Beiträge von Pan

    Zitat

    Markanteste Einflussfaktoren für den steil ansteigenden Bedeutungsgewinn der Top-Titel dürften sein: Erstens der gewachsene Einfluss von Cross-Medien-Effekten[...]


    Was für eine schauerliche Wortschöpfung. Mir fällt es auch zunehmend negativ auf, daß nach Buchverfilmungen der schon ältere Titel mit "das Buch zum Film" beworben wird. Tiefstpunkt dieser "Cross-Medien"-Entwicklung ist aber wohl immer noch der "Buchtrailer", eine große Absurdität. Ein Film ist visueller Natur, Literatur sprachlicher; da wo sich das ganze kreuzt wird man beidem nicht gerecht. Generell weiß ich, wenn man beim Lesen "einen Film vor dem inneren Auge ablaufen sieht", kann es mit der literarischen Qualität nicht weit her sein. Ich denke hier bspw. an den Vorleser von Schlink, bei dem Buch und Film geradezu beunruhigend identisch sind und am Ende beides nicht über Mittelmaß hinauskommt.


    Zum Thema Bestseller: ich denke, solche werden in der Tat hauptsächlich von Weniglesern gekauft und dann auch oft nur angelesen. Wenn ich mir die Listen zuweilen anschaue muß ich feststellen, daß ich sehr wenige gelesen habe und auch nur selten etwas davon anlesen möchte.

    Ein literarisches Werk wird meines Erachtens vor allem wegen seiner Rezeptionsgeschichte ein Klassiker; wegen seiner Nachwirkung auf andere Künstler und seine andauernde Bekanntheit bei einem breiteren Publikum. Die Mode bzw. Verkaufsstrategie an so gut wie jedes nicht erst im letzten Jahrzehnt erschienene Buch das Etikett "Klassiker" zu kleben, hat diesen Begriff so verwischt, daß seine Verwendung praktisch nichtssagend ist, demzufolge auch eine Aussage wie "Klassiker sind langweilig".


    Ich finde es allerdings interessant, daß viele, vor allem Menschen die fast ausschließlich Gegenwartsliteratur lesen, beim Begriff Klassiker als erstes an Romane aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und dem frühen 20. Jahrhundert denken (warum ist das eigentlich so?) und kann im Zusammenhang damit die Aussage schon nachvollziehen, denn in dieser Periode gab es ja bekanntlich eine gewisse manierierte Gesetztheit und Umständlichkeit, war es modern Langsamkeit in der Literatur an den Tag zu legen, und da ist es für einen ungeübten heutigen Leser, dessen Aufmerksamkeitsspanne für eine Sache zeitlich sehr begrenzt ist (Buchzapping aka Dritt-, Viertlektüre usw.), bis zur Langeweile nicht mehr weit.


    Vor wenigen Tagen habe ich Gontscharows Die Schlucht ausgelesen, mit 1200 Seiten auch ein ziemliches Mammutwerk. Eine solche Lektüre ist ein Herantasten an eine Zeit mit einem anderen Rhythmus. Es war weder langweilig noch langatmig, wobei das Buch durchaus eine große Fülle an Unnötigkeiten, Fehlkonzeptionen und Wankelmütigkeiten aufweist - aber es wie immer: vor etwas perfektem steht man in Ehrfurcht, aber abweisend, die Irrungen bringen uns die Bücher näher, und es sind diese Werke, deren Fehler wir erkennen, die wir umso mehr schätzen.

    Ich las Goldstaub vor einigen Monaten und fand es sehr hübsch geschrieben. Mich haben al-Konis Schilderungen sehr an Tschingis Aitmatow erinnert, und die Beziehung zwischen Protagonist und Mehri insbesondere an die zwischen Protagonist und Kamel aus Der Tag zieht den Jahrhundertweg. Es ist eine kleine Parabel, und für einen deutschen Leser wohl nur bedingt zu genießen, da durch die Übersetzung sicher viel von der Stärke der Sprache verloren geht, die Geschichte aber gerade durch ihre Sprache lebt. Ich kann es nur bedingt empfehlen.

    Ich habe gerade erst


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    Fritz Kochers Aufsätze von Robert Walser


    gelesen, in dem ein Schüler in Aufsatzform in naiv-poetischer Weise vom (Schul-)Leben schreibt. Das Buch ist in jedem Fall sowohl kurz als auch kurzweilig und wäre als tatsächlich abgesegnete Schullektüre sicherlich sehr amüsant. :smile:

    Das Buch klingt sehr interessant, ich habe mir schon einige Besprechungen durchgelesen, allerdings möchte ich lieber noch eine Weile auf eure Meinungen warten, bevor ich es mir kaufen werde. Habe momentan sowieso wenig Zeit. Der Schluß soll ja leider sehr schwach sein.

