Ralf

  • Und er kann absolut keine Entscheidungen treffen, und dadurch bringt er gleich zwei Frauen in missliche Lagen, oder gar ihr Unglück.



    Ein guter Mensch bringt nicht andere Menschen in solche Lagen. Das ist einfach mein Empfinden, ein guter Mensch bringt nicht ein solches Chaos hervor.
    Und stell dir jetzt mal vor Jesus wäre so unschlüssig gewesen wie Myschkin, nie und nimmer hätte man ihn kreuzigen können. Ein guter Mensch hat für mich auch Charakter und Charakterstärke, und kann Entscheidungen in vollem Ausmaß erkennen und besitzt auch die Fähigkeit so zu handeln :zwinker:


    Hallo allerseits
    @Heidi - Tja, es ist aber so, dass nicht Du einen guten Menschen in einem Roman zu beschreiben versucht hast, sondern in diesem Fall Dostojewski. Und SEIN Empfinden ist eben auf diese Beschreibung hinausgelaufen.
    Wie gesagt, es muss ja nicht jeder der Ansicht sein, Fürst Myschkin sei (oder wäre) ein guter Mensch gewesen, aber er ist so wie er ist.
    Ich kann mich übrigens nicht erinnern, dass Dostojewski diesen seinen Helden mit Jesus Christus verglichen hat; das haben glaube ich seine Kritiker getan.


    @Ralph - "einfach ein Epileptiker" ... heute haben wir andere Medikamente und auch teilweise eine andere Einstellung Kranken gegenüber. Damals war das vielleicht anders ... Dostojewski hatte selbst damit zu kämpfen und hat diese Krankheit dann auch öfters mal in seinen Romanen umgesetzt.


    Gruß


    Daniela

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  • Hallo Dora


    Natürlich ist es dir überlassen, ob du diese slawische Melancholie magst. Ich mag auch zm Beispiel russische Klaviermusik sehr gerne und spiele sie auch, obwohl meine Klavierprofessorin immer über die Russen schimpfte und mit meiner Wahl überhaupt nicht einverstanden war.


    Und Tschechow ist natürlich ein genialer Schriftsteller, den ich sehr gerne mag. Wie ich auch Lesskow und Turgenjew sehr mag. Auch da findet man die "russische Seele" wieder.


    Aber diese Schriftsteller schlagen sich nicht mit ideologischem Kram herum und wollen auch nicht eine Heiligengestalt schaffen, wie dies Dostojewskij meinte tun zu müssen. Sie wollen auch nicht die Menschheit erlösen, wie dies Dostojewskij auch mit seinem slavophilem Getue versucht. Sie beschreiben einfach Charaktere.


    Ralf

  • Hallo Ralf28,



    Natürlich ist es dir überlassen, ob du diese slawische Melancholie magst. Ich mag auch zm Beispiel russische Klaviermusik sehr gerne und spiele sie auch, obwohl meine Klavierprofessorin immer über die Russen schimpfte und mit meiner Wahl überhaupt nicht einverstanden war.


    Oh ja, vor allem Schostakowitsch... :herz:


    Zitat

    Und Tschechow ist natürlich ein genialer Schriftsteller, den ich sehr gerne mag. Wie ich auch Lesskow und Turgenjew sehr mag. Auch da findet man die "russische Seele" wieder.


    Das kann ich nur unterschreiben.


    Zitat

    Aber diese Schriftsteller schlagen sich nicht mit ideologischem Kram herum und wollen auch nicht eine Heiligengestalt schaffen, wie dies Dostojewskij meinte tun zu müssen. Sie wollen auch nicht die Menschheit erlösen, wie dies Dostojewskij auch mit seinem slavophilem Getue versucht. Sie beschreiben einfach Charaktere.


    Da magst du Recht haben, das slavophile Getue (der Ausdruck gefällt mir :zwinker:) ist mir noch nicht sonderlich aufgefallen, doch jetzt bin ich noch neugieriger auf den Idioten.


    liebe Grüße
    dora

  • @Alfa: Es ist bewundernswert, wie du mit deinen Rezensionen über Klassiker immer wieder interessante Diskussionen auszulösen vermagst. :knuddel::zwinker:


    dora


  • @Alfa: Es ist bewundernswert, wie du mit deinen Rezensionen über Klassiker immer wieder interessante Diskussionen auszulösen vermagst. :knuddel::zwinker:


    Das finde ich allerdings auch.


