Ernest J. Gaines - Eine Zusammenkunft alter Männer

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  • Zum Autor: Über das Buch bin ich nur zufällig gestolpert, der Autor sagte mir bisher gar nichts. Zu meiner Schande, denn er hat diverse Preise gewonnen und war immerhin schon für den Pulitzerpreis und den Nobelpreis nominiert. Den Wikipediaeintrag gibt es leider nur auf Englisch und er ist auch recht kurz, aber immerhin erfährt man, dass Gaines als Ältester von 12 Kindern in bitterer Armut in Louisiana aufgewachsen ist. Obwohl die Sklaverei schon lange abgeschafft war, unterschied sich seine Kindheit in den Baumwollplantagen nicht sehr von der seiner versklavten Vorfahren. Trotzdem konnte er einen Studienabschluss erreichen und unterrichtet neben seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Vier seiner Werke wurden verfilmt. Im Wikipediaeintrag sind auch berühmte Zitate von ihm enthalten, am besten hat mir gefallen:


    "Why is it that, as a culture, we are more comfortable seeing two men holding guns than holding hands?"


    Zum Buch: Die Geschichte spielt in den 70ern in Louisiana. Vor der Hütte eines Schwarzen, dem alten Mathu, liegt ein erschossener Weißer, der zu allem Unglück ein Sohn eines in der Gegend gefürchteten Schwarzenhassers ist. Die weiße Ziehtochter von Mathu befürchtet wie alle anderen ein Lynchkommando und ruft sämtliche alten Männer zusammen. Als der Sheriff auftaucht, behauptet jeder, er habe den Mord begangen. Einen Grund dazu hätten alle gehabt. Der Sheriff verdächtigt Mathu, kommt aber ins Schleudern, als der zurückgebliebene Charlie sich der Tat bezichtigt. Als dann noch aufgebrachte Weiße dazukommen, eskaliert die Situation...


    Meine Meinung: Die Geschichte wird in einzelnen Kapiteln aus der Sicht fast aller Beteiligten geschildert. Die alten Männer kommen ebenso zu Wort wie die Erbin der Plantage und der Freund des Bruders des Toten. Aus diesen unterschiedlichen Blickwinkeln formt sich ein plastisches Bild, von dem man kaum glauben kann, dass es eine Welt vor gerade mal 30 Jahren darstellt: tatsächlich hätte jeder der alten Männer einen Grund für den Mord gehabt und im Endeffekt laufen sie alle auf Rassismus hinaus. Natürlich liegen einige der Geschehnisse lange zurück, aber auch der Sheriff findet es ok, Schwarze zu verprügeln; der Kneipenwirt, bei dem das Lynchkommando geplant wird, tut nichts dagegen, weil er Angst vor Racheakten hat; der Hilfssheriff weigert sich, den Schwarzen zu Hilfe zu kommen...


    Das Ganze wird aber nicht in vorwurfsvollem Ton, sondern sehr lakonisch geschildert. Durch den beiläufigen Schreibstil wird klar, dass es sich hier nicht um Ausnahmeerscheinungen, sondern um den ganz alltäglichen Kampf handelt. Ebenso beiläufig endet das Buch auch; es ist, als ob der Autor sagt: "Denk Dir Deinen Teil."


    Ich habe das Buch fast in einem Zug durchgelesen, weil es fesselnd und durch den ständigen Wechsel der Erzählperspektive abwechslungsreich war. Gaines`Stil liegt mir, weil er Platz für eigene Gedanken lässt. Es war sicher nicht das letzte Buch, das ich von ihm gelesen habe - ein echter Zufallsfund :smile:

  • Danke für diese Buchvorstellung, Manjula! Das Buch klingt wirklich höchst interessant und ich werde nach ihm Ausschau halten. (Mir war der Name des Autors übrigens auch total unbekannt.)

    Wir sind irre, also lesen wir!

  • Da kann ich mich Saltanah nur anschließen und sage auch danke für diese Vorstellung. Danach muß ich mich auch mal umsehen.


    Schönen Gruß,
    Aldawen

  • Hallo Saltanah und Aldawen,


    das freut mich, wenn ich meine Begeisterung über dieses Buch rüberbringen konnte. Ich fand es vom Stil und vom Inhalt her überraschend und neu; es ist immer schön, wenn ich einen Autor außerhalb meiner ausgetretenen Lesepfade entdecke.


    Liebe Grüße
    Manjula