    Letztes Jahr las ich Oscar Wildes Märchen, darunter auch Der Geburtstag der Infantin. Die Märchen sind nicht besonders einfallsreich, sie drehen sich alle um dasselbe Thema - und dennoch: selten habe ich etwas gelesen, daß so wunderschön, ja bezaubernd geschrieben war - jede dieser Geschichten ist ein Kleinod. Sehr empfehlenswert. :)

    Ich wußte gar nicht, daß 2008 Feuchtwangerjahr ist. Da ich historisches sehr gern lese, ist er mir natürlich ein Begriff. Gelesen habe ich:


    Die Jüdin von Toldeo, mein erster Feuchtwanger und sehr empfehlenswert;
    Der falsche Nero, ebenfalls sehr gut;
    Narrenweisheit oder Tod und Verklärung des Jean-Jaques Rosseau, fand ich etwas langatmig zu Beginn, nach Rosseaus Tod wurde es aber besser :breitgrins:;
    Odysseus und die Schweine, eine Sammlung von Erzählungen und
    Die häßliche Herzogin Margarete Maultasch, fand ich nur mittelmäßig (obwohl immer noch um Längen besser als was sich hauptsächlich unter der Rubrik "Historisches" im Buchhandel findet :rollen:).


    Ich möchte definitiv noch weitere seiner Werke in Zukunft lesen, am meisten reizt mich die Josephustrilogie. Feuchtwanger gelingt es, seine Figuren realistisch zu gestalten - man hat nie das Gefühl, moderne Menschen in historischen Kostümen vor sich zu haben, doch gleichzeitig zeigt er Parallelen auf und spielt auf das Zeitgeschehen an, sodaß seine Werke immer auch politisch sind.

    Ich las den "Demian" vor ein paar Jahren und fand ihn recht mittelmäßig. Hesses Schreibstil mag ich, weil er so einfach und gleichzeitig sehr atmosphärisch schreibt, aber inhaltlich entglitt mir das Buch mehr und mehr. Den ersten Abschnitt über die Kindheit mochte ich sehr, dann ließ das Buch nach und gegen Ende hin wurde es mir zu mystizistisch und wirr.


    Thanquola
    Ich kann den "Törleß" ebenfalls empfehlen, stimme mit mombour aber nicht überein: Musil schreibt zwar komplexer, aber das würde ich nicht unbedingt als "größeres Sprachvermögen" sehen: an Hesse hat mir immer am meisten imponiert, daß er mit so einfacher Sprache so viel ausdrücken kann.

    Ich habe gerade mal nachgeschaut, welche Übersetzung ich habe:


    Wolfgang Techtmeier, 1970:
    Wir waren beim Lernen, als der Direktor hereinkam, hinter ihm ein Neuer, noch ohne Internatskleidung, und ein Schuldiener, der ein großes Pult trug.


    Naja, ich kann mich nicht erinnern, daß ich das Werk sprachlich besonders ansprechend fand.

    Seit mehreren Jahren schleiche ich schon um ihre Werke herum, weil sie mich als Person interessiert und ich gern wissen möchte was eigentlich dahinter steht (ich habe schon einiges über sie gelesen, jedoch fast nichts von ihr...), aber jedesmal, wenn ich ein paar Seiten im Buchladen überfliege, entscheide ich mich dann doch gegen einen Kauf. Sie hat so einen wahnsinnig ungefälligen Stil - der ist mir richtig physisch widerwärtig.

    Ich hatte dieses Buch im Februar spontan gekauft und gelesen; meine Eindrücke decken sich ziemlich mit Deinen. Das Buch liest sich leicht und schnell, aber das war's auch schon. Einige Einfälle sind nett, aber zum einen finde ich den Aufbau des Buches nicht gelungen (daß man erst später eine Erklärung für das Auftauchen in der anderen Welt bekommt), zum anderen verhindert die Schreibweise, daß man sich irgendwie näher mit den Charakteren verbunden fühlt. Alles bleibt oberflächlich, und einen Hintersinn habe ich auch nicht bemerkt.
    Ehrlich gesagt habe ich mir von dem Buch nicht viel erwartet, da ich nur wenig Fantasy lese und Krimis praktisch gar nicht, von daher war meine Enttäuschung auch nicht groß. Weißt Du, wieviele Teile geplant sind?