    Ich habe nun den "Spieler" und "Schuld und Sühne" gelesen. Interessant fand ich die psychologischen Beschreibungen - ob nun die Ausmaße der Spielsucht oder dem schlechten Gewissen nach einem Mord. Die sprunghaften Entscheidungen, die Ralf ansprach, konnte ich noch teilweise nachvollziehen, zumindest jene aus "Schuld und Sühne". (Den "Idiot"en kenn' ich ja noch nicht). Raskolnikow handelte ja im Fieber ...
    Wären diese Beschreibungen nicht vorhanden, wäre dieser Autor relativ schnell von meiner Liste gestrichen, das Drumherum ist eher Mittelmaß.


    Der Idiot ist aber jetzt vorgemerkt ...


    Gruß,
    dumbler

  • Hallo sandhofer


    Inwiefern nimmt Mychkin die Schuld seiner Umgebung auf sich? Das würde mich einmal interessieren. Ich kann nämlich nichts, aber auch gar nichts dergleichen erkennen. Er versucht, es jedem rechtzumachen, jeden zu trösten oder zu bestätigen, aber er erfasst die Situationen überhaupt nicht, er versteht nicht einmal ansatzweise die Menschen um ihn herum. Wie so jemand deren Schuld dann auf sich nehmen kann, das ist mir rätselhaft. Denn um jemanden die Schuld abzunehmen, muss ich seine Problematik zuallererst verstehen und nachvollziehen können. Aber genau das tut er nicht.


    Ausserdem heisst "Schuld auf sich nehmen" ja auch, eine zumindest ansatzweise kathartische Wirkung zu erreichen. Das würde bedeuten, dass es den Leuten dann seelisch besser ginge. Auch davon bemerke ich nichts in dem Roman. Im christlichen Sinne heisst Schuldübernahme immer auch Erlösung von der Sünde. Natürlich geschieht diese Erlösung im Glauben, aber dann haben wir das Dilemma:


    Wenn Myschkin die Schuld im metaphysischen Sinn übernimmt, und das würde auf seine Christusähnlichkeit hindeuten, müsste er ein stärkerer Charakter sein, wie es oben erwähnt wird. Aber gerade das ist er nicht.


    Oder er übernimmt die Schuld im psychologischen Sinne, sagen wir wie ein genialer Psychotherapeut. Aber dann müssten die Menschen seiner Umgebung eine positive Änderung ihres Verhaltens erfahren, es müsste eine wie auch immer geartete Einsicht da sein. Aber auch diese ist nicht da, sondern die Menschen verhalten sich weiterhin so, als ob es Myschkin nicht gegeben hätte. Ergo hat er die Schuld von ihnen nicht übernommen.


    Ralf

  • [quote author=dora]
    @Alfa: Es ist bewundernswert, wie du mit deinen Rezensionen über Klassiker immer wieder interessante Diskussionen auszulösen vermagst. :knuddel::zwinker:[/quote]


    Ja, vielleicht sollte ich noch ein paar mehr lesen und Verrisse schreiben :breitgrins:


    [size=7pt]Ich komme selbst kaum aus dem Staunen, was das jetzt wieder nach sich zieht. Aber ich lese interessiert mit, auch wenn die Diskussion sich mittlerweile wieder auf einem Niveau bewegt, auf dem ich kaum mithalten kann... [/size] :smile:


    :winken:


    Alfa Romea --> fühlt sich im Gegensatz zu Myschkin unschuldig :engel:

    Wer anderen folgt, wird nie zuerst ankommen.

  • Inwiefern nimmt Mychkin die Schuld seiner Umgebung auf sich?


    Ungefähr so, wie der alttestamentarische Sündenbock - also ganz sicher nicht freiwillig und gewollt. Ich würde gerne sagen, dass die Umgebung ihre Sünden auf ihn projiziert, aber das ergäbe ein Mischmasch aus Theologie und Freud, das ich für unfruchtbar halte.


    Denn um jemanden die Schuld abzunehmen, muss ich seine Problematik zuallererst verstehen und nachvollziehen können. Aber genau das tut er nicht.


    Nein. Und zwar zweimal. Nein: er tut es nicht. Nein: Ich muss eines andern Problematik nicht verstehen, um ihm seine Schuld abzunehmen.


    Ausserdem heisst "Schuld auf sich nehmen" ja auch, eine zumindest ansatzweise kathartische Wirkung zu erreichen. Das würde bedeuten, dass es den Leuten dann seelisch besser ginge. Auch davon bemerke ich nichts in dem Roman.


