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Klappentext: Adrián Ormache hat alles, was man sich wünscht: Frau und Kinder, eine erfolgreiche Anwaltskanzlei, ein Haus in einem der besten Viertel von Lima. Doch dann stirbt seine Mutter. Auf der Beerdigung erfährt er, dass sein Vater in den achtziger Jahren, als der Leuchtende Pfad seinen Guerillakrieg gegen den Staat führte, eine Militärkaserne leitete – brutal und erbarmungslos. In eine seiner Gefangenen verliebte er sich undlebte mit ihr, statt sie, wie üblich, an seine Soldaten »weiterzureichen«. Bis ihr eines Tages die Flucht gelang. Jahrelang hatte Adriáns Mutter nach dem Tod des Vaters Schweigegeld an die Familie der »Geliebten« gezahlt.
Adrián begibt sich nun auf die Suche nach der Unbekannten und verstrickt sich dabei immer tiefer in die Geschichte seines Vaters. Konfrontiert mit der Vergangenheit, werden seine Heimat und sogar sein eigenes Leben ihm zusehends fremd.
Die blaue Stunde ist, in den Worten Cuetos, ein Märchen mit umgekehrten Vorzeichen: Es ist der Weg eines Mannes vom Licht in den Schatten, bis zu dem Augenblick, in dem sich Dunkelheit um ihn legt.
Zum Autor: Alonso Cueto wurde 1954 in Lima geboren. 1983 debütierte er mit dem Erzählband La batalla del pasado, den die Kritik als eines der bedeutendsten Bücher der modernen peruanischen Literatur feierte. Seitdem wurde er mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Premio Wirachocha (1985), dem Anna-Seghers-Preis (2000) und einem Stipendium der Guggenheim Foundation (2002). Für Die blaue Stunde erhielt er 2005 den renommierten spanischen Premio Herralde. Alonso Cueto zählt zu den wichtigsten Autoren der Gegenwartsliteratur Lateinamerikas.
Meine Meinung: Im Grunde genommen ist alles in diesem Buch unprätentiös. Weder sind die Personen besonders exzentrisch – sie sind im Gegenteil überaus durchschnittlich und normal – noch ist die Handlung in irgendeiner Form spektakulär. Ich hatte auch nicht das Gefühl, daß – abgesehen von den Orts- und Straßennamen – ein spezifischer Perubezug vorlag. Tauschte man den »Sendero Luminoso« gegen irgendeine Rebellengruppe eines anderen Landes aus, könnte die Geschichte dort genauso gut spielen. Aber gerade dadurch bekommt es eine faszinierende Form von Allgemeingültigkeit über die Aufarbeitung von Bürgerkriegsunrecht im Rahmen nur einer Familie und einiger Personen in deren Umfeld.
Die Suche nach der jungen Frau bringt Adrián in Viertel Limas und Regionen seines Landes, die er vorher nie wahrgenommen hat. Als etabliertem Anwalt geht es ihm zunächst vor allem darum, daß der Familienname nicht mit Bürgerkriegsverbrechen in die Schlagzeilen gerät. Da er seinen Vater kaum gekannt hat und nur wenig von ihm weiß, ist aber auch Neugier dabei, die Hoffnung, diesen fremden Vater besser kennnenzulernen, der ihm auf dem Sterbebett noch den (lange ignorierten) Auftrag erteilte, die Frau zu finden. Als er Miriam dann schließlich ausfindig gemacht hat, entwickelt sich vieles anders als von ihm erwartet. Adrián fühlt sich innerlich gezwungen, sein Leben nach neuen Koordinaten auszurichten. Dabei spielt auch die Frage eine Rolle, ob Miriams Sohn Miguel etwa sein Halbbruder ist. Diese Frage bleibt offen, aber Miriam stellt Adrián in Bezug auf Miguel eine ganz ähnliche Aufgabe wie sein Vater bezüglich Miriams.
Das alles kommt fast leicht und locker erzählt daher, die Grausamkeiten des Krieges bleiben für mein Empfinden merkwürdig entrückt. Das liegt vielleicht auch daran, daß Cueto dann von »normaler« wörtlicher Rede zu einem Dialog- bzw. Redefluß wechselt, bei dem nicht immer ganz klar ist, wer gerade redet, der aber der in einer Unterhaltung gesprochenen Sprache sehr viel ähnlicher ist. Insgesamt war es eine interessante Leseerfahrung, die mir mal wieder einen neuen Autor nahegebracht hat.
Wegen des doch etwas dünnen spezifischen Peru-Bezugs gibt's dann aber doch »nur«
Schönen Gruß,
Aldawen