    Romeo und Julia auf dem Dorfe habe ich als die schlimmste meiner Schullektüren in Erinnerung. Nachdem ich die Beiträge hier gelesen habe, verfolgt mich allerdings der dringende Verdacht, daß ich der Novelle Unrecht getan habe und sie mir nun mit etwas mehr Leseerfahrung als in der 8. (?) Klasse noch einmal zu Gemüte führen sollte.


    P.S.: Ich bin etwas unschlüssig, ob und inwieweit ich hier die Spoilerfunktion hätte verwenden sollen. Ich weiß nicht, wie Ihr das einschätzt, aber ich glaube, hier wird jemandem, der noch nicht so weit ist, keine allzu große Spannung genommen, oder?


    Ich denke, daß es völlig ausreicht, in die erste Zeile zu schreiben wie weit man gekommen ist. Dann kann jeder selbst entscheiden, ob er den Beitrag liest.

    Da bin ich aber beruhigt, daß es anscheinend allen so ähnlich geht - innerhalb von einer reichlichen Woche habe ich gerade mal 130 Seiten (die ersten drei Kapitel) gelesen! Ich dachte, ihr hättet mich schon lange abgehängt.


    Ich muß mich Nads Beobachtung anschließen: irgendwie scheinen die Gäste alle zur Hypochondrie und Weltfremdheit zu neigen. Jeder ist irgendwie anders abgedreht. Ich kann mir nicht vorstellen, davon noch 900 Seiten zu lesen, aber ich bleibe tapfer. Morgen werde ich mit Kapitel 4 beginnen.

    Ich habe das Buch vor einer ganzen Weile ebenfalls gelesen und fand es auch gut, kann mich wegen des Zeitabstandes aber nicht mehr ausführlicher darüber äußern. Ich kenne auch die beiden anderen Bücher, die von Hwang Sok-Yong bisher auf deutsch erschienen sind:


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    Der ferne Garten und Der Gast, beide ebenfalls empfehlenswert, wobei mir Der ferne Garten am besten gefiel. Sie sind alle auch politische Bücher; es geht um den Koreakrieg, soziale Mißstände in Südkorea und um das Verhältnis der beiden Teile des Landes (Hwang Sok-Yong saß ja einige Jahre im Gefängnis in Südkorea, weil er nach Nordkorea gereist war - inzwischen war er noch mehrmals als Kulturvertreter ganz offiziell in Nordkorea). Vielleicht ist das ja auch etwas für Dich, Aldawen? Ich zumindest warte sehnsüchtig auf weitere Übersetzungen. :smile:

    Zitat


    Ich bilde mir ein ich hab irgendwo gelesen, dass er 23 ist. Aber im Klappentext von Amazon steht er ist 24.


    Er ist anfangs 22, das wurde kurz vor Ende des 2. Kapitels erwähnt:

    Zitat

    Als er die Reise antrat, auf der wir ihn betrafen, stand er im dreiundzwanzigsten Lebensjahr.


    Ich bin jetzt mitten im 3. Kapitel, das sich für mich interessanter und leichter als die vorhergehenden gestaltet - werde dann später noch etwas darüber schreiben. :)

    Da mein Vorschlag ja relativ einhellig angenommen wurde, denke ich, daß wir es genauso machen wie von aquacat aufgelistet,



    sodaß der erste, der etwas zu Kapitel 5 zu sagen hat, einfach ein neues Thema eröffnet.


    Ich hatte in den letzten Tagen zunächst eine Parallellektüre vorgezogen, sodaß ich erst heute dazu gekommen bin, das 2. Kapitel zu lesen. Daher bin ich immer noch nicht mit dem Stil warmgeworden. Ich habe vor, morgen etwas mehr am Stück zu lesen, auf daß ich dann hoffentlich die Vorzüge von Thomas Manns Schreibweise erkennen möge und es mir leichter falle. Ab und zu schlage ich ein Wort nach, was ich sonst sehr selten tue. Ich bin skeptischer denn je, ob ich ans Ende gelangen werde. :rollen:


    Euren Anmerkungen habe ich nicht viel hinzuzufügen. Ab und an frage ich mich, inwiefern bewußt altmodische Worte von Thomas Mann gewählt wurden, oder ob bspw. Ältervater statt Großvater damals üblich war und mir nur aus heutiger Sicht vollkommen überholt und aufgesetzt vorkommt.


    Eine Stelle ist mir aufgefallen (es geht um das Ur-Ur-Ur des Großvaters, als er sich, angeregt durch die Betrachtung der Taufschale über die Familienhistorie ergeht):

    Zitat

    [...]ja, es mochte wohl sein, daß er um des Lautes willen, um ihn zu hören und nachzusprechen, gebeten hatte, die Taufschale wieder einmal betrachten zu dürfen.


