Deine Erwähnung von August Bebel hat mich mal wieder zum googeln animiert
Ja, mich auch. Wir haben hier ja eine August-Bebel-Straße, aber ich hatte mir bisher noch nie Gedanken darüber gemacht, wer das war.
Moritz ist nett - aber er ist zu einfach gestrickt für die intelligente Milli.
Ja, er kann ihr nicht das Wasser reichen. Außerdem wollen beide unterschiedliche Dinge. Milli strebt ein besseres Leben an, eines, in dem ihr ihre Vergangenheit sie nicht immer wieder einholt. Moritz ist hingegen zufrieden mit dem, was er hat und strebt nicht nach Veränderung bzw. Verbesserung. Das würde im Leben nicht gut gehen, weil er Millis Träumen die Flügel nehmen würde und vermutlich zudem stets verletzt sein würde, wenn sie mehr möchte, als er ihr zu bieten hat. Milli hingegen würde sich in einem Konflikt zwischen ihren Wünschen und ihrer Loyalität zu Moritz aufreiben und irgendwann wäre die Beziehung zwischen den beiden völlig zerrüttet.
Aber Milli hat kein Urvertrauen mehr zu Männern.
Ich würde sagen, zu Frauen auch nur sehr bedingt. Schließlich wurde sie von ihrer eigenen Mutter ebenfalls furchtbar im Stich gelassen. Statt ihre Tochter zu schützen, hat sie zugelassen, dass sie von ihrem Stiefvater geschlagen und missbraucht wird und dass er sie ebenfalls in die Prostitution schickt. Ich bin sicher, ihr ist nicht entgangen, was ihr Ehemann mit Milli machte, wenn sie beim Anschaffen war. Trotz aller Hilfsangebote hat sie ihren Mann immer verteidigt, anstatt sich um ihre Tochter zu kümmern. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Milli jemals so gegenüber Anna handeln würde.
Mille ist schwanger, mein erster Gedanke ....ach du Schei.....Haben alle den Griff in die Kloschüssel für sich gepachtet?
Ja, das ist bitter, aber glaubwürdig. Prostituierte, vor allem in der damaligen Zeit, liefen stets Gefahr, schwanger zu werden. Von daher wäre es unwahrscheinlich, wenn Milli von diesem Schicksal verschont geblieben wäre.
Das Milli ihre kleine Tochter den Namen Anna gibt fand ich auch sehr berührend.
Ja, das ging mir auch so. Mir schossen beim Lesen die Tränen in die Augen - vor allem, da Milli sagt, sie nennt ihre Tochter nach einer Freundin, die viel zu früh gegangen ist. Da erkennt man Millis tiefe Zuneigung zu den Westphals.
Martha beginn ihre Ausbildung als Lernschwester, nachdem es ihr dank der hervorragenden Zeugnisse von Dr. Schlüter und Hauptmann Weibezahn und natürlich ihrem eigenen Auftreten gelungen ist, einen Platz zu ergattern. Das ist wieder sehr spannend, die Einblicke in den damaligen Krankenhausalltag. So ganz anders als heute und manchmal auch wieder sehr ähnlich.
Ich fand aber die Oberschwester Hedwig war sehr voreingenommen.
Ja, war sie. Sie war aber auch ein Kind ihrer Zeit und hat die damaligen Vorurteile vermutlich als Tatsachen angesehen. Was ich ihr anrechne, ist, dass sie sich überzeugen lässt, es mit Martha zu versuchen. Es sind ja nicht alleine die Zeugnisse, die sie umstimmen (auch wenn die natürlich ihren Teil dazu beitragen), sondern auch Marthas Auftreten, dass ihr zeigt, dass sich auch ein Mädchen aus den Gängevierteln "anständig" verhalten kann und eine Chance verdient. Unterschiedliche Berufe haben ein unterschiedliches Ansehen und es wird ein entsprechendes Auftreten erwartet. Daher ist es nur natürlich, dass Schwester Hedwig das Ansehen der Erika-Schwestern nicht gefährdet sehen will.
Martha lernt auch neue Freundinnen kennen und das fand ich sehr spannend, wie sich Susanne zunächst präsentierte und wie sie dann reagierte, als Martha ihr widersprach. Solche Charaktere, die nicht nur gut oder böse sind, machen eine Geschichte ja erst spannend. Ich bin gespannt, wie es weitergeht mit Susanne und auch mit Carola. Ob sie hält, was sie momentan verspricht.
aber Martha hat wirklich gut daran getan, ihr nicht allzu viel Privates anzuvertrauen. Was das betrifft, ist Martha schon sehr reif, denn Jugendliche in dem Alter sind gerne vertrauensseliger (heutzutage).