    Weil den Leuten um Myschkin das fehlt, was die Hure in Schuld und Sühne mitbringt: die Liebe.


    Wenn Myschkin die Schuld im metaphysischen Sinn übernimmt, und das würde auf seine Christusähnlichkeit hindeuten, müsste er ein stärkerer Charakter sein, wie es oben erwähnt wird.


    Nicht unbedingt. Ich gebe aber gerne zu, dass die Christus-Ähnlichkeit des Myschkin auch meiner Meinung nach eine interpretatorische Sackgasse ist. Nicht wegen mangelnder Erlösung (zumindest den einen, der sich da erschiesst, iirc, erlöst er ja in gewissem Sinne), sondern weil die Liebe, die er zu geben scheint, tatsächlich nur in der Einbildung der andern existiert. Ein erster Schritt, über den aber hinauszugehen wäre.


    Oder er übernimmt die Schuld im psychologischen Sinne, sagen wir wie ein genialer Psychotherapeut.


    Kein Psychotherapeut wird die Schuld seines Klienten auf sich nehmen ...


    Aber dann müssten die Menschen seiner Umgebung eine positive Änderung ihres Verhaltens erfahren, es müsste eine wie auch immer geartete Einsicht da sein. Aber auch diese ist nicht da, sondern die Menschen verhalten sich weiterhin so, als ob es Myschkin nicht gegeben hätte. Ergo hat er die Schuld von ihnen nicht übernommen.


    Weil er, und da gebe ich Dir Recht, tatsächlich nur eine "halbe" Christusgestalt ist ... Weil auch ihm die Liebe fehlt ...

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Sorry Sandhofer


    ich halte deine Thesen für komplett falsch. Vor allem, was du über "Schuld" schreibst. Das erfordert dann einen ausführlichen Exkurs.


    Ralf

  • Hallo Sandhofer


    Ich habe mir deine Thesen noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich halte sie immer noch für falsch, aber ich vermute, dass ich von einem anderen Ansatz ausgehe.


    Ich bin kein professioneller Literaturwissenschaftler, habe eigentlich Philosophie, Soziologie und Psychologie studiert und dann noch Klavier, studiere seit Jahrzehnten Zen (praktisch) und habe da auch einige sehr interessante Erfahrungen gemacht. Das zu meinem Hintergrund.


    Wic ich oben schon sagte, lese ich Literatur als ein geliebtes Hobby seit meiner Kindheit und habe auch schon sehr viel gelesen. Da ich kein Fernsehen schaue, habe ich dafür auch genügend Zeit.


    Ich lese Literatur vor allem im Hinblick auf die Gefühle und Empfindungen. die diese bei mir auslöst.


    Aber:


    Ich vergleiche natürlich auch diese Gedanken, Gefühle und Empfindungen mit meinen Erfahrungen, meinem theoretischen Wissen und, ganz wichtig, mit meinen Erkenntnissen in ZEN.


    Es geht mir da etwas wie in der Musik. Ein Klavieropus muss mich ansprechen, muss zu mir passen, sonst lege ich es weg.
    So gibt es Beethovensonaten, die ich zwar durchgespielt habe, die ich aber nie aufführen würde, da sie mich völlig kaltlassen.


    So ähnlich ist das bei Dostojewskij. Ich versuche, das Verhalten des Fürsten Myschkin nicht immanent zu verstehen, sondern vergleiche es mit meinen Erfahrungen in Psychologie, meinen Erkenntnissen in Philosophie und vor allem meinen unbewussten Empfindungen. Und da habe ich eine relativ klare Vorstellung von "Schuld". Und die habe ich auf das Verhalten von Myschkin angewandt. Von daher mein Urteil.


    Ich halte deine Thesen nicht deshalb für falsch, weil sie werksimmanent auf Myschkin nicht zuträfen, sondern ich halte sie von ihrem Inhalt her für falsch.


    Aber das müsste man an anderer Stelle diskutieren, ein Literaturforum ist dafür nicht der geeignete Ort.


    Vor vielen Jahren habe ich mein Studium mit einer fetten Schwarte über Freud und Jung beendet. Da wurde auch die Schuldfrage angesprochen. Aber seit dieser Zeit habe ich viel dazugelernt und würde meine Thesen heute nicht mehr aufrechterhalten.


