Ich werde nun ebenfalls meine Eindrücke zum 1. Kapitel wiedergeben. Gestern war ich entgegen meiner Erwartungen nicht mehr zum Lesen gekommen, weswegen ich erst heute Morgen begonnen habe. Ich gehe davon aus, daß dies ein Langzeitprojekt wird und werde dementsprechend auch andere Bücher nebenher lesen.
Vorher jedoch die Frage: welche Ausgaben lest ihr, insbesondere: gibt es ein Vor- bzw. Nachwort/Anmerkungen und auf wie viele Seiten kommt ihr (zwecks Zitate)? Und wieviel Erfahrung habt ihr schon mit Thomas Mann?
Bei mir sind es 1014 Seiten Text und einige Seiten Übersetzungen der fremdsprachlichen Abschnitte. Ich lese die 1962er Ausgabe vom Aufbau-Verlag ohne jegliche weitere Erläuterungen. Von Thomas Mann kenne ich bisher nur den Felix Krull, der mir nicht gefallen hat. Ich gehe das ganze daher relativ skeptisch an, einerseits der hohen Seitenzahl wegen, andererseits aufgrund des Stils Thomas Manns.
Zunächst einmal finde ich es gut, daß die ellenlangen Kapitel (von den ersten dreien mal abgesehen) noch in Unterabschnitte gegliedert sind. An den Stil Thomas Manns muß ich mich erst noch gewöhnen. Ich empfinde die Sprache als anstrengend und aufgesetzt. Die Dialoge wirken teilweise sehr unecht.
Thomas Mann schreibt, was ich altbacken nennen würde, doch an einigen Stellen kommt durchaus eine gute Portion Humor durch, bspw. als es um die Amerikanerin und ihren englischen Marineoffizier ging:
Zitat von Seite 18
Jeden Augenblick kam er ..., um zu weinen, ... . Und dann rieb er sich die Backen mit Coldcream ein, weil er rasiert war und die Tränen ihn da so brannten.
Joachim, der Vetter von Hans, hat sich durch die Monate im Sanatorium verändert; er hat nun ein anderes Verhältnis zur Zeit, nimmt die Kranken im Sanatorium als eine in sich geschlossene Welt wahr, als deren Teil er sich begreift (er spricht ständig von "wir", was auch Hans seltsam anmutet) und hat auch seine Gestik und Mimik verändert und angepasst ("Achselzucken, das ihm früher nicht eigen gewesen war", S. 22). Ich denke, das gibt uns einen kleinen Vorgeschmack auf Hans' eigene Entwicklungen.
Hans selbst wirkt ein wenig überspannt, besonders bei "... denn im Gesicht bin ich auffallend echauffiert - da fühlte doch mal, wie ich brenne!" (S. 19). Diese Aufforderung berührt ja dann selbst peinlich. Er befindet sich in einer merkwürdigen Stimmung, die zusammen mit der gestelzten Spache Thomas Manns sehr eigen wirkt.
Dann war noch etwas, daß ich seltsam fand:
Zitat von Seite 22
Aber er war gewohnt, viel zu essen, auch wenn er keinen Hunger hatte, und zwar aus Selbstachtung.
Muß ich das verstehen?
Das war's erstmal von mir, ich habe vor, andere Bücher parallel zu lesen und werde dadurch vermutlich nicht so schnell vorankommen. Wie wäre es, wenn wir für die Übersichtlichkeit mehrere Stränge eröffnen (bspw. diesen hier für Kapitel 1 - 4, dann Stränge für 5, 6, 7)? Ich erinnere mich, daß einige (oder nur eine?) schon ein paar Kapitel gelesen hatten, die könnten dann früher einsteigen; außerdem erwarte ich, daß es hier zu sehr unterschiedlichen Lesegeschwindigkeiten kommt und dann dank der Länge Unübersichtlichkeit entstehen könnte...