Ich weiß nicht, ob man das so pauschalisieren kann. Ich denke, dass Martha auch einfach eine ganz gute Menschenkenntnis besitzt, die sie davor warnt, Susanne alles anzuvertrauen.
ysa , odenwaldcollies: Spannend finde ich übrigens auch eure Diskussion über die Tatsache, dass die Lernschwestern Gehalt bekommen, die "normalen" Lehrlinge aber nicht.
Lohn ist immer die offizielle Anerkennung der Leistung und nicht Almosen. Warum sollten also Töchter aus wohlhabenderen Familien darauf verzichten? Abgesehen davon: der Verdienst ist so minimal, dass er eh eher symbolischen Charakter hat. Aber es reicht, um dem Beruf ein wenig mehr "Prestige" zu geben und ihn auch von der Mildtätigkeit kirchlicher Institutionen abzugrenzen
Da gebe ich dir völlig recht! Ich verstehe aber auch odenwaldcollies Gedanken. Schließlich verschärft es die soziale Ungerechtigkeit, wenn Töchter aus wohlhabenden Familien ein Gehalt während ihrer Lehrzeit erhalten, Töchter aus armen Familien aber nicht. Im Gegenteil, die müssen auch noch zahlen, sind also doppelt gestraft und wenn ihre Eltern das Geld für eine Lehre nicht aufbringen können, bleibt ihnen eine Ausbildung komplett verwehrt.
Mich hat das beim Lesen auch gestört. Die, die sich sowieso eine Ausbildung hätten leisten können, kriegen auch noch Geld dafür (wenn auch sehr wenig) und die, die sie sich kaum leisten können, müssen auch noch dafür zahlen. Das ist einfach ungerecht. Andersherum fände ich es auch gerechter. Wobei am besten natürlich alle was gezahlt bekämen.
Mit Karl Westphal fühle ich wirklich mit. Er kämpft so darum, sich nicht unterkriegen zulassen, hat es geschafft, trocken zu werden und baut Mausefallen im Akkord, nur, damit es wieder nicht zum Leben reicht. Er lässt sich sogar zum Lumpensammler herab, aber sein Selbstwertgefühl bleibt angeknackst. Immerhin hat er früher seine Familie problemlos versorgen können. Jetzt kann er das nicht mehr, obwohl sie kleiner geworden ist, da er "verkrüppelt" ist. Martha und Heinrich müssen selbst arbeiten und Geld verdienen. Dass er nicht mehr trinkt, ist zwar eine Errungenschaft, aber dass es trotzdem nicht fürs Leben reicht, muss unglaublich deprimierend sein. Daher ist es kein Wunder, dass er wieder der Versuchung des Alkohols erliegt und immer weiter abgleitet. Martha schafft es dann, nochmal zu ihm durchzudringen, als sie ihn zu überzeugen versucht, in eine Trinkerheilanstalt zu gehen. Da rafft er sich auf und versucht, erneut vom Alkohol los zu kommen. Mal schauen, ob wie lange er diesmal durchhält.
Noch in unserer Zeit passierte es, dass Alkoholiker bei kleineren Operationen gar nicht entzogen werden, sondern dass die Ärzte sie weiter trinken lassen, um de Spiegel aufrecht zu erhalten.
Richtig, ein Alkoholentzug ist keine Voraussetzung für eine Operation. Im Notfall ist es sowieso egal, ob jemand alkoholisiert ist oder nicht, wenn er operiert werden muss, dann muss er das. Bei geplanten Operationen wissen wir auch nicht immer, ob wir einen Alkoholiker vor uns haben. Den meisten merkt man das nicht an. Aber auch wenn sie das zugeben, werden sie operiert. Und es ist meistens besser, sie trinken weiter, denn wenn zu der Angst und Aufregung auch noch Entzugserscheinungen kommen, macht es das für alle Beteiligten schwerer. In meiner Zeit in der Anästhesie, habe ich die Patienten immer gebeten, am Tag der OP, wenn möglich, nüchtern zu bleiben, aber am Abend vorher durften sie noch wie gewohnt trinken. Raucher müssen ja auch nicht vorher aufhören.
Melanie Metzenthin:
Ich habe einen Grammatikfehler gefunden. Auf Seite 102 heißt der erste Satz im fünften Abschnitt: "Martha sah Dr. Schlüter verwirrt hat." Vielleicht kann man das ja in den nächsten Auflagen ändern, wenn es welche gibt.
Was ist denn eine Schottsche Karre?
Liebe Grüße
Larna