    Mit freundlichen Grüssen


    Ralf

  • Hallo!


    Ich habe mir deine Thesen noch einmal durch den Kopf gehen lassen. Ich halte sie immer noch für falsch, aber ich vermute, dass ich von einem anderen Ansatz ausgehe.


    Das vermute ich auch. :smile:


    Ich bin kein professioneller Literaturwissenschaftler, habe eigentlich Philosophie, Soziologie und Psychologie studiert und dann noch Klavier, studiere seit Jahrzehnten Zen (praktisch) und habe da auch einige sehr interessante Erfahrungen gemacht. Das zu meinem Hintergrund.


    In Zen habe ich nur flüchtig hineingeschaut. Freud ein bisschen weniger flüchtig, aber ich halte ihn mit zunehmendem Alter (meinem zunehmenden Alter!) für einen zwar interessanten (Kultur-)Theoretiker aber schlechten Begleiter bei Literaturinterpretation.


    So ähnlich ist das bei Dostojewskij. Ich versuche, das Verhalten des Fürsten Myschkin nicht immanent zu verstehen, sondern vergleiche es mit meinen Erfahrungen in Psychologie, meinen Erkenntnissen in Philosophie und vor allem meinen unbewussten Empfindungen.


    Da scheint mir ein Kern in punkto Unterschied zu sein. Ich tendiere zur Immanenz ... und wahrscheinlich auch zu einer andern Psychologie ... :smile:


    Ich halte deine Thesen nicht deshalb für falsch, weil sie werksimmanent auf Myschkin nicht zuträfen, sondern ich halte sie von ihrem Inhalt her für falsch.


    Aber das müsste man an anderer Stelle diskutieren, ein Literaturforum ist dafür nicht der geeignete Ort.


    Zum einen. Zum andern fehlt mir, muss ich gestehen, Zeit und Musse, mich (wieder) ins Thema "Vergeltung, Schuld, Kausalität" einzuarbeiten. Vielleicht später ...


    Grüsse


    Sandhofer


    PS. Sagt Dir der Name Hans Kelsen etwas? ("Vergeltung und Kausalität")

    Wo nehme ich nur all die Zeit her, so viel nicht zu lesen. (Karl Kraus)

  • Hallo


    Ich habe in meinem Soziologiestudium Kelsens Rechtslehre ansatzweise gestreift, aber ich halte ehrlich gesagt den juristischen Schuldbegriff für nicht akzeptabel. Das mag für das Strafrecht angehen, aber mir geht es um eine ganz andere Dimension.


    "Schuld" ist letzten Endes ein metaphysisches Konstrukt, das in der intrapsychischen Realität seine Berechtigung hat, aber durch eine Verbalisierung seine in ihm wohnende Kraft verliert.


    Die eigentliche Schnittstelle von "Schuld" ist natürlich die Theologie, vor allem die Lehre von der Erbsünde. Und da bemerkt man auch den christlichen Hintergrund von Dostojewskij.


    Aber wie gesagt, ich will das nicht weiter ausführen.


    Ralf

  • Ich lese jetzt seit geschlagenen 2 Monaten an dem Idioten. Bin gerade erst mal bei Kapitel 13 angelangt. Trotzdem gefällt es mir recht gut, es ist nur etwas ausufernd geschrieben, das liegt mir nicht so. Und hin und wieder hat es schon seine Längen. Anfangs war ich sehr überrascht, dass es sich doch relativ leicht lesen lässt, obwohl ein nicht geringes Maß an Konzentration erforderlich ist.


    Die Ausführungen über die Todesstrafe und des Fürsten Beschreibungen der Kinder haben mir sehr gut gefallen. Myschkin ist mir bis jetzt unheimlich sympathisch, ein richtig netter Kerl.

    Mit den Namen hatte ich bis jetzt keine großen Schwierigkeiten, aber die Beziehungen der Personen zueinander entfallen mir ständig. Ist schon etwas nervtötend :rollen:


    "Man hat in der Welt nicht viel mehr, als die Wahl zwischen Einsamkeit und Gemeinheit." A. Schopenhauer

    :blume::engel::katze:

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    Buchrücken
    Fürst Myschkin. wegen seiner Epilepsie der "Idiot" genannt, ist die anrührendste Gestalt, die Dostojewski geschaffen hat, die Verkörperung des "vollkommen schönen" Menschen, ein Heiliger in einer heillosen Welt, der an ihr zugrunde geht.