    Hans Castorp scheint mir ein sehr auditiver Typ zu sein der generell eher durch Töne als durch - wie heute wohl dank diverser Medien dominant - Bilder beeinflusst wird.


    Die kühlen Formen seiner Beziehung zum Vetter finde ich übrigens nicht sonderlich verwunderlich. Das Aussparen des Vornamens ist vermutlich zwar unüblich, aber trotzdem wohl noch im Bereich der Norm, wenn ich an die steife Gesellschaft zur Jahrhundertwende denke.

    Ich werde nun ebenfalls meine Eindrücke zum 1. Kapitel wiedergeben. Gestern war ich entgegen meiner Erwartungen nicht mehr zum Lesen gekommen, weswegen ich erst heute Morgen begonnen habe. Ich gehe davon aus, daß dies ein Langzeitprojekt wird und werde dementsprechend auch andere Bücher nebenher lesen.


    Vorher jedoch die Frage: welche Ausgaben lest ihr, insbesondere: gibt es ein Vor- bzw. Nachwort/Anmerkungen und auf wie viele Seiten kommt ihr (zwecks Zitate)? Und wieviel Erfahrung habt ihr schon mit Thomas Mann?
    Bei mir sind es 1014 Seiten Text und einige Seiten Übersetzungen der fremdsprachlichen Abschnitte. Ich lese die 1962er Ausgabe vom Aufbau-Verlag ohne jegliche weitere Erläuterungen. Von Thomas Mann kenne ich bisher nur den Felix Krull, der mir nicht gefallen hat. Ich gehe das ganze daher relativ skeptisch an, einerseits der hohen Seitenzahl wegen, andererseits aufgrund des Stils Thomas Manns.


    Zunächst einmal finde ich es gut, daß die ellenlangen Kapitel (von den ersten dreien mal abgesehen) noch in Unterabschnitte gegliedert sind. An den Stil Thomas Manns muß ich mich erst noch gewöhnen. Ich empfinde die Sprache als anstrengend und aufgesetzt. Die Dialoge wirken teilweise sehr unecht.


    Thomas Mann schreibt, was ich altbacken nennen würde, doch an einigen Stellen kommt durchaus eine gute Portion Humor durch, bspw. als es um die Amerikanerin und ihren englischen Marineoffizier ging:

    Zitat von Seite 18

    Jeden Augenblick kam er ..., um zu weinen, ... . Und dann rieb er sich die Backen mit Coldcream ein, weil er rasiert war und die Tränen ihn da so brannten.


    Joachim, der Vetter von Hans, hat sich durch die Monate im Sanatorium verändert; er hat nun ein anderes Verhältnis zur Zeit, nimmt die Kranken im Sanatorium als eine in sich geschlossene Welt wahr, als deren Teil er sich begreift (er spricht ständig von "wir", was auch Hans seltsam anmutet) und hat auch seine Gestik und Mimik verändert und angepasst ("Achselzucken, das ihm früher nicht eigen gewesen war", S. 22). Ich denke, das gibt uns einen kleinen Vorgeschmack auf Hans' eigene Entwicklungen.


    Hans selbst wirkt ein wenig überspannt, besonders bei "... denn im Gesicht bin ich auffallend echauffiert - da fühlte doch mal, wie ich brenne!" (S. 19). Diese Aufforderung berührt ja dann selbst peinlich. Er befindet sich in einer merkwürdigen Stimmung, die zusammen mit der gestelzten Spache Thomas Manns sehr eigen wirkt.


    Dann war noch etwas, daß ich seltsam fand:

    Zitat von Seite 22

    Aber er war gewohnt, viel zu essen, auch wenn er keinen Hunger hatte, und zwar aus Selbstachtung.


    Muß ich das verstehen? :confused:


    Das war's erstmal von mir, ich habe vor, andere Bücher parallel zu lesen und werde dadurch vermutlich nicht so schnell vorankommen. Wie wäre es, wenn wir für die Übersichtlichkeit mehrere Stränge eröffnen (bspw. diesen hier für Kapitel 1 - 4, dann Stränge für 5, 6, 7)? Ich erinnere mich, daß einige (oder nur eine?) schon ein paar Kapitel gelesen hatten, die könnten dann früher einsteigen; außerdem erwarte ich, daß es hier zu sehr unterschiedlichen Lesegeschwindigkeiten kommt und dann dank der Länge Unübersichtlichkeit entstehen könnte...