    Erster Satz
    "Es war gegen November, bei Tauwetter, als gegen neun Uhr morgens ein Zug der Petersburg-Warschauer Bahn sich mit Volldampf Petersburg näherte."


    Meine Meinung
    Der Idiot ist nach Schuld und Sühne der zweite Roman von Dostojewski, den ich nun fertig gelesen habe. Und wie schon bei Schuld und Sühne habe ich es geliebt dieses Buch zu lesen. Der Idiot ist ein sehr umfangreicher Roman, der vergleichsweise wenig Handlung umfasst und dennoch fesselnd bleibt. Dostojewski braucht Platz, um das Innenleben seiner Charaktere zu entfalten und auch Raum für philosophisch-politische Gedankengänge und Theorien zu schaffen. Die Figur des Fürsten Myschkin, der aufgrund seiner epileptischen Krankheit als Idiot bezeichnet wird, ist sehr interessant. Er hat meiner Ansicht nach stellenweise so rätselhaft agiert, bzw. war so unbeholfen und zweigeteilt, dass ich immer weiterlesen musste, sei es auch nur deswegen, um diesen Charakter endlich etwas besser zu verstehen. Mit der Zeit versteht man Myschkin auch wirklich besser, vor allem im Kontrast zur übrigen russischen Adelsgesellschaft. Besonders an dem Fürsten ist auch, dass er nicht bei dieser Gesellschaft verbleibt, sondern mit niedriger gestellten Personen verkehrt und diese nicht anders behandelt.
    Die vielen unterschiedlichen Figuren, die bei Dostojewski zum Leben erwachen und manchmal auch überfordern, verkörpern jede in sich besondere und stark differenzierte Charakterzüge und machen den Roman fast schon zu einer Studie der menschlichen Seele. Da gibt es den sterbenskranken Studenten, den verwirrten General, das reizende Adelstöchterchen, den geizigen und ehrgeizigen verschmähten Liebhaber, den von der Leidenschaft entstellten Kaufmann, die geistig umnachtete traurige Mutter usw. usw.
    Besonders gut haben mir die Gespräche in dem Buch gefallen und die zahlreichen Gedanken zu unterschiedlichsten Themen, wie etwas zur Todesstrafe, zum Atheismus, zum Geld oder zum Leben an sich.
    Beschrieben wird in dem Roman etwa ein Jahr, das der Fürst in Russland verbringt. Er ist ja ursprünglich in einer Heilanstalt in der Schweiz in der Obhut eines Arztes von der Welt abgeschlossen und wird ihr dann umso heftiger ausgesetzt, sobald er sein Heimatland betritt.
    Beeindruckend an dem Roman ist auch, dass sich vieles rückblickend erschließt, bzw. dass man als Leser die Wichtigkeit vieler Szenen im Roman später versteht, dass die Handlung sich sehr geschickt hochschaukelt.
    Der Charakter der mir in diesem Buch neben dem Fürsten wohl am besten gefallen hat, ist Nastassja Filippowna. Sie ist die Skandalfigur und genauso verwirrend, zweigeteilt und schwer zu begreifen, wie die Figur des Fürsten.


    Am Ende meiner Ausgabe des Buches findet sich ein Nachwort von Ilma Rakusa, wo der Roman sehr prägnant zusammengefasst und die wichtigsten Punkte noch einmal erklärt werden. Es lohnt sich dieses Nachwort zu lesen, da hier vieles unverstandene noch klarer wird, und auch Bezüge zu Dostojeskis Biographie erklärt werden.


    Meiner Meinung nach also absolut lesenswert, der Roman macht Lust auf noch mehr von Dostojewskis Literatur.


    5ratten

    :leserin:

  • Meine Meinung

    Der Idiot war für mich schwere Kost, sowohl vom Umfang her als auch von der Handlung. Ich mag in meiner Lektüre und die konnte ich hier nicht finden. Zu ausführlich, zu abschweifend und mit zu vielen Charakteren, bei denen ich bis zum Schluss Schwierigkeiten hatte, sie einander zuzuordnen. Dazu kamen in den Gesprächen zu viele Sätze, die nicht beendet wurden. Das alles hat mir das Lesen nicht leicht gemacht.


    Dabei fand ich Myschkins Charakter und viele der Themen, die angesprochen wurden, durchaus interessant. Leider ging das für meinen Geschmack in dem oben erwähnten "zu viel" unter.

    2ratten

    Into the water I go to lose my mind and find my soul.